Wenn das Hören zur Herausforderung wird, insbesondere bei hochgradiger Schwerhörigkeit, ist die Wahl des richtigen Hörgeräts entscheidend für die Lebensqualität. Dieser Artikel beleuchtet, welche Hörgeräte für hochgradige Schwerhörigkeit geeignet sind, und bietet einen umfassenden Überblick über verschiedene Aspekte, von der Definition der Schwerhörigkeit bis hin zu modernen Technologien und Herstellern.
Was bedeutet hochgradige Schwerhörigkeit?
Hochgradige Schwerhörigkeit liegt vor, wenn Betroffene Schwierigkeiten haben, Geräusche im normalen Lautstärkebereich wahrzunehmen. Personen mit hochgradiger Schwerhörigkeit erleben Hörprobleme in den meisten Alltagssituationen, wie im Straßenverkehr, bei Gesprächen oder im Arbeitsalltag. Oft können sie nur noch sehr laute Geräusche wie Musik oder Verkehrslärm hören. Der Hörverlust liegt bei 80 bis 95 %, was bedeutet, dass nur noch laute Geräusche wie Streitgespräche, laute Musik oder das Zuschlagen einer Autotür wahrgenommen werden. In diesem Stadium grenzt die Schwerhörigkeit bereits an Taubheit.
Weltweit müssen 360 Millionen Menschen ihren Alltag mit einer Hörschädigung bewältigen, wobei bei 10 % von ihnen diese Schädigung schwer bzw. sehr schwer ist. Schwerer bzw. hochgradiger Hörverlust kann in jedem Alter auftreten und in einigen Fällen bereits bei der Geburt vorhanden sein.
Auswirkungen von hochgradiger Schwerhörigkeit
Menschen mit schwerem bis hochgradigem Hörverlust können lediglich sehr laut Gesprochenes und laute Töne wahrnehmen. Bei schwerem Hörverlust ist es dem Betroffenen nicht möglich, Unterhaltungen zu führen. Personen mit hochgradigem Hörverlust nehmen Töne nur noch als Vibrationen wahr.
Betroffene stehen vor zahlreichen Herausforderungen:
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- Laute Umgebung: Es ist äußerst schwierig, in Umgebungen mit erhöhter Geräuschkulisse einer Unterhaltung zu folgen.
- Undeutliches Hören von Gesprochenem: Selbst wenn die Lautstärke ausreichend ist, kann das Verstehen von Sprache schwierig sein.
Viele Betroffene entwickeln Ausweichstrategien, um mit Hörsituationen besser umzugehen:
- Visuelle Hinweise: Betroffene sind auf visuelle Hinweise wie Lippenlesen angewiesen. Studien zeigen, dass das Verständnis von Gesprochenem um bis zu 70 % verbessert werden kann, wenn zur Sprachübertragung zusätzlich Videotechnik eingesetzt wird.
- Geräuschkulisse: Betroffene suchen ruhige Umgebungen auf, um die Geräuschkulisse zu minimieren.
- Große Konferenzräume: Betroffene setzen sich in Konferenzräumen möglichst nahe an den Redner, um besser hören zu können.
Power-Hörgeräte als Lösung
Power-Hörgeräte sind speziell für Menschen mit schweren Hörverlusten entwickelte Geräte. Sie sind in der Regel größer und leistungsstärker als reguläre Hörgeräte, um den erhöhten Anforderungen gerecht zu werden.
Merkmale von Power-Hörgeräten
- Verstärkung leiser Geräusche: Power-Hörgeräte sind in der Lage, sehr leise Geräusche zu verstärken, was für Menschen mit schweren Hörverlusten besonders wichtig ist.
- Verbesserung des Hörempfindens: Sie verbessern das Hörempfinden in verschiedenen Frequenzbereichen.
Es ist wichtig zu beachten, dass Power-Hörgeräte nicht für jeden geeignet sind und Nebenwirkungen haben können. Daher ist eine gründliche Beratung durch einen Hörgeräteakustiker unerlässlich. In den meisten Fällen sind Power-Hörgeräte jedoch eine wertvolle Unterstützung und können Betroffenen helfen, besser zu hören und zu verstehen.
Bauformen von Hörgeräten
Grundsätzlich werden zwei Bauformen unterschieden:
- Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO): Diese bestehen aus zwei Teilen: einem kleinen, unauffälligen Empfänger mit Mikrofonen und Batterie, der hinter der Ohrmuschel sitzt, und einem Schallausgang, der sich direkt im Gehörgang befindet. Die Verbindung erfolgt entweder mit einem dünnen Schlauch oder einem transparenten Kabel. HdO-Hörgeräte bieten den größtmöglichen Funktionsumfang und sind für nahezu jede Art von Schwerhörigkeit erhältlich, auch für hochgradige Hörprobleme.
- In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO): Bei diesen Geräten verschwindet die gesamte Technik im Gehörgang, wodurch sie besonders unauffällig sind. IdO-Hörgeräte sind unempfindlich gegen äußere Berührungen und können gut beim Sport getragen werden. Allerdings ist ihre Leistung auf leichten bis mittelgradigen Hörverlust beschränkt, und sie dichten den Gehörgang ab, was zu einer schlechteren Belüftung und einer überbetonten Wahrnehmung der eigenen Stimme führen kann.
Ein besser oder schlechter kann man bei den beiden Bauformen nicht bestimmen. Beide haben ihre Vor- und Nachteile und behandeln verschiedene Vorlieben und Bedürfnisse. IdO´s bestechen durch ihre kompakte Bauweise und ermöglichen so ein diskretes Tragen derer im Ohr, zudem nutzen sie die natürliche Richtwirkung der Ohrmuschel für ein besseres Richtungshören. Durch die kompakte Bauweise finden aber nicht alle Technologien Platz im Gerät und so ist eine Versorgung nur für Menschen mit einem leichten bis mittleren Hörverlust möglich. HdO´s hingegen wirken etwas klobiger und finden ihren Platz hinter dem Ohr, in RIC-Bauweise fallen sie aber kaum noch auf. Die Richtwirkung der Ohrmuschel wird bei HdO´s simuliert. Lange Zeit gab es nützliche Funktionen, wie Akku oder Bluetooth nur für HdO´s.
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Moderne Hörgeräte-Technologien
Die Entwicklung moderner Hörgeräte macht in den letzten Jahren enorme Fortschritte. Leistungsfähigere Chips, ausgefeilte Signalverarbeitung und intelligente Automatikprogramme sorgen dafür, dass Sprache klarer und Störgeräusche gezielter unterdrückt werden können. Hinzu kommen Funktionen wie die direkte Anbindung an Smartphones, Streaming in hoher Qualität oder innovative Komfortlösungen, die den Alltag erleichtern.
Akku-Hörgeräte
Akku-Hörgeräte werden über Nacht in speziellen Ladestationen aufgeladen und halten in der Regel den ganzen Tag. Bei besonderer Beanspruchung können sie zwischendurch in die Ladestation gelegt werden, um die Ladung aufzufrischen.
Bluetooth-Hörgeräte
Moderne Hörgeräte verfügen mittlerweile über eine Bluetooth-Schnittstelle, die eine bequeme Verbindung mit dem Smartphone ermöglicht. So können sie wie kabellose Kopfhörer zum freihändigen Telefonieren oder Musikhören genutzt werden.
Mini-Hörgeräte
Moderne Hörgeräte sind heutzutage klein und unauffällig. Nicht nur Im-Ohr-Hörgeräte sind klein, auch Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte sind unauffällig und verschwinden hinter der Ohrmuschel.
Hörgeräte mit Otoplastiken
Otoplastiken sind maßgefertigte Ohrstücke für Hörgeräte, die individuell an den Gehörgang angepasst werden. Sie gewährleisten, dass der Lautsprecher im Ohr immer denselben Abstand zum Trommelfell hat, verhindern das Eindringen von Schall nach außen und sorgen dafür, dass das Hörgerät nicht so leicht aus dem Ohr fallen kann.
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Hörgeräte mit Tinnitus-Noiser
Für Patienten mit Tinnitus eignet sich ein Tinnitus-Noiser, der in verschiedenen Hörgeräte-Modellen eingebaut ist und mithilfe eines leisen Rauschens die Tinnitus-Geräusche überdeckt.
3D-Hörgeräte
Die meisten modernen Hörgeräte sind sogenannte 3D-Hörgeräte. Das heißt, sie verbessern die akustische Raumwahrnehmung, in dem sich die Hörgeräte auf beiden Ohren untereinander abstimmen und zum Beispiel das Richtungshören koordinieren.
Hörgeräte-Hersteller und Modelle
Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl von Hörgeräte-Herstellern, die jeweils unterschiedliche Modelle und Technologien anbieten. Hier sind einige Beispiele:
- Widex: Widex ist ein renommierter Hörgerätehersteller, der für innovative Hörtechnologie und hochwertige Produkte bekannt ist. Zu den besonderen Technologien gehören die True Input Technology, die ein breites Spektrum von Klängen ohne Verzerrung erfasst, und maschinelle Lernfunktionen, die die Hörerfahrung personalisieren. Widex bietet auch eine starke Konnektivität mit verschiedenen Geräten und legt großen Wert auf Design und Komfort. Die Preise für Widex-Hörgeräte liegen je nach Modell und Technologiestufe zwischen 1.000 € und über 3.000 €. Widex bietet mehrere Apps an, die speziell für die Unterstützung und Verbesserung der Benutzererfahrung mit ihren Hörgeräten entwickelt wurden. Dazu gehören die Widex MOMENT App, die Widex EVOKE App, die Widex BEYOND App und die Widex REMOTE CARE App. Widex bietet auch eine Reihe von Zubehörteilen an, die speziell entwickelt wurden, um die Funktionalität ihrer Hörgeräte zu erweitern und den Komfort und die Bequemlichkeit für den Benutzer zu erhöhen. Dazu gehören Widex TV PLAY, COM-DEX, PHONE-DEX 2 und CALL-DEX.
- Oticon: Oticon ist bekannt für seine Hinter-dem-Ohr-Geräte, insbesondere das Oticon Xceed, das speziell für hochgradige Schwerhörigkeit entwickelt wurde.
- Starkey: Starkey bietet Im-Ohr-Geräte wie das Starkey Genesis AI, das sich intelligent an verschiedene Hörsituationen anpasst und eine beeindruckende Klangqualität bietet.
- Signia: Signia bietet moderne Hörgeräte wie das Signia Pure Charge&Go AX, das auf Lithium-Ionen-Akkus setzt und einfach über Ladeschalen aufgeladen werden kann.
Auswahl des richtigen Hörgeräts
Die Auswahl des richtigen Hörgeräts hängt maßgeblich von der individuellen Anpassung ab. Ein professioneller Hörtest ist unerlässlich, um den Grad der Schwerhörigkeit genau zu bestimmen. Ein Hörakustiker kann verschiedene Modelle vorstellen und anpassen, um das bestmögliche Hörergebnis zu erzielen.
Testen und Probetragen
Es ist wichtig, das Hörgerät zu testen und sich an das Hören damit zu gewöhnen. Hörgeräte werden professionell von geschulten Hörakustikern an jedes individuelle Gehör angepasst. Beim Ersttermin stellt der Hörakustiker einige Hörgeräte zur Anprobe vor, basierend auf dem Schweregrad des Hörverlusts sowie dem persönlichen Lebensstil. Diese Hörgeräte können dann ausprobiert werden, um sich mit den einzelnen Modellen vertraut zu machen. Wenn ein Hörgeräte-Modell ausgewählt wurde, kann dieses anschließend mit nach Hause genommen und mit der Hörgewöhnung begonnen werden. Es besteht die Möglichkeit, bis zu 28 Tage Zeit zu haben, um sich mit dem Probegerät vertraut zu machen und die verschiedenen Funktionen auszutesten. Sollte man mit dem Probegerät nicht zufrieden sein, nimmt der Hörakustiker weitere Feinanpassungen vor oder stellt ein neues Probegerät zur Verfügung.
Kosten und Zuschüsse
Die Kosten für Hörgeräte können je nach Modell und Ausstattung variieren. Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland bezuschussen alle sechs Jahre die Anschaffung neuer Hörgeräte. Die Höhe des Zuschusses hängt von der individuellen Situation ab.
Alternativen zu Hörgeräten
In einigen Fällen, insbesondere bei sehr starkem Hörverlust oder Taubheit, können Hörimplantate eine Alternative zu herkömmlichen Hörgeräten darstellen. Es gibt verschiedene Arten von Hörimplantaten, wie Cochlea-Implantate, Mittelohrimplantate und Knochenleitungsimplantate, die je nach Art und Ursache des Hörverlusts geeignet sind.
- Cochlea-Implantate: Wenn der Hörnerv des Gehörlosen noch intakt ist, kann ein Cochlea-Implantat helfen, einen Teil des Hörvermögens wiederherzustellen.
- Mittelohrimplantate: Für Menschen, die Probleme mit dem Innenohr haben, kommen Mittelohrimplantate, auch implantierbare Hörgeräte genannt, in Frage.
- Knochenleitungsimplantate: Ein Knochenleitungsimplantat ist nur für Patienten geeignet, deren Innenohr mit Hörschnecke noch gesund und intakt ist, die aber ein Schallleitungsproblem im Außen- oder Mittelohr haben.
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