Demenzen stellen eine der bedeutendsten Krankheiten im höheren Lebensalter dar. Im Alter von 65 Jahren ist etwa eine von hundert Personen betroffen, im Alter von 80 Jahren jede fünfte und im Alter von 90 Jahren jede dritte bis zweite Person. Die Alzheimer-Krankheit wird mit etwa 60 bis 70 % als die häufigste Ursache von Demenzen angesehen. Die Symptome anderer Demenzformen weisen große Überlappungsbereiche mit den Krankheitszeichen der Alzheimer-Krankheit auf, deren Hauptsymptome Gedächtnis- und Orientierungsstörungen sind. Zu Beginn der Erkrankung stehen diese jedoch nur bei etwa 50 % der Betroffenen im Vordergrund.
Einführung in die Demenz
Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "ohne Geist". Es handelt sich um eine Sammelbezeichnung für verschiedene Krankheiten, die hauptsächlich das Gehirn betreffen und zu einem fortschreitenden Verlust der geistigen Fähigkeiten führen. Dieser Verlust kann verschiedene Bereiche betreffen, wie Gedächtnis, Denkvermögen, Orientierung, Sprache und Verhalten. Die steigende Lebenserwartung führt zu einem Anstieg der Demenzerkrankungen, was eine gesundheitliche und gesellschaftliche Herausforderung darstellt.
Ursachen und Formen der Demenz
Es gibt verschiedene Demenzformen mit unterschiedlichen Ursachen, was eine eindeutige Diagnose oft erschwert. Zu den häufigsten Formen gehören:
- Alzheimer-Krankheit: Sie ist die häufigste Form und macht etwa 60-70 % aller Demenzerkrankungen aus. Sie ist durch die Ansammlung von abnormen Proteinen im Gehirn gekennzeichnet, die zu einem fortschreitenden Abbau von Nervenzellen führen.
- Vaskuläre Demenz: Diese Form entsteht durch Veränderungen der Blutgefäße im Gehirn und damit verbundene Durchblutungsstörungen. Sie tritt oft nach Schlaganfällen auf und kann zu kognitiven Beeinträchtigungen führen. Die Häufigkeit der reinen vaskulären Demenz wurde früher überschätzt und beträgt etwa 10-20 %. Es wurde aber deutlich, dass viele primär-neurodegenerative Demenzen, insbesondere die Alzheimer-Demenz, eine pathophysiologisch relevante vaskuläre Beteiligung haben (Mischdemenzen).
- Demenz mit Lewy-Körperchen: Diese Form macht etwa 15 % der Demenzerkrankungen aus. Sie wird durch die Ansammlung von Lewy-Körperchen im Gehirn verursacht, was zu Beeinträchtigungen in der Kommunikation zwischen Nervenzellen führt.
- Frontotemporale Demenz (FTD): Unter den präsenilen Demenzerkrankungen (jünger als 65 Jahre) ist die frontotemporale Demenz aus der heterogenen Gruppe der Frontolobärdegenerationen die zweithäufigste Demenz.
Die Stadieneinteilung der Demenz
Demenzerkrankungen werden in Stadien eingeteilt, um den Verlauf der Krankheit besser zu verstehen und beschreiben zu können. Durch die Stadieneinteilung können verschiedene Fälle von Demenz besser miteinander verglichen werden. Dies ermöglicht es Ärzten und Therapeuten, den Fortschritt der Krankheit besser zu verfolgen und die Wirksamkeit von Behandlungen zu bewerten. Die Einteilung kann auch dabei helfen, eine Prognose für den weiteren Krankheitsverlauf zu erstellen. Je nach Stadium können unterschiedliche Erwartungen an die Lebensqualität und die Pflegebedürftigkeit bestehen, auf die eingegangen werden kann. Zusätzlich wird die Kommunikation zwischen Ärzten, Pflegekräften und Angehörigen erleichtert. Nicht zuletzt kann die Therapieplanung an das jeweilige Stadium angepasst werden. In den frühen Stadien können beispielsweise noch kognitive Trainingsmaßnahmen im Vordergrund stehen, während in späteren Stadien eher die Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben im Fokus steht.
Die Stadieneinteilung erfolgt in der Regel anhand von verschiedenen Kriterien, wie der kognitiven Fähigkeiten, Alltagsfähigkeiten, Verhalten und psychischer Symptome. Die Einteilung in Stadien bietet jedoch stets nur eine grobe Orientierung. Der Verlauf einer Demenzerkrankung ist individuell sehr unterschiedlich und kann von den jeweiligen Krankheitsstadien abweichen.
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Zu den häufig verwendeten Stadieneinteilungen gehören die Reisberg-Skala mit sieben Stufen zur Unterteilung des Verlaufes der Alzheimer-Krankheit oder die Global Deterioration Scale (GDS), um den Schweregrad von Demenzerkrankungen einzuschätzen.
Die Reisberg-Skala (Global Deterioration Scale - GDS)
Die Global Deterioration Scale (GDS) nach Reisberg ist ein Instrument zur Beurteilung des Schweregrads einer Demenzerkrankung. Sie besteht aus sieben Stufen, die den Verlauf der Alzheimer-Krankheit beschreiben und an denen sich Pflegekräfte und Angehörige orientieren können. Die Skala reicht von "keine kognitive Beeinträchtigung" bis "sehr schwere Demenz".
Die sieben Stadien der GDS-Reisberg-Skala:
Stadium 1: Keine kognitive Beeinträchtigung: In diesem Stadium leidet die Person nicht unter Gedächtnisproblemen oder weist keine Gedächtnislücken auf, vergisst keine bekannten Wörter oder verlegt Alltagsgegenstände nicht.
Stadium 2: Sehr leichte kognitive Beeinträchtigung: Die/der Betroffene nimmt leichte Störungen wahr. Die Merkfähigkeit und das Gedächtnis sind beeinträchtigt. Namen und Termine werden vergessen. Freunde, Familie oder Mitarbeiter bemerken erste Schwierigkeiten. Während eines ausführlichen ärztlichen Gesprächs können Ärzte möglicherweise Probleme mit dem Gedächtnis oder der Konzentration feststellen.
Stadium 3: Leichte kognitive Beeinträchtigung: Die Arbeitsleistung ist beeinträchtigt. Auch bei der räumlichen Orientierung zeigen sich Probleme. Gegenstände werden öfter verloren. Beeinträchtigte Fähigkeit, herausfordernde Rechenaufgaben im Kopf durchzuführen.
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Stadium 4: Mäßige kognitive Beeinträchtigung: Im weiteren Verlauf sind die kognitiven Störungen deutlich merkbar. Die betroffene Person hat Schwierigkeiten, komplexe Aufgaben selbstständig durchzuführen, z.B. ein Gericht zubereiten, mit Geld umgehen oder sich in gewohnten Orten zurechtzufinden. Die erkrankte Person leidet psychisch unter dem Verlust ihrer Fähigkeiten und ihrer Selbstständigkeit. Als Reaktion werden oft Defizite geleugnet und Fehler anderen zugewiesen. Ein verändertes Verhalten kann auch Selbstschutz sein. Depressionen können entstehen. Viele Fähigkeiten sind jedoch vorhanden. Die Förderung selbstständiger Aktivitäten hilft, das Selbstbewusstsein zu stärken. Schwierigkeiten haben mit weniger anspruchsvollem Kopfrechnen.
Stadium 5: Mäßig schwere kognitive Beeinträchtigung: Die erkrankte Person kommt im Alltag zunehmend nicht mehr ohne Unterstützung zurecht, z.B. wird Hilfe bei der Auswahl der Kleidung benötigt. Die Erinnerung an wichtige, persönliche Daten (z.B. Adresse, Geburtsdatum) fällt schwer. Oft treten starke Erlebnisse der Orientierungslosigkeit auf. Es zeigen sich auffällige Gedächtnis- und Denklücken, und manche Betroffene fangen an, Hilfestellung bei alltäglichen Aktivitäten zu benötigen.
Stadium 6: Schwere kognitive Beeinträchtigung: Die Fähigkeit, Basisaktivitäten durchführen zu können, geht verloren. In sehr vielen Lebensbereichen wird Unterstützung notwendig, z.B. Waschen, Toilettengang. Verhaltensauffälligkeiten und Inkontinenz können sich ausprägen. Die Namen von nahestehenden Personen können meist nicht benannt werden. Oft wird auf die wahrgenommenen Defizite sehr emotional reagiert. Das Gedächtnis verschlechtert sich weiterhin, Persönlichkeitsveränderungen können auftreten, und Personen benötigen umfangreiche Hilfe bei täglichen Aktivitäten. Hilfe benötigen bei den verschiedenen Schritten des Toilettengangs. Wesentliche Veränderung des Charakters und des Benehmens erfahren, einschließlich Misstrauen und Wahnvorstellungen.
Stadium 7: Sehr schwere kognitive Beeinträchtigung: In diesem fortgeschrittenen Stadium reduziert sich die Sprechfähigkeit der betroffenen Person zunehmend, ebenso die Gehfähigkeit. Im weiteren Verlauf ist es u.a. nicht mehr möglich, aufrecht zu sitzen. Die/der Erkrankte entwickelt ein Harmoniebedürfnis und ist sowohl emotional als auch körperlich sehr verletzlich und ihrer/seiner Umwelt völlig ausgeliefert. Aber auch derjenige, der die Sprache verliert, hat viel zu sagen. In der Endstufe dieser Krankheit verliert eine Person die Fähigkeit, sich seiner oder ihrer Umgebung mitzuteilen, eine Unterhaltung zu führen und schließlich Bewegungen zu kontrollieren. In diesem Stadium wird umfangreiche Hilfe bei der täglichen Betreuung benötigt, einschließlich beim Essen oder dem Gang zur Toilette. Die Fähigkeit zum Lächeln, ohne Unterstützung zu sitzen und den Kopf aufrecht zu halten kann verloren gehen. Reflexe werden abnormal. Muskeln werden starr.
Die vier Stadien einer Demenz
Der Verlauf einer Demenz muss immer individuell betrachtet werden und kann sehr unterschiedlich sein. Nicht jeder Erkrankte muss zwingend alle Stadien durchlaufen. Auch können sich die Symptome zwischen den verschiedenen Demenzformen unterscheiden. Dennoch gelten bei einem Großteil aller Demenzkranken Gemeinsamkeiten, die sich in vier Stadien zusammenfassen lassen:
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Leichte Demenz (frühes Stadium): Es kommt zu kognitiven Veränderungen wie einer leichten Vergesslichkeit, Schwierigkeiten bei komplexen Aufgaben, Problemen mit der räumlichen Orientierung. Betroffene können ihren Alltag meist noch selbstständig bewältigen, benötigen jedoch gelegentlich Unterstützung. Viele Betroffene zeigen leichte Stimmungsschwankungen und ziehen sich aus sozialen Aktivitäten zurück.
Mittlere Demenz: Im mittleren Stadium sind die kognitiven Veränderungen deutlicher ausgeprägt. Es kommt zu Gedächtnisstörungen, Schwierigkeiten beim Finden von Worten und Orientierungslosigkeit. Demenzkranke benötigen Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben wie Kochen, Einkaufen oder der Körperhygiene. Aus psychischer Sicht machen sich zunehmend Stimmungsschwankungen, Ängste und Reizbarkeit bemerkbar.
Schwere Demenz: Erkrankte sind kognitiv stark in ihren Fähigkeiten eingeschränkt. Manchmal sind sie sogar unfähig, sich an Familienmitglieder zu erinnern. Im Alltag sind sie vollständig auf Pflege und Versorgung angewiesen. Emotional präsentieren sie sich zurückgezogen und apathisch.
Sehr schwere Demenz (Endstadium): Im Endstadium sind die kognitiven Fähigkeiten der Erkrankten vollständig in Verlust gegangen. Sie können nicht mehr kommunizieren. In der Regel liegt eine Bettlägerigkeit und absolute Hilfsbedürftigkeit vor. Es kommt zu körperlichen Beschwerden wie Schluckstörungen, Inkontinenz und zunehmender körperlicher Schwäche.
Mild Cognitive Impairment (MCI)
Mild Cognitive Impairment (MCI) ist eine leichte kognitive Beeinträchtigung, die über den normalen geistigen Abbau im Alter hinausgeht, aber noch keine Demenz darstellt. Menschen mit MCI haben deutliche, anhaltende und messbare kognitive Defizite, zum Beispiel des Gedächtnisses oder der Konzentration, sind aber dadurch in ihrem Alltag nicht stark eingeschränkt. Der Alzheimer-Krankheit geht fast immer ein MCI-Stadium voraus, das ein bis vier Jahre dauern kann. Bei anderen Demenzformen kann ein MCI ebenfalls vorkommen, der Verlauf ist dort jedoch weniger eindeutig. Manche Menschen mit MCI bleiben auch dauerhaft in diesem Stadium, ohne dass sich eine Demenz entwickelt. Da die Übergänge fließend sind, kann es bei der Diagnose schwierig sein, zwischen MCI und Demenz zu unterscheiden.
Typisch für MCI-Symptome ist, dass sie zunächst vor allem vom unmittelbaren Umfeld bemerkt werden - also von den Menschen, die einen schon länger gut kennen und wissen, welche Stärken und Schwächen jemand hat. Daher ist es immer wichtig, die Fähigkeiten einer Person nicht mit denen anderer Menschen, sondern mit denen der Person in der Vergangenheit zu vergleichen.
Es gibt verschiedene Ursachen, warum ein Mensch ein MCI entwickelt: In den meisten Fällen handelt es sich bei einem MCI um eine beginnende neurodegenerative Erkrankung wie die Alzheimer-Krankheit. Studien deuten darauf hin, dass etwa 70 bis 80 Prozent der Menschen mit MCI auch eine Demenz entwickeln. Weitere Ursachen können Schäden an Blutgefäßen sein, Depressionen, Nebenwirkungen von Medikamenten oder Alkoholmissbrauch.
Diagnostik der Demenz
Im ersten Schritt der Diagnostik wird meist geprüft, ob ein demenzielles Syndrom vorliegt. Im zweiten Schritt erfolgt dann eine weitere Differenzierung. Valide Kriterien wie das Protein 14-3-3 als Marker der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sind für den zweiten Schritt allerdings rar. Für andere Demenzen fehlt es an validen Markern. Eine detaillierte Analyse der Bedeutung von Markern findet sich in der WFSBP-Leitlinie zur Diagnose der Demenz.
Die Diagnose von MCI ist durch eine Kombination von Untersuchungen möglich: Zunächst befragen die Ärztinnen und Ärzte die Betroffenen nach ihrer Krankengeschichte und ihren Beschwerden (Anamnese). Es folgen körperliche Untersuchungen und der Einsatz bildgebender Verfahren wie MRT oder CT. Zunehmend werden auch Bluttests entwickelt, die solche Veränderungen anzeigen können und in Zukunft eine größere Rolle spielen dürften. Neuropsychiatrische Tests dienen dazu, die kognitiven Fähigkeiten der erkrankten Person zu erfassen.
Medikamentöse Therapie der Demenz
Zur medikamentösen Therapie der Demenz hat die World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) unter Berücksichtigung der bis dahin vorliegenden randomisiert-kontrollierten Studien (RCT) hinreichender Qualität eine Leitlinie erstellt. Sie hat in wesentlichen Zügen auch heute noch Gültigkeit. Die Behandlung umfasst dabei die Bereiche Kognition und neuropsychiatrische Störungen. Die zusammenfassende Feststellung der Leitlinie sagt aus: Keine Substanz kann bisher eine degenerative Demenz heilen oder stoppen.
Diverse methodische Probleme tragen zu diesem Ergebnis bei: Das diagnostische Vorgehen führt zu heterogenen Gruppen. Ein „Goldstandard“ zur Diagnostik fehlt. Heterogene Gruppen verschleiern den Blick auf mögliche Krankheitsursachen und Therapieeffekte bei Untergruppen.
Pharmakologie der Antidementiva
Als Antidementiva stehen heute die drei Acetylcholinesterase-Hemmstoffe Donepezil, Galantamin und Rivastigmin, der NMDA-Rezeptorantagonist Memantin und der die mitochondriale Funktion verbessernde Ginkgo-Extrakt (EGb761) zur Verfügung. Sie wirken nicht nur über sehr unterschiedliche Targets, sondern beeinflussen damit auch sehr unterschiedliche Bereiche der pathophysiologischen Veränderungen im Gehirn dementer Patienten. Dies erklärt, dass die Wirksamkeit am individuellen Patienten sehr unterschiedlich und ein Wechsel auf eine andere Klasse bei schlechtem Ansprechen sinnvoll sein kann.
Acetylcholinesterasehemmstoffe (AChE-Hemmer)
Im Rahmen der breiten neurodegenerativen Veränderungen im Gehirn von AD-Patienten kommt es zu einem sehr deutlichen Verlust von cholinergen Neuronen, die ausgehend vom Nucleus basalis Meynert in verschiedene Hirnareale projizieren, die für Gedächtnisfunktionen relevant sind. AChE-Hemmer werden mit dem Ziel eingesetzt, durch Hemmung des synaptischen Acetylcholin-Abbaus die cholinerge Neurotransmission der noch vorhandenen cholinergen Neuronen zu verstärken. Diese Maßnahme ist aber leider nicht so effektiv, wie man ursprünglich erhofft hatte, da die Relevanz dieses cholinergen Defizits für die kognitive Beeinträchtigung der AD-Patienten begrenzt ist und es auch im Rahmen des Alterungsprozesses oder bei vaskulärer Demenz zu cholinerger Unterfunktion kommen kann.
Alle drei Substanzen hemmen reversibel das Enzym Acetylcholinesterase, das an der cholinergen Synapse den Neurotransmitter Acetylcholin durch Hydrolyse zu Cholin und Acetat inaktiviert. Acetylcholin verweilt dann länger an der Synapse und seine Wirkung ist intensiviert. Rivastigmin bindet an die gleiche Stelle des Enzyms wie Acetylcholin und wird dabei ebenfalls hydrolysiert, allerdings dauert dieser Prozess sehr viel länger als bei Acetylcholin, sodass das Enzym über Stunden funktionell blockiert ist. Donepezil und Galantamin blockieren die Enzymfunktion über eine Bindung an anderen Positionen. Ihre Metabolisierung erfolgt über das Cytochrom-P450-System mit damit verbundenen Interaktionen. Galantamin hat noch einen Nikotinrezeptoren-modulierenden Effekt und Rivastigmin hemmt noch die eher extrasynaptische Butyrylcholinesterase; allerdings gibt es keine Daten, dass sich diese Zusatzeffekte auf die klinische Effektivität auswirken. Das gilt auch für die unterschiedliche Veränderung der AChE-Aktivität nach Langzeitbehandlung, die bei Rivastigmin eher vermindert und bei den beiden anderen eher erhöht ist.
Memantin
Memantin ist ein Antagonist am glutamatergen NMDA-Rezeptor und interagiert mit einer Bindungsstelle im Calciumkanal. Die Bindungsstärke ist so ausbalanciert, dass neurotoxische Glutamatkonzentrationen eher geblockt werden, dafür aber die synaptische (neurotransmittorische) Wirkung von Glutamat auf kognitive Mechanismen her unbeeinflusst bleibt. Daneben weist Memantin auch neuroprotektive Effekte auf, die über eine Verbesserung der mitochondrialen Funktion und damit auch der gestörten Neuroplastizität bei Demenz erklärt werden können. Memantin wird nach oraler Gabe rasch resorbiert (tmax 3-8 h) und mit einer Halbwertszeit von 54 bis 74 Stunden überwiegend unverändert renal ausgeschieden.
Ginkgo-biloba-Extrakt (EGb761)
Neueren Konzepten zufolge spielen mitochondriale Funktionsbeeinträchtigungen bei Entstehung und Verlauf von Alzheimer-Demenz eine wichtige Rolle (mitochondriale Kaskaden-Hypothese). Über die Radikalfänger-Eigenschaften der Polyphenolfraktion und die direkt Mitochondrien-protektiven Eigenschaften von Bilobalid und den Ginkgoliden erhöht EGb761 die Bereitstellung von ATP, reduziert die Bildung von freien Radikalen und verbessert die Funktion der Nervenzellen und der gestörten neuronalen Plastizität. Damit greift EGb761 in einen wichtigen Teil des Krankheitsprozesses bei Alzheimer-Demenz außerhalb der gestörten Neurotransmission ein, allerdings sind auch hier die therapeutischen Effekte wie bei den anderen Antidementiva begrenzt.
Risikosenkung und Prävention
Ein Charakteristikum der Demenz ist ein Mangel von Acetylcholin. Er gilt als Voraussetzung für die Wirkung von Cholinesterasehemmern. Für die Annahme, ein Erhöhen des Acetylcholin-Angebots bei ausgeglichenem Stoffwechsel könne präventiv wirken, gibt es keine Hinweise. Für Ginkgo-biloba-Extrakt (Radikalfängereigenschaften) und Memantin (NMDA-Rezeptor-Modulation) liegt eine prüfbare Hypothese zur präventiven Wirksamkeit vor, allerdings ist die Studienlage für eine Beurteilung nicht hinreichend.
Klinische Aspekte der Antidementiva
Über den Verlauf der Krankheit kann ein moderater Effekt bei manchen Patienten für eine begrenzte Zeit gesehen werden. Die Aussage wurde später mehrfach bestätigt. Nachfolgende Daten werden nur für zugelassene Substanzen dargestellt und lediglich Cochrane-Analysen zur Übersicht einbezogen. Mehrere Hundert Substanzen wurden bisher untersucht, erreichten die Zulassungsreife jedoch nicht, da RCTs ihre Wirksamkeit nicht bestätigen konnten.
Für den Bereich der Kognition sind die oben pharmakologisch beschriebenen fünf Substanzen zugelassen: Donepezil, Galantamin, Ginkgo-biloba-Extrakt, Memantin und Rivastigmin. Seit mehr als 20 Jahren gibt es hier keine Neuerung. Die Gründe hierfür werden derzeit breit diskutiert. Neben den methodischen werden auch begrenzte Ursachenkenntnisse als Limitierung fehlenden Fortschritts angeschuldigt. Optimierte Methodik gepaart mit einem Fortschritt bei ätiologischen Erkenntnissen könnte diesen Zustand ändern.
Nicht-medikamentöse Maßnahmen
Unabhängig von Medikamenten gibt es viele förderliche Bedingungen, die die Situation des Erkrankten und seiner Angehörigen erleichtern können - diese Bedingungen liegen einerseits im Bereich der Pflege und andererseits in der Gestaltung des häuslichen und sozialen Umfeldes. Dazu gehören körperliche und geistige Anregung, die auch durch bestimmte Behandlungsmethoden erreicht werden können. Alltagsnahes Trainieren einfacher Fähigkeiten ist Erfolg versprechend und kann das Leben für alle Beteiligten erleichtern. Probleme wie Blasenschwäche (Harninkontinenz), Wundliegen (Dekubitus) und Schwierigkeiten beim Essen und Schlucken stellen Angehörige vor große Probleme, bei denen sie Unterstützung benötigen. Diese so genannten nicht-medikamentösen Maßnahmen können in allen Stadien der Demenz eingesetzt werden. Behandlungsmethoden aus den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie können bei Demenz hilfreich sein.
Plötzliche Verschlechterungen bei Demenz
Unter plötzlichen Verschlechterungen versteht man eine akute Veränderung des Verhaltens oder der kognitiven Fähigkeiten eines Menschen mit Demenz. Diese können sich in verschiedenen Symptomen äußern, wie zum Beispiel: Verwirrtheit und Desorientierung, psychische Probleme, Schlafstörungen, Veränderungen im Essverhalten oder körperliche Beschwerden.
Plötzliche Veränderungen bei Demenzkranken können verschiedene Ursachen haben. Häufig kommt es zu Infekten wie Harnwegsinfekten oder Lungenentzündungen, die den Gesundheitszustand verschlechtern. Erschwert wird eine Diagnose durch Kommunikationsprobleme, die durch die Demenz verursacht werden. Dies gilt auch für Schmerzen, die leider oft erst spät erkannt und behandelt werden. Des Weiteren trinken ältere Menschen und ältere Demenzpatienten oft viel zu wenig. Eine Dehydratation kann zu Verwirrtheit und anderen Symptomen führen. Nicht zuletzt reagieren Demenzkranke auf Veränderungen wie Umzüge oft mit Unruhe und Desorientierung.
Unterstützung und Pflege
Die Betreuung von Demenzpatienten kann emotional und physisch sehr belastend sein. Es ist wichtig, regelmäßige Pausen einzuplanen und sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Professionelle Pflegedienste können eine wertvolle Ergänzung zur häuslichen Pflege von Demenzpatienten sein. Angehörige und Pflegende von Demenzkranken sollten sich nicht scheuen, Hilfe und Unterstützung von außen in Anspruch zu nehmen. Es gibt Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen, die Informationen und Unterstützung bieten.
Die Pflege von Demenzkranken ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die Unterstützung erfordert. Menschen mit Demenz benötigen oft besondere Sicherheitsvorkehrungen, um Unfälle zu verhindern und schnell auf mögliche Gefahren reagieren zu können. Die Sicherung der Wohnungstür ist besonders wichtig, um zu verhindern, dass der Demenzkranke unbeaufsichtigt das Haus verlässt.
Lebensqualität im fortgeschrittenen Stadium
Die Lebensqualität von Demenzkranken kann trotz der fortschreitenden Erkrankung erhalten und sogar gefördert werden. Die Umgebung spielt eine entscheidende Rolle im Leben eines Demenzkranken. Die Anpassung des Wohnumfelds kann dazu beitragen, die Sicherheit und das Wohlbefinden des Patienten zu gewährleisten. Eine strukturierte Tagesroutine kann Demenzkranken Sicherheit und Orientierung bieten. Die Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten ist wichtig für die geistige und emotionale Gesundheit. Die Integration von Erinnerungen und persönlicher Geschichte in den Alltag eines Demenzkranken kann dazu beitragen, das Gefühl von Identität und Selbstwertgefühl aufrechtzuerhalten.
Es ist wichtig, einen würdevollen Umgang mit Demenz am Lebensende sicherzustellen. Die palliative Versorgung zielt darauf ab, die Lebensqualität von Demenzkranken in der Endphase der Erkrankung zu verbessern. Die Kommunikation mit Demenzkranken, auch wenn sie nicht mehr verbal sind, sollte respektvoll und einfühlsam sein. Es ist wichtig, die individuellen Wünsche und Vorlieben des Patienten zu respektieren, auch wenn er nicht mehr in der Lage ist, diese verbal auszudrücken. Die Betreuung eines demenzkranken Menschen in der Endphase kann emotional und physisch sehr belastend sein.
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