Ein ischämischer Schlaganfall, auch Hirninfarkt genannt, entsteht durch eine Unterbrechung der Blutzufuhr zum Gehirn. Betroffene bemerken neurologische Symptome oder Ausfallserscheinungen, die innerhalb weniger Minuten zum Absterben von Gehirnzellen und zu bleibenden Funktionsbeeinträchtigungen führen können. Das Gehirn wird über vier große Arterien mit Blut versorgt, jeweils zwei auf jeder Körperseite. Die Wirbelarterien (Vertebralarterien) verlaufen beiderseits durch einen knöchernen Kanal entlang der Halswirbelsäule über den Nacken zum Gehirn.
Kollaterale und Umgehungskreisläufe
Zwischen den einzelnen Arterien können Kollateralen verlaufen, eine Art Umgehungskreisläufe. Menschen mit gut ausgebildeten Kollateralen können bei einer Blockade einer hirnversorgenden Arterie den Blutfluss auf Umwegen aufrechterhalten, wodurch nur wenige oder gar keine Schlaganfallsymptome entstehen. Der Körper kann auch selbst neue Kollateralen bilden und so einen Schlaganfall verhindern. Nach einem Schlaganfall können sich ebenfalls neue Umgebungskreisläufe ausbilden, um einen erneuten Schlaganfall zu verhindern.
Entstehung einer Blockade
Bei einem Hirninfarkt entsteht eine Blockade des Blutflusses zum Gehirn. Diese Blockaden werden entweder durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) oder durch Stücke von Fettablagerungen aufgrund von Arteriosklerose gebildet. Es gibt zwei Hauptentstehungsmechanismen:
Entstehung einer Blockade „vor Ort“
Im Inneren eines Blutgefäßes können sich über einen längeren Zeitraum Ablagerungen aus fetthaltigem Material bilden, die schrittweise zu einer Einengung des Gefäßdurchmessers führen. Dies verlangsamt den Blutfluss, wodurch sich Gerinnsel bilden können.
Abwanderung eines Gerinnsels vom Herzen ins Gehirn
Im Herzvorhof, der Herzkammer oder auf den Herzklappen können sich Blutgerinnsel bilden. Durch die Pumpfunktion des Herzens werden diese ausgeschwemmt und gelangen mit dem Blutstrom in ein Gehirngefäß, wo sie stecken bleiben und den Blutfluss unterbrechen.
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Symptome eines Hirninfarkts
Die Symptome eines Hirninfarkts treten plötzlich auf und können sich innerhalb von Minuten, Stunden oder Tagen verbessern. Es können verschiedene Symptome unterschiedlicher Schwere auftreten, einzeln oder in Kombination:
- Bewegungsstörungen: Unfähigkeit, eine Hand, einen Arm oder ein Bein bzw. Arm und Bein einer Körperhälfte zu bewegen, oder Bewegung nur mit verminderter Kraft und Anstrengung möglich.
- Gesichtslähmung (Fazialisparese): Lähmung der Gesichtsmuskulatur auf einer Seite, wodurch das Gesicht herunterhängt oder der Mundwinkel hängt.
- Gefühlsstörungen: Verminderte oder veränderte Gefühlswahrnehmung im Gesicht oder an den Extremitäten, wie Taubheit, Gefühllosigkeit, Überempfindlichkeit, Schmerzen oder Kribbeln.
- Sprachstörungen (Aphasie): Beeinträchtigung aller sprachlichen Leistungen, wie Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben.
- Globale Aphasie: Schwerste Form, bei der es schwerfällt, Gesprochenes zu verstehen oder selbst in ganzen Sätzen zu sprechen.
- Expressive Aphasie (Broca-Aphasie): Sprechen in kurzen, einfachen Sätzen oder Aneinanderreihung einzelner Wörter im „Telegrammstil“.
- Sensorische Aphasie (Wernicke-Aphasie): Sprechen in langen, umständlichen Sätzen ohne klaren Sinn, oft mit schwer zu bremsendem Sprachfluss.
- Amnestische Aphasie: Leichteste Form mit Wortfindungsstörungen in der Spontansprache oder beim Benennen von Gegenständen.
- Sprechstörung (Dysarthrie): Störungen von Artikulation, Lautbildung, Tonlage, Sprechrhythmus, Sprechlautstärke und Sprechatmung, während die sprachlichen Leistungen unbeeinträchtigt sind.
- Sehstörungen: Plötzliche Erblindung eines Auges (Amaurosis fugax) oder Gesichtsfelddefekte, bei denen Teile des Gesichtsfeldes nicht mehr wahrgenommen werden. Auch Doppeltsehen ist möglich.
- Gleichgewichtsstörungen: Ungeschicklichkeit oder Überbewegungen beim Greifen, unsicheres Stehen oder Gehen bis hin zur Unfähigkeit, ohne Unterstützung zu gehen, fehlende Kontrolle über Stabilität oder geordnete Bewegungsabläufe.
Diagnose
Die Diagnose einer Ischämie kann nur aufgrund einer Bildgebung des Schädels erfolgen, da allein aufgrund der klinischen Symptome nicht unterschieden werden kann, ob den neurologischen Ausfallserscheinungen ein Hirninfarkt oder eine Hirnblutung zugrunde liegt. Mittels Computertomografie (CT) oder Kernspintomografie (MRT/MRI) kann unterschieden werden, ob es sich um einen ischämischen Schlaganfall, eine Hirnblutung oder andere Ursachen handelt. In den meisten Fällen erfolgt auch eine Untersuchung mit Kontrastmittel, um die Blutgefäße und mögliche Gefäßverschlüsse oder -einengungen darzustellen (CT- oder MRT-Angiografie).
Im Verlauf der weiteren Behandlung ist es wichtig, die genaue Ursache des Hirninfarktes zu kennen, um eine zielgerichtete Therapie zur Vorbeugung eines erneuten Schlaganfalls einzuleiten. Erforderliche Untersuchungen sind eine Ultraschalluntersuchung der hirnzuführenden Gefäße (Doppler-/Duplexsonographie), ein EKG sowie eine EKG-Überwachung über mindestens 24, idealerweise 72 Stunden, Blutdruckmessungen über mindestens 24 Stunden, eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie) sowie Blutuntersuchungen inklusive Untersuchungen auf Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes mellitus.
Behandlung des ischämischen Schlaganfalls
Die Behandlung des ischämischen Schlaganfalls beruht auf mehreren Säulen:
- Stabilisierung der Vitalfunktionen: Diese beginnt bereits vor Ort bei Eintreffen des Rettungsdienstes sowie auf dem Transport in die geeignete Klinik.
- Gerinnselauflösende Therapie (Lysetherapie/Thrombolyse): Sie ist innerhalb von 4,5 Stunden nach Beginn der Symptomatik am wirksamsten und sichersten. Die Anwendung darf erst geschehen, wenn zuvor mittels Bildgebung eine intrazerebrale Blutung als Ursache der Symptomatik ausgeschlossen wurde.
- Mechanische Thrombektomie: Bei dieser Therapie werden Blutgerinnsel über einen Katheter, der über die Leiste eingeführt wird, direkt aus der Gehirnstrombahn entfernt.
- Gerinnungshemmende Medikamente: Wenn eine Gerinnsel-auflösende Therapie oder mechanische Thrombektomie nicht angewendet werden können oder müssen, erhalten die Patienten in der akuten Situation zunächst zur Behandlung Aspirin. Finden sich Hinweise für zugrundeliegende Störungen des Herzens oder des Herzrhythmus, so erfolgt in den allermeisten Fällen stattdessen eine Gerinnungshemmung mittels sogenannter Antikoagulantien.
- Rehabilitation: Bereits in der Akutklinik wird mit der Rehabilitationsbehandlung begonnen, um beeinträchtigte Körperfunktionen zu beüben und wieder herzustellen. Zu den Therapien gehören die Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie sowie eine neuropsychologische Behandlung.
Vorbeugende Maßnahmen
Medikamentöse Therapie
Auf Dauer sollte die Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten nach Maßgabe des behandelnden Arztes erfolgen. Welches gerinnungshemmende Medikament sinnvoll und geeignet ist, wird im Rahmen der Ursachenabklärung nach einem Schlaganfall festgelegt.
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Beseitigung von Gefäßeinengungen
Findet sich als Schlaganfallursache eine hochgradige Einengung einer hirnversorgenden Schlagader, dann sollte diese Einengung beseitigt werden.
Operation (Endarteriektomie)
Mittels eines Schnittes an der Halsseite und in die betroffene Arterie werden die entsprechenden Ablagerungen durch Abtragen entfernt und das Gefäß hinterher mittels Naht wieder verschlossen.
Katheterverfahren
Nach Verabreichung einer örtlichen Betäubung wird durch einen kleinen Schnitt in der Leiste ein Katheter über die Hauptschlagader bis zur eingeengten Arterie vorgeschoben. Dann wird die Engstelle mit einem Ballon aufgeweitet und durch Einbringung eines Metallgitterröhrchens (Stent) wird diese dann offen gehalten.
Risikofaktoren für einen Schlaganfall
Grundsätzlich kann ein Schlaganfall jeden zu jeder Zeit treffen, jedoch gibt es einige Risikofaktoren, die einen Schlaganfall begünstigen können. Die vielfältigen Risikofaktoren können in zwei Kategorien eingeteilt werden: beeinflussbare und nicht beeinflussbare Faktoren.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren
- Alter: Das Apoplex-Risiko steigt mit zunehmendem Alter stark an. Mehr als 80 Prozent aller Schlaganfall-Patienten sind älter als 60 Jahre.
- Geschlecht: Frauen sind häufiger von einem Schlaganfall betroffen als Männer. Eine Schwangerschaft und hormonelle Verhütungstherapien können das Risiko erhöhen.
- Genetische Faktoren: Wenn in der Familie bereits Schlaganfälle aufgetreten sind, kann das persönliche Risiko erhöht sein. Auch ererbte Blutgerinnungsstörungen können eine Rolle spielen.
Beeinflussbare Risikofaktoren
- Rauchen, Alkohol, Stress, ungesunde Ernährung und zu wenig Bewegung: Diese Faktoren begünstigen - wie bei anderen Krankheiten im Alter - einen Schlaganfall.
- Bluthochdruck (Arterielle Hypertonie): Dauerhaft zu hohe Blutdruckwerte können die Gefäßwände schädigen und das Risiko für Arteriosklerose erhöhen.
- Cholesterin: Hohe Cholesterinwerte (Blutfett) spielen bei der Entstehung von Arteriosklerose eine große Rolle. Mediziner gehen davon aus, dass das Schlaganfallrisiko bei Cholesterinwerten von mehr als 200 mg/dl (5,2 mmol/l) leicht ansteigt.
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit): Diabetes greift die Gefäßwände an, kann so eine Durchblutungsstörung begünstigen und damit einen Schlaganfall auslösen.
- Herzerkrankungen: Herzerkrankungen wie Vorhofflimmern können zur Bildung von Blutgerinnseln im Herzen führen, die ins Gehirn gelangen und einen Schlaganfall verursachen können.
- Übergewicht und Bewegungsmangel: Können einen Bluthochdruck oder einen Diabetes zur Folge haben.
- Fettstoffwechselstörungen: Können eine Atherosklerose begünstigen und tragen damit zu einem erhöhten Schlaganfallrisiko bei.
Vorbeugung eines Schlaganfalls
Änderung des Lebensstils
Ein gesunder Lebensstil kann die meisten Schlaganfälle und viele Herzerkrankungen vermeiden. Dazu gehören:
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- Regelmäßige körperliche Aktivität
- Ausgewogene Ernährung
- Verzicht auf schädliche Substanzen wie Alkohol und Nikotin
Vorbeugung und frühzeitige Behandlung von Risikofaktoren
- Regelmäßige ärztliche Vorsorgeuntersuchungen sind entscheidend, um potenzielle Risikofaktoren wie Bluthochdruck frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
- Bei bereits diagnostizierten Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist die zielgerichtete Behandlung von großer Bedeutung.
- In einigen Fällen ist eine medikamentöse Therapie sinnvoll, beispielsweise mit blutverdünnenden, cholesterinsenkenden oder gerinnungshemmenden Medikamenten.
Sekundärprophylaxe
Für Personen, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben, sind eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Behandlung dringend geboten. Eine geeignete medikamentöse Therapie, die Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen sowie die Einhaltung eines gesunden Lebensstils tragen entscheidend dazu bei, das Risiko eines weiteren Schlaganfalls zu reduzieren.
Schlaganfall bei jungen Menschen
Bei sehr jungen Menschen beziehungsweise Kindern sind häufig Fehlbildungen, Erkrankungen oder Verletzungen die Ursache von Schlaganfällen.
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