Synapsen: Schaltstellen des Nervensystems

Synapsen sind die entscheidenden Schaltstellen im Nervensystem, die die Kommunikation zwischen Nervenzellen ermöglichen. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Informationsübertragung und -verarbeitung im Gehirn und sind somit unerlässlich für grundlegende Funktionen wie Fühlen, Handeln und Denken.

Was sind Synapsen?

Synapsen sind Verbindungsstellen zwischen zwei Zellen, meistens Nervenzellen, die Informationen in Form von Reizen oder Erregungen weiterleiten. Innerhalb einer Nervenzelle werden diese Reize als elektrische Signale weitergeleitet. Die Funktion einer Synapse besteht darin, chemische oder elektrische Signale von einer Nervenzelle zu ihrer Nachbarzelle zu übertragen.

Um die Bedeutung der Synapsen zu verstehen, ist es wichtig, sich den Aufbau einer Nervenzelle (Neuron) zu vergegenwärtigen. Vereinfacht gesagt, besteht ein Neuron aus dem Zellkörper und mehreren Verästelungen, die mit anderen Nervenzellen in Kontakt stehen und über die Informationen empfangen oder gesendet werden. Der sendende Fortsatz wird als Axon bezeichnet und kann bis zu einem Meter lang sein. Die empfangenden Fortsätze werden Dendriten genannt. Ein Neuron kann mit bis zu 100.000 bis 200.000 Fasern anderer Nervenzellen in Austausch treten.

Aufbau einer Synapse

Eine Synapse besteht grundsätzlich aus drei Bereichen:

  • Präsynapse: Der Teil der Synapse, von dem das weitergeleitete Signal ausgeht. Es handelt sich um das Endknöpfchen des Axons einer Nervenzelle.
  • Synaptischer Spalt: Ein schmaler Raum zwischen der Präsynapse und der Postsynapse.
  • Postsynapse: Der Teil der Synapse, der das Signal empfängt. Dies kann beispielsweise ein Dendrit einer anderen Nervenzelle oder eine Muskelzelle sein.

Prä- und postsynaptische Nervenzellen sind durch den synaptischen Spalt getrennt. Die schnelle Informationsübertragung erfolgt durch die Freisetzung eines Neurotransmitters aus präsynaptischen Endigungen (Terminalien), der dann postsynaptische Rezeptorproteine in den sogenannten Dornen ("Spines") aktiviert. Darüber hinaus sind prä- und postsynaptische Nervenzellen durch eine Reihe unterschiedlicher, über den synaptischen Spalt hinweg interagierender Adhäsionsproteine verbunden.

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Arten von Synapsen

Obwohl Synapsen grundsätzlich ähnlich aufgebaut sind, lassen sie sich in verschiedene Typen unterteilen. Die Hauptunterscheidung liegt in der Art der Signalübertragung:

  • Elektrische Synapsen: Bei dieser Form der Synapse wird das elektrische Signal direkt an die benachbarte Zelle weitergeleitet. Dies geschieht über sogenannte Gap Junctions, Kanäle aus Proteinen, die die Zellflüssigkeiten zweier Neuronen verbinden. Elektrische Synapsen ermöglichen eine sehr schnelle Erregungsleitung, kommen aber im menschlichen Körper eher selten vor. Sie finden sich dort, wo eine schnelle Reaktion erforderlich ist, beispielsweise bei Fluchtreaktionen.

  • Chemische Synapsen: Dies ist die häufigste Form der Synapse im menschlichen Körper. Bei chemischen Synapsen wird das elektrische Signal in ein chemisches Signal umgewandelt. Dies geschieht durch die Freisetzung von Neurotransmittern.

Weiterhin lassen sich Synapsen nach dem Typ des freigesetzten Botenstoffs (Neurotransmitter) unterscheiden, wie z.B. cholinerge Synapsen (mit Acetylcholin) und adrenerge Synapsen (mit Adrenalin).

Auch die Struktur der Synapse kann zur Unterscheidung herangezogen werden:

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  • Axodendritische Synapsen: Verbindungen zwischen einem Axon und einem Dendriten der Nachfolgezelle.
  • Axosomatische Synapsen: Verbindungen zwischen einem Axon und dem Zellkörper (Soma) der Nachfolgezelle.

Signalübertragung an chemischen Synapsen

Die Übertragung eines Aktionspotentials an einer chemischen Synapse ist ein komplexer Prozess, der mehrere Schritte umfasst:

  1. Aktionspotential erreicht die Präsynapse: Ein elektrisches Signal, das Aktionspotential, erreicht das Ende des Axons (die präsynaptische Endigung).
  2. Öffnung von Calciumkanälen: Das Aktionspotential führt zur Öffnung von spannungsgesteuerten Calciumkanälen in der Membran der Präsynapse. Calcium-Ionen strömen in die Zelle ein.
  3. Vesikelverschmelzung: Der Anstieg der Calciumionenkonzentration löst die Verschmelzung von synaptischen Vesikeln (kleinen Bläschen, die mit Neurotransmittern gefüllt sind) mit der präsynaptischen Membran aus.
  4. Freisetzung der Neurotransmitter: Die Neurotransmitter werden in den synaptischen Spalt freigesetzt.
  5. Bindung an Rezeptoren: Die Neurotransmitter diffundieren durch den synaptischen Spalt und binden an spezifische Rezeptoren (Andockstellen) auf der postsynaptischen Membran.
  6. Öffnung von Ionenkanälen: Die Bindung der Neurotransmitter an die Rezeptoren führt zur Öffnung von Ionenkanälen in der postsynaptischen Membran. Diese Kanäle sind ligandengesteuert, d.h. sie öffnen sich, sobald ein Transmitter an den entsprechenden Rezeptor gebunden hat.
  7. Postsynaptisches Potential: Durch den Ein- und Ausstrom von Ionen verändert sich die Spannung in der postsynaptischen Zelle. Diese Spannungsänderung wird als postsynaptisches Potential bezeichnet und kann entweder erregend (depolarisierend) oder hemmend (hyperpolarisierend) sein.
  8. Beendigung der Signalübertragung: Die Neurotransmitter werden entweder im synaptischen Spalt abgebaut, von der präsynaptischen Zelle wieder aufgenommen (Reuptake) oder diffundieren aus dem Spalt. Dadurch wird die Erregung oder Hemmung beendet.

Die Erregung oder Hemmung findet solange statt, wie die Neurotransmitter an die Rezeptoren gebunden sind. Danach können sie wieder von der präsynaptischen Zelle aufgenommen und erneut verwendet oder im synaptischen Spalt abgebaut werden.

Erregende und hemmende Synapsen

Synapsen können entweder erregend oder hemmend wirken. Dies hängt von dem freigesetzten Neurotransmitter und den vorhandenen Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran ab.

  • Erregende Synapsen: Diese Synapsen erzeugen eine Depolarisation der postsynaptischen Membran, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Aktionspotential in der postsynaptischen Zelle ausgelöst wird. Ein Beispiel für einen erregenden Neurotransmitter ist Glutamat.

  • Hemmende Synapsen: Diese Synapsen erzeugen eine Hyperpolarisation der postsynaptischen Membran, was die Wahrscheinlichkeit verringert, dass ein Aktionspotential in der postsynaptischen Zelle ausgelöst wird. Ein Beispiel für einen hemmenden Neurotransmitter ist GABA.

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Neurotransmitter

Neurotransmitter sind chemische Botenstoffe, die an den Synapsen freigesetzt werden und die Signalübertragung zwischen Nervenzellen ermöglichen. Es gibt eine Vielzahl von Neurotransmittern mit unterschiedlichen Funktionen. Zu den wichtigsten Neurotransmittern gehören:

  • Acetylcholin: Spielt eine Rolle bei Muskelkontraktionen, Gedächtnis und Aufmerksamkeit.
  • Dopamin: Ist wichtig für Bewegung, Motivation und Belohnung.
  • Serotonin: Beeinflusst Stimmung, Schlaf und Appetit.
  • Glutamat: Der wichtigste erregende Neurotransmitter im Gehirn.
  • GABA (Gamma-Aminobuttersäure): Der wichtigste hemmende Neurotransmitter im Gehirn.

Die Rolle der Synapsen bei Lern- und Gedächtnisprozessen

Der Aufbau neuer Synapsen ist für Lern- und Gedächtnisvorgänge im Gehirn von großer Bedeutung. Es wird angenommen, dass bei Lernprozessen die Postsynapse langfristig sensitiver wird. Dies ermöglicht es dem Gehirn, sich an neue Informationen anzupassen und diese zu speichern.

Synaptische Adhäsionsproteine

Synaptische Adhäsionsproteine spielen eine entscheidende Rolle bei der Bildung und Stabilisierung von Synapsen. Wissenschaftler haben gezeigt, dass ein Zusammenwirken von zwei Adhäsionssystemen (N-Cadherin und Neuroligin-1) erforderlich ist, um die Ansammlung synaptischer Vesikel in der Präsynapse anzuregen, die für den Aufbau funktionsfähiger Synapsen wichtig ist.

Störungen der synaptischen Funktion und neurologische Erkrankungen

Störungen beim Neuaufbau, Umbau oder Abbau von Synapsen können zu Erkrankungen des zentralen Nervensystems führen. Einige Beispiele für neurologische Erkrankungen, die mit synaptischen Dysfunktionen in Verbindung gebracht werden, sind:

  • Morbus Alzheimer: Eine neurodegenerative Erkrankung, die durch den Abbau von Synapsen und den Verlust von Nervenzellen gekennzeichnet ist.
  • Autismus-Spektrum-Störung: Eine neurologische Entwicklungsstörung, die mit Veränderungen in der synaptischen Funktion und Konnektivität in Verbindung gebracht wird.
  • Schizophrenie: Eine schwere psychische Störung, die mit Veränderungen in der Neurotransmission und synaptischen Funktion in Verbindung gebracht wird.
  • Myasthenia gravis: Eine Autoimmunerkrankung, bei der Autoantikörper die Acetylcholinrezeptoren auf der postsynaptischen Membran blockieren, was zu Muskelschwäche führt.
  • Parkinson-Krankheit: Eine neurodegenerative Erkrankung, bei der die Produktion von Dopamin vermindert ist, was zu Bewegungsstörungen führt.

Einige Substanzen können die Reizweiterleitung an chemischen Synapsen stören oder verhindern. Atropin beispielsweise hemmt Acetylcholin-Rezeptoren, indem es die Bindung von Acetylcholin verhindert. Tetanustoxin verhindert die Freisetzung des hemmenden Neurotransmitters GABA, was zu Muskelkrämpfen führt. Botulinumtoxin verhindert die Freisetzung von Acetylcholin, was zu Muskellähmung führt.

Forschung zu Synapsen

Die Erforschung der Synapsen ist ein aktives Gebiet der Neurowissenschaften. Wissenschaftler arbeiten daran, die komplexen molekularen Prozesse, die an der synaptischen Funktion beteiligt sind, besser zu verstehen. Dies umfasst die Untersuchung der Struktur und Funktion von Synapsen, die Identifizierung von Neurotransmittern und Rezeptoren sowie die Aufklärung der Mechanismen, die die synaptische Plastizität steuern.

Neue Technologien, wie z.B. die dynamische Genomanalyse, ermöglichen es, die Aktivität aller Gene in Zellen gleichzeitig zu bestimmen und Änderungsmuster in der Genexpression zu analysieren. Dies könnte in Zukunft neue Möglichkeiten für die Behandlung von neurologischen Erkrankungen eröffnen.

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