Taubheitsgefühl der Zunge nach Weisheitszahn-OP: Ursachen und Behandlung

Weisheitszähne sind oft eine Quelle von Beschwerden und Infektionen. Ihre Entfernung ist ein Routineeingriff, kann aber in seltenen Fällen zu Komplikationen führen, darunter ein Taubheitsgefühl der Zunge. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für dieses Taubheitsgefühl und gibt einen Überblick über Behandlungsmöglichkeiten und präventive Maßnahmen.

Weisheitszahnentfernung: Ein Überblick

Die Extraktion von Weisheitszähnen ist ein alltäglicher Eingriff in der zahnärztlichen Praxis. Dabei ist eine sorgfältige Aufklärung des Patienten über mögliche Risiken, einschließlich Nervschädigungen, unerlässlich. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in einem Urteil vom 7. Juli 2022 (12 U 8/22) betont, dass Patienten nicht nur über vorübergehende, sondern auch über das Risiko dauerhafter Beeinträchtigungen durch Nervverletzungen informiert werden müssen.

Der Fall vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht

Dem Urteil lag der Fall einer Patientin zugrunde, bei der nach der Entfernung der Weisheitszähne rechts (18 und 48) dauerhafte Beschwerden auftraten. Die Zunge der Patientin war dauerhaft taub, ihr Geschmackssinn stark beeinträchtigt und es traten Sprachprobleme auf. Sie führte diese Beschwerden auf die Operation zurück, bei der ein irreversibler Nervschaden entstanden sei.

Das Gericht betonte, dass die Patientin über das geringe, aber vorhandene Risiko dauerhafter Beeinträchtigungen durch eine Nervschädigung hätte aufgeklärt werden müssen, insbesondere im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit als Lehrerin.

Ursachen für Taubheitsgefühl der Zunge nach Weisheitszahn-OP

Ein Taubheitsgefühl der Zunge nach einer Weisheitszahn-OP kann verschiedene Ursachen haben:

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• Lokale Betäubung: Als direkte Auswirkung der Lokalanästhesie klingt die Taubheit üblicherweise nach 3 bis 6 Stunden ab.
• Nervenreizung oder -verletzung: Während der Operation kann es zu einer Reizung oder Verletzung von Nerven kommen, insbesondere des Nervus lingualis, der für die Sensibilität der Zunge zuständig ist.
• Druckschwellung oder Hämatom: Eine Schwellung oder ein Bluterguss im Operationsgebiet kann auf die Nerven drücken und so ein Taubheitsgefühl verursachen.
• Medikamente: Einige Medikamente, wie Lidocain, das zur Schmerzlinderung bei Mundschleimhautentzündungen eingesetzt wird, können als Nebenwirkung Missempfindungen im Mund auslösen.
• Falsch gewählte Implantatlänge:
• Minderwertige Schmerzlinderung:

Mögliche Komplikationen und ihre Behandlung

• Nervenverletzungen: In seltenen Fällen kann es bei der Weisheitszahn-OP zu einer Verletzung von Nerven kommen, insbesondere des Unterkiefernervs. Das äußert sich durch ein Taubheitsgefühl an Lippe, Zunge oder Kinn. Meistens bildet sich die Sensibilitätsstörung nach einigen Tagen oder Wochen zurück.
• Infektionen und gestörte Wundheilung: Nach der Entfernung eines Weisheitszahns kann es zu einer Entzündung der Wunde kommen. Besonders häufig tritt die sogenannte Alveolitis sicca auf, bei der sich das schützende Blutgerinnsel auflöst oder gar nicht erst bildet. Typische Anzeichen sind intensive Schmerzen, ein unangenehmer Geruch oder Geschmack im Mund und ein verzögerter Heilungsverlauf.
• Kieferklemme und eingeschränkte Mundöffnung: Nach dem Eingriff kann es vorkommen, dass Sie den Mund nur noch eingeschränkt öffnen können. Diese sogenannte Kieferklemme entsteht meist durch eine Reizung der Kaumuskulatur oder des Kiefergelenks. Das kann unangenehm sein, ist aber in der Regel harmlos.
• Schwellung: Eine deutliche Schwellung im Wangenbereich ist nach dem Eingriff normal. Sie erreicht meist nach 48 bis 72 Stunden ihren Höhepunkt und klingt dann langsam ab.

Weitere mögliche Ursachen für Taubheitsgefühle im Mundraum

Neben den direkten Folgen einer Weisheitszahn-OP gibt es auch andere mögliche Ursachen für ein Taubheitsgefühl im Mundraum:

• Reizung durch Lebensmittel: Manche Lebensmittel, wie Ananas, Kiwi oder Zitrusfrüchte, können die Mundschleimhaut reizen und ein Kribbeln oder Brennen verursachen.
• Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin B9 (Folsäure) oder Vitamin B12 kann ebenfalls zu einem Brennen oder Taubheitsgefühl auf der Zunge führen.
• Schlaganfall: Ein Schlaganfall kann durch eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn zu einer Lähmung der Muskeln im Gesicht und einer tauben Zunge führen.
• Multiple Sklerose: Auch im Rahmen einer Multiplen Sklerose kann es zu Schädigungen bestimmter Bereiche des Gehirns kommen, die eine (vorübergehende) Taubheit der Zunge zur Folge haben können.
• Nacken-Zungen-Syndrom: Eine rasche Drehbewegung des Kopfes kann einen starken, einseitigen Schmerz im Nacken und eine Empfindungsstörung auf der zugehörigen Seite der Zunge verursachen.
• Burning-Mouth-Syndrom: Dieses Syndrom zeigt sich durch Empfindungsstörungen in der Mundhöhle, darunter Brennen, Kribbeln, stechende Schmerzen oder ein Taubheitsgefühl.
• Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD): Eine Funktionsstörung des Kausystems kann ebenfalls zu einem Taubheitsgefühl der Zunge führen.
• Corona-Zunge: Im Zusammenhang mit einer Coronavirus-Infektion können Veränderungen der Zunge auftreten, die sich durch Schwellungen, Rötungen oder einen Belag bemerkbar machen.
• Verbrennungen: Ein beherzter Schluck aus der heißen Teetasse oder ein Biss in die heiße Pizza kann die Zunge verbrennen und die Zungenspitze taub machen.

Was tun bei Taubheitsgefühl der Zunge?

Da für eine taube Zunge viele verschiedene Ursachen infrage kommen, sollte zunächst der Grund für die Sensibilitätsstörung gesucht werden. Die Behandlung richtet sich nach der jeweiligen Ursache.

• Abwarten und Beobachten: In vielen Fällen, insbesondere wenn das Taubheitsgefühl auf die Lokalanästhesie oder eine leichte Reizung zurückzuführen ist, kann man abwarten und beobachten, ob sich die Beschwerden von selbst bessern.
• Kühlen: Bei Schwellungen kann Kühlen helfen, die Beschwerden zu lindern.
• Schmerzmittel: Bei Schmerzen können Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol eingenommen werden.
• Mundspülungen: Entzündungshemmende Mundspülungen können helfen, die Wundheilung zu fördern und Entzündungen vorzubeugen.
• Ärztliche Beratung: Wenn das Taubheitsgefühl länger anhält, sich verschlimmert oder von anderen Symptomen begleitet wird, sollte ein Arzt oder Zahnarzt aufgesucht werden.

Vorbeugende Maßnahmen

Um das Risiko von Komplikationen nach einer Weisheitszahn-OP zu minimieren, können folgende Maßnahmen ergriffen werden:

• Sorgfältige Aufklärung: Der Patient sollte vor der Operation umfassend über mögliche Risiken und Komplikationen aufgeklärt werden.
• Schonende Operationstechnik: Der Zahnarzt sollte eine schonende Operationstechnik anwenden, um Nervenverletzungen zu vermeiden. Durch den Einsatz von Laser und der Piezochirurgie kann der Oralchirurg den Eingriff für den Patienten deutlich schonender und angenehmer gestalten als mit den klassischen Skalpellen, Bohrern und chirurgischen Fräsen. Die Piezochirurgie im Rahmen der Weisheitszahn-Extraktion hat viele Vorteile für die Patienten. Diese moderne Operationstechnik arbeitet mit Ultraschall und wird häufig zum Schneiden oder Abtragen von Knochen eingesetzt. Der piezochirurgische Eingriff wirkt ausschließlich auf den Knochen ein, ohne dabei das umgebende Weichgewebe zu verletzen.
• Gute Mundhygiene: Nach der Operation sollte auf eine gute Mundhygiene geachtet werden, um Infektionen vorzubeugen.
• Vermeidung von Risikofaktoren: Rauchen und Alkoholkonsum sollten vermieden werden, da sie die Wundheilung beeinträchtigen können.
• Regelmäßige Kontrollen: Nach der Operation sollten regelmäßige Kontrollen beim Zahnarzt durchgeführt werden, um den Heilungsverlauf zu überwachen und Komplikationen frühzeitig zu erkennen.

Die Rolle der Aufklärungspflicht

Wie der Fall vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zeigt, ist die Aufklärung des Patienten über mögliche Risiken und Komplikationen von entscheidender Bedeutung. Allein auf die „Wahrscheinlichkeit“ oder gar Prozentzahlen darf hier nicht abgestellt werden. Wie dieser Fall zeigt, ist es stets eine Einzelfallentscheidung, bei der die konkreten Umstände - wie auch die individuelle Beeinträchtigung des Patienten, hier als Lehrerin - eine ausschlaggebende Rolle spielen. Spätestens wenn ein Weisheitszahn schmerzt, ist es Zeit, Ihren Zahnarzt aufzusuchen, damit die zugrundeliegenden Erkrankungen behandelt werden können.

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