Ein Besuch beim Neurologen kann aus verschiedenen Gründen notwendig sein, sei es zur Abklärung neurologischer Beschwerden, zur Schmerztherapie oder zur altersmedizinischen Betreuung. Doch welche Kosten sind mit einem solchen Besuch verbunden, und welche Möglichkeiten der Kostenübernahme gibt es? Dieser Artikel bietet einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Aspekte der Kosten und Kostenübernahme bei neurologischen Behandlungen.
Gesetzlich versichert oder Selbstzahler: Die Ausgangssituation
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen gesetzlich versicherten Patienten und Selbstzahlern.
Gesetzlich Versicherte: In der Regel übernimmt die Krankenkasse die Kosten für medizinisch notwendige Behandlungen beim Neurologen, sofern dieser eine Kassenzulassung hat, also ein sogenannter Vertragsarzt ist. Patienten müssen lediglich ihre Versichertenkarte vorlegen. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen gesetzlich Versicherte zum Selbstzahler werden, beispielsweise bei der Inanspruchnahme von individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) oder wenn sie einen Privatarzt ohne Kassenzulassung aufsuchen.
Privatversicherte und Selbstzahler: Privatversicherte erhalten vom Arzt eine Rechnung, die sie zunächst selbst begleichen und anschließend von ihrer Versicherung erstattet bekommen. Selbstzahler tragen die Kosten direkt und haben die Möglichkeit, auch Leistungen in Anspruch zu nehmen, die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden.
Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
Standardleistungen und Ausnahmen
Für medizinisch notwendige Behandlungen bei einem Neurologen mit Kassenzulassung übernimmt die GKV in der Regel die Kosten. Dies umfasst unter anderem:
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- Diagnostische Leistungen: Anamnese, neurologische Untersuchung, EEG, EMG, Nervenleitgeschwindigkeitsmessungen, usw.
- Therapeutische Leistungen: Medikamentöse Behandlung, Physiotherapie, Ergotherapie, usw.
Es gibt jedoch bestimmte Leistungen, die nicht im Leistungskatalog der GKV enthalten sind und daher selbst bezahlt werden müssen. Dazu gehören beispielsweise bestimmte Vorsorgeuntersuchungen oder alternative Behandlungsmethoden.
Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)
IGeL sind Leistungen, die nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehören. Patienten können diese Leistungen auf eigenen Wunsch in Anspruch nehmen, müssen die Kosten jedoch selbst tragen. Beispiele für IGeL im neurologischen Bereich sind:
- Erweiterte Vorsorgeuntersuchungen: Zusätzliche Tests oder Untersuchungen, die über denStandard hinausgehen.
- Alternative Behandlungsmethoden: Akupunktur, Stoßwellentherapie, usw. (in bestimmten Fällen).
- Ästhetische Behandlungen: Botulinumtoxin-Behandlungen gegen Falten oder übermäßiges Schwitzen (Hyperhidrosis), sofern diese nicht medizinisch notwendig sind.
Vor der Inanspruchnahme einer IGeL sollte man sich genau über den Nutzen und die Kosten informieren und gegebenenfalls eine Zweitmeinung einholen.
Kostenerstattungstarif
Gesetzlich Versicherte haben die Möglichkeit, einen Kostenerstattungstarif bei ihrer Krankenkasse zu wählen. In diesem Fall erhalten sie vom Arzt eine Rechnung, die sie zunächst selbst bezahlen und anschließend bei der Krankenkasse einreichen. Die Krankenkasse erstattet dann die Kosten in Höhe des Kassensatzes, abzüglich der üblichen Zuzahlungen und eines Abschlags für Verwaltungskosten.
Vorteile:
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- Behandlung wie ein Privatpatient.
- Möglichkeit, private Sprechstunden zu vereinbaren.
Nachteile:
- Finanzielle Risiken und Mehrkosten.
- Die Krankenkasse erstattet maximal die Kosten, die bei einer Behandlung über die Versichertenkarte entstanden wären.
- Die Differenz zwischen dem privatärztlichen Satz und dem Kassensatz muss selbst getragen werden.
Kosten bei Privatärzten und in Privatpraxen
Abrechnung nach GOÄ
Privatärzte und Privatpraxen rechnen ihre Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ab. Die GOÄ enthält einen Katalog von medizinischen Leistungen mit entsprechenden Gebühren. Die Höhe der Gebühren hängt vom Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand der Behandlung ab.
Bestandteile der Rechnung:
- Gebühren für die erbrachte Leistung: Diese richten sich nach der GOÄ und können je nach Aufwand und Schwierigkeitsgrad variieren.
- Faktor: Der Faktor gibt an, wie stark die Gebühr im Vergleich zum einfachen Satz erhöht wird. In der Regel wird der 2,3-fache Satz berechnet, bei besonders aufwendigen Leistungen kann der Faktor auch höher sein (bis zum 3,5-fachen Satz oder darüber hinaus, wenn eine Honorarvereinbarung vorliegt).
- Materialkosten: Kosten für verbrauchtes Material, wie beispielsweise Medikamente oder Verbandsmaterial.
- Zusätzliche Kosten: Für bestimmte Leistungen können zusätzliche Kosten anfallen, beispielsweise für Laboruntersuchungen oder spezielle Geräte.
Beispiele für Kosten nach GOÄ
Um eine Vorstellung von den Kosten zu bekommen, hier einige Beispiele für Leistungen und die entsprechenden Gebühren (ungefähre Angaben, basierend auf dem 2,3-fachen Satz):
- Erstuntersuchung und Beratungsgespräch (60 Minuten): ca. 150 €
- Neurologische Untersuchung: ca. 50-150 € (je nach Umfang)
- EEG (Elektroenzephalographie): ca. 80-200 €
- EMG (Elektromyographie): ca. 100-300 €
- Nervenleitgeschwindigkeitsmessung: ca. 80-200 € pro Nerv
- Botulinumtoxin-Behandlung (z.B. bei Migräne oder Falten): Die Behandlungskosten richten sich vor allem nach der verbrauchten Menge des Botulinumtoxins.
Honorarvereinbarung
In bestimmten Fällen, insbesondere bei sehr aufwendigen oder speziellen Behandlungen, kann der Arzt eine Honorarvereinbarung mit dem Patienten treffen. In dieser Vereinbarung wird ein individueller Preis für die Behandlung festgelegt, der über den üblichen GOÄ-Sätzen liegt. Eine solche Vereinbarung ist nur gültig, wenn sie vor der Behandlung schriftlich getroffen wurde.
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Kostenerstattung durch private Krankenversicherung
Privatversicherte reichen die Rechnung des Arztes bei ihrer privaten Krankenversicherung ein, die dann die Kosten (oder einen Teil davon) erstattet. Der Umfang der Kostenerstattung hängt vom individuellen Versicherungsvertrag ab. Es ist ratsam, vor der Behandlung mit der Versicherung zu klären, welche Leistungen in welchem Umfang erstattet werden.
Spezifische Kostenbeispiele und Leistungen
Ultraschalldiagnostik von Nerven
Die Ultraschalldiagnostik von Nerven ist eine moderne Methode zur Diagnose von Kompressionssyndromen und anderen Nervenerkrankungen. Eine solche Untersuchung kostet etwa 100 €. Indikationen für diese Untersuchung sind z.B. Diagnostik von häufigen und selteneren Kompressionssyndromen (z.B. Karpaltunnelsyndrom, Sulcus ulnaris Syndrom, Thoracic-outlet-Syndrom) und Darstellung von Nerven nach Verletzungen (z.B. bei Zustand nach Knochenbrüchen oder Operationen).
Hirnleistungsdiagnostik (Cerad plus Test)
Dieser Test dient zur Abgrenzung von normaler Altersvergesslichkeit von dementiellen Erkrankungen. Die Untersuchung wird von einer Psychologin durchgeführt und dauert ca. 1 Stunde. Die Kosten betragen 100 €.
Behandlung von übermäßigem Schwitzen (Hyperhidrosis) mit Botulinum-Toxin
Botulinum-Toxin wird in die Haut gespritzt, um die Schweißdrüsen zu blockieren. Die Behandlungskosten richten sich nach der verbrauchten Menge des Botulinumtoxins.
Behandlung von Migräne und Spannungskopfschmerzen mit Botulinum-Toxin
Auch hier richten sich die Kosten nach der Menge des verwendeten Botulinumtoxins.
Erstellung eines Schlaganfall-Risiko-Profils („Stroke-Check“)
Diese Untersuchung kostet 123,19 €.
Tipps zur Kostentransparenz und -reduktion
Vorab informieren
Informieren Sie sich vor der Behandlung über die zu erwartenden Kosten. Fragen Sie den Arzt nach einem Kostenvoranschlag und klären Sie mit Ihrer Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung, welche Leistungen in welchem Umfang übernommen werden.
Behandlungsvertrag abschließen
Schließen Sie vor der Behandlung einen Behandlungsvertrag ab, in dem die gewünschten Leistungen und die entsprechenden Kosten festgehalten werden.
Preisvergleich
Vergleichen Sie die Preise für bestimmte Leistungen bei verschiedenen Ärzten. Gerade bei IGeL kann es erhebliche Preisunterschiede geben.
Zweitmeinung einholen
Bei teuren oder umstrittenen Behandlungen kann es sinnvoll sein, eine Zweitmeinung einzuholen.
Wirtschaftliche Aspekte ansprechen
Sprechen Sie mit Ihrem Arzt offen über Ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten. Viele Ärzte sind bereit, bei der Rechnungsstellung entgegenzukommen oder Ratenzahlungen zu vereinbaren.
Ratenzahlung vereinbaren
Viele Ärzte bieten die Möglichkeit, die Rechnung in Raten zu bezahlen. Fragen Sie nach, ob diese Option besteht.
Kostenübernahme prüfen
Auch wenn eine Leistung zunächst nicht von der Krankenkasse übernommen wird, kann es sich lohnen, einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen. In bestimmten Fällen, beispielsweise bei medizinischer Notwendigkeit oder besonderen Härtefällen, kann die Krankenkasse die Kosten doch übernehmen.
Leistungen der Berufsgenossenschaften und gesetzlichen Unfallkassen
Bei Behandlungen, die aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit notwendig sind, übernimmt die Berufsgenossenschaft oder die gesetzliche Unfallkasse die Kosten. Hierfür ist eine Überweisung eines D-Arztes (Unfallarzt) oder eine Kostenzusage der Berufsgenossenschaft erforderlich.
Unentgeltliche Behandlung
Einige Ärzte bieten unentgeltliche Behandlungen für Menschen ohne Krankenversicherung an, beispielsweise über das MediBüro Berlin oder ein Kirchenasyl.