Die Diagnose Demenz bringt für Betroffene und Angehörige viele Herausforderungen mit sich. Sprachliche Beeinträchtigungen, insbesondere Wortfindungsstörungen, sind oft ein frühes Anzeichen und können die Kommunikation erheblich erschweren. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Wortfindungsstörungen im Zusammenhang mit Demenz, insbesondere der frontotemporalen Demenz (FTD), und stellt verschiedene Therapieansätze vor.
Einführung in die Thematik
Sprache ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis und ermöglicht es uns, Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken. Störungen der Sprache, wie sie bei Demenz auftreten, können dieses Bedürfnis stark beeinträchtigen und zu Isolation und Frustration führen. Ein Verständnis der Ursachen und Therapiemöglichkeiten ist daher entscheidend, um die Lebensqualität Betroffener zu verbessern.
Was sind Wortfindungsstörungen?
Wortfindungsstörungen äußern sich dadurch, dass Betroffene Schwierigkeiten haben, passende Wörter zu finden und im Kontext richtig zu verwenden. Es fällt ihnen schwer, aussagekräftige Sätze zu bilden, Wörter werden oft umschrieben, und es kommt zu langen Pausen im Gespräch. Medizinisch werden Wortfindungsstörungen in Aphasie, Dysphasie und kognitive Dysphasie unterschieden.
Ursachen von Wortfindungsstörungen bei Demenz
Wortfindungsstörungen können verschiedene Ursachen haben, von harmlosen Ursachen bis hin zu Schädigungen relevanter Bereiche des Gehirns. Im Zusammenhang mit Demenz spielen folgende Faktoren eine Rolle:
- Schädigung des Nervensystems: Verletzungen des Nervensystems, Tumore oder Hirnblutungen können Aphasie verursachen.
- Kognitive Dysphasie: Diese Form der Sprachstörung ist eine Folgestörung, die durch beeinträchtigte kognitive Basisfunktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Exekutivfunktionen verursacht wird.
- Schlaganfall: Ein Schlaganfall kann relevante Bereiche des Gehirns beschädigen und zu Wortfindungsstörungen führen.
- Tumor im Gehirn: Ein Tumor kann Druck auf das Gehirn ausüben und Sprachzentren beeinträchtigen.
- Hirnhautentzündung: Eine Hirnhautentzündung kann zu Schäden im Gehirn führen, die sich in Sprachstörungen äußern.
- Schädel-Hirn-Trauma: Unfälle mit einem Schädel-Hirn-Trauma können ebenfalls Wortfindungsstörungen verursachen.
- Demenzerkrankungen: Verschiedene Formen von Demenz, wie Alzheimer, können Wortfindungsstörungen verursachen.
- Frontotemporale Demenz (FTD): Besonders bei der FTD, bei der Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns absterben, treten häufig Sprachstörungen auf.
Die Frontotemporale Demenz (FTD) im Detail
Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine eher seltene Form der Demenz, bei der Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns absterben. Diese Bereiche steuern Gefühle, Sozialverhalten und Sprache. Die FTD beginnt normalerweise früher als die Alzheimer-Krankheit, durchschnittlich zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr.
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Symptome der FTD
Die Symptome der FTD können vielfältig sein und hängen davon ab, welche Bereiche des Gehirns betroffen sind. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens: Teilnahmslosigkeit, Reizbarkeit, Taktlosigkeit, Enthemmung, Aggressionen, Unberechenbarkeit.
- Sprachstörungen: Wortfindungsstörungen, Benennstörungen, Schwierigkeiten, Sätze zu bilden oder Sprache zu verstehen.
- Fehlende Empathie: Mangel an Interesse an Angehörigen und Freunden.
- Zwanghaftes Verhalten: Wiederholte Handlungen oder Rituale.
- Verändertes Essverhalten: Zwanghaftes Essen bestimmter Lebensmittel oder übermäßiger Konsum von Wasser oder Alkohol.
- Fehlende Krankheitseinsicht: Betroffene sehen oft nicht ein, dass ihr Verhalten ungewöhnlich ist.
Diagnostik der FTD
Die Diagnostik der FTD kann schwierig sein, da die Symptome oft psychischen Erkrankungen ähneln. Es gibt kein einzelnes Verfahren, das FTD eindeutig nachweisen kann. Die Diagnose erfolgt in mehreren Schritten:
- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und Prüfung grundlegender kognitiver Fähigkeiten.
- Befragung der Angehörigen: Einschätzungen aus dem Umfeld sind entscheidend, da Erkrankte oft keine Einsicht in ihre Verhaltensänderungen zeigen.
- Bildgebende Verfahren: MRT, CT oder FDG-PET können Veränderungen in den Stirn- und Schläfenlappen sichtbar machen.
- Neuropsychologische Tests: Erfassung spezifischer Beeinträchtigungen in Planung, Urteilsvermögen, Sprache oder sozialem Verhalten.
- Genetische Untersuchungen: Bei familiärer Häufung kann ein Gentest helfen, eine vererbbare Form festzustellen.
Formen der Primär Progressiven Aphasie (PPA)
Die Primär Progressive Aphasie (PPA) ist eine spezielle Form der Aphasie, die typischerweise bei neurodegenerativen Erkrankungen wie frontotemporaler Demenz auftritt. PPA betrifft zunächst die sprachlichen Fähigkeiten, während andere kognitive Funktionen weitgehend intakt bleiben können. Es gibt drei Hauptvarianten der PPA:
- Semantische Variante: Menschen mit dieser Form verlieren nach und nach das Verständnis für Wörter. Sie können Dinge oft nicht mehr benennen oder genau beschreiben, selbst wenn sie wissen, was sie sind.
- Unflüssige/agrammatische Variante: Das Sprechen wird mit der Zeit immer schwieriger. Die Wörter kommen langsamer über die Lippen, und das Sprechen klingt oft angestrengt. Schließlich kann die Sprache ganz versagen, während jedoch andere Fähigkeiten durchaus intakt bleiben.
- Logopenische Variante: Bei dieser Form fällt es den Betroffenen schwer, die richtigen Worte zu finden. Das Sprechen wird langsam und zögerlich, und sie beschreiben Begriffe umständlich, wenn ihnen die passenden Worte fehlen. Diese Variante wird jedoch eher der Alzheimer-Krankheit zugeordnet.
Verlauf der FTD
Die Frontotemporale Demenz hat einen schleichenden Verlauf. Zu Beginn unterscheiden sich Menschen mit FTD deutlich von Menschen mit anderen Demenzen und auch untereinander, je nach Subtyp. Im späten Stadium gleichen sich die Symptome von FTD und anderen Demenzerkrankungen an. Sprache und Verhalten sind stark beeinträchtigt, und es treten zusätzlich Gedächtnisprobleme auf, die an Alzheimer erinnern. Im Endstadium benötigen die Erkrankten rund um die Uhr Pflege.
Therapieansätze bei Wortfindungsstörungen und Demenz
Obwohl die FTD und viele andere Demenzformen nicht heilbar sind, gibt es verschiedene Therapieansätze, die helfen können, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
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Sprachtherapie (Logopädie)
Eine gezielte Sprachtherapie kann helfen, die Symptome einer Wortfindungsstörung zu mildern. Die Sprachtherapie ist ein wirksamer Ansatz bei einer Aphasie. Bevor die Behandlung beginnt, ist es wichtig, dass sich der Sprachtherapeut oder die Sprachtherapeutin einen Überblick verschafft. Welcher Schweregrad und welche Form liegen vor? Inwieweit kann der Betroffene oder die Betroffene lesen, schreiben, sprechen und Sprache verstehen? Grundsätzlich geht man davon aus, dass das Wissen rund um ein Wort, beispielsweise „Frühling“, nicht verloren gegangen ist. Betroffene wissen also, was den Frühling ausmacht. Allerdings ist der Zugriff auf das Wort momentan nicht möglich. In der Therapie arbeitet man viel mit Assoziationen und Ergänzungen. „Ich suche einen Begriff, der aus zwei Teilen besteht: Pferd und …“ Manchmal kommen Betroffene dann auf das Wort „Reiter“. In der Sprachtherapie werden zum Beispiel auch häufig Familienfotos eingesetzt. Beim Betrachten der Fotos kann es spontan zu einer Wortäußerung kommen, die Therapeuten und Therapeutinnen für die weitere Behandlung nutzen können. Konkretes Ziel der Sprachtherapie ist die Verbesserung des Sprachverständnisses und die Wiederaufnahme der Wort- und Satzproduktion. Dabei stehen die Wünsche des Patienten oder der Patientin klar im Vordergrund. Ein Wunsch könnte beispielsweise sein, mit den Enkelkindern wieder Bücher zu lesen.
Die logopädische Therapie kann helfen, den aktuellen Kommunikationsstatus der Betroffenen aufrechtzuerhalten und spezifische Ziele zur Förderung der noch vorhandenen Fähigkeiten zu entwickeln. Es ist ratsam, möglichst früh nach dem Auftreten der ersten Symptome mit einer logopädischen Therapie zu beginnen. Angehörige spielen eine entscheidende Rolle in der logopädischen Therapie, da sie unmittelbaren Kontakt zu den Betroffenen haben und deren Lebenswirklichkeit und Biographie gut kennen.
Medikamentöse Therapie
Obwohl es keine Medikamente gibt, die den Krankheitsverlauf der FTD aufhalten oder verlangsamen können, lassen sich manche Symptome mit bestimmten Medikamenten lindern. Serotonerge Antidepressiva haben sich bei der Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten bewährt. Bei psychotischen Symptomen, gesteigerter Psychomotorik und Aggressivität können hochpotente atypische Neuroleptika eingesetzt werden. Bei affektiven Symptomen und Apathie können Serotonin-Wiederaufnahmehemmer hilfreich sein.
Nicht-medikamentöse Therapieverfahren
Neben der medikamentösen Therapie gibt es verschiedene nicht-medikamentöse Therapieverfahren, die bei Verhaltensstörungen im Zusammenhang mit Demenz wirksam sein können. Dazu gehören:
- Psychoedukation: Schulung aller beteiligten Personen in validierendem, ressourcenorientiertem Umgang.
- Erinnerungstherapie: Aktivierung von Erinnerungen durch Gespräche, Fotos oder Musik.
- Ergotherapie: Förderung der Selbstständigkeit im Alltag.
- Körperliche Aktivitäten: Bewegung und Sport können Ängste abbauen, Unruhe mildern und beim Ein- und Durchschlafen helfen.
- Aktive Musiktherapie: Musik kann Emotionen wecken und die Kommunikation fördern.
- Gehirntraining: Gehirntraining kann helfen, die kognitiven Fähigkeiten zu stärken. NeuroNation ist eine wissenschaftliche Plattform, die sich auf das Training verschiedener kognitiver Funktionen fokussiert hat. Übungen wie Wortwunder, Wortakrobat und Sprachreise können für Personen mit Wortfindungsstörungen interessant sein.
Umgang mit Betroffenen im Alltag
Der Umgang mit einem Menschen, der an FTD erkrankt ist, stellt die Angehörigen oft vor große Herausforderungen. Es ist wichtig, die Betroffenen trotz ihrer Sprachstörung zu respektieren und ihnen nicht das Wort aus dem Mund zu nehmen oder sie zu korrigieren. Kurze Sätze, eine flexible Wortwahl und eine angenehme Stimmlage können die Kommunikation erleichtern. Hilfsmittel wie Kärtchen mit Bildern, Symbolen oder Buchstaben können ebenfalls die Kommunikation unterstützen.
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Weitere Unterstützungsangebote
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen kann helfen, mit den Herausforderungen der Erkrankung umzugehen. Bundesweit gibt es FTD-Angehörigengruppen.
- Beratungsstellen: Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft und andere Organisationen bieten Informationen und Beratung für Betroffene und Angehörige.
- Online-Angebote: Es gibt verschiedene Online-Angebote, wie z.B. Online-Erfahrungsaustauschgruppen für pflegende Angehörige.
NeuroNation als ergänzende Maßnahme
Begleitend zur Sprachtherapie kann auch zuhause aktiv werden: Mit Gehirntraining stärken Sie Ihre kognitiven Fähigkeiten. Durch eine Stärkung der kognitiven Fähigkeiten können Sie Ihre Konzentration und Aufmerksamkeitsfähigkeit stärken, um so auch bei Unterhaltungen besser am Ball bleiben zu können. Um Menschen bei der Stärkung ihrer kognitiven Fähigkeiten zu unterstützen, wurde NeuroNation gegründet. NeuroNation ist eine wissenschaftliche Plattform, die sich auf das Training verschiedener kognitiver Funktionen, wie etwa des Arbeitsgedächtnisses, fokussiert hat. Zusammen mit Professor:innen der Neuropsychologie entwickelt NeuroNation Gehirnübungen in den Kategorien Aufmerksamkeit, Rechnen, Logik und Gedächtnis. Einen Teil dieser Übungen können Sie bereits heute komplett kostenfrei über einen unbegrenzten Zeitraum testen und Ihrem Gehirn damit etwas Gutes tun. Folgende Übungen könnten für Personen mit Wortfindungsstörungen besonders interessant sein:
- Wortwunder: Trainiert Logik und Aufmerksamkeit und fördert die Fähigkeit, schneller Wörter zu finden und Sätze zu formulieren.
- Wortakrobat: Trainiert Logik und Verarbeitungsgeschwindigkeit und hilft, unterschiedliche Informationen gleichzeitig im Kopf zu behalten und schnell zu verarbeiten.
- Sprachreise: Trainiert Logik und Aufmerksamkeit und fordert den Kopf heraus, voll bei der Sache zu bleiben, da sich die Buchstaben bewegen und in Symbole umwandeln können.
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