Studententherapie bei Multipler Sklerose: Definition und Behandlungsansätze

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die durch vielfältige Symptome und unterschiedliche Verlaufsformen gekennzeichnet ist. Die Erkrankung betrifft weltweit etwa 2,9 Millionen Menschen und manifestiert sich meist im jungen Erwachsenenalter. Obwohl MS nicht heilbar ist, haben sich die Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren erheblich verbessert, was zu einer deutlichen Steigerung der Lebensqualität und Lebenserwartung der Betroffenen geführt hat.

Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose, abgekürzt MS, ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die Myelinscheiden der Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark angreift und schädigt. Diese Myelinscheiden sind für die schnelle und reibungslose Übertragung von Nervensignalen unerlässlich. Die Zerstörung der Myelinscheiden führt zu Entmarkungsherden, die die neurologischen Beschwerden verursachen.

Die genaue Ursache von MS ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass ein Zusammenspiel genetischer und umweltbedingter Faktoren eine Rolle spielt. Zu den Risikofaktoren gehören:

  • Genetische Faktoren: Eine genetische Prädisposition erhöht das Risiko, an MS zu erkranken.
  • Umweltfaktoren:
    • Vitamin D-Mangel: Niedrige Vitamin D-Spiegel, oft aufgrund geringerer Sonneneinstrahlung in Regionen, die weiter vom Äquator entfernt liegen, sind mit einem erhöhten MS-Risiko verbunden.
    • Virale Infektionen: Das Epstein-Barr-Virus (EBV) steht in engem Zusammenhang mit MS.
    • Rauchen: Rauchen erhöht das MS-Risiko und kann den Krankheitsverlauf beschleunigen.

Symptome und Diagnose

Die Symptome von MS sind vielfältig und können je nach betroffenem Bereich des zentralen Nervensystems variieren. Häufige Symptome sind:

  • Sehstörungen: Optikusneuritis, verschwommenes Sehen, Doppeltsehen
  • Motorische Störungen: Muskelschwäche, Spastik, Koordinationsprobleme
  • Sensibilitätsstörungen: Kribbeln, Taubheitsgefühl, Schmerzen
  • Fatigue: Erschöpfung, Müdigkeit
  • Kognitive Beeinträchtigungen: Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
  • Vegetative Symptome: Blasen- und Darmfunktionsstörungen, sexuelle Dysfunktion

Die Diagnose von MS erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus:

Lesen Sie auch: MS-Medikamente im Detail erklärt

  • Klinischer Untersuchung: Erhebung der Krankengeschichte und neurologische Untersuchung
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Darstellung von Entzündungsherden und Schädigungen im Gehirn und Rückenmark
  • Lumbalpunktion (Liquoruntersuchung): Analyse des Nervenwassers auf spezifische Marker für MS
  • Visuell evozierte Potenziale (VEP): Messung der elektrischen Aktivität im Gehirn als Reaktion auf visuelle Reize

Verlaufsformen der Multiplen Sklerose

MS tritt in verschiedenen Verlaufsformen auf, die sich in ihrer Krankheitsaktivität unterscheiden:

  • Schubförmig-remittierende MS (RRMS): Charakterisiert durch klar definierte Schübe mit neurologischen Symptomen, gefolgt von vollständigen oder teilweisen Remissionen.
  • Sekundär progrediente MS (SPMS): Beginnt oft als RRMS und entwickelt sich später in eine Phase stetiger Verschlechterung der neurologischen Funktion ohne klare Schübe.
  • Primär progrediente MS (PPMS): Von Anfang an eine kontinuierliche Verschlechterung der neurologischen Funktion ohne erkennbare Schübe.
  • Klinisch isoliertes Syndrom (CIS): Ein erstes Ereignis mit neurologischen Symptomen, das mindestens 24 Stunden anhält und auf eine Entzündung oder Demyelinisierung im zentralen Nervensystem hinweist, aber nicht immer zu MS führt.

Schubtherapie bei Multipler Sklerose

Ein MS-Schub ist definiert als das Auftreten neuer oder die Reaktivierung bereits bekannter neurologischer Defizite, die mindestens 24 Stunden anhalten und mehr als 30 Tage nach Beginn eines vorherigen Schubs auftreten. Ein akuter MS-Schub ist immer ein Notfall, und die Symptome sollten möglichst innerhalb von zwei bis fünf Tagen behandelt werden.

Kortisonpräparate (Glukokortikoide)

Die Standardtherapie beim akuten MS-Schub besteht in der Verabreichung von hochdosierten Kortisonpräparaten (Glukokortikoiden) wie Methylprednisolon. Diese wirken entzündungshemmend und immunsuppressiv, indem sie direkt auf die gestörte Blut-Hirn-Schranke einwirken.

  • Verabreichung: Intravenöse Infusion, üblicherweise in einer Dosierung von 1000 mg an drei aufeinanderfolgenden Tagen, stationär oder ambulant.
  • Wirkweise: Hemmung des Entzündungsprozesses und des Immunsystems.
  • Gegenanzeigen: Starke Erkältung, Allergie gegen Methylprednisolon, ausgeprägte Magen-Darm-Geschwüre, ausgeprägte psychische Störungen, reaktivierbare Tuberkulose.
  • Nebenwirkungen: Magenbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen, Unruhe und Schlafstörungen, psychische Störungen, Unverträglichkeitsreaktionen. Bei Diabetikern Gefahr von erhöhten/entgleisenden Blutzuckerwerten. Erhöhtes Risiko für epileptische Anfälle bei Patienten mit Neigung dazu, erhöhtes Thrombose-Risiko, insbesondere bei Patienten mit Paresen (Lähmungen).

In der Regel ist nach der dreitägigen Kortison-Stoß-Therapie kein Ausschleichen mit Kortison-Tabletten erforderlich. Bei unzureichender Besserung der Symptome kann die Therapie nach zweiwöchiger Pause wiederholt werden, ggf. mit einer höheren Dosierung von bis zu 2000 mg über fünf Tage.

Plasmapherese (Blutwäsche) und Immunadsorption

Wenn die Kortisontherapie nicht ausreichend wirkt, kann in schweren Fällen eine Plasmapherese (Blutwäsche) versucht werden. Dabei wird das Blut entnommen, gereinigt und wieder in den Körper zurückgeleitet. Eine nebenwirkungsärmere Alternative ist die Immunadsorption, bei der das Blut in Plasma und Blutzellen getrennt und das Plasma von schädlichen Antikörpern befreit wird.

Lesen Sie auch: Wie man MS vorbeugen kann

  • Indikation: Schwere akute Schübe, die nicht auf eine Cortisontherapie ansprechen.
  • Durchführung: Stationär, etwa alle zwei Tage eine Behandlung von etwa drei Stunden Dauer.

Die Kosten für eine Plasmapherese oder Immunadsorption werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen.

Weitere Therapieansätze

Neben der Schubtherapie gibt es weitere Therapieansätze, die darauf abzielen, den Krankheitsverlauf zu beeinflussen und die Symptome zu lindern:

  • Krankheitsmodifizierende Therapien (DMTs): Diese Medikamente zielen darauf ab, die Krankheitsaktivität zu reduzieren, das Fortschreiten der MS zu verlangsamen und die Anzahl der Schübe zu verringern. Dazu gehören Interferon-beta, Glatirameracetat, Fingolimod, Teriflunomid, Dimethylfumarat, Natalizumab, Ocrelizumab, Ofatumumab, Cladribin, Siponimod, Ponesimod, Ozanimod, Alemtuzumab und Mitoxantron.
  • Symptomatische Therapie: Diese Behandlungen zielen darauf ab, die Symptome von MS zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Dazu gehören Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Schmerztherapie und Medikamente zur Behandlung von Spastik, Fatigue, Blasenfunktionsstörungen und Depressionen.
  • Komplementäre und alternative Therapien: Viele MS-Betroffene greifen auf komplementäre und alternative Therapien zurück, um ihre Beschwerden zu lindern. Dazu gehören z.B. Homöopathie, Akupunktur, Yoga, Meditation und Ernährungsanpassungen. Es ist wichtig, solche Therapien immer mit dem behandelnden Arzt abzusprechen.
  • Psychosoziale Unterstützung: Psychologische Betreuung und Selbsthilfegruppen spielen eine wichtige Rolle im Umgang mit MS. Sie bieten Unterstützung, Informationen und die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen.

Leben mit Multipler Sklerose

Die Diagnose Multiple Sklerose kann zunächst Angst und Unsicherheit auslösen. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass ein erfülltes und lebenswertes Leben mit MS möglich ist. Durch eine frühzeitige Diagnose, eine umfassende Behandlung und eine positive Lebenseinstellung können Betroffene ihre Lebensqualität erheblich verbessern.

Wichtige Aspekte für ein gutes Leben mit MS sind:

  • Annahme der Erkrankung: Die Akzeptanz der Erkrankung ist ein wichtiger Schritt, um das Leben aktiv zu gestalten.
  • Anpassung des Lebensstils: Die Anpassung des Lebensstils an die individuellen Bedürfnisse und Einschränkungen kann helfen, die Symptome zu kontrollieren und die Lebensqualität zu verbessern.
  • Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität kann die Muskelkraft, Ausdauer und Koordination verbessern.
  • Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann die allgemeine Gesundheit fördern und die Symptome lindern.
  • Stressmanagement: Stress kann die Symptome von MS verschlimmern. Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder autogenes Training können helfen, Stress abzubauen.
  • Soziale Kontakte: Der Austausch mit Freunden, Familie und anderen Betroffenen kann die emotionale Gesundheit stärken und Isolation verhindern.

Lesen Sie auch: MS und Rückenschmerzen: Ein Überblick

tags: #stufentherapie #multiple #sklerose #definition