Systemische Sklerose: Ist sie vererbbar?

Die systemische Sklerose, auch bekannt als Sklerodermie, ist eine seltene chronische Autoimmunerkrankung, die durch eine übermäßige Produktion von Kollagen gekennzeichnet ist. Dies führt zu einer Verhärtung und Verdickung des Bindegewebes in verschiedenen Teilen des Körpers. Die Krankheit betrifft etwa 40 von einer Million Menschen, wobei Frauen viermal häufiger betroffen sind als Männer. Sie tritt meist im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf.

Genetische Grundlagen und familiäre Häufung

Die genauen Ursachen der systemischen Sklerose sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass eine Kombination aus genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen eine Rolle spielt. Die Forschung hat gezeigt, dass bei rheumatischen Erkrankungen, zu denen auch die systemische Sklerose gehört, sowohl veränderte Gene als auch Umweltfaktoren zusammenwirken. Rheuma ist demnach keine klassische Erbkrankheit, sondern basiert auf einer genetischen Disposition.

HLA-Gene und Autoimmunreaktionen

Vermutlich erhöhen Variationen bestimmter Gene, insbesondere solche aus dem sogenannten HLA-Komplex (Human Leukocyte Antigen), in Kombination mit Umwelteinflüssen das Risiko, an einer systemischen Sklerose zu erkranken. HLA-Gene markieren Zellen als körpereigen oder körperfremd und ermöglichen es dem Immunsystem, zwischen zu bekämpfenden und zu verschonenden Zellen zu unterscheiden. Bei mutierten HLA-Genen kann diese Unterscheidung gestört sein, was zu Autoimmunreaktionen führt, bei denen das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift.

Familiäre Häufungen und genetische Veranlagung

Systemische Sklerose tritt familiär gehäuft auf, und die Erkrankungswahrscheinlichkeit ist bei bestimmten Ethnien erhöht. Diese statistischen Zusammenhänge deuten darauf hin, dass eine Neigung zu Sklerodermie vererbt werden kann. Die genauen Mechanismen der Vererbung sind jedoch ungeklärt. Ein weiterer Anhaltspunkt für eine genetische Veranlagung ist, dass bei Angehörigen von an Sklerodermie erkrankten Menschen überdurchschnittlich oft andere Autoimmunkrankheiten auftreten.

Aussagekraft von Gentests

Die Bestimmung von Genen zur Erstellung einer Prognose, inwiefern Rheuma innerhalb einer Familie vererbbar ist, hat nur eine geringe Aussagekraft. Da rheumatische Erkrankungen fast immer durch eine Kombination von bestimmten Genen und weiteren Faktoren ausgelöst werden und jedes Gen für sich nur eine bedingte Risikoerhöhung darstellt, ist die Aussagekraft sehr gering.

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Umweltfaktoren als Auslöser

Neben genetischen Faktoren spielen auch Umweltfaktoren eine Rolle bei der Entstehung der systemischen Sklerose. Belastungen durch Quarzstaub, Chemikalien wie Lösungsmittel, Kohlenwasserstoffe, Epoxidharze, Dieselgase oder Formaldehyd sowie Silikon-Implantate gelten als mögliche Auslöser oder zumindest als risikosteigernd. Einige Forscher vermuten auch, dass Viren oder Bakterien Sklerodermie auslösen oder begünstigen könnten.

Pathophysiologie der systemischen Sklerose

Die Pathophysiologie der systemischen Sklerose ist komplex und umfasst drei Hauptprozesse:

  1. Veränderungen im Gefäßsystem: Diese können zu Symptomen wie dem Raynaud-Phänomen führen.
  2. Aktivierung des Immunsystems: Dies kann zur Produktion von Autoantikörpern und zur Aktivierung von Fibroblasten führen.
  3. Fibrose: Die übermäßige Produktion von Kollagen führt zur Verhärtung und Verdickung des Bindegewebes.

Diese Hauptprozesse sind miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig.

Symptome der systemischen Sklerose

Die Symptome der systemischen Sklerose variieren stark von Person zu Person und hängen von den betroffenen Organen und dem Schweregrad der Krankheit ab. Einige Symptome sind spezifisch für die Erkrankung, während andere auch bei vielen anderen Krankheiten auftreten können.

Raynaud-Phänomen

Das Raynaud-Phänomen ist oft das erste Anzeichen der Erkrankung. Dabei verengen sich die kleinen Blutgefäße in Fingern und Zehen unter Kälteeinwirkung oder Stress, was zu Blässe, Taubheit und manchmal Schmerzen führt. Die Haut kann sich sehr blass, aber auch stark gerötet oder blau verfärbt zeigen.

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Hautveränderungen

Es kommt zu Schwellungen und Rötungen der Finger mit anschließender Verhärtung. Die Haut zieht sich straff zusammen, und die Finger werden schmaler ("Madonnenfinger") und sind in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Die Gelenke können schmerzen. Weiterhin bilden sich mitunter Geschwüre und Nekrosen (Absterben des Gewebes) an den Fingerspitzen, die auch als Rattenbiss bezeichnet werden.

Als besonders belastend erleben viele Betroffene die Symptome von Sklerodermie im Gesicht. Die Hautverhärtungen und Muskelschrumpfungen schränken die Beweglichkeit von Haut und Muskulatur im Gesicht oft stark ein - und damit auch die Mimik. Dieses Symptom wird als Maskengesicht bezeichnet. Vernarbungen tragen häufig dazu bei, dass Menschen mit fortgeschrittener Sklerodermie die Augen oder den Mund nicht mehr vollständig öffnen können.

Dünne Lippen und ein verengter Mund mit gefältelten Mundwinkeln werden als Tabaksbeutelmund bezeichnet. Ein verkürztes Zungenbändchen kann zusammen mit der verringerten Mundöffnung zu Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken führen. Darüber hinaus sind Mund- und Augentrockenheit (Sjögren-Syndrom) häufige Symptome von systemischer Sklerose.

Zu den Symptomen systemischer Sklerose gehören zudem erweiterte oberflächliche Blutgefäße, die deutlich als rötliche oder bläuliche Schlängellinien auf der Haut von Gesicht, Brust und Schultern zu sehen sind. Mediziner bezeichnen dieses Symptom als Teleangiektasie. Es tritt in 75 Prozent aller Fälle von systemischer Sklerose auf.

Organbeteiligung

Weitere Symptome entstehen, wenn systemische Sklerose ein oder mehrere innere Organe befällt.

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  • Verdauungstrakt: Sind Abschnitte des Verdauungstrakts befallen und dadurch in ihrer Beweglichkeit und Funktion eingeschränkt, kann es zu Schluckbeschwerden, Sodbrennen durch gastroösophagealen Reflux (Aufsteigen der Magensäure in die Speiseröhre), Verdauungsstörungen (Blähungen, Verstopfung, Durchfall) und gestörter Nährstoffaufnahme aus dem Darm kommen.
  • Herz: Sind der Herzmuskel bzw. der Herzbeutel von der Gewebeverhärtung betroffen, kann das Herz weniger Blut aufnehmen, was sich durch Verringerung der körperlichen Belastbarkeit bemerkbar macht. Auch Herzrhythmusstörungen können auftreten.
  • Nieren: Im Zuge einer systemischen Sklerose können sich Blutgefäße und Gewebe in den Nieren verhärten. Das führt zu einem mehr oder weniger ausgeprägten Funktionsverlust des Organs (Niereninsuffizienz).
  • Lunge: Eine Beteiligung der Lunge zählt zu den kritischsten Folgen der systemischen Sklerose. Die Verfestigung des Lungengewebes durch übermäßiges Wachstum von Bindegewebe (Lungenfibrose) behindert die Atmung: Es kommt zu Atemnot bei Belastung, später auch in Ruhe. Im weiteren Verlauf kann sich eine pulmonale Hypertonie (PAH) entwickeln. Diese spezielle Form von chronischem Bluthochdruck im Lungenkreislauf schädigt das Herz und bringt ein erhöhtes Sterberisiko mit sich. Sklerodermie kann dazu führen, dass der Brustkorb sich nicht mehr so leicht ausdehnen kann, was die Atmung erschwert.

Weitere mögliche Symptome

  • Muskelschmerzen
  • Chronische Erschöpfung
  • Gelenkschmerzen

Formen der systemischen Sklerose

Es gibt verschiedene Formen der systemischen Sklerose, darunter die limitierte und die diffuse Form. Bei der diffusen Form, auch progressive systemische Sklerose genannt, breiten sich die Hautveränderungen weit über Hände und Arme hinaus aus und können das Gesicht, den Rumpf und weitere Teile des Körpers betreffen. Bei der progressiven systemischen Sklerose kommt es oft zu Ekzemen und Rötungen der Haut, und die Haut kann dünner und glänzender werden. Zudem können bei der diffusen Form häufiger innere Organe betroffen sein.

Diagnose der systemischen Sklerose

Die Diagnose der systemischen Sklerose kann eine Herausforderung sein, da die Symptome variabel sind und auch bei einer Reihe anderer Erkrankungen vorkommen können. Eine genaue Anamnese, körperliche Untersuchung und eine Reihe von Labortests sind daher unerlässlich.

Anamnese und körperliche Untersuchung

Die Anamnese bezeichnet die ärztliche Befragung des Patienten zur Einschätzung des Krankheitsbildes und des Krankheitsverlaufs. Bei der körperlichen Untersuchung achtet der Arzt auf typische Hautveränderungen, das Raynaud-Phänomen und andere Symptome.

Labortests

Es werden verschiedene Bluttests durchgeführt, um spezifische Antikörper zu identifizieren, die oft bei systemischer Sklerose vorhanden sind. Ein Beispiel für einen Blutertest bei systemischer Sklerose ist der ANA-Test (Antinuclear Antibody Test), der auf Antikörper gegen Kerne von Zellen testet. ANA sind bei systemischer Sklerose in etwa 95 % der Fälle nachweisbar.

Weitere diagnostische Verfahren

  • Nagelfalz-Kapillaroskopie: Eine mikroskopische Untersuchung der kleinen Blutgefäße der Haut.
  • Hautbiopsie: Entnahme und Untersuchung einer Hautprobe zur Bestätigung der Diagnose.
  • Lungenfunktionstests: Zur Beurteilung der Lungenfunktion.
  • Bildgebende Verfahren: Magnetresonanztomografie (MRT), Computertomografie (CT), Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen, um zu beurteilen, inwieweit innere Organe von der Erkrankung betroffen sind.

Behandlung der systemischen Sklerose

Während es aktuell keine Heilung für die systemische Sklerose gibt, zielt die Behandlung darauf ab, die Symptome zu lindern, die Funktion der Organe zu verbessern und die Lebensqualität zu erhöhen. Die Therapie muss individuell an die Bedürfnisse des Einzelnen angepasst werden.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie der Sklerodermie umfasst je nach Schwere der Symptome:

  • Immunsuppressiva: Wirkstoffe wie Kortison zur Unterdrückung der gegen körpereigenes Gewebe gerichteten Immunreaktionen.
  • Medikamente zur Hemmung der krankhaften Vermehrung des Bindegewebes.
  • Medikamente zur Verbesserung der Durchblutung der kleinen und kleinsten Blutgefäße.
  • Weitere Medikamente: Bei durch systemische Sklerose verursachten Komplikationen wie Herzschwäche, Nierenschwäche, pulmonalem Bluthochdruck oder Verdauungsbeschwerden kommen weitere Medikamente zum Einsatz, die Symptome lindern und die betroffenen Organe in ihrer Funktion unterstützen.

Weitere Behandlungsmaßnahmen

  • Physio- und Ergotherapie: Zur Erhaltung der Beweglichkeit der Gelenke und zur Stärkung der Muskulatur.
  • Hautpflege: Eine besonders gut angepasste Hautpflege ist zentral in der Behandlung von Sklerodermie.
  • Ernährung: Eine gesunde und ausgewogene Ernährung kann dazu beitragen, bestimmte Symptome zu lindern und den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern.
  • Anpassung der Lebensweise: Dazu gehört der Verzicht auf Rauchen und der Schutz vor Kälte.

Neue Therapieansätze

Neue Therapieansätze, die derzeit in klinischen Studien erprobt werden, umfassen unter anderem die Verwendung von Tyrosinkinase-Inhibitoren und Biologika.

Ernährung bei systemischer Sklerose

Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung der systemischen Sklerose und kann dazu beitragen, bestimmte Symptome zu lindern und den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern. Ein hochwertiger Ernährungsplan ist dabei unerlässlich. Bei systemischer Sklerose handelt es sich um eine Erkrankung, bei der die Ernährung eine aktive Rolle spielen kann. Unter Umständen können Nährstoffe helfen, bestimmte Symptome zu lindern und die allgemeine Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Ein Patient mit systemischer Sklerose kann unter Sodbrennen und Schluckbeschwerden leiden. Eine Ernährungsumstellung auf kleinere, häufigere Mahlzeiten und sparame Verwendung von Gewürzen kann dazu beitragen, diese Symptome zu lindern.

Verlauf und Prognose der systemischen Sklerose

Der Verlauf der systemischen Sklerose ist individuell sehr verschieden und kann stark von den spezifischen Symptomen und dem Krankheitsbild abhängen. Unter dem Krankheitsverlauf versteht man die Entwicklung einer Erkrankung über die Zeit hinweg, einschließlich des Beginns der Symptome, der Progression der Krankheit und dem Auftreten von Komplikationen.

Die Prognose der systemischen Sklerose hat sich durch neue multidisziplinäre Behandlungsansätze deutlich verbessert. Heute bestehen bei engmaschiger ärztlicher Betreuung gute Aussichten, das Fortschreiten der Erkrankung stark zu verlangsamen oder sogar zu stoppen und verlorene Alltagsfähigkeiten zurückzugewinnen.

Mögliche Langzeitwirkungen

Die systemische Sklerose kann verschiedene Langzeitwirkungen haben, die sich sowohl auf die Gesundheit als auch auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirken.

  • Nierenversagen: Insbesondere bei Menschen mit diffuser systemischer Sklerose ist das Risiko einer sogenannten sklerodermalen Nierenkrise erhöht.
  • Atemprobleme: Sklerodermie kann dazu führen, dass der Brustkorb sich nicht mehr so leicht ausdehnen kann, was die Atmung erschwert.

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