Vitamin D und Kalzium: Das Demenzrisiko im Blick

Die Demenzprävention wird angesichts steigender Fallzahlen zu einer Schlüsselfrage unserer Zeit. Alzheimer und andere Demenzerkrankungen betreffen bereits heute über eine Million Menschen in Deutschland, und die Zahlen steigen weiter. Obwohl die Forschung intensiv ist, gibt es bisher keine heilende Medikamententherapie. Umso wichtiger ist es, rechtzeitig gegenzusteuern.

Vitamin D: Ein wichtiger Faktor für die Gehirngesundheit

Vitamin D ist ein Sonderling unter den Vitaminen. Im Gegensatz zu anderen Stoffen kann der Körper Vitamin D selbst bilden, benötigt dafür aber die Unterstützung der UV-Strahlung aus dem Sonnenlicht. Deshalb haben gerade im Winter viele Menschen auf der Nordhalbkugel einen Vitamin-D-Mangel.

Eine aktuelle Studie aus den USA zeigt, dass ältere Menschen mit niedrigen Vitamin-D-Konzentrationen im Blut häufiger an Demenz erkranken. David Llewellyn von der University of Exeter vermutet, dass ein Vitamin-D-Mangel im Alter zu Demenz führen könnte, da sich viele ältere Menschen in den Industrieländern wenig im Freien aufhalten.

Der Zusammenhang zwischen Vitamin D-Mangel und Demenzrisiko

Llewellyn untersuchte den Zusammenhang an einer Kohorte von 1.658 Amerikanern, bei denen vor sechs Jahren der Vitamin-D-Spiegel im Blut bestimmt worden war. Inzwischen sind 171 Teilnehmer der Cardiovascular Health Study an einer Demenz erkrankt, bei 102 wurde die Diagnose eines Morbus Alzheimer gestellt. Teilnehmer mit einem Vitamin 25(OH)D-Wert von unter 25 nmol/l, der als schwerer Mangel eingestuft wird, erkrankten 2,25-fach häufiger an einer Demenz. Das Risiko auf einen Morbus Alzheimer war um den Faktor 2,22 erhöht. Bei einem leichten Defizit (Vitamin 25(OH)D zwischen 25 und 50 nmol/l), war das Risiko um 53 Prozent beziehungsweise um 69 Prozent erhöht. Weitere Analysen ergaben, dass eine Konzentration von 50 nmol/l notwendig ist, um eine Demenzerkrankung zu vermeiden.

Laut Llewellyn ist es die erste größere Untersuchung, die den Zusammenhang untersucht hat. Zwei kleinere frühere Untersuchungen hatten zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt. Viele Hirnzellen hätten Rezeptoren für Vitamin D3 und auch das Enzym, 1a-Hydroxylase, das für die Synthese der bioaktiven Form des Vitamins benötigt werde, sei im Gehirn verbreitet, schreibt Llewellyn. Vitamin D würde auch von Makrophagen benötigt, die im Gehirn für die Beseitigung von Amyloidablagerungen zuständig sind.

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Vitamin D und Amyloid-Clearance

Ein Ziel ist auch, die Entsorgung von Amyloid-Proteinen zu fördern. Das Immunsystem im Gehirn (Mikroglia) sowie spezifische Enzyme sind daran beteiligt. Vitamin D hat sich hier als wichtig herausgestellt: Es moduliert die Immunabwehr und fördert in Laborversuchen die Aufnahme und den Abbau von Amyloid-β durch Immunzellen. Ein guter Vitamin-D-Status könnte somit helfen, Amyloid-Ablagerungen vorzubeugen oder zu vermindern.

Vitamin D-Supplementierung: Eine mögliche Präventionsstrategie?

Eine neue, groß angelegte Studie deutet darauf hin, dass die Einnahme von Vitamin-D gegen Demenz schützen könnte. Forscher des Hotchkiss Brain Institute der Universität Calgary in Kanada und der Universität Exeter im Vereinigten Königreich untersuchten den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Vitamin-D-Präparaten und Demenz bei mehr als 12388 Teilnehmern des National Alzheimer’s Coordinating Center in den USA, die im Durchschnitt 71 Jahre alt und zu Beginn der Studie frei von Demenz waren. In der Studie, die in der Zeitschrift Alzheimer’s & Dementia: Diagnosis, Assessment & Disease Monitoring veröffentlicht wurde, stellte das Team fest, dass die Einnahme von Vitamin D mit einem länger demenzfreien Leben verbunden war. In der gesamten Stichprobe entwickelten 2696 Teilnehmer im Laufe von zehn Jahren eine Demenz. Die Vitamin D-Effekte waren signifikant größer bei Frauen (verglichen mit Männern) und bei normaler kognitiver Funktion (verglichen mit Teilnehmern mit milder kognitiver Beeinträchtigung). Diese Ergebnisse zeigen, welch großes Präventionspotential Vitamin D insbesondere für Personen mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Demenz hat.

Die Forscher fanden heraus, dass die Wirkung bei Frauen deutlich größer war als bei Männern und dass Vitamin D an der Beseitigung von Amyloid im Gehirn beteiligt ist, dessen Ansammlung eines der Kennzeichen der Alzheimer-Krankheit ist.

Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass eine Assoziation in einer Beobachtungsstudie noch kein Beweis dafür ist, dass die Gabe von Vitamin D im Alter Demenzerkrankungen vorbeugen könnte. Dies könnte nur durch eine randomisierte klinische Studie belegt werden. Eine solche Studie steht noch aus.

Eine kürzlich veröffentlichte Post-hoc-Analyse ergab nun, dass in den ersten 7,8 Jahren der Vitamin D-Substitution nicht weniger, sondern tendenziell sogar mehr Demenzerkrankungen auftraten.

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Wie man einen Vitamin-D-Mangel vermeidet

Die Aufnahme von Vitamin D über die Ernährung reicht in der Regel nicht aus, um den Körper mit genügend Vitamin D zu versorgen, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Im Sommer kann der Körper jedoch selbst genug Vitamin D herstellen, wenn die Sonne auf die Haut scheint. Dafür sollte regelmäßig 18 bis 20 Prozent der Körperoberfläche der Sonne ausgesetzt sein, sagt Dermatologe Jörg Reichrath. Im Winter kann der Haushalt mit fettigem Fisch wie Makrelen aufgefüllt werden. Ab der Größenordnung von 1000 Internationalen Einheiten pro Tag sei ein positiver Effekt auf die Gesundheit nachgewiesen, sagt Reichrath. Eine wesentlich größere Menge, mehr als 4000 IE, würde ich allerdings nicht empfehlen.

Kalzium und das Risiko von Hirnverletzungen

Kalzium sorgt nicht nur für gesunde Knochen, sondern auch für funktionierende Nerven und Muskelzellen. Gelangt aber zu viel Kalzium in die Blutgefäße, lagern sie das Kalzium ein. Das kann zu einem Verlust von Elastizität führen und die Blutgefäße verengen. Eine Studie hat jetzt gezeigt, dass Menschen, die besonders häufig Lebensmittel mit hohem Kalzium- oder Vitamin-D-Gehalt verzehrten, prozentual großflächigere Hirnverletzungen hatten als eine Vergleichsgruppe. Mit dem Ausmaß steigt auch das Risiko für kognitive Beeinträchtigungen, Demenz oder Schlaganfall deutlich an.

In der Studie werteten die Wissenschaftler die mittels Magnetresonanztomographie (MRI) aufgenommenen Schnittbilder der Gehirne von 79 Männern und 153 Frauen zwischen 60 und 86 Jahren aus. Die Bilder derjenigen, die angaben, sehr viel Kalzium und Vitamin D zu sich zu nehmen, zeigten großflächigere Schäden.

Orthomolekulare Medizin zur Demenz-Prävention

Ein vielversprechender Weg liegt in der orthomolekularen Medizin. Durch gezielten Einsatz von Vitaminen, Mineralstoffen und anderen Mikronährstoffen lässt sich die Gehirngesundheit aktiv unterstützen - und das Risiko für Demenz nachweislich senken. Studien zeigen: Bestimmte Nährstoffe und Lebensstilfaktoren können nicht nur das Fortschreiten einer beginnenden Demenz verlangsamen, sondern auch präventiv wirken - vor allem, wenn sie frühzeitig und individuell abgestimmt eingesetzt werden.

Die orthomolekulare Medizin wurde in den 1960er Jahren vom zweifachen Nobelpreisträger Linus Pauling geprägt. Der Begriff bedeutet wörtlich „die richtigen Moleküle“ - gemeint ist die Versorgung des Körpers mit optimalen Konzentrationen natürlicher Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralien, Aminosäuren, Fettsäuren etc.), um Gesundheit zu erhalten und Krankheiten vorzubeugen.

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Wichtige Mikronährstoffe für die Demenz-Prävention

  • B-Vitamine (B₆, B₁₂, Folsäure): Schützen Nervenzellen, senken Homocystein und beugen Hirnatrophie vor.
  • Omega-3-Fettsäuren (DHA/EPA): Entzündungshemmende „Brain Food“-Fette, essentiell für Hirnmembranen und Synapsen.
  • Vitamin D: Hormonähnliches „Sonnenvitamin“, wichtig für Immunfunktion und Schutzmechanismen im Gehirn.
  • Antioxidantien (Vitamin C, E, Selen): Neutralisieren freie Radikale im energiehungrigen Gehirn.
  • Magnesium: Wichtig für die Signalübertragung zwischen Gehirnzellen und Gedächtnisbildung.
  • Zink & Selen: Spurenelemente, essentiell für Wachstum und Reparatur von Nervenzellen.
  • Coenzym Q10 & L-Carnitin: Unterstützen die Mitochondrien (Kraftwerke der Zelle).
  • Lithium (Spurenelement): In sehr kleinen Mengen essentiell fürs Gehirn.

B-Vitamine: Homocystein senken, Gehirn schützen

Die Vitamine B₆ (Pyridoxin), B₉ (Folat) und B₁₂ (Cobalamin) sind Schlüsselstoffe für das Nervensystem. Sie werden für die Myelinisierung (Schutzschicht der Nervenfasern), die DNA-Reparatur und die Bildung von Neurotransmittern benötigt. Besonders bekannt ist ihre Rolle im Homocystein-Stoffwechsel: Gemeinsam wandeln sie das Zellgift Homocystein in Methionin bzw. Cystein um. Ein Überschuss an Homocystein wirkt gefäßschädigend (Arteriosklerose) und ist neurotoxisch - es fördert die Apoptose (Zelltod) und stört die Entstehung neuer Gehirnzellen. Erhöhte Homocysteinspiegel werden bei Alzheimer-Patienten überdurchschnittlich häufig gefunden.

Im Rahmen der Demenzprävention wird empfohlen, bei Erwachsenen (insbesondere ab 50+) den Homocysteinwert im Blut bestimmen zu lassen. Ist dieser erhöht (>10-12 µmol/L), sollte nach Rücksprache mit dem Arzt eine B-Vitamin-Supplementierung erfolgen, typischerweise: Folsäure 400-800 µg, B₆ ca. 20 mg, B₁₂ ca. 500-1000 µg täglich. Oft werden Kombipräparate eingesetzt.

Vitamin B₁₂ sollte im Alter regelmäßig kontrolliert werden - schätzungsweise 10-30% der Senioren haben einen Mangel, der zu irreversiblen Nervenschäden führen kann. Ein unbehandelter B₁₂-Mangel kann demenzähnliche Symptome hervorrufen. Hier hilft ggf. eine gezielte hochdosierte Therapie (oral oder per Spritze).

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