Meningokokken-Erkrankungen sind zwar selten, können aber innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich verlaufen, insbesondere bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Eine frühzeitige Impfung ist der beste Schutz. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Meningokokken, die verschiedenen Impfstoffe und die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO).
Was sind Meningokokken?
Meningokokken sind Bakterien der Spezies Neisseria meningitidis. Es gibt verschiedene Untergruppen, von denen die Serogruppen A, B, C, W, X und Y für den Menschen von Bedeutung sind. Meningokokken können den Nasen-Rachen-Raum besiedeln und durch Tröpfcheninfektion, beispielsweise beim Husten oder Niesen, von Mensch zu Mensch übertragen werden. Etwa jeder 10. trägt die Erreger im Nasen-Rachen-Raum, ohne zu erkranken und kann so andere anstecken.
Wer ist besonders gefährdet?
Meningokokken-Erkrankungen können in jedem Alter auftreten. Am häufigsten sind Kinder im ersten und zweiten Lebensjahr betroffen, aber auch Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren haben ein erhöhtes Risiko. Laut epidemiologischen Daten weisen Jugendliche im Alter von 15 bis 19 Jahren das höchste Risiko für invasive Meningokokken-Erkrankungen dieser Untergruppen auf.
Weitere Risikogruppen sind:
- Personen mit Erkrankungen des Abwehrsystems (Immundefekte) oder fehlender bzw. funktionsuntüchtiger Milz
- Reisende in Gebiete, in denen Meningokokken-Infektionen häufig auftreten (Endemiegebiete), insbesondere bei längerem Aufenthalt oder engem Kontakt zur Bevölkerung
- Schüler und Studenten mit einem längeren Aufenthalt in Ländern, in denen die Meningokokken-Impfung allgemein oder gezielt für diese Altersgruppe empfohlen wird (z. B. England, Irland, Spanien, Benelux-Länder, USA)
Welche Erkrankungen können Meningokokken verursachen?
Meningokokken können schwere (invasive) Erkrankungen wie eine bakterielle Hirnhautentzündung (Meningitis) oder eine Blutvergiftung (Sepsis) verursachen. In manchen Fällen treten beide Erkrankungen gleichzeitig auf.
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- Meningitis (Hirnhautentzündung): Eine Entzündung der Membran, die das Gehirn und das Rückenmark umgibt.
- Sepsis (Blutvergiftung): Eine lebensbedrohliche Reaktion des Körpers auf eine Infektion.
Symptome und mögliche Folgen
Von der Ansteckung bis zum Ausbruch einer Erkrankung dauert es in der Regel 3 bis 4 Tage, die Zeitspanne kann jedoch zwischen 2 und 10 Tagen liegen. Zunächst treten kurzzeitig grippeähnliche Symptome auf. In der Folge setzen plötzlich Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Schwindel mit schwerstem Krankheitsgefühl ein. Bei einem großen Teil der Erkrankten treten zusätzlich Hautveränderungen auf.
Symptome bei Babys:
- Fieber
- Erbrechen
- Reizbarkeit oder Schläfrigkeit
- Krämpfe
- Aufschreien
- Vorgewölbte Fontanelle
Bei einer Meningitis kommen unter anderem Erbrechen und Nackensteifigkeit hinzu. Eine Sepsis kann sich durch Blutdruckabfall bemerkbar machen und bis zum Organversagen fortschreiten. Bei Säuglingen und Kleinkindern sind die Symptome häufig schwieriger zu deuten. Anzeichen einer Meningokokken-Erkrankung können bei Kindern Fieber, schrilles Schreien, Reizbarkeit oder auch Schläfrigkeit sein.
Mögliche Folgen:
- Meningitis: Komplikationen wie Krampfanfälle, Taubheit und bei Kindern auch Entwicklungsstörungen. Etwa einer von 100 der Erkrankten verstirbt.
- Sepsis: Gewebeschädigungen bis hin zum Absterben einzelner Gliedmaßen, so dass eine Amputation nötig werden kann. Rund 13 Prozent der Erkrankten mit septischem Verlauf versterben. Bei einer schweren Form des septischen Schocks, dem sogenannten Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, verstirbt rund ein Drittel der Betroffenen.
- Spätfolgen: Bis zu 30 Prozent der Betroffenen haben mit gravierenden Spätfolgen zu kämpfen.
Bei Anzeichen einer Meningokokken-Erkrankung sollte sofort eine Arztpraxis oder das nächstgelegene Krankenhaus aufgesucht werden.
Impfstoffe gegen Meningokokken
Für den bestmöglichen Schutz vor Meningokokken-Erkrankungen gibt es unterschiedliche Impfungen. Es gibt verschiedene Impfstoffe, die gegen unterschiedliche Meningokokken-Typen gerichtet sind. Generell kann man den Bakterien nicht "aus dem Weg gehen". Treten Meningokokken-Fälle auf, werden die Kontaktpersonen vorsorglich mit Antibiotika behandelt. Treten regional gehäuft Fälle auf, können die Gesundheitsämter eine Impfprophylaxe empfehlen.
- Meningokokken-B-Impfstoff (MenB): Schützt vor Meningokokken der Serogruppe B.
- Meningokokken-C-Impfstoff (MenC): Schützt vor Meningokokken der Serogruppe C.
- Meningokokken-ACWY-Konjugatimpfstoff (MenACWY): Schützt vor Meningokokken der Serogruppen A, C, W und Y.
Realativ neu sind auch die sogenannten Konjugatimpfstoffe, die sowohl für Kinder als auch für Erwachsene geeignet sind. Sie sind gegen Typ C bzw. gegen die Typen A, C, W und Y gerichtet und bewirken einen sehr guten, lang anhaltenden Schutz.
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Impfempfehlungen der STIKO
Die Ständige Impfkommission (STIKO) gibt folgende Empfehlungen für Impfungen gegen Meningokokken:
- Säuglinge: Allen Säuglingen ab dem Alter von zwei Monaten wird die Impfung gegen Meningokokken B empfohlen. Die Impfserie soll möglichst frühzeitig begonnen werden und im Alter von 2, 4 und 12 Monaten verabreicht werden. Versäumte Impfungen sollen so bald wie möglich und spätestens bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden.
- Kleinkinder: Allen Kindern wird zu Beginn des 2. Lebensjahres zudem eine einmalige Impfung gegen Meningokokken C empfohlen. Versäumte Impfungen gegen Meningokokken C sollen so bald wie möglich und spätestens bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden.
- Jugendliche: Für Kinder im Alter von 12 bis 14 Jahren empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) nun eine Impfung gegen Meningokokken. Ziel ist einerseits der Schutz einer der Altersgruppen mit dem höchsten Erkrankungsrisiko, andererseits soll dadurch die Verbreitung der Erreger in der gesamten Bevölkerung nachhaltig verringert werden. Wer älter ist, kann eine Nachholimpfung bekommen - diese sollen laut Stiko junge Menschen bis zu ihrem 25. Geburtstag erhalten.
- Risikogruppen: Personen aller Altersgruppen, bei denen ein erhöhtes Risiko für eine Meningokokken-Erkrankung besteht, wird die Impfung mit einem Meningokokken-Kombinationsimpfstoff gegen die Serogruppen A, C, W und Y empfohlen. Außerdem sollten sie gegen Meningokokken B geimpft werden, wenn dies im Säuglings- oder Kleinkindalter noch nicht erfolgt ist.
Impfkalender:
- Meningokokken B:
- Grundimmunisierung: Ab dem 2. Lebensmonat, idealerweise im Alter von 2, 4 und 12 Monaten
- Nachholimpfung: Bis zum 5. Geburtstag
- Meningokokken C:
- Einmalige Impfung zu Beginn des 2. Lebensjahres
- Nachholimpfung: Bis zum 18. Geburtstag
- Meningokokken ACWY:
- Für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren
- Nachholimpfung: Bis zum 25. Geburtstag
- Für Risikogruppen jeden Alters
Impfschemata und Kostenübernahme
Für die Grundimmunisierung sind mehrere Impfungen notwendig. Wie viele Impfungen in welchem Abstand erfolgen, hängt vom Impfstoff ab. Darüber klärt Sie die Ärztin bzw. der Arzt vor der Impfung in einem ausführlichen Beratungsgespräch auf und beantwortet gegebenenfalls weitere Fragen. Für die Auffrischungsimpfung (Booster) genügt eine Impfung.
Die Kosten für die Meningokokken-B-Impfung werden bis zum 5. Geburtstag von den Krankenkassen voll erstattet. Nach Einschätzung von Kinder- und Jugendärztin Julia Tabatabai, Mitglied der Ständigen Impfkommission, wird es noch ein paar Monate dauern, bis Arztpraxen tatsächlich die Impfung gegen Meningokokken A, C, W und Y anbieten und über die Krankenkassen abrechnen können.
Impfreaktionen und Nebenwirkungen
Die Impfung ist in der Regel gut verträglich. Wie bei jeder Impfung können jedoch Nebenwirkungen auftreten, die je nach verwendetem Impfstoff etwas verschieden und unterschiedlich häufig sind. Durch die Anregung der körpereigenen Abwehr können für kurze Zeit vorübergehende Impfreaktionen auftreten, die in der Regel nach wenigen Tagen ohne Folgen wieder abklingen. Dazu zählen Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle, Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie allgemeines Unwohlsein. Schwere Nebenwirkungen sind sehr selten. Beispielsweise kann es bei Säuglingen und jungen Kleinkindern zu einem Fieberkrampf kommen, der in der Regel jedoch ohne Folgen bleibt. Auch allergische Reaktionen sind möglich.
Zur Vermeidung von Fieber oder Schmerzen nach der Impfung wird eine vorbeugende Gabe von Paracetamol empfohlen, die zeitgleich mit der Impfung gegen Meningokokken B oder kurz danach begonnen werden sollte.
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Meningokokken und Gonorrhöe: Gibt es einen Zusammenhang?
Jüngste Forschungsergebnisse deuten auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der Meningokokken-B-Impfung (4CMenB) und einem gewissen Schutz vor Gonorrhöe hin. Eine Studie zeigte für die OMV-MenB-Impfung eine gewisse Wirksamkeit bzgl. Gonorrhöe. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Impfung Antikörper gegen Neisseria gonorrhoeae auslöst. Es laufen derzeit weitere Studien, um diesen Zusammenhang genauer zu untersuchen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Meningokokken-B-Impfung mit ca. 30% auch vor Gonorrhö schützen kann.
Impfungen bei Reisen
Bei Reisen in bestimmte Risikogebiete kann eine Impfung gegen Meningokokken ACWY erforderlich sein. Saudi-Arabien verlangt in der Zeit der Mekka-Wallfahrten von Pilgern und Besuchern eine Impfbescheinigung, die maximal drei Jahre und minimal zehn Tage vor dem Eintreffen in Saudi-Arabien ausgestellt worden sein darf. Pflicht ist hier der Vierfach- Impfstoff A,C, W-135,Y. Pilger, die aus Endemiegebieten einreisen, werden untersucht und bei Verdacht auf Meningitis unter Beobachtung gestellt. Von allen anderen Reisenden wird keine Impfung verlangt.
Als Reiseimpfung wird in der Regel der Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff verwendet. Auch die Impfung gegen Meningokokken B kann - nicht nur als Standardimpfung für Säuglinge und Kleinkinder - zusätzlich als Impfung speziell für Reisende erforderlich sein. Wichtig: Wer bei Einreise einen Impfnachweis gegen Meningokokken ACWY benötigt, sollte darauf achten, dass diese Impfung im Impfpass in englischer Sprache vermerkt wird („conjugate vaccine“).
Idealerweise sollte die Impfung mindestens 2 Wochen vor Abreise abgeschlossen sein. Bei Fernreisen oder Pilgerfahrten sollte frühzeitig geplant werden.
Meningokokken und Neurodermitis
Eine Neurodermitis spricht nicht gegen Impfungen. Im Gegenteil, bei schwerer Neurodermitis wird zum Beispiel eine Impfung gegen Windpocken sogar ausdrücklich empfohlen. Auch alle anderen Impfungen sind möglich.
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