Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die durch den Verlust von Dopamin produzierenden Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Die Diagnose stützt sich hauptsächlich auf die klinische Untersuchung und den Nachweis typischer motorischer Symptome wie verlangsamte Bewegungen (Bradykinesie), Muskelsteifheit (Rigor) und Zittern (Tremor). Da diese Symptome jedoch erst auftreten, wenn bereits ein erheblicher Teil der Nervenzellen abgebaut ist, besteht ein großes Interesse an der Entwicklung von Frühdiagnostikmethoden und Biomarkern, die eine frühere Diagnose und eine bessere Verlaufskontrolle ermöglichen.
Die Bedeutung der Frühdiagnose
Wie bei den meisten neurodegenerativen Erkrankungen gilt auch für Morbus Parkinson: Wenn sich die charakteristischen Symptome erst einmal bemerkbar machen, ist ein großer Teil des Schadens schon irreversibel angerichtet. Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um potenziell krankheitsmodifizierende Therapien rechtzeitig einzuleiten und den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen.
Bluttests als vielversprechende Frühdiagnostik
Die Analyse von Haut und Gehirnwasser liefert bereits gute Ergebnisse, für das Screening von Risikogruppen wäre jedoch ein Bluttest nötig. Einen solchen haben Forschende um Dr. Annika Kluge aus dem Team von Professorin Daniela Berg vom Uniklinikum Kiel entwickelt und damit retrospektiv Proben von Parkinsonkranken analysiert.
Ein Bluttest, der krankhaft zusammengeballtes Eiweiß (Alpha-Synuclein) nachweisen kann, könnte bei einigen Menschen schon zehn Jahre vor Beginn der motorischen Parkinson-Symptome auffällig sein. Mit einem solchen Test lassen sich möglicherweise Stadien erfassen, in denen noch keine motorischen Krankheitssymptome auftreten und somit formal die Diagnose nach den aktuellen Diagnosekriterien noch nicht gestellt werden kann.
Alpha-Synuclein-Nachweis im Blut
Forschende um Dr. Annika Kluge aus dem Team von Professorin Daniela Berg vom Uniklinikum Kiel haben einen Bluttest entwickelt, der krankhaft verändertes Alpha-Synuclein nachweisen kann. Menschen, die später an Parkinson erkrankten, hatten schon bis zu zehn Jahre vor der Diagnose auffällige Alpha-Synuclein-Werte im Blut. Die Neurologinnen und Neurologen untersuchten die angereicherten neuronalen Vesikel im Blut zudem per Immunoblot.
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Mit einem Seed Amplification Assay (SAA) ist dies offenbar ein bis zehn Jahre vor der klinischen Diagnose möglich.
IP/RT-QuIC-Methode
Japanische Forschende um Professor Dr. Ayami Okuzumi von der Juntendo Universität in Tokio haben eine Methode namens "immunoprecipitation-based real-time quaking-induced conversion" (IP/RT-QuIC) entwickelt, die Alpha-Synuclein in Blutproben nachweist. Die Methode isoliert das pathogene Protein aus dem Blut von Patienten durch Immunpräzipitation und vermehrt die fehlgefalteten Proteine durch heftiges Schütteln.
Die diagnostische Genauigkeit des Tests wurde anhand von zwei verschiedenen Kohorten mit Patienten und gesunden Kontrollen ermittelt: Eine Parkinsonerkrankung ließ sich mit einer Sensitivität von 94,6 Prozent und einer Spezifität von 92,1 Prozent identifizieren. Bei einer Lewy-Körperchen-Demenz lag die Sensitivität bei 96,4 Prozent und die Spezifität bei 92,2 Prozent.
Acht Markerproteine zur Vorhersage
Wissenschaftlern der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des University College London ist es gelungen, die Parkinson-Erkrankung anhand von Blutproben und künstlicher Intelligenz bei Patienten mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko sieben Jahre vor dem Auftreten der typischen motorischen Symptome vorherzusagen.
In einem ersten Schritt wurden Proteine in Blutproben von Parkinsonpatienten und gesunden Studienteilnehmern mittels moderner Massenspektrometrie analysiert. Es konnten 23 Proteine identifiziert werden, die Unterschiede zwischen den erkrankten und gesunden Teilnehmern aufwiesen und somit als Biomarker für die Erkrankung infrage kommen. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz waren acht der 23 Proteine in der Lage, die Parkinson-Erkrankung für 79% dieser Risikopatienten bis zu sieben Jahre vor Auftreten der Symptomatik vorherzusagen.
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Diese Marker stellen zusätzlich mögliche Ziele für medikamentöse Behandlungen dar.
Bluttests zur Verlaufskontrolle
Kognitiver Abbau und motorische Störungen sind typisch für Morbus Parkinson. Allerdings schreitet die Erkrankung unterschiedlich schnell fort. Bluttests könnten helfen, den Verlauf besser abzuschätzen. Forscher haben nun den Prognosewert verschiedener Marker untersucht, die für die Zellalterung und inflammatorische Prozesse wichtig sind.
Weitere Laborparameter
Neben den genannten spezifischen Bluttests können auch allgemeine Laborparameter im Rahmen der Parkinson-Diagnostik und Verlaufskontrolle eine Rolle spielen. Dazu gehören beispielsweise:
- Parkinson-Gentest: Testung bei Verdacht auf familiäre Parkinson-Erkrankung
- Alpha-Synuclein-Nachweis im Nervengewebe: immunhistochemischer Test mit hoher Sensitivität für Synucleinopathien
Differenzialdiagnostik
Es ist wichtig zu beachten, dass Parkinson-Symptome auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Der Begriff "Parkinsonoid" bezieht sich auf einen Zustand oder eine Gruppe von Symptomen, die denen der Parkinson-Krankheit ähneln, aber durch andere Ursachen bedingt sind. Daher ist eine sorgfältige differenzialdiagnostische Abklärung erforderlich, um andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen.
Traditionelle diagnostische Verfahren
Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel durch eine neurologische Untersuchung mit Nachweis der für die Erkrankung typischen Beschwerden. Weiterführende Untersuchungen können sehr hilfreich sein, um insbesondere in der Frühphase der Erkrankung oder bei Unsicherheit in Bezug auf die exakte Einordnung der Beschwerden eine verbesserte diagnostische Sicherheit zu erzielen. Zu diesen Untersuchungen gehören insbesondere ein sogenannter Parenchymultraschall, eine medikamentöse Testung und eine nuklearmedizinische Untersuchung.
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Medikamente können die motorischen Einschränkungen bei Parkinsonsyndromen deutlich verbessern. Zur diagnostischen Einschätzung und zur Beurteilung von Behandlungsmöglichkeiten bei Patienten mit Morbus Parkinson und atypischen Parkinsonsyndromen können L-DOPA-Tests und Apomorphin-Tests erfolgen. Hierbei werden genau definierte Mengen von L-DOPA (Vorstufe von Dopamin, das bei der Parkinsonerkrankung fehlt) oder Apomorphin (Dopaminagonist, Wirkung erfolgt über die Bindungsstellen für Dopamin im Gehirn) entweder zum Trinken gegeben (L-DOPA) oder unter die Haut injiziert (Apomorphin). Ein weiterer Test ist der sogenannte Clozapin-Test.
Zur Diagnosesicherung erfolgt dann eine Darstellung des bei der Erkrankung betroffenen Dopaminsystems mithilfe einer nuklearmedizinischen Untersuchung (sogenanntes Dopamintransporter-SPECT) in der Abteilung Nuklearmedizin. Hierbei wird eine sehr geringfügige und klinisch unbedenkliche Menge radioaktiv markierten L-DOPA (Vorstufe des Botenstoffs Dopamin) intravenös injiziert und die Aufnahme im Gehirn auf Schnittbildern durch das Gehirn dargestellt. Eine Abnahme des „Dopaminsignals“ beweist dann das Vorliegen einer Erkrankung aus dem Parkinsonformenkreis.
Mit ergänzenden nuklearmedizinischen Untersuchungen können sowohl der Stoffwechsel im Gehirn (sogenanntes FDG-PET) als auch die Dopamin-Bindungsstellen (sogenanntes DMFP-PET) im Gehirn dargestellt werden.