Tuberöse Sklerose Complex (TSC) bei Erwachsenen: Ein umfassender Überblick

Die Tuberöse Sklerose (TSC), auch bekannt als Tuberöse Sklerose Complex, ist eine seltene genetische Erkrankung, die durch das Wachstum gutartiger Tumoren (Hamartome) in verschiedenen Organen des Körpers gekennzeichnet ist. Betroffen sein können nahezu alle Organsysteme, einschließlich Gehirn, Haut, Nieren, Herz, Augen und Lungen. TSC gehört zu den neurokutanen Syndromen, was bedeutet, dass sowohl das Nervensystem (neuro-) als auch die Haut (-kutan) typischerweise betroffen sind.

Genetik und Ursachen

Die Ursache der Tuberösen Sklerose liegt in Mutationen in einem der beiden Gene, TSC1 oder TSC2. Diese Gene liefern den Bauplan für die Herstellung der Proteine Hamartin (TSC1) und Tuberin (TSC2). Mutationen in diesen Genen führen dazu, dass die Proteine nicht mehr richtig hergestellt werden können. Da TSC autosomal dominant vererbt wird, reicht die Veränderung einer der beiden Genkopien aus, um die Erkrankung zu verursachen. Etwa ein Drittel der Fälle wird von einem Elternteil vererbt, während die übrigen Fälle auf spontanen Mutationen beruhen. In etwa 70 % der Fälle von TSC treten spontane Mutationen auf, d. h. neue genetische Veränderungen, die nicht von den Eltern vererbt wurden.

Hamartin und Tuberin bilden einen Komplex, der eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung spielt. Dieser Komplex ist Teil des mTOR-Signalwegs (Mammalian Target Of Rapamycin Pathway), der eine zentrale Rolle bei der Steuerung von Zellwachstum, Proliferation, Stoffwechsel und Angiogenese spielt. Eine Störung dieses Signalwegs führt zu einem ungebremsten Zellwachstum und zur Bildung von Tumoren.

Der Schweregrad der Erkrankung kann jedoch nicht immer eindeutig von der Art der genetischen Veränderung abhängig gemacht werden. Patienten mit Mutationen im TSC2-Gen sind im Durchschnitt etwas stärker betroffen als solche mit TSC1-Genmutationen, aber dies ist nicht immer der Fall.

Symptome

Die Tuberöse Sklerose kann eine Vielzahl von Symptomen verursachen, deren Ausprägung von Patient zu Patient stark variiert. Die Symptome hängen davon ab, welche Organe betroffen sind und wie stark die Veränderungen sind. Einige Patienten haben nur sehr wenige Krankheitszeichen, während andere schwerwiegende Komplikationen entwickeln.

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Neurologische Symptome

Das Gehirn ist eines der am häufigsten betroffenen Organe bei TSC. Veränderungen im Gehirn können zu einer Reihe von neurologischen Symptomen führen, darunter:

  • Epilepsie: Krampfanfälle sind ein häufiges Symptom bei TSC-Patienten und können in verschiedenen Formen auftreten. Bei Kindern treten häufig frühkindliche Spasmen auf.
  • Kognitive Beeinträchtigungen: Etwa 50 % der TSC-Patienten weisen eine intellektuelle Entwicklungsstörung auf.
  • Autismus-Spektrum-Störungen: TSC ist mit einem erhöhten Risiko für Autismus verbunden.
  • Verhaltensauffälligkeiten: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Angststörungen und Zwangsstörungen können bei TSC-Patienten auftreten.
  • Geistige Behinderung: In einigen Fällen kann TSC zu einer geistigen Behinderung führen.

Hautveränderungen

Hautveränderungen sind ein weiteres häufiges Merkmal von TSC und können bei der Diagnose helfen. Zu den typischen Hautveränderungen gehören:

  • Angiofibrome: Dies sind rötliche oder hautfarbene Papeln im Gesicht, insbesondere im Bereich der Nase und Wangen.
  • Hypomelanotische Makulae (weiße Flecken): Dies sind helle Flecken auf der Haut, die bei der Geburt vorhanden sein können oder sich später entwickeln.
  • Shagreen-Leder: Dies ist ein Areal mit verdickter, narbenartiger Haut, das meist im unteren Rückenbereich auftritt.
  • Periunguale Fibrome: Dies sind kleine, fleischfarbene Tumoren, die um die Nägel herum wachsen.
  • Zahnschmelzdefekte: Veränderungen an den Zähnen, wie z. B. Grübchen oder Rillen im Zahnschmelz.
  • Zahnfleischfibrome: Gutartige Tumoren im Bereich des Zahnfleisches.

Nierenbeteiligung

Bei mehr als der Hälfte der TSC-Patienten sind die Nieren betroffen. Zu den häufigsten Nierenmanifestationen gehören:

  • Angiomyolipome (AML): Dies sind gutartige Tumoren, die aus Fettgewebe, Muskelgewebe und Blutgefäßen bestehen. Sie können zu Blutungen führen, insbesondere wenn sie groß sind.
  • Nierenzysten: Flüssigkeitsgefüllte Säcke in den Nieren.
  • Nierenkrebs: TSC-Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Nierenkrebs.

Herzbeteiligung

Tumoren am Herzen, sogenannte Rhabdomyome, können bereits vorgeburtlich per Ultraschall entdeckt werden und geben dann häufig den ersten Hinweis auf die Erkrankung. Diese Tumoren können die Herzfunktion beeinträchtigen, verschwinden aber oft in den ersten Lebensjahren ohne größere Folgen.

Lungenbeteiligung

Etwa ein Drittel der erwachsenen Frauen mit TSC entwickelt eine Lymphangioleiomyomatose (LAM). LAM ist eine seltene Lungenerkrankung, bei der sich glatte Muskelzellen in der Lunge unkontrolliert vermehren, was zu Zystenbildung und Lungenfunktionsstörungen führen kann. In der Lunge treten Zysten auf, die symptomlos sein können, aber im Falle eines Risses zu einem Pneumothorax (krankhafte Luftansammlung im Brustkorb) führen können.

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Augenbeteiligung

Bei etwa 30-50 % der TSC-Betroffenen finden sich häufig bereits schon ab dem frühen Kindesalter gutartige Gewebsveränderungen der Netzhaut. Augenbefunde können zur Einschränkung des Sehfelds oder Sehvermögens führen.

Diagnose

Die Diagnose der Tuberösen Sklerose basiert auf klinischen Kriterien, bildgebenden Verfahren und genetischen Tests. Die klinischen Kriterien umfassen eine Kombination von Haupt- und Nebenkriterien, die in verschiedenen Organen auftreten können.

Bildgebende Verfahren

  • MRT des Gehirns: Um die typischen Veränderungen im Gehirn zu erkennen.
  • Ultraschalluntersuchungen: Zum Aufspüren von Nierenzysten und -tumoren sowie von Herzerkrankungen bei Neugeborenen und Kleinkindern.
  • CT-Scans: Können ebenfalls zur Beurteilung von Nieren und Lungen eingesetzt werden.

Genetische Tests

Genetische Tests können Mutationen in den Genen TSC1 oder TSC2 nachweisen und die Diagnose bestätigen. Eltern und Geschwister von betroffenen Patienten können ebenfalls genetisch untersucht werden, um das Risiko einer Vererbung zu beurteilen.

Therapie

Die Tuberöse Sklerose ist nicht heilbar. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Die Therapie ist multidisziplinär und erfordert die Zusammenarbeit verschiedener Spezialisten.

Medikamentöse Behandlung

  • Antiepileptika: Zur Vorbeugung und Behandlung von Krampfanfällen.
  • mTOR-Inhibitoren (Everolimus oder Sirolimus): Diese Medikamente hemmen den mTOR-Signalweg und können das Wachstum von Tumoren reduzieren. Sie werden bei verschiedenen Manifestationen von TSC eingesetzt, z. B. bei Angiomyolipomen der Nieren, subependymalen Riesenzellastrozytomen (SEGA) im Gehirn und Lymphangioleiomyomatose (LAM) der Lunge.
  • Herzmedikamente: Bei Bedarf zur Behandlung von Herzproblemen.

Chirurgische Eingriffe

In einigen Fällen können chirurgische Eingriffe erforderlich sein, um große Tumoren zu entfernen oder Komplikationen zu behandeln.

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Weitere Therapien

  • Ketogene Diät: Eine fettreiche Ernährung kann bei Patienten mit häufigen epileptischen Anfällen hilfreich sein.
  • Regelmäßige zahnmedizinische Untersuchungen: Wichtig zur Vorbeugung und Behandlung von Zahnproblemen.
  • Psychologische Unterstützung: Kann bei der Bewältigung der emotionalen und sozialen Herausforderungen im Zusammenhang mit TSC hilfreich sein.
  • Frühförderung: Kinder mit TSC benötigen möglicherweise zusätzliche Unterstützung, um sich zu entwickeln und zu lernen.
  • Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie: Können bei Bedarf eingesetzt werden, um motorische und sprachliche Fähigkeiten zu verbessern.

PROTECT-Studie

Eine aktuelle klinische Studie namens PROTECT untersucht, ob eine frühzeitige Behandlung mit mTOR-Inhibitoren die Hirnentwicklung von Säuglingen mit TSC positiv beeinflussen kann. In dieser Studie erhalten Säuglinge ab dem vierten Lebensmonat das Medikament Everolimus, um zu untersuchen, ob dadurch schwere Verlaufsformen der Krankheit verhindert werden können.

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind wichtig, um Komplikationen der Tuberösen Sklerose vorzubeugen und die Behandlung anzupassen. Die Häufigkeit und Art der Untersuchungen hängen vom Ausmaß der Erkrankung und den betroffenen Organsystemen ab. Im Allgemeinen sollten sich Patienten mindestens zu jährlichen Routinekontrollen bei Hausärzten und anderen Spezialisten (wie Neurologen, Nephrologen, Kardiologen und Pneumologen) vorstellen.

Leben mit Tuberöser Sklerose

Die Tuberöse Sklerose ist eine komplexe Erkrankung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Familien erheblich beeinträchtigen kann. Eine frühzeitige Diagnose, eine umfassende Behandlung und eine gute Unterstützung sind entscheidend, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen

Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen wie Tuberöse Sklerose Deutschland e. V. bieten Betroffenen und ihren FamilienInformationen, Unterstützung und die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch.

Forschung

Die Forschung zur Tuberösen Sklerose schreitet stetig voran. Neue Therapien und Behandlungsmethoden werden entwickelt, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und Komplikationen zu vermeiden.

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