Epileptische Anfälle können von leichtem Kribbeln bis hin zur Bewusstlosigkeit reichen und das Leben der Betroffenen unterschiedlich stark beeinträchtigen. Im Klinikum Bad Hersfeld werden fast täglich Patienten betreut, die mit Verdacht auf einen epileptischen Anfall ins Krankenhaus kommen.
Was ist ein unprovozierter epileptischer Anfall?
Zunächst muss zwischen einem einzelnen epileptischen Anfall und der Epilepsie als chronischer Erkrankung unterschieden werden. Im Volksmund ist häufig noch die Rede von Anfallsleiden oder Fallsucht. Ein einzelner Anfall ist jedoch nicht zwangsläufig Ausdruck einer Erkrankung, sondern zunächst das Symptom einer akuten elektrischen Störung des Gehirns.
Bei einer Epilepsie kommen die Anfälle in der Regel ohne bekannten Grund "aus heiterem Himmel" (sog. unprovozierte Anfälle). Daneben gibt es die sehr seltene Reflexepilepsie, bei der normale Alltagssituationen epileptische Anfälle auslösen, z.B. flackerndes Licht, eine bestimmte Musik, warmes Wasser, Lesen oder Essen (sog. reflektorische Anfälle). Von den unprovozierten Anfällen sind die sog. akut-symptomatischen Anfälle zu unterscheiden, z.B. Fieberkrämpfe bei Kindern, Anfälle wegen Unterzuckerung (Näheres unter Diabetes > Symptome - Behandlung - Hilfen) oder Natriummangel (z.B. durch Erbrechen oder Durchfall), einer Vergiftung (z.B. durch Kokain), Alkoholentzug oder wegen akuter Hirnschäden. Anfälle durch Schlafentzug zählen als unprovozierte Anfälle, weil dabei der Schlafentzug nur Anfallsauslöser ist, nicht der Grund für den Anfall.
Definition nach ILAE (International League against Epilepsy)
Mind. 1 unprovozierter Anfall (oder Reflexanfall) und ein Rückfallrisiko wie nach 2 unprovozierten Anfällen (mindestens 60%) innerhalb der nächsten 10 Jahre oder Diagnose eines Epilepsie-Syndroms. Ein Epilepsie-Syndrom ist eine Krankheit mit dafür typischen epileptischen Anfällen und anderen typischen Merkmalen.
Formen epileptischer Anfälle
Epileptische Anfälle können ganz unterschiedlich ausgeprägt sein, je nachdem, welche Bereiche des Gehirns betroffen sind. Die sogenannten fokalen Anfälle sind eng lokalisiert und spielen sich bei normalem Bewusstsein ab. Es kann kurzzeitig zu Bewegungsauffälligkeiten ebenso wie Lautäußerungen oder Schwindel kommen. Generalisierte Anfälle erfassen hingegen das gesamte Gehirn und lösen komaähnliche Bewusstseinsstörungen aus.
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Die wohl ausgeprägteste Form ist der sogenannte große Anfall, ein tonisch-klonischer Anfall mit Verkrampfungen am ganzen Körper, Atempause und Bewusstseinsverlust, der bis zu zwei Minuten andauern kann. Ereignen sich mehrere derartige epileptische Anfälle in Serie, ohne dass zwischenzeitlich eine Normalisierung der Bewusstseinslage eintritt, spricht man von einem Status epilepticus.
Klassifikation epileptischer Anfälle nach ILAE 2017
Fokaler Beginn: bewusst erlebt vs. nicht bewusst erlebt
- Motorischer Beginn: Automatismus, atonisch, klonisch, epileptische Spasmen, hyperkinetisch, myoklonisch, tonisch
- Nichtmotorischer Beginn: autonom, Innehalten, kognitiv, emotional, sensibel/sensorisch
- Nicht bewusst erlebt
- Fokal zu bilateral tonisch-klonisch
Generalisierter Beginn:
- Motorisch: tonisch-klonisch, klonisch, tonisch, myoklonisch, myoklonisch-tonisch-klonisch, myoklonisch-atonisch, atonisch, epileptische Spasmen
- Nichtmotorisch (Absence): typisch, atypisch, myoklonisch, Lidmyoklonien
Unbekannter Beginn:
- Motorisch: tonisch-klonisch, epileptische Spasmen
- Nichtmotorisch: Innehalten
Nicht klassifiziert
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Klassifikation von Epilepsien
- Anfallsformen: fokal, generalisiert, unklassifiziert
- Arten der Epilepsie: fokal, generalisiert, kombiniert generalisiert und fokal, unklassifiziert
- Epilepsie-Syndrom
- Ätiologie: strukturell, genetisch, infektiös, metabolisch, immunvermittelt, unbekannt
Ursachen für unprovozierte epileptische Anfälle
Ganz unterschiedliche Ursachen sind möglich. Bei kindlichen Epilepsien liegt in der Regel eine Art angeborener „Webfehler“ der Hirnentwicklung vor. In höherem Alter können zum Beispiel Schlaganfälle, Schädelhirntraumen, Vergiftungen und Entzündungen eine Epilepsie auslösen. Genetische Ursachen gibt es ebenfalls.
Epilepsien können grundsätzlich in jedem Alter auftreten. Es gibt aber zwei „Häufigkeitsgipfel“: zwei Drittel aller Betroffenen erkranken vor dem 20. Geburtstag, mit einer besonderen Häufung in den ersten fünf Lebensjahren. Der zweite Gipfel beginnt ab dem 60. bis 65. Lebensjahr.
Häufigkeit
Das Risiko eines einmaligen epileptischen Anfalls ist ca. 10-mal höher, als im Verlauf an Epilepsie zu erkranken. Ca. 1/3 aller ersten epileptischen Anfälle haben eine akut-symptomatische Genese.
- Prävalenz 0,5-1,2 % in Industrieländern
- Inzidenz von ca. 40-200/100.000 Neudiagnosen pro 100.000 Einw. pro Jahr
- Lebenszeitprävalenz eines epileptischen Anfalls: 10 %
- Inzidenz 55 pro 100.000 Einw. pro Jahr
- Häufigkeitsgipfel frühe Kindheit (< 5 Jahre) und höheres Alter (> 60 Jahre)
- Inzidenz 10-30 pro 100.000 Einw. pro Jahr in Europa
- in Deutschland ca. 14.000 Fälle pro Jahr mit etwa 1.300 Todesfällen
Diagnose eines unprovozierten epileptischen Anfalls
Kommt es erstmalig zu einem Anfall bzw. besteht der Verdacht auf das Vorliegen einer Epilepsie, sollte von einem in der Epilepsiebehandlung erfahrenem Facharzt geprüft werden, ob es sich dabei um einen epileptischen Anfall oder ein anderes behandlungsbedürftiges Ereignis gehandelt hat. Die Epilepsiediagnostik ist ein Prozess, bei dem verschiedene Untersuchungen durchgeführt und deren Ergebnisse aufeinander bezogen werden müssen.
Anamnese
Was spürt der/die Betreffende selbst vor, während und nach dem Anfall? Da häufig Teile des Anfalls oder der ganze Anfall nicht bewusst miterlebt werden, ist eine möglichst gute Fremdbeschreibung - z.B. durch Angehörige, Freunde, Arbeitskollegen - unverzichtbar. Hilfreich kann auch die Aufzeichnung einer kurzen Videosequenz mit dem Handy sein. Wenn nötig, kann die Anfallsbeschreibung auch durch eine Videobeobachtung in einer spezialisierten Klinik - z.B. einem Epilepsiezentrum - im Rahmen eines stationären Aufenthalts ergänzt werden.
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- Eine kurze Beschreibung des ersten Anfalls.
- Welche Medikamente werden bzw. wurden bereits eingenommen.
- Bei welchem Medikament traten weniger Anfälle und/oder Nebenwirkungen auf?
- Gab es Medikamente, die den Ablauf der Anfälle günstig beeinflusst haben?
Technische Untersuchungen
- Langzeit-Video-EEG-Ableitung: Hierbei handelt es sich um eine videoüberwachte EEG-Überwachung, welche in speziell ausgerüsteten Patientenzimmern erfolgt. Die Dauer der Ableitung beträgt mind.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Mit Hilfe der MRT-Untersuchung (auch Kernspintomogramm genannt) können hirnorganische Veränderungen sichtbar gemacht werden. Diese können Hinweise auf die Ursache der Epilepsie bzw. der epileptischen Anfälle geben.
Behandlung von unprovozierten epileptischen Anfällen
Die Therapie richtet sich nach Art und Ursache der Erkrankung sowie individuellen Besonderheiten. Schon seit 1912 werden Medikamente gegen Krampfanfälle beziehungsweise Epilepsie eingesetzt. In der Regel sei eine medikamentöse Langzeitbehandlung notwendig, bei der zum Teil zwei oder drei Präparate parallel eingenommen werden. Es gibt außerdem Medikamente, die in akuten Fällen sofort wirken.
Die Epilepsiebehandlung wird in der Regel medikamentös begonnen, mit sogenannten Antiepileptika. Diese werden zur Vorbeugung von epileptischen Anfällen, aber auch zur Unterbrechung akuter Anfälle eingesetzt. Antiepileptika wirken direkt auf das Nervensystem und die Nervenzellen. Sie sorgen dafür, dass die Reizweiterleitung der Nerven gehemmt und die Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn vermindert wird.
Im Wesentlichen werden zwei Wirkmechanismen unterschieden: Die Blockierung epileptischer Impulse sowie das Verhindern der Ausbreitung epileptischer Aktivität. Parallel zur medikamentösen Epilepsietherapie kann auch der verhaltenstherapeutische Ansatz der Anfallsselbstkontrolle in die Behandlung integriert werden.
Allerdings werden nicht alle Patienten durch eine medikamentöse Behandlung anfallsfrei. Bei ca. 30 Prozent der Betroffenen ist eine weitere Abklärung erforderlich und alternative Behandlungsmöglichkeiten (z.B. Unter Epilepsiechirurgie versteht man die Behandlung der Epilepsie mittels neurochirurgischer Verfahren. Sie ist eine erprobte und anerkannte Behandlungsform und wird in spezialisierten Zentren durchgeführt. Im Rahmen einer stationären prächirurgischen Abklärung sollte die Möglichkeit einer epilepsiechirurgischen Behandlung überprüft werden. Dabei untersucht man, ob die epileptischen Anfälle von einer bestimmten Stelle des Gehirns ausgehen und ob es möglich ist, diese operativ zu entfernen, ohne dass der Patienten Störungen im Bereich von Gedächtnis, Kraft oder Sprache erleidet.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
- Medizinische Rehabilitation
- Neurostimulation
20-30 Prozent aller Epilepsiepatienten sprechen nicht ausreichend auf eine medikamentöse Behandlung an und / oder können aus verschiedenen Gründen nicht operiert werden. Die VNS steht bereits seit Mitte der 90er Jahre als erfolgversprechende Behandlungsalternative zur Verfügung. Hierbei wird der 10. Dafür muss ein Pulsgenerator in eine Hauttasche unter dem linken Schlüsselbein eingesetzt und mittels eines Elektrodenkabels eine Verbindung zum 10. Hirnnerv im linken Halsbereich hergestellt werden. Dies erfolgt im Rahmen einer (minimalinvasiven) 1,5-stündigen OP unter Vollnarkose. In der Regel können die Patienten bereits am Folgetag nach Aktivierung des Systems entlassen werden.
Dies ist die Weiterentwicklung der VNS, bei der keine Operation und kein Klinikaufenthalt erforderlich sind. Allerdings liegt die Effektivität deutlich unter der der konventionellen Methode. Spezielle Nervenfasern werden hier über eine Ohrelektrode am Ohr durch sanfte elektrische Impulse aktiviert (Neurostimulation). Bei der Transkraniellen Magnetstimulation erfolgt die Stimulation durch die Schädeldecke und erreicht so die übererregten Hirnstrukturen. Bei diesem Verfahren werden Elektroden in bestimmte Strukturen meist auf beiden Seiten des Gehirns implantiert. Die Tiefe Hirnstimulation ist bei Menschen mit Bewegungsstörungen etabliert und zur Therapie des M. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass die Tiefe Hirnstimulation zu einer Reduzierung der Anfallshäufigkeit führt, wenn eine bestimmte Hirnregion - der anteriore Thalamus - stimuliert wird; besonders profitiert haben Menschen mit komplex-fokalen (bzw. automotorischen) Anfällen und Menschen mit Temporallappenepilepsien.
Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall
Wenn jemand einen Anfall erleidet, sollten Augenzeugen den Notarzt alarmieren und dafür sorgen, dass der Patient nicht stürzt oder sich aufgrund der unkontrollierten Krämpfe anderweitig verletzt. Oft setze auch die Atmung vorübergehend aus, weshalb die Betroffenen blau anlaufen. Wenn der Anfall ausklingt und sich der Körper wieder entspannt, ist der bewusstlose Patient in die stabile Seitenlage zu bringen.
Was Helfer auf keinen Fall tun sollten, ist dem Betroffenen Gegenstände oder gar Finger in den Mund zu stecken, um zu verhindern, dass der Patient seine Zunge verschluckt. Diese Befürchtung sei unbegründet und derartige Maßnahmen könnten zu schwerwiegenden Verletzungen führen. Es sei jedoch unvermeidlich, dass Betroffene sich während des Anfalls auf die Zunge beißen.
Was tun bei einem Anfall?
- Betroffene Person auf den Boden legen, um einem Sturz vorzubeugen (ggf.
- Alle Gegenstände entfernen, die zu Verletzungen oder Gefahren führen könnten, z.B.
- Seltsame Körperhaltungen und freie Zuckungen ermöglichen und möglichst Platz dafür schaffen, falls noch nicht geschehen, sonst drohen Verletzungen. Die Muskelspannung bei Krampfanfällen ist so hoch, dass beim Festhalten oder bei Versuchen Körperteile (z.B. Arme, Beine oder Finger) zu bewegen Knochenbrüche und andere Verletzungen sehr wahrscheinlich sind. Zungenbisse passieren wenn dann gleich zu Beginn eines Anfalls. Es ist schädlich und sinnlos zu versuchen, sie während des Anfalls zu verhindern. Es ist sinnlos und eventuell schädlich zu versuchen einen Anfall zu beeinflussen oder zu beenden, z.B. durch kaltes Wasser oder Schütteln. Auf die Uhr schauen und Notfallmedikamente erst nach der ärztlich angegebenen Zeit geben, weil sie erhebliche Nebenwirkungen haben. Normalerweise enden epileptische Anfälle von allein während 2 bis höchstens 3 Minuten. Notfallmedikamente sind dafür da, einen Status epilepticus bzw. eine Anfallsserie zu beenden.
- Dauer und Begleiterscheinungen des Anfalls beobachten. Auf die Augen achten: Sind sie geschlossen, offen, starr oder verdreht?
- 112) rufen - auch, wenn schon ein Notfallmedikament gegeben wurde! Das gilt auch, wenn ein 2.
- Auf einen Anfall folgt in der Regel eine kurze Schlaf- bzw. Erholungsphase. Unbedingt dabeibleiben, bis die betroffene Person wieder vollständig orientiert ist. Dies ist durch einfache Fragen, wie z.B. "Wie heißt du? Wo bist du?
- Wenn möglich den Anfall dokumentieren: Wann ist er passiert? Wie lange hat er gedauert? Wie ist er abgelaufen? Waren die Augen offen, geschlossen, starr oder verdreht? Wenn der Mensch vorher noch nie einen epileptischen Anfall hatte, nach dem 3. Anfall einer Anfallsserie (siehe oben) und/oder bei Verletzungen bzw.
Leben mit Epilepsie
Nicht jeder Anfall ist an sich lebensbedrohlich. Gefährlich sind häufig die Umstände, unter denen sich ein Anfall ereignet, beispielsweise beim Autofahren, in der Badewanne und beim Schwimmen, bei der Arbeit auf Gerüsten und wenn der Betroffene unglücklich stürzt. Wenn sich ein epileptischer Status entwickelt und sich das Gehirn über einen längeren Zeitraum im epileptischen Erregungszustand befindet, liegt eine hohe Sterblichkeit vor.
Darüber hinaus kann eine Epilepsie das soziale Leben und das Berufsleben deutlich beeinträchtigen - sei es aus Scham, in der Öffentlichkeit einen Anfall zu erleiden oder aufgrund eingeschränkter Berufsunfähigkeit etwa bei Kraftfahrern und Handwerkern. Bei einer diagnostizierten Epilepsie gilt in der Regel für die Betroffenen ein gesetzliches Fahrverbot für zunächst ein Jahr.
Hilfsmittel und Unterstützung
- Epilepsie-Überwachungsgeräte: Bei einem erkannten Anfall löst das Gerät einen Alarm aus, z.B. bei den Eltern, beim Partner, anderen Angehörigen oder in einer Notrufzentrale. So ist eine sichere Betreuung möglich. Der Anfall wird zudem aufgezeichnet und mit Dauer und Stärke dokumentiert. Epilepsie-Überwachungsgeräte können ärztlich verordnet und von der gesetzlichen Krankenversicherung als Hilfsmittel übernommen werden. Im Hilfsmittelverzeichnis haben sie die Pos.-Nr. 21.46.01 und heißen dort "Überwachungsgeräte für Epilepsiekranke".
- Sturzmelder: Sturzmelder können bei Anfällen mit Bewusstseinsverlust und Sturz helfen. Dieses zweistufige System verhindert Fehlalarme. Voraussetzung dafür ist, dass Patienten über ein Hausnotrufgerät verfügen, damit ein Alarm an Angehörige oder an eine Notrufzentrale abgesetzt werden kann. Haben Betroffene einen Pflegegrad, übernimmt die Pflegekasse auf Antrag den Basispreis für Hausnotrufgeräte mit Kassenzulassung. Die Kosten für Zusatzleistungen (z.B. für einen Hintergrunddienst, der bei Bedarf hilft, wenn der Einsatz des Rettungsdiensts unnötig ist, und für eine Schlüsselhinterlegung) oder für nicht zugelassene Hausnotrufgeräte müssen Pflegebedürftige selbst tragen.
- Epilepsie-Hunde: Im Gegensatz zu anderen Führ- oder Servicehunden wachsen künftige Epilepsiehunde meist beim Patienten und seiner Familie auf und werden dort ausgebildet. Warnhunde haben die Fähigkeit, einen kommenden Anfall zu spüren und warnen dann den Betroffenen, sodass dieser Zeit hat, sich z.B. vor Verletzungen zu schützen. Anzeigehunde lernen, einen tatsächlichen Anfall zu erkennen und dann in vorher geübter Art und Weise zu helfen, z.B.
Risiken und Vorbeugung
Epileptische Anfälle können zu Verletzungen und sogar zum Tod führen. Außerdem besteht ein gewisses Risiko, bei einem Status epilepticus oder durch SUDEP (siehe unten) zu versterben oder Langzeitschäden davon zu tragen.
- Scharfe Kanten und Gegenstände in der Wohnung sichern bzw.
- Einen Anfallskalender verwenden, um ggf. vorhandene Anfallsauslöser zu erkennen und die Behandlung zu verbessern.
- bestmögliche Behandlung der Epilepsie (z.B.
SUDEP
SUDEP ist die Abkürzung für "sudden unexpected death in epilepsy". Übersetzt heißt das "plötzlicher unerwarteter Tod bei Epilepsie". Wie auch beim sog. plötzlichen Kindstod können Menschen mit Epilepsie plötzlich und unerwartet versterben. Meistens werden Betroffene morgens tot im Bett gefunden. Die Todesursache lässt sich oft nicht klären. Das passiert zwar nur sehr selten, aber bei Menschen mit Epilepsie häufiger als bei Menschen ohne Epilepsie. Bei tonisch-klonischen Anfällen (Grand-mal-Anfällen) ist das Risiko besonders hoch, besonders wenn diese im Schlaf kommen.
Wahrscheinlich lässt sich SUDEP oft verhindern, wenn Betroffene nach einem tonisch-klonischen Anfall nicht allein bleiben. Anwesende können den Menschen nach dem Anfall ansprechen, berühren, rütteln, umdrehen und in die stabile Seitenlage bringen. Bei Atemaussetzern und Herzstillstand können sie einen Notruf absetzen und Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen. Diese Maßnahmen können z.B.
Epilepsie nach Schlaganfall
In den letzten Jahren gibt es ein zunehmendes Interesse an Epilepsien nach Schlaganfall, da diese eine Basis für ein Modell darstellen könnten, welcher pathophysiologische Prozess die Bereitschaft des Gehirns zu wiederholten epileptischen Anfällen determiniert (Epileptogenese). Daran knüpft sich die Frage, ob durch Medikamente dieser Prozess verhindert werden kann. Unprovozierte epileptische Anfälle, die den Beginn einer Epilepsie darstellen, müssen dabei von akut symptomatischen Anfällen im Rahmen des akuten Schlaganfalls unterschieden werden. In den letzten Jahren wurden die Definitionen dafür vereinheitlicht und bessere epidemiologische Daten generiert.
Akut symptomatische Anfälle (ASA) vs. Unprovozierte Anfälle nach Schlaganfall
ASA sind epileptische Anfälle, die in enger zeitlicher Beziehung zu systemischen Veränderungen (z. B. toxisch oder metabolisch) oder einer direkten ZNS-Schädigung auftreten. Für den Schlaganfall definierte man diese als „Frühanfälle“ innerhalb von 7 Tagen, wobei sich ca. 50 % innerhalb der ersten 24 h manifestieren.
Ein unprovozierter Anfall ist definiert als epileptischer Anfall ohne engen zeitlichen Bezug zu einer systemischen Veränderung oder einer akuten ZNS-Schädigung. Für den Schlaganfall definierte man dies als „Spätanfälle“ > 7 Tage nach dem Ereignis. Gemäß der neuen ILAE-Definition von Epilepsie mit der Wahrscheinlichkeit eines Rezidivrisikos innerhalb von 10 Jahren von zumindest 60 % (adäquat dem Risiko nach 2 unprovozierten Anfällen) erfüllt damit der Schlaganfallpatient bereits die Kriterien einer Epilepsie. Pathophysiologisch soll dafür eine Gliose mit meningozerebraler Narbenbildung verantwortlich sein.
Risikofaktoren
Die Risikofaktoren für einen ASA sind eine kortikale Lokalisation, eine Blutung (oder hämorrhagische Transformation eines ischämischen Infarktes), aber auch die Größe und die Schwere des Schlaganfalls sowie eine Lokalisation im vorderen Stromkreislauf (Versorgungsgebiet der A. carotis interna). Bekannte Risikofaktoren für einen unprovozierten Anfall nach Schlaganfall sind kortikale Lokalisation, die Größe der Läsion (z. B. > 10 ml Volumen bei intrazerebralen Blutungen) und akut symptomatische Anfälle innerhalb von 7 Tagen.
Therapie
Es gibt keine ausreichende Evidenz, dass die Gabe eines Anfallsmedikaments vor einem etwaigen ASA diesen verhindert. Das generelle Risiko für einen ASA ist mit 3-6 % niedrig, und auch individuelle Risiken, z. B. Sollte eine Medikation begonnen worden sein, so ist darauf zu achten, diese nach der Akutphase zu beenden. Es gibt keine Evidenz, dass eine medikamentöse Therapie einen unprovozierten Anfall nach Schlaganfall verhindert.
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