Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die weltweit Millionen Menschen betrifft. In Deutschland sind schätzungsweise 400.000 Menschen über 40 Jahre betroffen, und Studien deuten darauf hin, dass sich diese Zahl bis 2050 verdoppeln könnte. Die SWR Mediathek bietet eine Vielzahl von Informationen und Beiträgen zum Thema Parkinson, die Betroffenen, Angehörigen und Interessierten einen umfassenden Überblick über die Krankheit, ihre Symptome, Behandlungsmöglichkeiten und aktuelle Forschungsergebnisse geben.
Was ist Parkinson?
Parkinson ist eine Nervenerkrankung, bei der im Gehirn Nervenzellen absterben, die den wichtigen Botenstoff Dopamin produzieren. Dopamin ist essenziell für die Übertragung von Signalen zwischen den Nervenzellen im Gehirn und den Muskeln im Körper. Ein Mangel an Dopamin führt zu Störungen in der Bewegungssteuerung, was die typischen Symptome der Krankheit verursacht.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen für das Absterben der Dopamin-produzierenden Nervenzellen sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen eine Rolle spielt. Ein zentrales Element bei der Parkinson-Erkrankung ist das Protein Alpha-Synuclein. Fehlgefaltete Formen dieses Proteins verklumpen und lagern sich im Gehirn ab.
Zu den bekannten Risikofaktoren gehören:
- Pestizide: Einige Pestizide können Entzündungsprozesse im Gehirn und oxidativen Stress auslösen und somit zur Entstehung von Parkinson beitragen. Im März 2024 wurde "Parkinson durch Pestizide" als Berufskrankheit anerkannt.
- Lösungsmittel: Das häufig genutzte Lösungsmittel Trichlorethylen steht ebenfalls im Verdacht, das Parkinson-Risiko zu erhöhen.
- Luftverschmutzung: Insbesondere Feinstaub kann das Risiko für Parkinson erhöhen.
- Lebensstil: Ein ungesunder Lebensstil kann ebenfalls eine Rolle spielen.
Typische Symptome
Die Symptome von Parkinson sind vielfältig und können von Person zu Person unterschiedlich sein. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
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- Zittern (Tremor): Unkontrollierbares Zittern, meist in Ruhe.
- Muskelverspannungen (Rigor): Steifheit und erhöhte Muskelspannung.
- Verlangsamte Bewegungen (Bradykinese): Schwierigkeiten, Bewegungen auszuführen und zu koordinieren.
- Gang- und Gleichgewichtsstörungen: Unsicherer Gang und Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten.
- Starre Mimik: Verminderte Ausdrucksfähigkeit des Gesichts.
- Leise oder monotone Sprache: Veränderungen der Stimme.
- Schlafstörungen: Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen.
- Riechstörungen: Verminderte oder fehlende Fähigkeit, Gerüche wahrzunehmen.
- Depressionen: Psychische Beeinträchtigungen.
- Kognitive Beeinträchtigungen: Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme bis hin zur Demenz.
- Verstopfung: Verdauungsprobleme, die oft schon Jahre vor den motorischen Symptomen auftreten können.
- Niedriger Blutdruck: Kann zu Schwindel und Benommenheit führen.
- Schwierigkeiten mit der Blase: Inkontinenz oder häufiger Harndrang.
- Sprach- oder Schluckstörungen: Schwierigkeiten beim Sprechen oder Schlucken.
Diagnose und Früherkennung
Die Diagnose von Parkinson kann eine Herausforderung sein, da die Symptome oft schleichend beginnen und sich langsam entwickeln. Es gibt keine spezifischen Tests, die Parkinson eindeutig nachweisen können. Die Diagnose basiert in der Regel auf einer neurologischen Untersuchung und der Beurteilung der Symptome.
Die Früherkennung von Parkinson ist ein wichtiges Forschungsgebiet. Erste Warnsignale können Geruchsverlust, Schlafstörungen oder Verstopfung sein, die schon Jahre vor den typischen Bewegungseinschränkungen auftreten können. Daneben wird intensiv an Biomarkern geforscht, um die Krankheit etwa im Blut, im Liquor (Nervenwasser) oder durch eine Hautbiopsie nachzuweisen.
Behandlungsmöglichkeiten
Parkinson ist derzeit nicht heilbar, aber es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die die Symptome lindern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern können.
Medikamentöse Therapie
Zu Beginn der Erkrankung werden in der Regel Medikamente eingesetzt, die den Dopaminmangel im Gehirn ausgleichen sollen. Diese Medikamente können die Beweglichkeit verbessern und das Zittern reduzieren. Allerdings verlieren die Medikamente mit der Zeit oft an Wirkung, und es können Nebenwirkungen auftreten.
Tiefe Hirnstimulation (THS)
In fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung kann die Tiefe Hirnstimulation (THS) eine Option sein. Dabei werden Elektroden ins Gehirn eingesetzt, um krankhafte Nervenaktivitäten mit elektrischen Impulsen zu regulieren. Die THS kann die Symptome deutlich verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen erhöhen.
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Gerhard Schick aus Rottenburg-Oberndorf lebt seit 17 Jahren mit Parkinson und profitiert von einem Hirnschrittmacher. Ohne das Gerät könnte er nicht laufen, seine Finger blieben steif. Die elektronischen Impulse des Schrittmachers müssen regelmässig angepasst werden, da die Krankheit fortschreitet.
Georg Nehrbaß aus dem Landkreis Alzey-Worms ist 71 Jahre alt und hat vor zehn Jahren die Diagnose Parkinson bekommen. Inzwischen hat ihn die Erkrankung so stark eingeschränkt, dass er sich zu einer Tiefenhirnstimulation entschloss. Das Zittern hat nachgelassen und er kann sogar wieder Pingpong spielen.
Telemedizinische Betreuung
Eine Studie des Universitätsklinikums Tübingen zeigt, dass Hirnschrittmacher zuverlässig aus der Ferne eingestellt werden können. Parkinson-Patienten ersparen sich lange Anfahrten, da der Hirnschrittmacher alle vier Monate neu justiert werden muss. Besonders für Menschen mit eingeschränkter Mobilität bedeutet dies einen großen Vorteil.
Sobald Gerhard Schick bemerkt, dass er beim Gehen zu trippeln beginnt, vereinbart er per Handy einen Termin für die Fernsprechstunde mit der Uniklinik Tübingen. Über die Videoverbindung beobachten die Ärzte, wie er seine Hände bewegt oder läuft. Falls nötig, passen sie die Einstellungen des Hirnschrittmachers mit einem Schieberegler auf ihrem Bildschirm an - so verschwindet das Trippeln meist sofort. Die Betreuung per Handy liefert oft bessere Ergebnisse als die Klinikbesuche, da die Patienten in ihrer gewohnten Umgebung entspannter sind, was zu realistischeren Behandlungsergebnissen führt. Die Verbindung ist sicher, und Anpassungen erfolgen nur mit Zustimmung der Patienten.
Die Patienten müssen nicht mehr lange zu spezialisierten Kliniken anreisen, was die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessert. Zudem können sie wieder verreisen, da die Ferneinstellung weltweit funktioniert - überall dort, wo es Internet gibt. Gerhard Schick, früher ein begeisterter Weltreisender, schmiedet nun wieder Pläne, um Verwandte in Australien zu besuchen.
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Beta-Sensing
Ein neuer Ansatz - das sogenannte Beta-Sensing - macht die THS noch präziser. Die Unimedizin Mainz arbeitet mit diesen Stimulationssystemen. Es gibt neue Systeme, die nicht nur stimulieren, sondern auch die Signale aus dem Gehirn empfangen, interpretieren und die Art der Stimulation anpassen können.
Weitere Therapien
- Bewegungs- und Ergotherapie: Diese Therapien helfen den Betroffenen, ihre Beweglichkeit und Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten.
- Sprachtherapie: Bei Sprachstörungen kann eine Sprachtherapie helfen, die Kommunikationsfähigkeit zu verbessern.
- Ernährungstherapie: Eine angepasste Ernährung kann helfen, Verdauungsprobleme zu lindern und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.
- Physiotherapie: Eine spezielle Physiotherapie kann die Lebensqualität bei Parkinson erhöhen.
- Kognitive Übungen: Können helfen, den Abbau von körperlichen und geistigen Fähigkeiten bei Menschen mit Parkinson entgegenzuwirken.
Neue Therapieansätze und Forschung
Die Forschung im Bereich Parkinson ist sehr aktiv, und es gibt vielversprechende neue Therapieansätze in der Entwicklung.
Antikörpertherapien
Ein Ansatz sind Antikörpertherapien, die Alpha-Synuklein gezielt binden und dessen Ablagerung verhindern sollen.
Small Molecules
Ein weiterer Forschungszweig setzt auf sogenannte Small Molecules, die gezielt in krankheitsrelevante Prozesse eingreifen. Allerdings waren die ersten Ansätze in klinischen Studien noch nicht erfolgreich.
Neuroprothesen
Ein französischer Parkinson-Patient kann jetzt dank einer neuartigen Neuroprothese zum ersten Mal seit Jahren wieder weitgehend normal laufen. Eine Chirurgin in Lausanne hat dem Mann mehrere kleine Pulsgeber direkt am Rückenmark implantiert, um die Nervensignale für die Beinbewegungen zu korrigieren.
Diabetesmittel
Eine französische Studie hat gezeigt, dass ein Wirkstoff zur Diabetes-Behandlung möglicherweise auch bei Parkinson hilft. Der Wirkstoff gehört zu den GLP-1-Rezeptor-Agonisten. Ob Menschen mit Parkinson dieses oder ein anderes Diabetesmittel einmal verordnet bekommen, ist im Moment noch fraglich. Jetzt kommt es auf Langzeitstudien an.
Prävention
Es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte Lebensstilfaktoren das Risiko für Parkinson beeinflussen können.
- Bewegung: Moderater Ausdauersport kann das Risiko für Parkinson um bis zu 60 Prozent senken.
- Ernährung: Eine gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten ist vorteilhaft.
Leben mit Parkinson
Parkinson ist eine chronische Erkrankung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinflussen kann. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Krankheit auseinanderzusetzen und sich über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten und Unterstützungsangebote zu informieren.
Thorsten erhielt mit Anfang 40 die Diagnose Parkinson. Durch den Eingriff konnte Thorsten seine Medikamente um zwei Drittel reduzieren und fühlt sich wieder selbstbestimmt. Nach der OP fühlt er sich wieder so gut, dass er sich einen lang ersehnten Traum erfüllen kann: Eine eigene kleine Schafherde.