Trimipramin: Wirkmechanismen im Gehirn, Anwendung und Besonderheiten

Trimipramin ist ein trizyklisches Antidepressivum, das seit 1966 in Deutschland erhältlich ist. Es wird zur Behandlung von Depressionen mit Unruhezuständen und Schlafstörungen eingesetzt. Der Wirkstoff ist in Form von Tropfen oder Tabletten erhältlich und verschreibungspflichtig.

Chemische Struktur und Verwandtschaft

Chemisch gesehen ist Trimipramin ein Dibenzazepin und ähnelt in seinem Ringsystem Imipramin. Die Seitenkette ist identisch mit der von Levomepromazin.

Wirkmechanismus von Trimipramin

Trimipramin wirkt auf verschiedene Neurorezeptoren im Gehirn, nämlich auf Serotonin-, Dopamin-, Acetylcholin- und Histaminrezeptoren. Diese Neurotransmitter haben Einfluss auf Glücksempfinden, Motorik, Antrieb und Motivation.

Neuere Untersuchungen zeigen, dass Trimipramin und seine Metaboliten die Noradrenalin- und Serotonin-Transporter nur minimal hemmen. Es findet keine Down-Regulation der postsynaptischen adrenergen Beta-Rezeptoren statt. Im Gegensatz zu anderen Antidepressiva unterdrückt Trimipramin nicht den REM-Schlaf, sondern soll ihn sogar fördern.

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg haben einen zweiten Wirkmechanismus von Antidepressiva entdeckt: Sie blockieren den Kalziumtransport in Nervenzellen des Gehirns. Dadurch können die Zellen leichter neue Verknüpfungen bilden, was für die Anpassung an neue Reize und Stress wichtig ist.

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Pharmakokinetik

Trimipramin wird hauptsächlich in der Leber durch das Cytochrom P450-2D6-System metabolisiert (First-Pass-Effekt). Der Hauptmetabolit ist Desmethyl-Trimipramin. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 24 Stunden.

Indikationen und Anwendungsgebiete

Hauptindikationen

  • Episoden einer Major Depression mit Schlafstörungen, Angst und innerer Unruhe

Off-Label-Anwendungen

  • Primäre Schlafstörungen
  • Chronische Schmerzzustände
  • Colon irritable
  • Monotherapie der Schizophrenie
  • Wahnhafte Depression
  • Therapierefraktäre Panikstörung
  • Zwangsstörung

Dosierung

Die Dosierung von Trimipramin ist abhängig von der Indikation und der individuellen Verträglichkeit.

  • Depression: Anfangsdosis 25-50 mg/Tag, Steigerung auf 100-150 mg/Tag üblich, bei schweren Depressionen bis zu 300-400 mg/Tag möglich.
  • Schlafstörungen: 25-50 mg abends.
  • Chronische Schmerzen: Anfangsdosis 50 mg, Zieldosis 150 mg täglich.

Bei älteren Personen sollte eine niedrigere Dosis verabreicht werden. Die maximale Tagesdosis von 400 mg sollte nicht überschritten werden. Ein Tropfen der flüssigen Form entspricht ungefähr 4 mg des Wirkstoffs.

Nebenwirkungsprofil

Das Nebenwirkungsprofil von Trimipramin ähnelt dem anderer trizyklischer Antidepressiva mit anticholinergen und antihistaminergen Wirkungen. Es gibt jedoch Hinweise auf ein günstigeres Nebenwirkungsprofil in Bezug auf Kardiotoxizität, Hypotonie und Krampfanfallrisiko.

Häufige Nebenwirkungen

  • Sedierung (Schläfrigkeit und Müdigkeit)
  • Benommenheit
  • Kopfschmerzen
  • Zittern
  • Schwindel
  • Herzrasen
  • Verdauungsstörungen (Verstopfung, Übelkeit)
  • Gewichtszunahme
  • Trockener Mund
  • Schweißausbrüche
  • Schwierigkeiten bei der Urinentleerung
  • Sexuelle Funktionsstörungen
  • Blutbildveränderungen
  • Hautrötungen
  • Akkommodationsstörungen (Schwierigkeiten, Objekte scharf zu fixieren)
  • Beeinträchtigung von Konzentration und Reaktionszeit

Kontraindikationen

Trimipramin darf nicht eingenommen werden bei:

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  • Harnverhalt
  • Prostatavergrößerung
  • Glaukom
  • Delir
  • Kürzlich aufgetretenem Herzinfarkt
  • Darmverschluss
  • Schweren Leber- oder Nierenerkrankungen
  • Epilepsie
  • Erregungsleitungsstörungen im Herzen
  • Niedrigem Puls
  • Schwangerschaft

In der Stillzeit sollte auf die Einnahme verzichtet werden.

Wechselwirkungen

Trimipramin hat zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Substanzen, insbesondere mit anderen Medikamenten wie Antidepressiva, Antiepileptika, Antihypertensiva und Antipsychotika. Schwarzer Tee kann die Aufnahme und Wirkung von Trimipramin vermindern.

Abhängigkeitspotenzial

Trimipramin macht nicht süchtig.

Fallbeispiel: Zwangsstörung als unerwünschte Arzneimittelwirkung

Ein Fallbericht beschreibt eine 21-jährige Patientin, bei der unter der Behandlung mit Trimipramin eine komplexe Zwangsstörung auftrat. Die Symptome sistierten nach Absetzen des Medikaments. Dieser Fall wurde im Rahmen des Pharmakovigilanz-Projekts AMSP dokumentiert und diskutiert und stellt die erste publizierte Fallbeschreibung einer Zwangsstörung als unerwünschte Arzneimittelwirkung von Trimipramin dar.

Alternativen zu Trimipramin

Aufgrund der Nebenwirkungen und Wechselwirkungen ist Trimipramin nicht immer das Mittel der ersten Wahl. Bei Schlafstörungen können eine gute Schlafhygiene und pflanzliche Präparate wie Baldrian oder Lavendel helfen. Bei starken Schlafproblemen können kurzzeitig Benzodiazepine oder niedrig dosierte Neuroleptika eingesetzt werden, jedoch mit Beachtung des Abhängigkeitspotenzials bzw. der Nebenwirkungen. Bei Depressionen gibt es verschiedene alternative Antidepressiva, z. B. selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI).

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SSRI: Zusatzeffekte und Risiken

Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind die am häufigsten verordneten Antidepressiva und gelten als nebenwirkungsarm. Neuere Literatur berichtet sowohl über positive Zusatzeffekte als auch über mögliche negative Effekte.

Mögliche positive Zusatzeffekte

  • Potenziell antidementive Wirkung

Mögliche negative Effekte

  • Erhöhte Mortalität bei Tumorpatienten
  • Sexuelle Dysfunktion (PSSD)
  • Beeinflussung des Knochenstoffwechsels
  • Erhöhtes Frakturrisiko
  • Effekt auf Tumorprogression

Bedeutung der Forschung

Die Erforschung der Wirkmechanismen von Antidepressiva und ihrer Zusatzeffekte ist wichtig, um die Behandlung von Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen zu verbessern und die Lebensqualität der Patienten zu erhöhen.

Historischer Kontext der Depressionsbehandlung

Die Behandlung von Depressionen hat eine lange Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Bereits Hippokrates beschrieb die Melancholie als eine Erkrankung, die durch ein Ungleichgewicht der Körpersäfte verursacht wird. Im Laufe der Jahrhunderte wurden verschiedene Behandlungsmethoden entwickelt, die den jeweiligen Erkenntnisstand der Epoche widerspiegeln.

Frühe Behandlungsmethoden

  • Antike: Aderlass, Diät, Bewegung, Musik
  • Mittelalter: Gebete, Wallfahrten, Exorzismus
  • Renaissance: Kräutertherapie, Bäder, Massagen
  • 18. Jahrhundert: Elektroschocks, Opium

Moderne Antidepressiva

Die Entwicklung der modernen Antidepressiva begann Mitte des 20. Jahrhunderts mit der Entdeckung der stimmungsaufhellenden Wirkung von Lithium, Monoaminooxidase-Hemmern (MAO-Hemmern) und trizyklischen Antidepressiva (TZA).

  • Lithium: Entdeckt 1949 von John Cade, wird zur Behandlung von manisch-depressiven Erkrankungen eingesetzt.
  • MAO-Hemmer: Entdeckt in den 1950er Jahren, hemmen den Abbau von Neurotransmittern wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin.
  • Trizyklische Antidepressiva (TZA): Entdeckt in den 1950er Jahren, hemmen die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin.

Weitere Entwicklungen

In den folgenden Jahrzehnten wurden weitere Antidepressiva entwickelt, darunter selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) und andere atypische Antidepressiva.

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