Toxoplasmose ist eine weit verbreitete Infektionskrankheit, die durch den einzelligen Parasiten Toxoplasma gondii verursacht wird. Dieser Parasit befällt weltweit Vögel und Säugetiere, einschließlich des Menschen, wobei Katzen die Endwirte darstellen. Die Forschungskooperation von OVGU und LIN hat neue Erkenntnisse darüber gebracht, wie der Parasit den Stoffwechsel im Gehirn seiner Wirte beeinflusst und die molekulare Zusammensetzung von Synapsen verändert.
Verbreitung und Symptomatik
Etwa 30 bis 50 Prozent aller Menschen haben sich im Laufe ihres Lebens bereits mit Toxoplasmen infiziert, wobei bei den über 50-Jährigen sogar von 50 Prozent ausgegangen wird. In Mitteleuropa haben sich etwa 70 Prozent der Menschen bereits einmal im Leben mit Toxoplasmose infiziert, oft unbemerkt. Bei immunkompetenten Erwachsenen verläuft eine Infektion in der Regel harmlos oder mit leichten, unspezifischen Symptomen wie erhöhter Temperatur, leichtem Fieber, Müdigkeit sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Nach einer Infektion entwickelt das Immunsystem Antikörper, die lebenslang vor einer erneuten Ansteckung schützen.
Eine solche Infektion kann jedoch für Schwangere oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem gefährlich werden. Es gibt derzeit keine Therapie, um den Parasiten vollständig zu eliminieren, sobald er das Gehirn befallen hat.
Wie Toxoplasma Gondii das Gehirn beeinflusst
Toxoplasma gondii wird vom Menschen über die Verdauung aufgenommen, gelangt in den Blutkreislauf und wandert auch ins Gehirn, um sich dort lebenslang in Nervenzellen einzunisten. Magdeburger Wissenschaftler fanden heraus, dass infizierte Mäuse ihre natürliche Furcht vor Katzen verlieren und sogar eine Präferenz für Katzen entwickeln können. Um diese Verhaltensänderungen zu erklären, untersuchten sie Veränderungen in den Mäusegehirnen, insbesondere die molekulare Zusammensetzung von Synapsen.
Die Forscher konnten nachweisen, dass sich bei insgesamt 300 synaptischen Proteinen die Mengen im Gehirn nach einer Toxoplasmose-Infektion verändert hatten. Besonders stark reduziert waren vor allem Proteine an Glutamat-freisetzenden erregenden Synapsen. Andererseits wurden erhöhte Mengen an Proteinen gefunden, die an Immunantworten beteiligt sind.
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Neurologische Symptome und Erkrankungen
Bei Katzen kann Toxoplasmose chronisch verlaufen und neurologische Symptome auslösen. Auch bei Hunden können Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark auftreten, mit oder ohne Myositis.
Es gibt Hinweise darauf, dass Toxoplasma gondii ein Risikofaktor für neuropsychische Erkrankungen sein könnte. Fehlfunktionen glutamaterger Synapsen werden mit den Ursachen von Depressionen, Schizophrenie und Autismus in Verbindung gebracht. Auch Komponenten der Immunantwort zeigen Bezüge zu diesen Erkrankungen. Eine Infektion mit dem Parasiten könnte möglicherweise die Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen fördern, möglicherweise durch ein glutaminerges Übergewicht im ZNS.
Studien haben Zusammenhänge zwischen einer Seropositivität für T. gondii und einer erhöhten Suizidalität sowie dem Auftreten von Depressionen, Angststörungen oder Schizophrenie beobachtet. Eine Meta-Analyse ergab, dass seropositive Personen bei Tests der Verarbeitungsgeschwindigkeit, des Arbeitsgedächtnisses, des verbalen Kurzzeitgedächtnisses und der exekutiven Funktionen signifikant schlechter abschnitten als seronegative Personen.
Diagnose
Die Diagnose einer Toxoplasmose kann komplex sein, da es keinen einfachen Test gibt, der eine aktive Infektion sicher nachweisen kann. Verschiedene Untersuchungen werden kombiniert, um andere Erkrankungen auszuschließen und eine möglichst sichere Diagnose zu stellen.
- Allgemeine und neurologische Untersuchung: Diese dienen dazu, festzustellen, ob sich die Infektion mehr in der Muskulatur oder im zentralen Nervensystem abspielt.
- Blutuntersuchungen: Antikörpertiter im Blut zeigen lediglich, ob irgendwann ein Kontakt mit Toxoplasma oder Neospora stattgefunden hat, aber nicht unbedingt, dass jetzt eine aktive Infektion vorliegt.
- Elektrodiagnostik: Muskulatur und Nerven können weiter mit Elektrodiagnostik untersucht werden.
- Muskelbiopsie: Eine sichere Diagnose kann gestellt werden, wenn in der Muskelbiopsie die Protozoen unter dem Mikroskop zu sehen sind. Da die Protozoen aber nicht in jeder Muskelfaser sitzen, kann trotz negativem Ergebnis eine Infektion vorliegen.
- Bildgebende Verfahren: Eine Enzephalomyelitis wird mit bildgebenden Verfahren wie MRT oder CT und Liquorpunktion näher abgeklärt. Entzündete Bereiche reichern meist Kontrastmittel an.
- Liquoruntersuchung: In der Gehirnflüssigkeit sind vermehrt Entzündungszellen vorhanden. Die Kombination von Antikörper-Titern im Blut und in der Gehirnflüssigkeit gibt mehr Informationen als nur die Bestimmung im Blut.
- PCR (Polymerase-Ketten-Reaktion): Eine neue Methode für einen Infektionsnachweis ist die PCR. Auch hier schließt ein negatives Ergebnis eine Infektion nicht aus.
Bildgebung des Gehirns bei Toxoplasmose
Bei immungeschwächten Patienten, insbesondere bei HIV-Infizierten, ist die zerebrale Toxoplasmose eine wichtige Differentialdiagnose bei neurologischen Symptomen. Die Bildgebung spielt eine entscheidende Rolle bei der Diagnose und Überwachung der Erkrankung.
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Computertomographie (CT)
In der CT können Toxoplasmose-Herde als iso- oder hypodense Regionen dargestellt werden, die ein ringförmiges oder seltener noduläres Enhancement aufweisen. Oft ist ein begleitendes vasogenes Ödem vorhanden. Die Läsionen finden sich bevorzugt in den Basalganglien, im Thalamus und an der Mark-Rindengrenze der Großhirnhemisphären, vor allem im Lobus frontalis und parietalis. Sie können aber auch in der hinteren Schädelgrube lokalisiert sein. In etwa zwei Drittel der Fälle treten multiple Läsionen auf, während eine singuläre Läsion in etwa einem Drittel der Fälle vorkommt.
Magnetresonanztomographie (MRT)
Die MRT ist sensitiver als die CT und macht fast immer mehr Herde sichtbar. In der MRT zeigen sich die Läsionen typischerweise hypointens in T1-gewichteten Aufnahmen und hyperintens in T2-gewichteten Aufnahmen. Nach Kontrastmittelgabe kommt es zu einem ringförmigen Enhancement. Die MRT kann auch helfen, Differentialdiagnosen wie bakterielle Abszesse oder zerebrale Lymphome abzugrenzen.
Differenzierung von Toxoplasmose und Lymphom
Die radiologische Abgrenzung von einem bakteriellen Abszess oder einem zerebralen Lymphom ist nicht immer einfach. Es gibt jedoch einige Merkmale, die bei der Differenzierung helfen können:
- Anzahl der Läsionen: Multiple Läsionen sprechen eher für eine Toxoplasmose, während solitäre Läsionen eher für ein Lymphom sprechen.
- Lokalisation: Toxoplasmose-Herde finden sich häufiger in den Basalganglien und im Thalamus, während Lymphome eher im periventrikulären Bereich lokalisiert sind.
- Kontrastmittel-Enhancement: Das Enhancement bei Toxoplasmose ist typischerweise ringförmig, während es bei Lymphomen eher homogen ist.
- Perfusion: Lymphome zeigen in der Regel eine höhere Perfusion als Toxoplasmose-Herde.
- Diffusionsgewichtete Bildgebung (DWI): Gemessene ADC-Werte sind in Toxoplasmose-Herden höher als in Lymphomen, was auf eine erhöhte Diffusion von Wassermolekülen hindeutet.
Verlaufskontrolle unter Therapie
Die Bildgebung spielt auch eine wichtige Rolle bei der Verlaufskontrolle unter Therapie. Nach erfolgreicher Behandlung kommt es zu einer Regredienz der Läsionen und des perifokalen Ödems. In den behandelten Läsionen können Zeichen einer fokalen Atrophie oder Enzephalomalazie auftreten oder sie können verkalken.
Therapie
Zur Therapie von Toxoplasmose-Infektionen wird oft Sulfadiazin eingesetzt, das die Vermehrung der Toxoplasmen teilweise behindert. Das Psychiater und Neurowissenschaftler Dr. Björn Schott erläutert: „Wir wollten nun herausfinden, wie sich eine Sulfadiazin-Behandlung auf die infektionsbedingt auftretenden molekularen Veränderungen im Gehirn auswirkt.“ Das Ergebnis: Die Proteinzusammensetzung in den Mäusehirnen war nach der Behandlung vergleichbar mit der von nicht infizierten Artgenossen. „Alle untersuchten Proteine, die für die glutamaterge Signalübertragung zuständig sind, waren wieder im Normalbereich. Und auch die Entzündungsaktivität ging messbar zurück.“ Die Infektion führt scheinbar zu einer gesteigerten Immunantwort, die die an der Glutamat-vermittelten synaptischen Erregung beteiligten Proteine verringert, während Sulfadiazin die Toxoplasmen reduziert und dadurch die Immunantwort normalisiert und somit eine Erholung synaptischer Proteine bewirkt.
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Die Therapie der zerebralen Toxoplasmose ist nicht einfach und erfordert oft eine Kombination verschiedener Medikamente. Die gängigen Kombinationen wirken in der Regel recht gut, müssen jedoch bei etwa der Hälfte der Patienten wegen Nebenwirkungen umgestellt werden. In Kombination mit Pyrimethamin sind Sulfadiazin und Clindamycin wohl gleichwertig. Auch Cotrimoxazol kommt in Frage.
Die Akuttherapie dauert vier bis sechs Wochen. Der Erfolg kann in den ersten 14 Tagen klinisch beurteilt werden. Ein Patient, der sich klinisch nach zwei Wochen adäquater Therapie nicht wenigstens ein bisschen verbessert oder sogar verschlechtert hat, hat wahrscheinlich keine Toxoplasmose. Hier muss die Diagnostik reevaluiert und rasch eine Hirnbiopsie organisiert werden.
Primär- und Sekundärprophylaxe bei HIV-Patienten
Bei HIV-Patienten mit einer CD4-Zellzahl unter 100/µl ist eine Primärprophylaxe gegen Toxoplasmose indiziert. Mittel der Wahl ist Cotrimoxazol. Ohne Immunrekonstitution ist eine lebenslange Erhaltungstherapie erforderlich, da andernfalls fast immer ein Rezidiv auftritt. Sekundärprophylaxen können bei ausreichender Immunrekonstitution (mindestens drei Monate mehr als 200 CD4-Zellen/µl) abgesetzt werden.
Prävention
Die Vorbeugung von Toxoplasmose umfasst verschiedene Maßnahmen, insbesondere im Umgang mit Lebensmitteln und Katzen:
- Lebensmittel: Rohes und unzureichend erhitztes Fleisch sollte vermieden werden. Obst und Gemüse vor dem Verzehr gründlich waschen.
- Gartenarbeit: Handschuhe tragen; schwangere Frauen sollten zusätzlich einen Mundschutz benutzen. Kindersandspielkästen bei Nichtbenutzung und nachts abdecken.
- Katzen: Tägliche Reinigung der Katzentoilette. Schwangere sollten bei der Reinigung der Katzentoilette Handschuhe tragen.
Toxoplasmose in der Schwangerschaft
Eine Erstinfektion mit Toxoplasmose in der Schwangerschaft kann gefährlich werden, insbesondere wenn die Schwangere noch nie zuvor Kontakt mit dem Erreger hatte. In diesem Fall können die Parasiten von der Mutter auf das Ungeborene übertragen werden und schwere Schäden beim Baby verursachen.
Deshalb gelten während der Schwangerschaft besondere Vorsichtsmaßnahmen, um die Erstinfektion mit Toxoplasmose zu vermeiden. Frauen mit Kinderwunsch sollten sich beim Gynäkologen testen lassen und überprüfen, ob Sie bereits Antikörper gegen Toxoplasma gondii entwickelt haben.
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