Sport bei Epilepsie: Ein umfassender Leitfaden

Viele Menschen mit Epilepsie haben Bedenken, wenn es um sportliche Betätigung geht. Die Angst vor Verletzungen während eines Anfalls oder die Befürchtung, dass Sport selbst Anfälle auslösen könnte, sind weit verbreitet. Dieser Artikel soll diese Bedenken ausräumen und einen umfassenden Überblick über das Thema Sport und Epilepsie geben.

Einführung

Epilepsie gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Neben den wiederkehrenden Anfällen können auch Komorbiditäten wie kognitive und psychische Probleme sowie Schwierigkeiten im sozialen Bereich auftreten. Trotz der bekannten positiven Auswirkungen von Sport und körperlicher Aktivität auf die Lebensqualität und die allgemeine Krankheitsprävention wurde Menschen mit Epilepsie lange Zeit ein Sportverbot empfohlen. Diese Empfehlung basierte vermutlich auf der Angst vor sportinduzierten Verletzungen, einer möglichen Anfallsinduktion und einem negativen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung.

In den letzten Jahrzehnten haben Studien jedoch gezeigt, dass sportassoziierte Verletzungen bei diesen Patienten nicht häufiger auftreten als in der Allgemeinbevölkerung. Daher stellt sich die Frage, ob Menschen mit Epilepsie aus nicht belegbaren Gründen und Vorurteilen dem Sport fernbleiben und sich körperlich weniger bewegen als die Gesamtbevölkerung und ob sich hieraus weitere Nachteile für sie ergeben.

Sport und Epilepsie: Eine Neubewertung

Grundsätzlich kann Menschen mit Epilepsie sportliche Betätigung empfohlen werden. Es ist wichtig zu betonen, dass das Anfallsrisiko beim Sport und bei sportlich aktiven Menschen normalerweise nicht höher ist als sonst. Die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) veröffentlichte 2016 ein Konsensuspapier, in dem das sichere Sporttreiben für Patienten mit Epilepsie empfohlen wird.

Es gibt jedoch einige wichtige Aspekte zu berücksichtigen:

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  • Individuelle Eignung: Nicht alle Sportarten sind für jeden Menschen gleich gut geeignet.
  • Risikoeinschätzung: Eine genaue Kenntnis über den Verlauf der epileptischen Anfälle einer Person ist entscheidend, um die Risiken der gewählten Sportart richtig einzuschätzen.
  • Sicherheitsmaßnahmen: Sportarten mit hohem Unfallrisiko bei Anfällen sind mit besonderen Sicherheitsmaßnahmen und Aufsicht oder bei langer Anfallsfreiheit ggf. möglich.

Auswahl der richtigen Sportart

Erst in zweiter Linie sollte überlegt werden, ob die gewählte Sportart mit der Epilepsie vereinbar ist. Menschen mit Epilepsie müssen abwägen, welche Risiken sie beim Sport eingehen wollen. Erwachsene mit Epilepsie können Risiken für sich selbst beim Sport eingehen, wenn Ihnen die eigene Lebensqualität wichtiger ist als ihre Sicherheit. Allerdings müssen sie Fremdgefährdung durch Anfälle während des Sports vermeiden. Diese ist nicht nur moralisch verwerflich, sondern es drohen auch Schadensersatzforderungen und Strafen. Sportfliegen trotz Anfallsgefahr gefährdet alle an Bord und ggf.

Im Zweifelsfall können Sportarten ohne signifikantes Risiko, wie zum Beispiel Mannschaftsportarten, Tanzen und Golf, für alle Akteure empfohlen werden. Für Sportarten mit einem moderaten Risiko, wie beispielsweise alpines Skifahren, Gymnastik und Schwimmen, oder solche mit einem hohem Risiko, wie etwa Klettern, Motorsport und Surfen, sollte unbedingt eine individuelle Gefahrenbeurteilung erfolgen. Gleiches gilt für das Radfahren, da es hier - im Gegensatz zum Fahren von motorisierten Fahrzeugen (auch E-Bikes) - keine klare Gesetzesgrundlage oder Leitlinien gibt, an denen man sich orientieren kann. Beim Radfahren besteht jedoch aufgrund der nahezu ungeschützten Exposition ein möglicherweise nicht unerhebliches Verletzungsrisiko, sodass man Mensc…

Sportarten mit besonderem Augenmerk

Einige Sportarten erfordern aufgrund des erhöhten Verletzungsrisikos besondere Vorsicht:

  • Wassersport: Rettung bei Krampfanfällen in offenen Gewässern ist meist unmöglich, trotz Begleitung durch eine im Rettungsschwimmen geschulte Person: Zu Anfallsbeginn stoßen Betroffene stoßartig die Luft aus den Lungen aus. Die überwiegende Anzahl von Schwimmhilfen wie z.B. Ohnmachtssichere Rettungswesten schränken die Bewegungsfähigkeit für Schwimmen meist zu stark ein, sind aber z.B.
  • Tauchen: Beim Tauchen sind auch bewusst erlebte fokal beginnende Anfälle lebensgefährlich, weil z.B. Tauchen ist ggf.
  • Sportarten in großer Höhe: Sportarten in großer Höhe mit Absturzgefahr, z.B.
  • Sportarten mit hohen Geschwindigkeiten: Sportarten mit hohen Geschwindigkeiten, z.B. Helme und andere Protektoren (z.B.

Anfallsrisiko und Sport

Das Anfallsrisiko während des Sports hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Anfallsfreiheit: Bei mehrjähriger Anfallsfreiheit ohne erhöhtes Anfallsrisiko oder Anfällen nur im Schlaf ist es gering.
  • Anfallsart: Manche bewusst erlebte fokal beginnende Anfälle sind so ungefährlich, dass damit sogar Autofahren sicher möglich ist, Näheres unter Epilepsie > Autofahren. Sie können zwar die Leistungsfähigkeit beim Sport verringern oder zu einer Pause zwingen, sind aber bei den meisten Sportarten ungefährlich. Wer nur Anfälle mit Aura am Anfallsanfang hat, kann oft den Sport rechtzeitig vor einem Unfall beenden. Am gefährlichsten sind die früher als Grand-Mal bezeichneten Anfälle (Anfälle mit Sturz, Krämpfen, Zuckungen und Bewusstseinsverlust), die plötzlich und ohne Vorahnung oder Ankündigung kommen.
  • Anfallsauslöser: bei Menschen mit Anfällen durch Lichtreize z.B. beim Wassersport, wobei dabei ggf. eine Sonnenbrille bzw. bei Überforderung, z.B. bei Unterzuckerung, z.B.

Mitteilungspflicht

Eine Mitteilungspflicht gegenüber Dritten (Trainern, Betreibern von Fitnessstudios, …) besteht nur dann, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass während der sportlichen Betätigung Anfälle auftreten, bei denen sich die Betreffenden selbst und/oder Dritte verletzen. Ein Anbieter kann einem anfallskranken Menschen die Inanspruchnahme seines Angebots allerdings nur in begründeten Ausnahmefällen verweigern.

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Sportliche Aktivität und Lebensqualität

Menschen mit Epilepsien sind weniger körperlich aktiv und weniger leistungsfähig als gesunde Personen. Die verringerte körperliche Aktivität ist assoziiert mit einem vermehrten Auftreten von Komorbiditäten sowie einer reduzierten Lebensqualität. Körperliche Interventionen können die Lebensqualität verbessern.

Studien haben gezeigt, dass körperliche Aktivität einen positiven Einfluss auf Komorbiditäten, wie beispielsweise auf Angstzustände und Depressionen, sowie auf die Lebensqualität hat.

Einfluss von Sport auf die Anfallsfrequenz

Die Studienlage zur Beeinflussung der Anfallsfrequenz ist heterogen. Eine Verschlechterung der Anfallssituation durch körperliche Aktivität zeigte sich in den meisten Fällen jedoch nicht. Zwei Interventionsstudien ermittelten eine statistisch signifikante Reduktion der Anfälle durch das absolvierte Trainingsprogramm innerhalb der Epilepsietrainingsgruppen (p < 0,01; p < 0,001). Eine Befragungsstudie stellte einen statistisch signifikanten Zusammenhang von gesteigerter körperlicher Aktivität und reduzierter Anfallszahl heraus (p < 0,05).

Es gibt auch Hinweise darauf, dass körperliches Training im Tiermodell die Anzahl wiederkehrender Anfälle reduzieren kann. Potenzielle Mechanismen für einen möglichen antikonvulsiven Effekt beinhalten eine erhöhte Ausschüttung von „brain derived natriuretic factor“ (BDNF) im Hippokampus, eine vermehrte Neurogenese in der Cornu-ammonis-1(CA1)-Region des Hippokampus und eine verminderte Sprossung von Moosfasern.

Reiseplanung für Sportler mit Epilepsie

Auch Sportarten mit hohem Unfallrisiko bei Anfällen sind mit besonderen Sicherheitsmaßnahmen und Aufsicht oder bei langer Anfallsfreiheit ggf. möglich. Menschen mit Epilepsie können Anfallsauslöser und Probleme mit Medikamenten im Urlaub durch gute Planung vermeiden. Sie sollten außerdem den internationalen Epilepsie Notfallausweis (IENA) bei Reisen mitnehmen.

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Gute Planung eines Urlaubs bzw. einer Reise und eine gezielte Auswahl des Urlaubsorts und der Aktivitäten im Urlaub können bekannte Anfallsauslöser vermeiden. Schlafmangel (z.B. Menschen mit Epilepsie sollten rechtzeitig vor dem Urlaub bzw. der Reise einen Neurologie-Termin vereinbaren und dort z.B. Sind die nötigen Reiseimpfungen und ggf. Bekomme ich eine ärztliche Flugtauglichkeitsbescheinigung (MEDA-Formular oder MEDIF-Formular der Fluggesellschaft) und ggf. ein Attest für den Reiseanbieter bzw. die Fluggesellschaft? Informationen und Formulare finden sich auf den Internetseiten der Fluglinien.Hintergrund: Fluggesellschaften dürfen sich weigern, Fluggästen mit Gesundheitsproblemen mitzunehmen, um Zwischenlandungen bei Notfällen vorzubeugen. Nach einer Zwischenlandung wegen eines Status epilepticus kann eine vorher ausgestellte Flugtauglichkeitsbescheinigung ggf.

Medikamente immer in der Originalverpackung mitnehmen, wegen Zollkontrollen und um ggf. Krankenversicherungsschutz im Ausland ist immer wichtig, bei Epilepsie aber besonders. Auskunft gibt die Krankenkasse bzw. private Krankenversicherung. Je nach Anfallsart und -häufigkeit kann eine Reiserücktrittsversicherung sinnvoll sein. Menschen mit erhöhter Anfallswahrscheinlichkeit sollten klären, ob nötige medizinische Versorgung am Urlaubsort gewährleistet ist und ggf. Durchfall vermeiden, z.B.

Bei Epilepsie ist es gut, den Internationalen Epilepsie Notfallausweis (IENA) mitzunehmen. Die Interessenvereinigung für Anfallskranke in Köln (IfA Köln), der Verein zur Hilfe Epilepsiekranker e.V. und zwei Epilepsieexperten haben ihn entwickelt, es ist kein amtlicher Ausweis. Informationen zum Internationalen Epilepsie-Notfallausweis (IENA), zum Anfallskalender und zur Notfallkarte finden Sie bei der Deutschen Epilepsievereinigung unter www.epilepsie-vereinigung.de > Informations-Pool > Anfallsdokumentation/Notfallausweise.

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