Multiple Sklerose (MS) ist eine vielschichtige Erkrankung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen in vielfältiger Weise beeinflussen kann. Glücklicherweise gibt es zahlreiche Selbsthilfeangebote, die Unterstützung, Informationen und Gemeinschaft bieten. Dieser Artikel soll einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Aspekte der Selbsthilfe bei MS geben und Wege aufzeigen, wie Betroffene aktiv mit der Erkrankung umgehen und ihre Lebensqualität verbessern können.
Was bedeutet Selbsthilfe bei MS?
Selbsthilfe bei MS bedeutet, aktiv zu werden und die eigenen Bedürfnisse und Ressourcen zu erkennen und zu nutzen. Sie umfasst den Austausch mit anderen Betroffenen, das Sammeln von Informationen, die Auseinandersetzung mit der Erkrankung und die Entwicklung von Strategien zur Bewältigung der Herausforderungen des Alltags. Selbsthilfe wird oft von Betroffenen selbst organisiert und bietet eine sichere Umgebung, in der Menschen mit MS und ihre Angehörigen ihre Gefühle, Erfahrungen und Ängste offen teilen können, ohne Angst vor Verurteilung.
Die Bedeutung von Gemeinschaft und Austausch
Gemeinschaft ist ein zentraler Aspekt der Selbsthilfe. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr wertvoll sein, da er das Gefühl der Isolation reduziert und das Verständnis für die eigenen Erfahrungen stärkt. Geteiltes Leid ist halbes Leid - diese Redewendung mag klischeehaft klingen, trifft aber oft den Kern der Sache. Es ist ein großer Unterschied, ob man mit jemandem spricht, der die eigenen Erfahrungen teilt, oder mit jemandem, der nicht nachvollziehen kann, was es bedeutet, mit MS zu leben.
Wissen als Schlüssel zur Selbstbestimmung
Wissen ist Macht, besonders im Umgang mit einer chronischen Erkrankung wie MS. Wer gut informiert ist, kann besser mitentscheiden und die eigene Behandlung aktiv mitgestalten. Selbsthilfegruppen und Online-Seminare bieten die Möglichkeit, sich umfassend über die Erkrankung, ihre Symptome, Behandlungsmöglichkeiten und den Umgang mit den Herausforderungen des Alltags zu informieren.
Aktiv werden und die eigene Situation gestalten
Nichts ist so schlimm wie das Gefühl, der Erkrankung hilflos ausgeliefert zu sein. Aktiv zu werden und die eigene Situation selbst in die Hand zu nehmen, kann ein Gefühl der Kraft und Selbstwirksamkeit vermitteln. Dies kann bedeuten, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen, sich über die Erkrankung zu informieren, die Ernährung anzupassen, Sport zu treiben oder Entspannungstechniken zu erlernen.
Lesen Sie auch: Polyneuropathie Symptome lindern
Angebote der Selbsthilfe bei MS
Es gibt eine Vielzahl von Selbsthilfeangeboten für Menschen mit MS und ihre Angehörigen. Diese Angebote können in verschiedene Kategorien eingeteilt werden:
Selbsthilfegruppen und Gesprächskreise
Selbsthilfegruppen sind ein wichtiger Anlaufpunkt für Menschen mit MS. In diesen Gruppen treffen sich Betroffene regelmäßig, um sich auszutauschen, Erfahrungen zu teilen, sich gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam Strategien zur Bewältigung der Erkrankung zu entwickeln. Es gibt Selbsthilfegruppen für verschiedene Zielgruppen, z.B. für Neuerkrankte, für Angehörige, für junge Erwachsene oder für Menschen mit bestimmten Symptomen.
- DMSG Landesverbände: Die Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) ist ein großer Selbsthilfe- und Fachverband, der in allen Bundesländern Landesverbände unterhält. Diese Landesverbände bieten eine Vielzahl von Selbsthilfegruppen und Gesprächskreisen an.
- MSK e. V.: Die Selbsthilfe-Initiative für Multiple Sklerose Kranke e. V. (MSK e. V.) ist ein unabhängiger Verein, der Betroffene und ihre Angehörigen aktiv beim selbstbestimmten Umgang mit der Krankheit unterstützt.
- Regionale Selbsthilfenetzwerke: In vielen Regionen gibt es Selbsthilfenetzwerke, die eine Übersicht über die verschiedenen Selbsthilfegruppen in der Region bieten.
Online-Angebote
In der heutigen Zeit spielen Online-Angebote eine immer größere Rolle in der Selbsthilfe. Sie bieten die Möglichkeit, sich bequem von zu Hause aus zu informieren, auszutauschen und unterstützen zu lassen.
- aMStart: aMStart ist eine junge, digitale und bedarfsorientierte Selbsthilfeorganisation, die sich auf junge Erwachsene mit MS konzentriert. Sie bietet digitale, persönliche und leicht zugängliche Räume für den Austausch von Gefühlen, Fragen und Erfahrungen.
- Leben mit MS Community: In dieser Online-Community können sich Menschen mit MS zu verschiedenen Themen austauschen.
- MS-Erfahrungen.de: Diese Website bietet eine Vielzahl von Erfahrungsberichten von Menschen, die mit MS leben.
- Patienten-Podcast des Zentrums für Klinische Neurowissenschaften: Dieser Podcast bietet verständliche Einblicke in komplexe neurologische Themen und richtet sich gezielt an Betroffene sowie ihre Angehörigen.
- Podcast MS im Fokus: Dieser Podcast bietet spannende Einblicke und aktuelle Informationen rund um das Leben mit Multipler Sklerose, präsentiert von Expertinnen und Experten sowie Betroffenen.
- Podcast MS Perspektive: In diesem Podcast klärt Nele von Horsten andere MS-Betroffene über die Erkrankung und die Möglichkeiten der Einflussnahme auf, damit sie selbstbestimmt, frei und glücklich leben können.
Beratungsangebote
Neben Selbsthilfegruppen und Online-Angeboten gibt es auch eine Vielzahl von Beratungsangeboten für Menschen mit MS und ihre Angehörigen.
- DMSG Beratungsstellen: Die DMSG unterhält in vielen Städten Beratungsstellen, die eine individuelle Beratung zu allen Fragen rund um MS anbieten.
- Paritätische Selbsthilfekontaktstellen: Die Paritätischen Landesverbände und ihre Mitgliedsorganisationen betreiben Selbsthilfekontaktstellen, die Beratung und Unterstützung für Selbsthilfegruppen und Einzelpersonen anbieten.
- NAKOS: Die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) ist eine zentrale Anlaufstelle für alles rund um Selbsthilfe in Deutschland.
Weitere Angebote
Neben den genannten Angeboten gibt es noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten der Selbsthilfe bei MS.
Lesen Sie auch: Unterstützung bei Parkinson in Wien
- Patientenforen und Seminare: Viele Kliniken und MS-Zentren bieten regelmäßig Patientenforen und Seminare an, in denen über aktuelle Themen rund um MS informiert wird.
- Sport- und Bewegungsprogramme: Körperliche Aktivität ist wichtig für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen mit MS. Es gibt spezielle Sport- und Bewegungsprogramme, die auf die Bedürfnisse von MS-Betroffenen zugeschnitten sind.
- Kreative Angebote: Kreative Aktivitäten wie Malen, Musik oder Schreiben können helfen, Stress abzubauen, die eigenen Gefühle auszudrücken und die Lebensqualität zu verbessern.
- Ernährungsberatung: Eine ausgewogene Ernährung kann sich positiv auf den Verlauf der MS auswirken. Eine Ernährungsberatung kann helfen, die Ernährungsgewohnheiten anzupassen und den Körper optimal mit Nährstoffen zu versorgen.
Selbsthilfe im Alltag: Was kann ich selbst tun?
Neben der Teilnahme an Selbsthilfegruppen und der Nutzung von Beratungsangeboten gibt es viele Dinge, die Menschen mit MS im Alltag selbst tun können, um ihre Lebensqualität zu verbessern.
Ernährung
Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Es gibt zwar keine spezielle MS-Diät, aber einige Ernährungsempfehlungen können sich positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken.
- Rauchen vermeiden: Rauchen erhöht das Risiko, an MS zu erkranken, und scheint auch den Verlauf der MS zu verschlechtern.
- Vitamin D: Menschen, die in Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung leben, erkranken seltener an MS. Es wird vermutet, dass dies zumindest teilweise mit einem höheren Vitamin-D-Spiegel zusammenhängt. MS-Patienten mit normalen Vitamin-D-Spiegeln können, nach Rücksprache mit ihrem Arzt, Vitamin D ergänzend einnehmen.
- Gesunde Ernährung: Eine gesunde Ernährung verringert das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2 und neurodegenerative Erkrankungen.
- Alkohol: Da Alkohol immer - auch in kleinen Mengen - gesundheitsschädlich ist und das Risiko für viele Krankheiten erhöht, sollte am besten ganz auf Alkohol verzichtet werden.
Bewegung
Regelmäßige körperliche Aktivität ist wichtig für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Bei Menschen mit MS kann schon regelmäßiges Gehen alleine die Mobilität verbessern. Empfohlen werden 75-150 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche (z.B. Joggen, Schwimmen, Ballsport) oder 150-300 Minuten moderate körperliche Aktivität.
Stressbewältigung
Traumatische Lebensereignisse und posttraumatische Belastungsstörungen erhöhen das Risiko für Autoimmunerkrankungen, einschließlich MS. Zudem zeigen erste Studien, dass traumatische Erlebnisse möglicherweise zu einer schnelleren Verschlechterung der MS führen. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Stress Schübe auslösen kann. Verschiedene Methoden zur Stressbewältigung, z.B. Achtsamkeitstraining, Meditation, Yoga oder autogenes Training, können helfen, Stress abzubauen und die Lebensqualität zu verbessern.
Umgang mit Fatigue
Fatigue ist für viele Menschen mit MS ein belastendes Symptom, dass ihren Alltag und ihr Leben erheblich beeinträchtigt. Betroffene fühlen sich sehr schnell erschöpft und erleben eine ungewöhnliche Müdigkeit und einen starken Energiemangel. Strategien zu Energiemanagement und Achtsamkeit können helfen, Fatigue zu verringern.
Lesen Sie auch: Symptome der Vestibularisneuritis
Reisen mit MS
Wenn Menschen mit Multipler Sklerose verreisen wollen, ist eine gute Planung wichtig: Extremes Klima sollte vermieden, nötige Impfungen mit Ärzten abgesprochen und die medizinische Versorgung vor Ort in Erfahrung gebracht werden. Vor und während der Reise sollte Stress so gut wie möglich vermieden werden.
Die Rolle der Angehörigen
Auch Angehörige von Menschen mit MS benötigen Unterstützung. Sie sind oft stark belastet und müssen mit den Herausforderungen der Erkrankung im Alltag umgehen. Es gibt spezielle Selbsthilfegruppen und Beratungsangebote für Angehörige, in denen sie sich austauschen, informieren und unterstützen lassen können.
tags: #selbsthilfe #bei #multiple #sklerose