Therapie von Zoster Neuralgie: Leitlinien und Behandlungsansätze

Beim Herpes Zoster, verursacht durch eine Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV), kommt es zu meist stark schmerzenden Hautläsionen, die sich oftmals zunächst in der Gürtelregion ausbilden. Das VZV kann zwei klinische Krankheitsbilder ausbilden: Windpocken als Primärinfektion und Gürtelrose (Herpes Zoster) als Sekundärmanifestation infolge einer Reaktivierung der in Nervenzellen persistierenden Viren. Die Inzidenz des Zoster ist vor allem bei älteren und immungeschwächten Personen hoch und zudem steigend. Die Erkrankung kann spontan ausheilen, aber auch einen schweren, potenziell lebensbedrohlichen Verlauf nehmen. Komplikationen wie eine Post-Zoster-Neuralgie (PZN) können auftreten, die mit starken Schmerzen und einem erheblichen Lebensqualitätsverlust einhergeht.

Ziel der Behandlung ist es, das Komplikationsrisiko zu minimieren und eine schnelle Linderung der Akutsymptomatik zu erreichen. Die antivirale Therapie spielt hierbei eine zentrale Rolle und sollte möglichst innerhalb von 72 Stunden nach Auftreten der Hautsymptome oder innerhalb von 48 Stunden nach Manifestation der charakteristischen Hautbläschen eingeleitet werden. Es stehen verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung, die sich in ihrer antiviralen Potenz und auch in ihrem Einnahmemodus unterscheiden.

Epidemiologie und Risikofaktoren

Das Varizella-Zoster-Virus (VZV) manifestiert sich in zwei unterschiedlichen klinischen Krankheitsbildern: Varizellen (Windpocken) bei exogener Erstinfektion, die zumeist im Kindesalter stattfindet, und Herpes Zoster (Gürtelrose) bei endogener Reaktivierung. Herpes Zoster tritt gehäuft bei älteren Menschen jenseits des fünften Lebensjahrzehnts auf, wobei sich die Erkrankung keineswegs nur im Gürtelbereich des Körpers manifestiert. Es kann vielmehr zu schweren Verläufen mit Beteiligung der Augen und Ohren und auch der inneren Organe kommen.

Die Latenz der VZV-Infektion wird durch eine effektive Immunabwehr sichergestellt. Wenn eine ausreichende Kontrolle infolge eines geschwächten Immunsystems nicht mehr gewährleistet werden kann (z. B. im Rahmen von natürlichen Alterungsprozessen oder HIV-Infektion), kann es zu einer Reaktivierung der Virusreplikation kommen. Herpes Zoster tritt vor allem bei älteren und/oder immungeschwächten Menschen auf. Das Krankheitsrisiko nimmt allgemein mit dem Lebensalter zu. Die Lebenszeitprävalenz beträgt 25 bis 50 %. Infolge der steigenden Lebenserwartung und der damit verbundenen wachsenden Anzahl älterer Menschen in Deutschland ist von einem Anstieg der Herpes Zoster Inzidenz und assoziierter Komplikationen wie der Post-Zoster-Neuralgie (PZN) auszugehen. Diese Entwicklung verstärkt sich weiterhin durch die ebenfalls steigende Zahl immunsupprimierter und organtransplantierter Patienten wie etwa Tumor- und AIDS-Patienten.

Die VZV-Seroprävalenz bei Erwachsenen erreicht in den meisten europäischen Ländern >90-100 %. Etwa 20 bis 30 % entwickeln im Laufe ihres Lebens einen Herpes Zoster. Schätzungen zufolge liegt die Jahresinzidenz der in Deutschland an Zoster Erkrankten bei ca. 400.000. Frauen erkranken signifikant häufiger als Männer.

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Übertragung

Die Übertragung des VZV erfolgt üblicherweise aerogen durch virushaltige Tröpfchen, die beim Husten in die Umgebungsluft gelangen und über die Atemwege aufgenommen werden. Bei den Windpocken ist die Infektiosität sehr hoch. Es kann innerhalb eines Radius von mehreren Metern zur Ansteckung kommen. Hingegen ist beim Herpes Zoster die Infektiosität eher gering, da die Übertragung lediglich über das Sekret aus den Hautbläschen erfolgt. Das Ansteckungsrisiko kann somit durch das Abdecken der Hautläsionen reduziert werden. Es besteht prinzipiell jedoch bis zur vollständigen Verkrustung aller Effloreszenzen fort. Infektiös ist Herpes Zoster zudem nur für Menschen, die nicht zuvor an Windpocken erkrankt waren. Im Fall einer Infektion mit dem VZV entwickeln sich im Kindesalter wie auch bei Erwachsenen zunächst Windpocken und ein Herpes Zoster lediglich als Sekundärmanifestation. Eine diaplazentare Übertragung von VZV bei Varizellenerkrankung der Schwangeren ist möglich und kann zu einem fetalen Varizellensyndrom führen.

Symptome und Komplikationen

Herpes-Zoster-Symptome können sehr unterschiedlich sein. So kann die Erkrankung mild verlaufen und lediglich Juckreiz verursachen. Andererseits geht die Gürtelrose oftmals mit erheblichen Belastungen einher, und es kann schon bei leichter Berührung zu beträchtlichen Schmerzen kommen. Die Erkrankung zeigt sich anfangs meist mit unspezifischen Symptomen wie Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Paräthesien, häufig gefolgt von einer Phase mit einem juckenden Exanthem und Fieber.

Es treten beim Herpes Zoster außerdem charakteristische, bläschenförmige Hautläsionen auf. Deren Lokalisierung hängt vom Versorgungsgebiet der betroffenen Nerven ab. Die Hautbläschen entwickeln sich vielfach zunächst im Rumpfbereich und können von dort auf andere Körperpartien einschließlich der behaarten Kopfhaut und der Schleimhäute übergehen. In der Regel ist nur ein Dermatom betroffen (Zoster segmentalis); allerdings sind auch Überlappungen im Dermatombefall möglich. Das Überschreiten der Mittellinie des Körpers ist jedoch eine Rarität (Zoster duplex). Ganz selten sind zudem mehrere Hautsegmente asymmetrisch auf beiden Körperseiten befallen.

Schmerzen, Sensibilitätsstörung und Juckreiz treten oftmals mehrere Tage vor den Hauterscheinungen auf. Die Schmerzsymptomatik in der Prodromalphase führt häufig zu einem breiten Spektrum von Fehldiagnosen, die lokalisationsabhängig als Herzinfarkt, Cholecystitis, Zahnschmerzen etc. fehlinterpretiert werden können. Die Schmerzqualität wird häufig als brennend, stechend und pulsierend beschrieben. Eine lokale Lymphadenopathie ist möglich. Bei Vorbehandlung mit Antikoagulanzien oder Kortikosteroiden kann es mitunter auch zu Hautblutungen kommen.

Bei Patienten mit eingeschränkter Immunkompetenz kann es zu schweren Krankheitsverläufen kommen. Dabei ist die Entwicklung eines disseminierten Herpes Zoster mit Befall multipler Körperregionen und sogar hämatogener Generalisierung möglich. Bei etwa 20 Prozent der Patienten mit einem Herpes Zoster ist die Entwicklung von Komplikationen zu beobachten. Diese können die Haut, das Nervensystem, die Augen und auch innere Organe betreffen. Es kann unter anderem zu einer bakteriellen Superinfektion kommen, zu einer Varizellenpneumonie und auch zur ZNS-Manifestation der Erkrankung mit meningealer Reizung und akuter zerebellärer Ataxie. Möglich ist ferner die Entwicklung eines Guillain-Barré- sowie eines Reye-Syndroms (Enzephalo- und Hepatopathie).

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Post-Zoster-Neuralgie (PZN)

Bei den potenziellen Komplikationen des Herpes Zoster ist vor allem die Ausbildung einer Post-Zoster-Neuralgie (PZN; postherpetische Neuralgie) gefürchtet. Sie ist die häufigste Komplikation des Herpes Zoster und entwickelt sich bei etwa jedem zweiten über 60-Jährigen; bei den über 70-Jährigen steigt der Anteil der betroffenen Zoster-Patienten sogar auf 70 %. Definitionsgemäß wird von einer PZN gesprochen, wenn der Schmerz >3 Monate nach Abheilen der Hautläsionen persistiert. Risikofaktoren für das Entstehen einer solchen Komplikation sind somit ein höheres Lebensalter, dermatomaler Schmerz, das weibliche Geschlecht, die Entwicklung von mehr als 50 Effloreszenzen, hämorrhagische Effloreszenzen sowie eine kraniale oder sakrale Lokalisation der Erkrankung.

Die PZN wird von den Betroffenen typischerweise als ein sehr schwerer brennender Schmerz beschrieben. Sie kann lange Zeit, eventuell sogar lebenslang, anhalten und stellt eine gravierende Belastung und Einschränkung der Lebensqualität für die Betroffenen dar. Medikamentöse Therapie der Wahl bei der Behandlung der PZN sind Antikonvulsiva wie Gabapentin oder Pregabalin oder trizyklische Antidepressiva. Schwache Opioide und topische Therapieoptionen wie Lidocain- oder Capsaicin-Pflaster stehen als Mittel der zweiten Wahl ebenfalls zur Verfügung.

Definition: Persistierende oder neu auftretende Schmerzen mehr als 3 Monate nach einem Zoster.

Häufigkeit: Die Erkrankung tritt bei etwa 12-15 % aller Patient*innen mit Zoster auf.

Symptome: Neuropathische Schmerzen im betroffenen Nervenversorgungsgebiet. Häufig brennender oder einschießender Schmerz.

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Befunde: Evtl. Allodynie (Schmerzauslösung durch geringfügige Reize), Schmerzbegrenzung auf das betroffene Nervenversorgungsgebiet.

Diagnose

Die Diagnose des Herpes Zoster erfolgt üblicherweise klinisch anhand der Symptomatik und dabei primär durch eine Inspektion der Haut einschließlich der Beachtung der Lokalisation der Effloreszenzen. Die rein klinische Diagnose weist abhängig von Ausprägung und Lokalisation eine Spezifität von etwa 60 bis 90 % auf. Bei einem typischen klinischen Bild eines Herpes Zoster kann in der Regel auf eine Laborbestätigung verzichtet werden.

Allerdings sind auch atypische Manifestationen möglich (zum Beispiel bei Personen mit Immundefizienz), sodass im Einzelfall eine spezifische Labordiagnostik angezeigt ist. Diese sollte auch bei ZNS-Beteiligung, bei Pneumonie, bei Infektionen während der Schwangerschaft sowie bei Neugeborenen erfolgen. Differenzialdiagnostisch müssen Herpes-simplex-Virusinfektionen (HSV1 vor allem im Kopf-/Halsbereich, HSV2 insbesondere im Lumbosakralbereich) sowie zosteriforme dermatologische Erkrankungen in Erwägung gezogen werden.

Der molekulare Nachweis von VZV-DNA aus Abstrichen gilt heute als Goldstandard für die Labordiagnostik der VZV-Infektion. Moderne Realtime-PCR-Methoden weisen bei korrekter Durchführung eine nahezu 100%ige Sensitivität und Spezifität auf. Für den PCR-Nachweis sind keine flüssigkeitsgefüllten Bläschen notwendig. Virus-DNA kann in aller Regel auch im makulopapulösen oder Abheilungsstadium zuverlässig detektiert werden. Bei Verdacht auf ZNS-Befall muss die VZV-PCR aus Liquor erfolgen. Bei Verdacht auf Zoster ophthalmicus kann VZV-DNA im Kammerwasser oder z. T. auch aus einem Augenabstrich nachgewiesen werden. Bei Verdacht auf systemische Dissemination wird Serum oder Plasma für die VZV-PCR gewonnen (in diesen Fällen wird eine quantitative PCR empfohlen).

Der direkte Antigennachweis ist deutlich weniger sensitiv und spezifisch als die PCR. Der serologische Antikörpernachweis ist für die Akutdiagnostik der Zoster-Effloreszenzen nicht geeignet. Die Antikörperdiagnostik kann sich allerdings bei Seronegativität als differenzialdiagnostisch nützlich erweisen, um zosterartige neurologische Symptome von Herpes Zoster abzugrenzen. Die Viruskultur hat aufgrund ihrer niedrigen Sensitivität und des höheren technischen Aufwandes nur noch bei besonderen Fragestellungen (z. B. Testung der Medikamentensensitivität) einen Stellenwert. Bei atypischer kutaner Manifestation (z. B. verruköse oder lichenoide Läsionen) kann eine Hautbiopsie mit Histologie hilfreich sein. Bei jüngeren Patienten gilt Herpes Zoster als Indikator einer HIV-Infektion.

Therapie

Die Therapie eines Herpes Zoster sollte generell so früh wie möglich eingeleitet werden. Ziel der antiviralen Behandlung des Zoster bei immunkompetenten Patienten ist die Verkürzung der akuten Krankheitsphase, gemessen an der Fiebersenkung, der Linderung des akuten Zoster-Schmerzes, am Stopp der Bläscheneruption, an der beschleunigten Abheilung der Hautläsionen und der Verhinderung der Narbenbildung. Ein weiteres wesentliches Behandlungsziel ist die Verhinderung respektive die Verkürzung der Dauer der postzosterischen Neuralgie. Darüber hinaus soll möglichen Komplikationen wie zum Beispiel der kutanen und viszeralen Disseminierung bei Immunsupprimierten, der Augenbeteiligung, dem Befall des ZNS oder kranialer Nerven bei Patienten mit Zoster im Kopfbereich vorgebeugt werden.

Zur symptomatischen, lokalen Behandlung werden vor allem austrocknende, juckreizlindernde und antiseptisch wirksame topische Wirkstoffe und eventuell feuchte Umschläge (im Bläschenstadium) eingesetzt. Insbesondere bei ausgedehntem Befall und Risikopatienten für Komplikationen ist eine früh einsetzende systemische antivirale Therapie indiziert mit dem Ziel, die weitere Virusreplikation bereits frühestmöglich zu unterbinden. Eine frühe analgetische Therapie kann einer Chronifizierung vorbeugen. Sie erfolgt entsprechend der Schmerzintensität nach WHO-Stufenschema mit nicht steroidalen Antiphlogistika oder mit Opioiden. Co-Analgetika wie Antidepressiva und Antikonvulsiva können ergänzend gegeben werden. Bei Zoster ophthalmicus wird eine augenärztliche Mitbetreuung empfohlen; bei Zoster oticus muss eine Mitbehandlung durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt und Neurologen erfolgen.

Ein spontanes Abheilen des Herpes Zoster ist prinzipiell möglich. Es gibt jedoch dringende Indikationen für eine systemische antivirale Behandlung. Hierzu gehören eine Erkrankung im höheren Lebensalter (über 50 Jahre), eine Manifestation im Kopf-Hals-Bereich einschließlich eines Herpes Zoster ophthalmicus (Befall des Auges) sowie eines Herpes Zoster oticus (Ohrbefall), ein ausgeprägter Zoster am Stamm oder an den Extremitäten, ein erhöhtes Risiko für einen schwerwiegenden Krankheitsverlauf (beispielsweise bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem), bei Tumorpatienten oder bei Patienten mit schwerer vorbestehender Hauterkrankung (z. B. schwere atopische Dermatitis).

Idealerweise erfolgt die Einnahme der antiviralen Medikation innerhalb von 72 Stunden nach Auftreten der Hautsymptome oder innerhalb von 48 Stunden nach Manifestation der charakteristischen Hautbläschen. Der Wirkspiegel des antiviralen Medikaments muss rasch erreicht und aufrechterhalten werden, um einen optimalen Therapieerfolg zu gewährleisten.

Antivirale Wirkstoffe

In Deutschland sind vier verschiedene systemische antivirale Wirkstoffe zugelassen:

  • Aciclovir (oral oder parenteral)
  • Valaciclovir (oral)
  • Famciclovir (oral)
  • Brivudin (oral)

Lange Zeit stellte Aciclovir die Standardtherapie dar. Unter Aciclovir werden die Abheilung der Hautläsionen beschleunigt und die Schmerzen reduziert. Aciclovir kann außerdem auch dreimal täglich intravenös verabreicht werden. Eine Indikation zur parenteralen Gabe besteht bei immungeschwächten Patienten und bei Manifestation einer Komplikation wie etwa einer Varizellenpneumonie oder einem Zoster ophthalmicus. Inzwischen deuten Ergebnisse aus kontrollierten Studien auf eine Überlegenheit von Valaciclovir gegenüber Aciclovir im Hinblick auf Linderung der mit Zoster assoziierten Schmerzen hin. Alternativ zu Aciclovir kann mit Brivudin behandelt werden, einem hochpotenten Nukleosidanalogon, das ebenfalls die VZV-Replikation hemmt. Aufgrund der höheren antiviralen Potenz gegenüber oralem Aciclovir setzt die Hemmung der Virusreplikation unter Brivudin deutlich schneller ein. Die Behandlung mit Brivudin führt im Vergleich zu Aciclovir zu einer signifikant geringeren PZN-Inzidenz. Die Halbwertszeit von Brivudin beträgt 16 Stunden, gegenüber 2,9 Stunden von Aciclovir. Patienten nehmen Brivudin sieben Tage lang einmal täglich ein. Die einmalige tägliche Einnahme kann ein Vorteil sein, da hierdurch die Therapieadhärenz gefördert wird. Anders als bei Aciclovir sowie anderen Virustatika zur Therapie des Herpes Zoster muss die Brivudin-Dosierung auch bei eingeschränkter Kreatinin-Clearance nicht angepasst werden.

Schmerztherapie bei Post-Zoster-Neuralgie

Therapie: Für die medikamentöse Erstlinientherapie werden Antidepressiva oder Antikonvulsiva (Pregabalin oder Gabapentin) empfohlen. Ggf. kann auch eine topische Behandlung mit Lidocain- oder hochdosierten Capsaicin-Pflastern an erster Stelle stehen. Manche Betroffene profitieren von transkutaner elektrischer Nervenstimulation (TENS). Besonders bei chronischen Verläufen ist eine multimodale Therapie mit psychoedukativen und -therapeutischen Elementen angezeigt. Bei sehr schweren therapieresistenten Verläufen evtl.

Topische Strategien

Topische Strategien, insbesondere bei älteren Menschen mit vielfältigen Vorerkrankungen, können eine wichtige Rolle spielen. Ein Beispiel ist die Anwendung von Lidocain-Salbe 5 %, die eine unmittelbare analgetische Wirkung zeigen kann. Bei positivem Ansprechen kann ein Capsaicin-Pflaster (Qutenza® 8 %) in Betracht gezogen werden.

Capsaicin ist ein natürlicher Wirkstoff, der in Pflanzen der Gattung Capsicum vorkommt (Chili-, Pfeffer- und Paprika-Pflanzen). Je nach Konzentration und Dauer der Anwendung hat es eine brennend-wärmende, durchblutungsfördernde und gefäßerweiternde bis zu einer schmerzstillenden, antinozizeptiven und juckreizlindernden Wirkung. Hochkonzentriertes Capsaicin-Pflaster (8 %) kann bei peripheren neuropathischen Mono- und Polyneuropathien wie zum Beispiel Schmerzen nach einer Post-Zoster-Neuralgie sowie auch zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen im Rahmen einer diabetischen Polyneuropathie der Füße angewendet werden.

Eine Capsaicin-Applikation setzt eine intakte Haut ohne Effloreszenzen voraus. Vor der Anwendung des achtprozentigen Capsaicin-Pflasters wird zunächst das schmerzhafte Haut-Areal sorgfältig ausgetestet (PinPrick und dynamisch) und mit einem Hautmarker angezeichnet sowie eine Schablone auf Klarsichtfolie erstellt. Im nächsten Schritt wird flächendeckend eine Lidocain-Salbe (5 %) für ca. 60 Minuten als Okklusivverband aufgetragen, wodurch zusammen mit einer optionalen oralen Analgetika-Gabe die unmittelbare nozizeptive Reaktion auf den scharfen Wirkstoff gelindert wird.

Im nächsten Schritt wird das nach Schablone exakt zugeschnittene Pflaster aufgeklebt und fixiert. Je nach Körperregion beträgt die Einwirkzeit 60 Minuten am Körperstamm und 30 Minuten an Händen und Füßen. Danach wird die behandelte Haut mit einem speziellen Reinigungsgel behandelt, um Rückstände des Wirkstoffs soweit wie möglich zu entfernen.

Während der Applikation von Capsaicin ist darauf zu achten, dass auch das therapeutische Personal keinen direkten Kontakt mit dem Wirkstoff hat, insbesondere ein Kontakt mit Augen und Schleimhäuten ist dringend zu vermeiden. Eine ausreichende Lüftung im Behandlungsraum ist vorteilhaft, da bei Verwirbelung und Einatmung von Capsaicin eine Reizung der Atemwege bis hin zu Asthma-Anfällen ausgelöst werden kann. Die Nebenwirkungen Rötung, Juckreiz und brennender Schmerz an den behandelten Stellen klingen häufig innerhalb von ca. 24 Stunden ab. Die Anwendung von Cold Packs und lokalanästhetisch wirkender Salbe kann die Beschwerden lindern, ebenso die Einnahme von Nicht-Opioid-Analgetika für ein bis zwei Tage. Häufiger lässt sich auch eine vorübergehende Kreislaufreaktion im Sinne einer Hypertonie finden, eine intermittierende Blutdruckmessung sollte deshalb durchgeführt werden. Allerdings ist eine antihypertensive Medikation nur selten indiziert.

Prävention

Impfung

Die beste Vorbeugung einer Varizellen-Infektion stellt die Impfung als aktive Immunisierung dar. Seit August 2004 ist die Varizellen-Schutzimpfung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Kinder und Jugendlichen empfohlen. Gemäß den aktuellen Empfehlungen der STIKO soll die 1. Dosis der Impfung im Alter von 11 Monaten erfolgen, und zwar entweder simultan mit der 1. MMR-Impfung oder frühestens 4 Wochen nach dieser. Die 2. Dosis Varizellenimpfstoff sollte im Alter von 15 Monaten gegeben werden, wobei auch ein MMR-Varizellen-(MMRV)-Kombinationsimpfstoff angewendet werden kann. Bei allen ungeimpften Kindern ohne Varizellen-Anamnese sollte die Varizellen-Impfung mit 2 Dosen möglichst bald nachgeholt werden und einmal geimpfte Kinder und Jugendliche sollen eine zweite Impfung bekommen, da eine Erkrankung bei älteren Kindern und Jugendlichen mit einer höheren Komplikationsrate einhergeht.

Seit Dezember 2018 empfiehlt die STIKO zum Schutz vor Herpes zoster, seinen Komplikationen und Spätfolgen allen Personen ab dem Alter von 60 Jahren die Impfung mit dem adjuvantierten Herpes-zoster-subunit-(HZ/su)Totimpfstoff als Standardimpfung (S). Aufgrund des erhöhten Risikos für immunsupprimierte Personen und Patienten mit anderen schweren Grundkrankheiten, an Herpes zoster und seinen Komplikationen wie der post-herpetischen Neuralgie (PHN) zu erkranken, empfiehlt die STIKO außerdem Personen ab einem Alter von 50 Jahren mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit die Impfung mit dem HZ/su-Totimpfstoff als Indikationsimpfung (I).

Die Impfung mit dem Hz/su-Totimpfstoff stellt keinen Ersatz für eine indizierte Windpockenimpfung dar. Aktuell kann man davon ausgehen, dass fast jeder in Deutschland aufgewachsene Erwachsene im Alter ≥ 50 Jahren in seinem Leben an Windpocken erkrankt war. Es ist daher gegenwärtig in der Regel nicht notwendig, vor der Impfung mit dem HZ/su-Impfstoff eine vorangegangene Windpocken-Erkrankung anamnestisch oder serologisch zu sichern. Eine Ausnahme bilden PatientInnen vor geplanter immunsuppressiver Therapie oder Organtransplantation, für die im Falle von Seronegativität die Varizellenimpfung empfohlen ist. Der attenuierte Herpes-zoster-Lebendimpfstoff ist in Deutschland nicht mehr verfügbar.

Hygienemaßnahmen

Im häuslichen Umfeld sind in der Regel keine speziellen Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen notwendig. Unter stationären Bedingungen sollen Patienten mit Varizellen-Primärinfektion für die Dauer der Ansteckungsfähigkeit in einem Einzelzimmer mit Vorraum isoliert werden. Bei Herpes zoster erfolgt die Übertragung über direkten oder indirekten Kontakt mit dem Bläscheninhalt. Bei strenger Einhaltung der Basishygiene und bei kooperativen Patienten kann durch eine vollständige Abdeckung der Läsionen die Übertragungswahrscheinlichkeit reduziert werden. Die Kommission für Infektionsprävention und Krankenhaushygiene (KRINKO) empfiehlt zur "Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten" auch für Patienten mit Herpes zoster eine Isolierung im Einzelzimmer bis zur vollständigen Verkrustung aller Läsionen.

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