Schlangengift Polyneuropathie Behandlung: Eine umfassende Übersicht

Die Polyneuropathie (PNP) ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, also der Nerven außerhalb des Gehirns und Rückenmarks. Sie äußert sich in vielfältigen Symptomen, die von Empfindungsstörungen über Schmerzen bis hin zu Lähmungen reichen können. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Polyneuropathie, einschließlich ihrer Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten, wobei ein besonderer Fokus auf innovativen Ansätzen wie der Verwendung von Schlangengift liegt.

Was ist eine Polyneuropathie?

Der Begriff "Polyneuropathie" umfasst eine Gruppe von Erkrankungen, die durch Schädigungen des peripheren Nervensystems gekennzeichnet sind. Da mehrere Nerven oder ganze Nervenstrukturen betroffen sind, spricht man von Polyneuropathie (griechisch: poly = viel, mehrere). Das periphere Nervensystem umfasst alle Nerven außerhalb des Gehirns und des Wirbelkanals und steuert Muskelbewegungen und Empfindungen wie Kribbeln oder Schmerz. Auch das vegetative Nervensystem, das automatisch ablaufende Körperfunktionen wie Atmen, Verdauen oder Schwitzen koordiniert, ist Teil des peripheren Nervensystems.

Fachleute unterscheiden vier Hauptformen der Polyneuropathie, abhängig von der Ausprägung der Nervenschäden und der betroffenen Körperstelle:

  • Symmetrische Polyneuropathie: Schäden an den Nervenbahnen betreffen beide Körperhälften.
  • Asymmetrische Polyneuropathie: Die Erkrankung beeinträchtigt eine Körperseite.
  • Distale Polyneuropathie: Nervenschädigungen zeigen sich in Körperteilen, die von der Körpermitte entfernt sind, wie Hände, Beine und Füße.
  • Proximale Polyneuropathie: Diese seltene Form betrifft rumpfnahe Körperbereiche.

Neben dieser Einteilung nach Ausfallerscheinungen gibt es weitere Möglichkeiten, Polyneuropathien zu klassifizieren, beispielsweise nach Nervenfasertyp oder Innervationsgebiet. Wenn eine Neuropathie nicht klassifiziert werden kann, spricht man von einer idiopathischen Polyneuropathie.

Rund fünf bis acht Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind von Neuropathien betroffen, wobei die Rate mit zunehmendem Alter steigt.

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Symptome einer Polyneuropathie

Die Symptome einer Polyneuropathie sind vielfältig und hängen davon ab, welche Nerven betroffen sind. Sie können das Fühlen, Bewegungsabläufe oder die körperliche Kraft beeinträchtigen.

Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Empfindungsstörungen: Betroffene spüren Berührungen in bestimmten Hautbereichen nicht mehr oder leiden unter Kribbeln, Brennen oder "Ameisenlaufen".
  • Schmerzen: Schmerzen können in den betroffenen Körperbereichen auftreten, oft in den Beinen.
  • Muskelschwäche und Lähmungen: In schweren Fällen kann es zu Muskelschwäche oder sogar Lähmungen in den von den Nerven versorgten Bereichen kommen.
  • Störungen des vegetativen Nervensystems: Wenn das vegetative Nervensystem betroffen ist, kann es zu Herzrhythmusstörungen, Impotenz, Verdauungsbeschwerden oder Problemen beim Wasserlassen kommen.

Die Symptome beginnen meist in den Füßen oder Händen und können sich unbehandelt verstärken.

Ursachen und Risikofaktoren

Es gibt viele mögliche Auslöser für eine Polyneuropathie. Zu den häufigsten Ursachen gehören:

  • Diabetes mellitus Typ 2: Der ständig erhöhte Blutzucker kann feinste Blutgefäße schädigen, die die Nerven versorgen. Die diabetische Polyneuropathie ist eine Spätkomplikation der Diabetes-Stoffwechselstörung.
  • Chronischer Alkoholmissbrauch: Neben der direkten Giftwirkung des Alkohols spielt auch eine langfristige Unterversorgung mit B-Vitaminen eine Rolle. Alkoholabhängige Menschen ernähren sich oft einseitig, was zu einer Schädigung der Nervenstrukturen führen kann.
  • Medikamente und giftige Substanzen: Einige Chemotherapeutika, Schwermetalle wie Blei oder Gifte wie Arsen können Nerven schädigen.
  • Genetische Faktoren: Seltener sind genetisch bedingte Formen der Polyneuropathie.
  • Entzündliche Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen: Bei Autoimmunerkrankungen richtet sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen. Ein Beispiel ist das Guillain-Barré-Syndrom, bei dem erste Symptome in den Beinen mit plötzlich eintretender Schwäche auftreten.
  • Infektionskrankheiten: Neuropathien bei Kindern entstehen häufig nach oder in Zusammenhang mit einer Infektionskrankheit.

Bei etwa jeder fünften erkrankten Person bleibt die Ursache der Polyneuropathie trotz umfassender Diagnostik unklar (idiopathische Polyneuropathie).

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Diagnose

Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, um die Polyneuropathie rechtzeitig zu behandeln und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.

Die Diagnose umfasst in der Regel:

  • Anamnese: Ein ausführliches Arztgespräch, um die Krankengeschichte zu erheben und mögliche Ursachen zu identifizieren.
  • Körperliche Untersuchung: Überprüfung von Muskelkraft, Reflexen und der Wahrnehmung von Berührungen, Temperatur und Vibration.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen:
    • Elektroneurografie (ENG): Misst, wie schnell Nerven eine Erregung weiterleiten.
    • Elektromyografie (EMG): Zeichnet die Aktivität eines Muskels in Ruhe und bei Anspannung auf.
  • Bluttests: Können behandelbare Ursachen wie Vitamin-B12-Mangel oder Diabetes mellitus aufdecken.
  • Weitere Untersuchungen: In speziellen Fällen können eine Nervenwasseruntersuchung (Liquoruntersuchung), eine Erbgutanalyse oder eine Nervenbiopsie erforderlich sein.

Es ist wichtig, die Polyneuropathie von anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen abzugrenzen, wie beispielsweise einer Wirbelkanalverengung (Spinalkanalstenose).

Behandlung

Die Therapie der Polyneuropathie richtet sich nach ihrer Ursache. Wenn die Nervenschäden durch eine andere Grunderkrankung verursacht wurden, muss diese zuerst behandelt werden. Bei der diabetischen Polyneuropathie ist beispielsweise eine konsequente Blutzuckereinstellung entscheidend.

Weitere wichtige Maßnahmen sind:

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  • Alkoholverzicht: Patientinnen und Patienten mit Polyneuropathie sollten Alkohol möglichst meiden, auch wenn die Nervenschäden nicht durch übermäßigen Alkoholkonsum entstanden sind.
  • Schmerztherapie: Nervenschmerzen können individuell mit Medikamenten behandelt werden. Neben Schmerzmitteln kommen Antidepressiva oder Antikonvulsiva zum Einsatz.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft zu erhalten und die Beweglichkeit zu verbessern.
  • Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, den Alltag besser zu bewältigen und Kompensationsstrategien zu entwickeln.

Innovative Therapieansätze: Schlangengift

Die Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten für chronische Schmerzen hat zu innovativen Ansätzen geführt, darunter die Erforschung von Schlangengift. Französische Pharmakologen haben im Gift der Schwarzen Mamba Peptide entdeckt, die eine analgetische Wirkung mit geringer Neigung zur Toleranz haben. Diese Peptide, sogenannte Mambalgine, blockieren sogenannte ASIC ("acid-sensing ion channels"), die eine zentrale Rolle in der Schmerzentstehung spielen.

Mambalgine wirken sowohl im Gehirn als auch im peripheren Nervensystem analgetisch und sollen auch neuropathische Schmerzen lindern. Im Gegensatz zu Opiaten lösen sie keine Atemdepression aus. Obwohl weitere tierexperimentelle Studien zur Sicherheit notwendig sind, stellen Mambalgine eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Schmerzmitteln dar.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Schmerzmittel aus einem Gift hergestellt wird. Auch das Analgetikum Prialt, das in Deutschland zugelassen ist, ist einem natürlichen Toxin entlehnt.

Weitere alternative Behandlungsmöglichkeiten

Neben der konventionellen und der Schlangengift-Therapie gibt es noch eine Reihe weiterer alternativer Behandlungsmöglichkeiten, die bei Polyneuropathie in Betracht gezogen werden können:

  • Übungen mit dem Gyrotwister: Der Gyrotwister ist ein Trainingsgerät, das die Muskeln im Unterarm stärkt und die Durchblutung fördert.
  • Gummibandübungen: Gummibandübungen können helfen, die Muskeln im Arm und in der Hand zu stärken und die Beweglichkeit zu verbessern.
  • Blackroll: Die Blackroll ist eine Faszienrolle, die zur Selbstmassage eingesetzt werden kann. Sie kann helfen, Verspannungen zu lösen und die Durchblutung zu fördern.

Vorbeugung

Durch einen gesunden Lebensstil lässt sich das Risiko für die Entstehung einer Polyneuropathie häufig eindämmen:

  • Gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung: Dies kann helfen, das Risiko für die Entstehung eines Diabetes mellitus Typ 2 zu reduzieren.
  • Alkoholabstinenz: Vermeiden Sie übermäßigen Alkoholkonsum, um Nervenschäden vorzubeugen.
  • Regelmäßige ärztliche Check-ups: Gehen Sie regelmäßig zum Arzt, um Ihre Gesundheit im Blick zu behalten und Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen.

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