Eine spastische Lähmung, auch Spastik genannt, ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom einer krankheitsbedingten Störung des zentralen Nervensystems (ZNS). Sie kann Menschen jeden Alters betreffen. Die Spastik äußert sich durch eine deutlich erhöhte Anspannung der Skelettmuskulatur einzelner oder mehrerer Körperregionen. Abhängig davon, welches Gehirnareal in welchem Ausmaß geschädigt ist, kann sich eine Spastik in Symptomen manifestieren, die von leichten Bewegungseinschränkungen bis hin zur vollständigen Behinderung reichen. Obwohl eine spastische Lähmung nicht heilbar ist, können Folgeschäden durch gezielte ergotherapeutische und physiotherapeutische Maßnahmen verhindert werden. Die intensive Betreuung speziell ausgebildeter Fachkräfte ermöglicht den Patienten, mit ihrer Behinderung besser umzugehen und den Alltag zu bewältigen.
Was ist eine Lähmung?
Eine Lähmung, in der Fachsprache Parese genannt, entsteht oft durch Störungen der neuromuskulären Übertragung. In der Folge kommt es zu einer verminderten Muskelkraft und zu einer Atrophie der betroffenen Muskulatur. Man unterscheidet zwischen zentralen und peripheren Lähmungen. Die zentrale Parese kommt durch Schäden des ZNS oder des Gehirns zustande. Die Muskeln können bei einer zentralen Lähmung nicht richtig angesteuert werden und sind nicht selten dauerhaft angespannt oder weisen erhöhte Muskeleigenreflexe auf. Dieser Zustand wird als sogenannte Spastik bezeichnet. Bei peripheren Lähmungen sind die Nerven geschädigt, die vom Rückenmark zu den Muskeln führen, etwa bei einem Bandscheibenvorfall.
Formen der Spastik
Je nach betroffener Körperregion wird zwischen mehreren Arten von Spastik unterschieden. Lähmungen in den Gliedmaßen werden als Monospastik oder Paraspastik bezeichnet, abhängig davon, ob nur ein Arm oder Bein oder gleichzeitig beide Arme oder Beine betroffen sind. Die Hemispastik beschreibt die Lähmung an den Gliedmaßen einer Körperhälfte, im Falle einer Tetraspastik sind Arme und Beine beider Körperhälften, oft gleichzeitig auch die Rumpf- und Halsmuskulatur betroffen. In den betroffenen Körperregionen kommt es zum Auftreten andauernder, unkontrollierbarer und äußerst schmerzhafter Muskelkrämpfe und Versteifungen.
Eine spastische Lähmung kann auch in den Augen oder in der Schluckmuskulatur auftreten. Dementsprechend können Patienten dadurch unter Schluckstörungen, einem eingeschränkten Sichtfeld, fehlerhaften visuellen Wahrnehmungen und Schielen leiden. Eine spastische Lähmung der Augen geht meist mit schweren Koordinationsstörungen einher, die die Fähigkeit, gezielte Bewegungen auszuführen, erheblich erschweren.
Spastische Lähmungen können einzelne Muskeln oder ganze Körperbereiche betreffen. Dabei unterscheidet man bei dem Ausmaß der Spastik zwischen zwei Kategorien: fokale Spastik und generalisierte Spastik. Ist die Spastik lokal begrenzt, spricht man von einer fokalen Spastik. Tetraspastik: Beide Beine und Arme sind von der Spastik betroffen. Je nach Ausprägung können auch die Hals- und Rumpfmuskulatur betroffen sein.
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Ursachen einer spastischen Lähmung
Eine spastische Lähmung tritt immer als Folge einer Schädigung der Nervenbahnen auf, die Gehirn und Rückenmark miteinander verbinden und Impulse an die Muskulatur weiterleiten. Kommt es im Gehirn oder Rückenmark zu einer verletzungs- oder krankheitsbedingten Schädigung von Nervengewebe, wirkt sich dies negativ auf die Muskelgrundspannung aus. Sowohl Streck- als auch Beugemuskeln sind im Rahmen dieser Erkrankung betroffen und stehen in übermäßiger Spannung zueinander, da in den Gelenken die Verkürzung und Dehnung von Agonist und Antagonist in gestörtem Geleichgewicht stehen. Eine spastische Lähmung ist daher die Folge einer nervlich bedingten Dysbalance in den Muskelfasern. Die Spannung nimmt mit der Geschwindigkeit jeder Bewegung zu und bremst diese schließlich abrupt ab. Langsame und vorsichtige Bewegungen hingegen lösen diesen Effekt nicht aus.
Eine spastische Lähmung kann als Folge von Erkrankungen oder Unfällen auftreten. Als häufigster Auslöser dieser Muskelstörung gilt der Hirninfarkt oder Ischämische Schlaganfall, im Zuge dessen die Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff kurzzeitig unterbrochen ist. Ein solcher vorübergehender Sauerstoffmangel kann bereits eine frühkindliche Gehirnschädigung auslösen, wenn ein Neugeborenes, das seine Atmung noch nicht selbstständig steuern kann, während der Geburt nicht mehr ausreichend über die Nabenschnur versorgt werden kann. Auch Infektionskrankheiten während der Schwangerschaft können das Zentralnervensystem des Fötus schädigen. Eine Unterbrechung der Atemtätigkeit, wie sie beispielsweise bei Unfallopfern oder Menschen, die beinahe ertrunken wären, zu beobachten ist, kann zu irreparablen Hirnschädigungen führen und eine Spastik zur Folge haben. Weitere mögliche Ursachen für eine spastische Lähmung können ein Gehirntumor, die Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose, das Fett-Syndrom sowie verschiedene entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems wie etwa eine Meningitis sein.
Die Ursache einer Spastik ist eine Schädigung im zentralen Nervensystem (ZNS), also im Gehirn, Rückenmark oder deren Verbindungen. Dort gibt es Bereiche, die über Nervenbahnen mit der Skelettmuskulatur verbunden sind und auf diese Weise unsere Bewegungen steuern. Bei einer Spastik sind genau diese Bereiche des ZNS betroffen.
Unsere Bewegungen beruhen auf einem harmonischen Zusammenspiel von Muskeln, das über das Zentrale Nervensystem (ZNS) gesteuert wird. Bei einer Spastik kommt es aufgrund einer Schädigung im ZNS (Gehirn und Rückenmark) zu einer Fehlregulation der Skelettmuskulatur. Die Muskeln werden von den Nerven in einen Zustand permanenter Erregung und Anspannung versetzt. Die Schädigung des Gehirns oder des Rückenmarks kann zahlreiche Ursachen haben.
Eine Spastik kann somit sowohl im Erwachsenen- als auch im Kindes- und Jugendalter auftreten. In Deutschland sind schätzungsweise 800.000 Personen betroffen, darunter ca. 50.000 Kinder. Die Spastik kann zeitnah oder mit einer Verzögerung von Wochen oder Monaten nach der eigentlichen Schädigung des Zentralnervensystems auftreten. Eine sehr häufige Ursache für eine Spastik ist ein Schlaganfall bzw. Hirninfarkt. In Deutschland erleiden jährlich 250.000 Menschen einen Schlaganfall. Bei mehr als einem Viertel entwickelt sich nach einer Zeitspanne von ca. 3-6 Monaten eine Spastik (auch als spastische Lähmung oder Spastizität bezeichnet).
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Weitere Symptome einer Spastik
Eine Spastik kann von weiteren Symptomen begleitet sein, die ebenfalls durch die Schädigung des Gehirns oder Rückenmarks verursacht sind, wie beispielsweise Schmerzen und / oder Sensitivitätsstörungen. Insbesondere bei einer Spastik nach Schlaganfall kommt es neben der spastischen Lähmung häufig zu einer halbseitigen schlaffen Lähmung, die den Arm und das Bein einer Körperhälfte betrifft.
Die Symptome einer Spastik hängen damit zusammen, wo und wie stark das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) geschädigt ist. Dementsprechend können die damit verbundenen funktionellen Beeinträchtigungen von nur leichten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit bis zu einer vollständigen körperlichen Behinderung reichen.
Diagnose einer spastischen Lähmung
Zur Diagnose einer Spastik untersucht der Arzt den Patienten zunächst körperlich. Zusätzlich wird er wahrscheinlich einige neurologische Tests durchführen und bildgebende Verfahren (z. B. CT, MRT) anwenden. Der Muskeltonus (Messung des Grades der Anspannung der Muskulatur z.B. Die SchmerzintensitätDie Informationen helfen dem Arzt bei der Diagnosestellung und Planung der anschließenden Therapiemaßnahmen, um die Spastik zu lösen. Ferner kann anhand von Bewertungsskalen das Ansprechen auf die Behandlung beurteilt und nachverfolgt werden.Die Ashworth-Skala (nach Ashworth 1964) bzw. die modifizierte Ashworth-Skala (nach Bohannon und Smith 1987) ist eine gebräuchliche Methode zur Beurteilung der Spastizität von Muskeln.
Ein ausführliches Gespräch (Anamnese) bildet die Grundlage für weitere körperliche und neurologische Untersuchungen, bei denen der Arzt den Beschwerden des Patienten auf den Grund geht. Dabei prüfen wir unter anderem die Beweglichkeit der Gelenke, um den Grad der Einschränkung zu bestimmen, außerdem Muskelkraft und -anspannung (Ashworth-Skala) sowie die Reflexe und das Schmerzempfinden an den betroffenen Stellen. Um die Ausprägung der spastischen Lähmung genauer bestimmen zu können, können auch bildgebende Diagnoseverfahren genutzt werden, wie die strahlungsarme digitale Volumentomografie (DVT) sowie die Magnetresonanztomografie (MRT). Darüber hinaus kann mithilfe der Elektromyografie (EMG) die Muskelaktivität gemessen und festgestellt werden, ob die Erkrankung vom Muskel (Myopathie) oder dem zugehörigen Nerv (Neuropathie) ausgeht. Störungen von Nerven außerhalb von Gehirn und Rückenmark (periphere Nerven) können anhand einer Elektroneurografie (ENG) untersucht werden.
Therapie der spastischen Lähmung
Eine spastische Lähmung kann nicht ursächlich behandelt werden. Die Therapie einer Spastik beruht auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Physio- und Ergotherapeuten und zielt darauf ab, die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern, indem Schmerzen gelindert und die Beweglichkeit sowie die motorischen Fähigkeiten intensiv geschult werden. Dadurch werden das Risiko möglicher Folgeschäden und Komplikationen vermindert und die Pflege des Patienten erleichtert. Im Zentrum der Behandlung steht die Physiotherapie, um durch Redressionsmaßnahmen Fehlstellungen zu korrigieren und Gelenkversteifungen vorzubeugen. Durch passive Bewegung der Gelenke werden die gesunden Muskelpartien gestärkt, wodurch die allgemeine Bewegungsfähigkeit des Patienten verbessert wird. Gleichzeitig werden die Spasmen verringert, was zu einer deutlichen Verminderung der Schmerzzustände führt. Parallel dazu erarbeitet der behandelnde Ergotherapeut mit dem Patienten eine Routine, indem Hilfsmittel erprobt und in den Alltag integriert sowie grundsätzliche Tätigkeiten wie Körperpflege und Handfunktionen geübt werden. Dadurch soll die Wahrnehmung des Patienten verbessert und seine Fähigkeit zu sozialer Kommunikation gestärkt werden.
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Oft werden diese Therapiemaßnahmen durch eine medikamentöse Behandlung begleitet. Intramuskuläre Injektionen mit dem stark verdünnten Nervengift Botulinumtoxin oder Infusionen mit Baclofen nahe des Rückenmarks führen in vielen Fällen zu einer Funktionsverbesserung und haben sich in der Schmerztherapie von Menschen mit Spastik erfolgreich bewährt.
Physikalische Therapie
Als Basistherapie lässt sich der Spastik durch Physiotherapie begegnen. Regelmäßiges Durchbewegen - auch passiv oder geräteunterstützt - hilft, störende Phänomene der spastischen Bewegungsstörung zu mildern. Standardtherapie und verschiedene ergänzende Behandlungsansätze (z.B. Auch die sogenannte transkutane Elektrostimulation scheint positive Effekte zu haben. Zu den physikalischen Optionen zählen antispastische Lagerungsmethoden wie Schneidersitz oder die Bauchlage. Hier ist der reduzierende Effekt oft noch Stunden später bemerkbar. Gleiches gilt für Besuche in Dampfbad, Sauna oder Schwimmbad, die wesentlich zu einem gesteigerten Wohlbefinden der Betroffenen beitragen können.
Günstige Effekte auf Spastik haben systematisches Arm-Basis-Training, häufige Wiederholungen und die Kombination mit muskulärer Elektrostimulation. Besonders wichtig ist die passive Muskelstreckung zusätzlich zur ausgewählten Standardtherapie. Für die Therapie von Standsicherheit, Gang, Treppensteigen oder der Arm-Hand-Funktion sieht man vielversprechende Verbesserungen bei einer Spastik durch den Einsatz von Robotern.
Eine Lähmung ausgleichen und günstige Effekte auf die Muskelspannung und Muskellänge haben Schienen, Splints, Verbände (Casts) und Orthesen. Für die Beine ist das Aufrichten der Betroffenen die beste Mobilisationsform. Durch das Anlegen von Casts kann schrittweise ein eingeschränkter Bewegungsumfang wieder ausgedehnt werden. Elektrostimulation aktiviert über angeklebte Elektroden auf der Haut Nerven und Muskelfasern mit kleinen Strömen (transkutane elektrische Nervenstimulation, TENS). Hier gibt es positive Effekte auf Spastik und den Bewegungsumfang (ROM). Auch die funktionelle Elektrostimulation (FES) für Bewegungen, die vom Patienten ganz oder teilweise selbst ausgeführt werden (z.B. Greifen und Hantieren, Gehen), kann neben der Verbesserung motorischer Funktionen einen Spastik-mindernden Effekt aufweisen.
Günstige Auswirkungen auf die Spastik wurden zudem mittels Oberflächenelektrostimulation des Rückenmarks bzw. Eine spastische Tonuserhöhung lässt sich mit gezielten Magnetfeldreizen zur Stimulation ausgewählter Nerven, Nervenwurzeln oder Hirnarealen behandeln (periphere repetitive Magnetstimulation, prMS; repetitive transkranielle Magnetstimulation, rTMS). Stoßwellentherapie kann über Wochen anhaltend einen spastisch erhöhten Muskeltonus mindern mit einer begleitenden Erweiterung des Bewegungsumfangs (extrakorporale Stoßwellentherapie, ESTW).
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie ist eine Ergänzung zu den Maßnahmen der physikalischen Therapie. Die meisten Medikamente dämpfen die Aktivität von Gehirn und Rückenmark - was sich positiv auf die Spastik auswirken kann, allerdings auch negativ auf das Allgemeinbefinden des Betroffenen. Bei der Auswahl des richtigen Medikaments braucht es Sachverstand und viel Geduld. Denn nicht jeder Betroffene reagiert auf jede Substanz gleich, nicht jeder hat dieselben Nebenwirkungen, und so kann es dauern, bis nach Abwägung der Vor- und Nachteile die richtige Substanz oder Kombination gefunden ist.
Antispastische Medikamente: Häufig Verwendung finden Präparate mit den Wirkstoffen Baclofen, Diazepam oder auch Clonazepam. Pflanzliche Alternativen: Einige Menschen mit Querschnittlähmung berichten über gute Erfahrungen mit Cannabinoiden, Cannabidiol (CBD) oder Tetrahydrocanabinol (THC).
Für die Auswahl einer medikamentösen Behandlung ist entscheidend, wo die Spastik am Körper vorkommt und ob sich eine zugrundeliegende Schädigung im Rückenmark oder im Gehirn befindet. Vor diesem Hintergrund müssen Nutzen und Nebenwirkungen, Akzeptanz und Umsetzbarkeit einer Behandlung gründlich abgewogen werden. Mit Tabletten oder Spray (orale Therapie) werden vermehrte Muskelaktivität bei Spastik behandelt behandelt. Patienten mit einer Spastik beider Beine (Paraspastik) und nicht mobile Patienten mit generalisierter spastischer Tonuserhöhung profitieren in der Regel von einer oralen Therapie. Dantrolen bewirkt Muskelentspannung durch Hemmung der Freisetzung von Kalziumionen im Muskel. Sativex® ist ein Spray für die Mundhöhle und ausschließlich für die bei Multipler Sklerose auftretende spastische Tonuserhöhung zugelassen.
Spastik-Medikamente, die im Zentralnervensystem wirken, führen dosisabhängig relativ häufig zu Müdigkeit, Antriebsminderung oder einer störenden Abnahme der Muskelkraft. Daher sollte die Erhöhung der Dosis vorsichtig erfolgen. Dantrolen sollte wegen der potenziell toxischen Leberschädigung und der Verstärkung bestehender Lähmungen nur eingesetzt werden, wenn es keine bessere Alternative gibt und die Symptome es wirklich erfordern. Die Verbesserungen einer Spastik mit Tabletten und Spray sind zwar messbar, werden von Betroffenen aber nicht immer im Alltag wahrgenommen. Für Tolperison gegenüber Baclofen und für Tizanidin gegenüber Diazepam wurden jedoch auch Alltagsvorteile für Schlaganfall-Betroffene) beschrieben.
Bei fokaler Spastik (ein oder zwei eng benachbarte Bewegungssegmente sind betroffen, z. B. BoNT wird bei einer Überaktivität von Muskeln angewendet, also auch zur Behandlung einer Spastik. Es lässt Muskeln für eine bestimmte Zeit erschlaffen, indem es die Übertragung vom Nerv auf den Muskel für einige Wochen bis Monate blockiert. Sowohl im Hinblick auf die Nebenwirkungen einer oralen Therapie, als auch im Hinblick auf die Wirksamkeit ist eine BoNT-Behandlung Tabletten und Spray überlegen und mindert zudem Schmerzen, die von der Spastik herrühren. Schließlich mehren sich Daten, dass sich eine Spastik nach Schlaganfall durch eine frühzeitige Injektion in reduzierter Dosis vermeiden lässt.
Nebenwirkungen sind unter BoNT in den empfohlenen Dosisbereichen pro Muskel und Injektionssitzung selten. Es kann zu Lähmungen kommen (wenn der falsche Muskel getroffen oder zu viel BoNt gespritzt wird). Möglich sind auch Effekte wie Mundtrockenheit oder eine allgemeine Schwäche und lokalen Problemen (Bluterguss und lokale Schmerzen). Bei wiederholtem Einsatz können neutralisierende Antikörper im Blut von Betroffenen können die Wirkung von BoNT abschwächen oder aufheben. Das kommt bei etwa 6 Prozent der Patienten mit Spastik-Behandlung vor. Das Risiko für das Auftreten neutralisierender Antikörper steigt mit der langjährigen Gesamtdosis und wenn das Behandlungsintervall kürzer als drei Monate ist.
Zur Behandlung einer schweren Spastik kann man das Medikament Baclofen auch über ein spezielles Infusionssystem mit einer Pumpe einsetzen. Das Mittel wird dabei direkt in den Nervenwasserraum des Rückenmarks injiziert (intrathekal). Typische und erfolgversprechende Fälle sind Betroffene mit schwerer Spastik nach Rückenmarksverletzungen oder Hirnschädigung, Menschen mit Paraspastik oder multisegmentaler Spastik sowie Hemispastik mit einschießenden Tonussteigerungen. Patienten mit länger zurückliegendem Schlaganfall und Spastik profitieren von einer ITB im Vergleich zur Therapie mit Tabletten und Spray. Auch für Querschnittgelähmte ist die gute Wirksamkeit belegt. Die Indikation für eine ITB sollte erst erfolgen, wenn andere Behandlungen nicht zufriedenstellend waren.
Unerwünschte Wirkungen können Infektionen und lokale Flüssigkeitsansammlungen (Serome) beinhalten. Die Diagnose und Betreuung bei Patienten mit ITB sollte daher von einem interdisziplinären Team mit ausgewiesener Kompetenz erfolgen. Die Abklärung und Behandlung von Nebenwirkungen und Komplikationen sollte zu jeder Zeit gewährleistet sein. Leichtere Nebenwirkungen in der Test- und Einstellungsphase verschwinden im Verlauf meist von alleine. Schwere Nebenwirkungen und Komplikationen können im Einzelfall zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.
Chirurgische Verfahren
Bei schwerster Spastik, die anders nicht zu behandeln sind, gibt es chirurgische Verfahren (dorsale Rhizotomie oder Eingriffe in der Eintrittszone der Hinterwurzel ins Rückenmark). Durch sie können ausgeprägte Fehlhaltungen vermieden werden und damit verbundene Pflegehemmnisse, hygienische Probleme und Komplikationen wie Kontrakturen oder Hautläsionen. Nach Versagen der Standardtherapieverfahren und damit verbundenen Schmerzen können in weiteren chirurgischen Verfahren bestimmte Stellen eines Nerven durchtrennt werden (motorische Endäste, z.B. Nervus tibialis bei spastischem Spitzfuß, „pes equinus“).
Ergänzende Maßnahmen
Viele Ergotherapeuten arbeiten heute in unterschiedlichen Anwendungsbereichen mit dem unterstützenden Einsatz von NOVAFON Schallwellengeräten, welche sich auch in der Behandlung von Spastiken erfolgreich bewährt haben. Die sanften Vibrationen der NOVAFON Schallwellengeräte tragen dazu bei, Schmerzen zu reduzieren sowie die Folgen eines Schlaganfalls zu lindern. Sowohl bei altersbedingten Gelenkerkrankungen als auch bei muskulären Problemen schafft die lokale Vibrationstherapie Abhilfe.
Durch eine dynamische Lagerungsschiene wie etwa die SaeboStretch® können Symptome bei erhöhtem Muskeltonus gelindert werden. Sie streckt Hand und Finger. Steigert sich die Muskelspannung kurzzeitig, etwa durch Anstrengung, Husten oder Niesen, gibt die dynamische Orthese kurzzeitig nach. Lässt die Spannung im Muskel wieder nach, streckt sie erneut Hand und Finger. Ist ein Patient noch in der Lage, im Ansatz Hände willkürlich zu bewegen, helfen spezielle Orthesen, die Bewegungen zu unterstützen und in die richtige Richtung zu leiten. SaeboGlove® ist beispielsweise eine Art dynamischer Handschuh mit integrierten Zügen, der die Fingerstreckung verbessert und hilft, die Hand wieder öffnen zu können. Dabei unterstützt die Orthese jeden Finger individuell. Noch stärker unterstützt SaeboFlex®. Sie ist eine dynamische, funktionelle Handschiene, die jeden Finger individuell führt, die Bewegung lenkt und die Streckung unterstützt, und dies auch bei stärkerer Spannung der Fingerbeuger. Ihre Federzüge an jedem Finger können individuell eingestellt werden.
Oft führen Schädigungen im Nervensystem auch dazu, dass Menschen beim Gehen den Fuß oder gar beide Füße nicht mehr willentlich heben können - man spricht von einer sogenannten Fußheberschwäche. Hier kommt dann eine mechanische Hilfe wie die Saebo Step zum Einsatz: Oberhalb des Knöchels wird eine Manschette angelegt. sind zwei Züge angebracht. All diese Hilfsmittel können Sie dabei unterstützen, verlorene Bewegungen wieder auszugleichen oder sogar zurückzugewinnen.
Leben mit Spastik
Menschen mit einer spastischen Bewegungsstörung leiden oft unter vielfältigen Einschränkungen im Alltag. Das selbstständige Ankleiden, Kochen und Essen, die Körperhygiene und das Gehen fallen vielen schwer. Sie sind auf Unterstützung und Hilfsmittel angewiesen.
Eine unbehandelte spastische Lähmung kann zu weiteren Schädigungen führen. Diese können den Körper auf lange Sicht zusätzlich behindern, da sich die Muskeln verkürzen, die Beweglichkeit eingeschränkt werden und auch die Gelenke in eine dauerhafte Fehlstellung geraten können. Daraus kann eine Unselbstständigkeit resultieren, die die Betroffenen im Alltag stark einschränken kann. Beispielsweise kann das eigene Ankleiden, Kochen, Körperhygiene oder andere alltägliche Aufgaben nur schwer oder gar nicht alleine bewältigt werden. Unterstützung durch Außenstehende kann das Erledigen der Aufgaben erleichtern. Nicht jeder Betroffene möchte jedoch auf Hilfe von außen angewiesen sein.
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