Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Während Ängste grundsätzlich eine natürliche und wichtige Schutzfunktion haben, werden sie dann zum Problem, wenn sie unkontrollierbar werden, ungewöhnlich lange anhalten oder ohne erkennbare Ursache auftreten. Die Entstehung von Angststörungen ist komplex und vielschichtig. Neben psychosozialen Faktoren spielen auch biologische und neurologische Aspekte eine wichtige Rolle. In diesem Artikel werden wir uns auf die möglichen Zusammenhänge zwischen Stoffwechselstörungen im Gehirn und der Entstehung von Angststörungen konzentrieren.
Die Rolle des Stoffwechsels im Gehirn
Grundsätzlich kann sich eine Stoffwechselerkrankung auf alle Organe des menschlichen Körpers auswirken. So kann es zu Funktionsstörungen einzelner Organe kommen, was etwa für das Herz gilt. Problematisch ist, dass eine Stoffwechselerkrankung mangels eindeutiger Symptome oft nur schwer erkannt wird. Dies gilt besonders im Anfangsstadium, wo die Anzeichen noch nicht klar ausgeprägt sind. Schreitet die Stoffwechselerkrankung dann voran, zeigen sich die Symptome deutlicher, was eine Diagnose leichter macht. Gerade bei Erkrankungen und Störungen des Stoffwechsels ist es aber wichtig, diese so frühzeitig wie möglich zu erkennen und mit einer entsprechenden Behandlung zu beginnen. So lassen sich schwerwiegenden Folgeerkrankungen vermeiden, wie etwa Schlaganfall oder Herzinfarkt. Nicht nur Diabetes stellt eine Erkrankung des Stoffwechsels dar. Gerade erhöhte Cholesterinwerte sind auf Dauer schädlich für das Herz. So erhöht sich das Risiko einer Arteriosklerose, also einer Arterienverkalkung. Eine Kombination aus Kalk und Cholesterin lagert sich an den Wänden der Arterien an, verursacht Entzündung und führt zu einer Verengung. So wird auch der Blutfluss negativ beeinflusst und das Risiko, eine koronare Herzkrankheit zu entwickeln, steigert sich.
Unser Gehirn ist ein komplexes Organ, das für seine Funktion auf einen reibungslosen Stoffwechsel angewiesen ist. Jedes unserer Gefühle, jede unserer Stimmungen, jeder Gedanke, jede Wahrnehmung und jedes Verhalten gehen mit einem besonderen Aktivitätsmuster der Nervenzellen in unserem Gehirn einher. Die innerhalb einer Nervenzelle entstehende Aktivität wird über Axone, das sind Ausläufer der Nervenzelle, wie bei einem Kabel, zu vielen anderen Nervenzellen weitergeleitet. Zwischen den Nervenzellen besteht jedoch keine direkte Verbindung. Um den Reiz zur nächsten Nervenzelle weiterzuleiten, werden über unzählige Synapsen, das sind meist knopfartige Ausstülpungen an den Enden der Nervenzellausläufer, sogenannte Botenstoffe (Neurotransmitter) in den synaptischen Spalt (den Raum zwischen zwei Nervenzellen) ausgeschüttet werden. Die vorgeschaltete Zelle leitet so die Aktivität an die nachgeschaltete Zelle weiter. Diese freigegebenen Botenstoffe aktivieren Kontaktstellen (Rezeptoren) an den nachgeschalteten Zellen.
Neurotransmitter wie Serotonin, Noradrenalin und GABA spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulation von Stimmung, Angst und Erregung. Ein Ungleichgewicht dieser Botenstoffe kann zu psychischen Erkrankungen wie Angststörungen führen.
Serotoninmangel und Angststörungen
Zu einem Serotoninmangel im Gehirn kommt es insbesondere bei chronischen Schlafstörungen, Angststörungen, Depressionen und Zwangserkrankungen. Unter einem Serotoninmangel versteht man eine erniedrigte Konzentration des Botenstoffs Serotonin im Gehirn. Serotonin beeinflusst und reguliert die Stimmung, den Antrieb und vermittelt Entspannung und Wohlbefinden. Deshalb wird Serotonin oft auch als „Glückshormon“ bezeichnet. Zudem fördert Serotonin den Schlaf. Serotonin wird hauptsächlich im Tiefschlaf produziert, weshalb durch einen Serotoninmangel auch ein Teufelskreis entstehen kann. Der Serotoninmangel erschwert das Einschlafen, der fehlende oder gestörte Tiefschlaf reduziert die Serotoninproduktion wodurch sich der Schlaf dann wieder verschlechtert. Zusammen mit dem parasympathischen Anteil des vegetativen Nervensystems aktiviert Serotonin zudem die Verdauung und den Stoffwechsel. Serotonin und Parasymathikus können auch als Erholungssystem (trophotropes System) des Organismus verstanden werden. Bei einem Ungleichgewicht des Erholungssystems mit dem System der Aktivierung bzw. Ein Serotoninmangel kann auf unterschiedliche Weise entstehen. Die Fähigkeit zur Produktion von Serotonin hat auch mit genetischen und frühkindlichen Belastungen zu tun. Hauptursache für einen Serotoninmangel im Erwachsenenleben sind jedoch psychische Belastungen und lang anhaltende Stressbelastungen. Zudem können stressbedingte Schlafstörungen zur Entwicklung eines Serotoninmangels beitragen. Eine zusätzliche Verstärkung des Serotoninmangels kann durch einseitige Ernährung im Rahmen anhaltender Stressbelastung entstehen. Auf körperlicher Ebene spielt Serotonin eine Rolle bei der Entstehung von Kopfschmerzen, dem Reizdarmsyndrom und dem prämenstruellen Syndrom (PMS). Zu einem Serotoninmangel kann es auch im Rahmen von Angststörungen und Depressionen kommen. Viele der genannten Symptome kommen auch bei ADHS vor.
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Einer davon, der mit Depression in Verbindung gebracht wird, ist das Serotonin. Da die meisten Antidepressiva die Wirkung des Serotonins beeinflussen, ist eine Annahme, dass eine Störung im Serotoninsystem eine Rolle bei der Depressionsentstehung spielt. Die Vorstellung, es würde schlicht ein Mangel an Serotonin vorliegen, ist zu simpel.
Ein Serotoninmangel kann mit unterschiedlichen Maßnahmen behoben werden. Die Wahl der passenden Maßnahmen hängt vorwiegend vom Schweregrad des Serotoninmangels ab. Stress und psychische Belastungen können am besten mit Hilfe einer Verhaltenstherapie oder einer psychodynamischen Therapie reduziert werden. Hierdurch normalisiert sich mittelfristig üblicherweise auch der Serotoninspiegel. Bei schweren Schlafstörungen, Angststörungen oder Depressionen oder ausgeprägter innerer Unruhe kann auch eine ergänzende Medikation hilfreich sein. In der unserer Praxis für Psychotherapie in München wird zunächst die Ursache des Serotoninmangels geklärt.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Messung von Serotonin im Blut oder Urin keine zuverlässige Aussage über die Konzentration im Gehirn zulässt. Der Nachweis eines Serotoninmangels über eine Liquorpunktion ist derzeit nur im Rahmen von Forschungsarbeiten zu rechtfertigen. Dennoch kann ein erfahrener Arzt einen Serotoninmangel anhand bestimmter Symptome erkennen.
Weitere Botenstoffe und ihre Rolle bei Angst
Bei Angststörungen ist vermutlich das Gleichgewicht von Botenstoffen (Neurotransmittern) wie etwa Serotonin, Noradrenalin oder Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und im Gehirn gestört. Die Rolle von Serotonin im Ursprung von Angst wird insbesondere durch die Wirksamkeit von Medikamenten gestützt, die den Serotonin-Abbau hemmen und somit den Serotonin-Spiegel im Gehirn erhöhen (Serotonin-Wiederaufnahmehemmer/SSRI), das gleiche gilt für Noradrenalin. GABA ist ein Angst hemmender Botenstoff im Gehirn.
Genetische Faktoren und Angststörungen
Genetische Faktoren scheinen für die Entstehung der verschiedenen Angststörungen bedeutsam zu sein. In den Familien von Patienten findet man eine Häufung von Angsterkrankungen. Bei eineiigen Zwillingen treten Angststörungen häufiger gleichzeitig auf als bei zweieiigen. Es gibt jedoch kein einzelnes "Depressionsgen", das hauptverantwortlich für die Erkrankung ist. Bei eineiigen Zwillingen, d.h. bei Personen mit gleicher genetischer Ausstattung, leiden in circa 50 % der Fälle beide Zwillinge an einer depressiven Erkrankung. Das bedeutet aber auch, dass die Gene nicht alles erklären können.
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Psychische Faktoren und Angststörungen
Mehrere psychische Faktoren sind an der Entwicklung von Angsterkrankungen beteiligt. Traumatische Kindheitserlebnisse (z.B. körperliche oder seelische Gewalt, sexueller Missbrauch), aber auch langanhaltende und stressreichen Belastungen gelten als Risikofaktoren für die Entwicklung einer Angststörung. Nach der Lerntheorie begünstigen negative Lernerfahrungen die Entstehung und Aufrechterhaltung von Ängsten. Psychoanalytische (tiefenpsychologische) Theorien, die allerdings noch einer wissenschaftlichen Bestätigung bedürfen, haben unterschiedliche Erklärungen für die Entstehung krankhafter Ängste. Manche Hypothesen gehen von einer Auslösung durch verdrängte sexuelle und aggressive Triebimpulse aus.
Angst als natürliche Reaktion und Angststörungen
Angst ist definiert als eine natürliche körperliche und psychische Reaktion auf Gefahrenreize mit dem Ziel, der Gefahrenquelle zu entkommen oder sie zu beseitigen. Damit stellt Angst eine sinnvolle Reaktion auf reale Bedrohungen dar. Sie sichert das Überleben durch eine Flucht- oder Kampfreaktion sowie durch Vermeidung und erhöhte Aufmerksamkeit/Wachheit gegenüber der Gefahr. Sind Personen von einer Angststörung betroffen, kann es auch ohne eine reale Gefahr zu einer gesteigerten, unkontrollierbaren Angstreaktion kommen. Je nach Erkrankung kann die Angstreaktion allgemein oder als Reaktion auf bestimmte Reize vorkommen.
Die körperlichen Ausdrucksformen der Angst sind eigentlich natürliche Vorgänge, die den Körper in einer Gefahrensituation auf Kampf oder Flucht vorbereiten sollen: So dient das Herzrasen einer besseren Durchblutung der Muskeln und die beschleunigte Atmung der Erhöhung des Sauerstoffgehalts im Blut.
Symptome von Angststörungen
Die Symptome einer Angststörung lassen sich aus den körperlichen und psychischen Reaktionen auf reale Gefahrensituationen ableiten. Betroffene Personen vermuten bei sich häufig zunächst eine körperliche Erkrankung und suchen entsprechend ärztliche Hilfe auf.
Symptome einer Angststörung können folgende Bereiche betreffen:
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- Herz-Kreislauf-System und Lunge: Herzklopfen, Herzrasen, Brustschmerzen, Atemnot
- Magen-Darm-Trakt: Magenschmerzen, Oberbauchschmerzen, Übelkeit
- Nervensystem: Zittern, Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Ohnmachtsgefühle, Schwitzen, Hitzewallungen
- Muskel-Skelett-System: ständige Anspannung
Zu den typischen körperlichen Angstsymptomen gehören Herzrasen, Schweißausbrüche und Schwindelgefühle. Auch Übelkeit, Zittern, Atemnot undverschwommenes Sehen können auftreten. Es entstehen Gefühle wie Panik, oftmals erlebt als Hilflosigkeit, Ohnmacht, Ausgeliefertsein, Kontrollverlust bis hin zur unmittelbaren Todesangst. Als Reaktion auf die vermeintliche Bedrohung versuchen Betroffene, die Angstsituation zu verlassen (Flucht) oder zu umgehen. Manche suchen Schutz durch die Nähe einer Person, die ihnen Sicherheit gibt. Andere bleiben zwar körperlich in der Situation, vermeiden aber innerlich die Auseinandersetzung.
Verschiedene Arten von Angststörungen
Man unterscheidet folgende Erkrankungen:
- Eine generalisierte Angststörung ist eine fast allgegenwärtige Angst vor künftigen Katastrophen. Die Angst beschränkt sich dabei nicht auf bestimmte Umgebungsbedingungen. Die Betroffenen sind ständig angespannt und nervös.
- Bei Panikattacken erleben die Betroffenen ein intensives Gefühl von Furcht oder Angst. Die Symptome wie Herzklopfen, Atemnot oder Schwindel setzen plötzlich ein. Treten die Panikattacken wiederholt auf und führen sie zu einer Erwartungsangst vor der nächsten Attacke, handelt es sich um eine Panikstörung. Die Attacken treten unerwartet auf und sind nicht mit einer typischen Situation verbunden.
- Phobien dagegen kennzeichnen sich dadurch, dass ein Gefühl großer Angst vor einem bestimmten Objekt oder einer bestimmten Situation auftritt, die die Betroffenen dann zu vermeiden versuchen. Phobien beziehen sich auf spezifische, deutlich abgegrenzte Phänomene wie Tiere, Höhe, geschlossene Räume, Blut, Spritzen oder die Angst vor dem Erbrechen. Dazu zählt auch die soziale Phobie, die als Angst vor der prüfenden Bewertung durch Mitmenschen definiert ist.
- Bei Depression, Drogen- und Alkoholmissbrauch, Zwangsstörungen, bestimmten Persönlichkeitsstörungen („Borderline“) sowie Schizophrenie tritt Angst häufig als Teil des Krankheitsbildes auf. Auch körperliche Erkrankungen wie Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Epilepsie und andere neurologische Erkrankungen sowie bestimmte Stoffwechselstörungen können Angst auslösen.
Diagnose von Angststörungen
Die meisten Betroffenen wenden sich zuerst an ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt. Hier sollten zunächst mögliche organische Ursachen untersucht und abgeklärt werden. Bei fehlenden oder nicht ausreichend erklärenden organischen Ursachen erfolgt die Überweisung an eine niedergelassene psychotherapeutische oder psychiatrische Fachkraft. Diese stellt nach eingehender Untersuchung die Diagnose einer Angststörung. Bei einer deutlich ausgeprägten Symptomatik oder einem langjährigen Bestehen der Angststörung empfiehlt sich eine stationäre Behandlung in einer Spezialklinik.
Hinweise für eine Angststörung können von Ärzt*innen durch ein ausführliches Gespräch mit den Betroffenen erfasst werden. Um ein möglichst genaues Bild der Erkrankung zu erhalten, beziehen sich Fragen z. B. auf:
- die Art der Ängste
- die Grundstimmung
- die bisherige Entwicklung der Erkrankung
- die aktuellen Lebensumstände und den Lebensstil
- familiäre Belastungen mit Angsterkrankungen
- weitere psychische und/oder körperliche Erkrankungen
- körperliche Beschwerden
Zusätzlich können Fragebögen zur Beurteilung der Art und des Schweregrads der Angststörung verwendet werden. Das Gespräch kann außerdem mit dem Befragen von Angehörigen ergänzt werden. Eine Überweisung zu Spezialist*innen kann für weitere Untersuchungen, zur Ermittlung des Schweregrades, zur Feststellung möglicher weiterer psychischer Beschwerden bzw. Erkrankungen und zum Einleiten einer Behandlung erfolgen.
Zum Ausschluss von körperlichen Ursachen können zusätzlich zur körperlichen Untersuchung ein EKG und Blutuntersuchungen (z. B. Blutbild, Blutzucker, Schilddrüsenhormone) durchgeführt werden. In einigen Fällen können weitere Untersuchungen bei Spezialist*innen sinnvoll sein. Bei den genannten körperlichen Untersuchungen ist zu betonen, dass diese dem Ausschluss körperlicher Ursachen dienen. Wurden sie bereits durchgeführt, bringen immer mehr Untersuchungen keinen weiteren Vorteil, sondern verunsichern eher oder sorgen darüber hinaus für weitere neue Ängste.
Behandlung von Angststörungen
Ziele der Behandlung einer Angststörung können sein:
- Angst und Vermeidungsverhalten zu reduzieren
- Die Einschränkung der Bewegungsfähigkeit zu bessern
- Die soziale Integration und die Lebensqualität zu verbessern
- die berufliche Leistungsfähigkeit wiederherstellen
Diese können über eine Behandlung mit einer Psychotherapie oder mit Medikamenten erreicht werden. Nachdem die Betroffenen ausführliche Informationen über Vor-, Nachteile und Nebenwirkungen des jeweiligen Verfahrens erhalten haben, orientiert sich die Behandlung an den Vorzügen. Falls die zunächst gewählte Behandlungsform nicht anschlagen sollte, kann auf das noch nicht angewandte Verfahren gewechselt werden oder eine Kombination aus beiden Verfahren angewandt werden.
Psychotherapie
Die Form der Psychotherapie, deren Wirkung am besten belegt ist und die derzeit als Therapie der Wahl empfohlen wird, ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Sie kann bereits von entsprechend qualifizierten Hausärztinnen eingeleitet werden, die weitere Betreuung übernehmen meist Spezialistinnen (Psychotherapeut*innen). Alternativ kann bei Nicht-Ansprechen auf eine KVT zu einer psychodynamischen Psychotherapie gewechselt werden. Bei beiden Behandlungsformen geht es z. B. darum, ein Verständnis für Angstentstehung und Angstwahrnehmung zu entwickeln und sich mit therapeutischer Unterstützung aktiv mit der Angst auseinanderzusetzen.
Medikamente
In Deutschland sind Medikamente zur Behandlung einer Panikstörung, einer generalisierten Angststörung sowie zur sozialen Phobie zugelassen. Die Wirksamkeit von Antidepressiva vom Typ selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) sowie trizyklische Antidepressiva (TZA) ist bei allen Angststörungen erwiesen. Für die generalisierte Angststörung gibt es weitere wirksame medikamentöse Behandlungsalternativen. Alle genannten Medikamente haben die Eigenschaft, dass die angstlösende Wirkung erst nach 2-6 Wochen eintritt.
Benzodiazepine sollten wegen des hohen Suchtpotenzials vermieden werden. Sie können bei einer generalisierten Angststörung in Ausnahmefällen für kurze Zeit angewendet werden. Es besteht die Gefahr der Gewöhnung und Abhängigkeit.
Weitere Behandlungsansätze
- Sportliche Betätigung: Um eine bessere Körperwahrnehmung zu bekommen und den Körper als leistungsfähig zu erleben, kann ergänzend körperliches Ausdauertraining eingesetzt werden.
- Behandlung in einem Krankenhaus: Wenn die o. g. Maßnahmen bei einer schweren Angststörung nicht ausreichen oder beispielsweise Suizidgedanken hinzu kommen, kann eine Behandlung in einer Tagesklinik oder einem Krankenhaus sinnvoll sein.
- Rehabilitation: Falls die Erkrankung bereits chronisch besteht und/oder die berufliche Leistungsfähigkeit und gesellschaftliche Teilhabe eingeschränkt ist, kann über die Krankenkasse oder Rentenversicherung eine Rehabilitationsmaßnahme nach Ausschöpfen der o. g. Maßnahmen beantragt werden.
Hypochondrie (Gesundheitsangst)
Gesundheitsängste (Hypochondrie) sind charakterisiert durch die Angst, an einer schweren körperlichen Erkrankung zu leiden. Befürchtet werden Erkrankungen, die ein langes Siechtum und den Tod bedeuten könnten. Diese Ängste können vorübergehend auftreten, aber auch überdauernd sein und dann die Lebensqualität deutlich einschränken. Menschen mit einer Hypochondrie sind sich meist bewusst, dass das Ausmaß ihrer Befürchtungen nicht der Realität entspricht. Sie schämen sich häufig dafür und versuchen, die Ängste vor anderen geheim zu halten.
Oft finden sich in der Kindheit und Jugend der Betroffenen Ereignisse, die einen „gesunden“ Umgang mit Körperbeschwerden schwer oder unmöglich gemacht haben. Diese Ereignisse waren hoch emotional besetzt und hatten Krankheiten und Körpersymptome zum Inhalt. Dazu zählen:
- ein angstfördernder Erziehungsstil: Sobald Körperbeschwerden auftraten, auch wenn diese harmlos waren, wurden diese dramatisiert. Dadurch macht das Kind die Erfahrung, dass Körpersymptome (fast) immer etwas Schlimmes und Lebensbedrohliches sind.
- eine eigene schwere Erkrankung in der Kindheit und Jugend: Auch hier wurde verinnerlicht, dass Krankheit Trennung von zu Hause bedeuten kann und mit unangenehmen Gefühlen wie Ängsten und Traurigkeit verbunden ist.
- die schwere Erkrankung eines Familienmitglieds: Dies bedeutet oft, dass die Erkrankung zentrales Thema in der Familie war und das Kind daraus geschlossen hat, dass Krankheit immer etwas Schreckliches und Bedrohliches ist.
Die Folge ist, dass die Kinder folgende Leitsätze mit in ihr Leben nehmen:
- „Krankheit ist immer (lebens-)bedrohlich.“
- „Gesundheit ist hundertprozentiges Freisein von Körperbeschwerden.“
Ausgelöst werden die Ängste im Erwachsenenalter meist durch emotional belastende Ereignisse, wie ein Todesfall im Familien- bzw. Hypochondrie liegt dann vor, wenn die Angst vor Krankheiten das Leben bestimmt oder die Lebensqualität beeinträchtigt. Aufgrund der Stigmatisierung der Gesundheitsängste wagen viele Betroffene nicht, darüber zu sprechen.
In Zusammenhang mit Krankheitsängsten treten bei vielen Betroffenen weitere psychische Störungen auf. Bis zu 40 Prozent haben Depressionen, die primär, aber auch als Folgeerkrankung entstehen können. Bis zu 20 Prozent leiden unter sogenannten somatoformen Störungen, also körperlichen Beschwerden ohne organische Ursache.
Die hypochondrischen Ängste führen zu einem Krankheitsverhalten mit körperlicher Schonung, weiteren Arztbesuchen und Untersuchungen. Selbstständige Recherchen im Internet können die Ängste weiter verstärken. Auch ständige Selbstuntersuchungen (Checking-Verhalten) sowie das Rückversichern bei Familienmitgliedern und Freunden wirken zwar kurzfristig beruhigend, langfristig aber verstärkend auf die Ängste.
Für die Diagnose ist richtungweisend, dass die Betroffenen im Allgemeinen eine Vielzahl von Arztbesuchen hinter sich haben und organisch abgeklärt sind. Dabei hat sich kein klarer, weiterführender Befund für die Beschwerden und Ängste ergeben. Bei der Hypochondrie steht die Angst bzw. die Überzeugung im Vordergrund, unter einer unerkannten schweren körperlichen Erkrankung zu leiden.
In den Schön Kliniken gehen wir schon während der diagnostischen Phase auf Ihre individuellen Ängste und Störungen ein. Die klinische Diagnose kann dabei durch spezifische Fragebögen untermauert werden. Weiterführende körperliche Untersuchungen sind meist nicht notwendig, können aber im Bedarfsfall jederzeit veranlasst werden.
Was Sie tun können
- Scheuen Sie sich nicht, ärztliche oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, auch wenn dies eine große Überwindung bedeuten kann. Ein Vermeidungsverhalten führt meist zu keiner Besserung Ihrer Beschwerden, sondern bringt oft eher eine Verschlechterung mit sich.
- Nehmen Sie von Ärztinnen verordnete Medikamente täglich ein, auch wenn Sie zunächst vielleicht keine Wirkung bei sich beobachten. Bis Sie den erwünschten angstlösenden Effekt bei sich bemerken, kann es bei regelmäßiger Einnahme 2-6 Wochen dauern. Wenn sich Ihre Symptome gebessert haben, sollten Sie Ihre Medikamente noch weiter einnehmen, um einen Rückfall zu vermeiden. Die Dauer der Einnahme hängt von Ihrer Erkrankung ab und wird mit Ihnen durch die behandelnden Spezialistinnen besprochen. Setzen Sie Ihre Medikamente nicht abrupt und eigenmächtig ab, da es sonst zu unerwünschten Absetzphänomenen kommen kann. Falls Sie Nebenwirkungen bei sich bemerken, sollten Sie dies mit Ihren Ärzt*innen besprechen.
- Für eine erfolgreiche Behandlung ist es wichtig, dass Sie die vereinbarten Termine (Psychotherapie, Kontrollen) regelmäßig wahrnehmen.
- Werden Sie körperlich aktiv, um Ihren Körper wahrzunehmen und darauf bezogene Ängste abzubauen.
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