Einführung
Demenzerkrankungen stellen eine zunehmende Herausforderung für unsere Gesellschaft dar. Sie sind durch Beeinträchtigungen der höheren Hirnleistungsfunktionen gekennzeichnet, insbesondere der Merkfähigkeit, der Gedächtnisleistungen und des Denkvermögens, die zu Problemen bei der Alltagsbewältigung führen. In Deutschland leben bereits deutlich mehr als eine Million Betroffene, und jährlich kommen mindestens 100.000 Neuerkrankungen hinzu. Typischerweise treten Demenzen im höheren Lebensalter auf, wenngleich sie in seltenen Fällen auch schon vor dem 60. Lebensjahr beginnen können.
Was ist Demenz?
Demenz (ICD-10 F00-F03) bezeichnet ein klinisches Syndrom, das als Abbau kognitiver Funktionen und Alltagskompetenzen definiert ist. Demenz ist durch zunehmende Defizite in kognitiven, emotionalen und sozialen Bereichen gekennzeichnet. Mit einer Demenz assoziierte Erkrankungen zeigen meist progressive Verläufe. Typisch sind eine nachlassende geistige Leistungsfähigkeit mit abnehmendem Denk- und Urteilsvermögen, zunehmender Orientierungslosigkeit und/oder Sprachverarmung, eine fortschreitende Beeinträchtigung der autobiographischen Identität sowie der Verlust von persönlichkeitsdefinierenden Eigenschaften, Selbstständigkeit und Autonomie. Oft sind Veränderungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens und/oder der Motivation zu beobachten.
Symptome und Warnsignale
Nicht jeder, der ab und zu etwas vergisst, muss zwangsläufig unter einer Demenz leiden. Im betagten Alter sind Vergesslichkeit und Zerstreutheit ganz normal. Es gibt jedoch einige Symptome und Warnsignale, die auf Alzheimer oder eine Demenz hindeuten und bei denen zeitnah ein Arzt besucht werden sollte. Dazu gehören:
- Nachlassendes Gedächtnis: Die Merkfähigkeit nimmt ab. Zunächst leidet besonders das Kurzzeitgedächtnis, später auch das Langzeitgedächtnis. Gedächtnisstörungen sind eines der frühesten Symptome. Ein schleichender Gedächtnisverlust ist eines der frühesten Symptome. Die amnestischen Defizite betreffen zunächst die Leistungen des Neugedächtnisses bei Aufnahme, Speichern und Wiedergabe neuer Informationen.
- Eingeschränkte Sprache: Weil dementen Patienten oft die Wörter fehlen, verwenden sie unpassende Füllworte oder Phrasen, die nicht in den Zusammenhang passen. Für andere sind ihre Sätze dann schwer verständlich. Außerdem kommt ihnen die Bedeutung von Wörtern abhanden - sie verstehen dann auch ihr Gegenüber nicht mehr. Sprachstörungen treten auf. Patienten haben zunehmend Schwierigkeiten, sich auszudrücken und die richtigen Worte zu finden. Sprachstörungen, Unruhe, Aggression und Affektlabilität treten auf (Eschweiler et al.
- Sinkende Konzentrationsfähigkeit: Betroffenen fällt es schwer, sich länger auf eine Sache zu konzentrieren. Patienten haben zunehmend Schwierigkeiten, sich spontan auf bestimmte Aufgaben zu konzentrieren oder ihre Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten.
- Schlechte zeitliche und räumliche Orientierung: Demenzkranke finden sich örtlich und/oder zeitlich schlechter zurecht.
- Sinkende Denkleistung und Auffassungsgabe: Die Fähigkeit zur Abstraktion und Planung sowie das Urteilsvermögen vermindern sich. Die Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) (Dilling et al. 2011) fordert neben dem Kardinalkriterium einer Merkfähigkeitsstörung zusätzlich Beeinträchtigungen der räumlichen Fähigkeiten (beispielsweise Störungen der Visuokonstruktion), der Kognition im engeren Sinn (wie beeinträchtige Abstraktion), der planerischen Leistung (Dysexekution), der sprachlichen Verarbeitung (Aphasie) oder des Verhaltens, Affekts und der Persönlichkeit.
- Verhaltens- und Wesensänderungen: Zum Beispiel Rastlosigkeit, Unruhe, Schlaflosigkeit, nächtliches Umherwandern, Ängste, depressive Verstimmungen, Reizbarkeit, Misstrauen, Feindseligkeit, Wutausbrüche, Aggressivität.
- Beeinträchtigung der Alltagsaktivitäten: Patienten haben zunehmend Schwierigkeiten bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben, die Aufmerksamkeit, Orientierung, Sprache und Urteilsvermögen betreffen.
- Probleme mit der motorischen Kontrolle: Eine vaskuläre Demenz betrifft häufig auch die Bewegungskoordination und die Fähigkeit, komplexe Handlungen auszuführen.
- Visuokonstruktive Beeinträchtigungen: Patienten haben Schwierigkeiten, komplexe Formen oder Muster zu erkennen und wiederzugeben.
- Verlust von Motivation und Interesse: Im Verlauf der Demenz verlieren viele Patienten das Interesse an früheren Hobbys, sozialen Kontakten oder alltäglichen Aktivitäten.
- Halluzinationen und Wahnvorstellungen: Einige Patienten erleben visuelle Halluzinationen (z. B. sehen sie nicht existierende Menschen oder Tiere) und entwickeln Wahnvorstellungen, die ihr Verhalten beeinflussen können. Ähnlich wie bei der Parkinson-Demenz können visuelle Halluzinationen oder Wahnvorstellungen auftreten.
- Beeinträchtigungen der exekutiven und visuoperzeptiven Funktionen: Patienten haben Schwierigkeiten, komplexe Handlungen zu planen und durchzuführen (exekutive Funktionen).
Spezifische Symptome einzelner Demenzformen
Frontotemporale Demenz (FTD): Eines der frühesten und auffälligsten Symptome der FTD sind Persönlichkeitsveränderungen. Patienten zeigen ein verändertes Sozialverhalten, verlieren die Fähigkeit zur Empathie und haben Schwierigkeiten, soziale Regeln einzuhalten.
Lewy-Körperchen-Demenz (LBD): Nächtliche Verhaltensstörungen, wie Sprechen oder Schreien im Schlaf, sind typisch für die LBD und können sehr belastend sein.
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Ursachen von Demenz
Auch heute sind noch nicht alle Ursachen von Demenzen geklärt. Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es nur für wenige Demenzerkrankungen. Ätiologisch werden zwei Gruppen unterschieden: die primären degenerativen und vaskulären Demenzen (rund 90% bei den über 65-Jährigen) sowie die sekundären Demenzformen (die restlichen etwa 10%).
Degenerative Ursachen
Bei den degenerativen Demenzen kommt es mit ansteigendem Lebensalter zu einem progredienten, irreversiblen Abbau von Neuronen und konsekutivem Verlust von Nervenzellverbindungen, sodass immer mehr neuronale Funktionen ausfallen.
Die häufigsten degenerativen Demenzen sind:
- Alzheimer-Demenz: Alzheimer-Demenz ist mit 60-70 Prozent die häufigste Form aller Demenzerkrankungen. Fast alle dementen Patienten über 65 Jahre weisen im Gehirn Alzheimer-charakteristische Plaques und Tau-Fibrillen auf; etliche von ihnen zeigen zusätzlich vaskuläre Hirnanomalien. Die Ursache der Eiweißablagerungen ist bislang nicht vollständig entschlüsselt.
- Lewy-Körper-Demenz (Lewy-Body-Demenz): Mit rund 20 Prozent ist die Lewy-Körper-Demenz (engl. dementia with Lewy bodies, DLB) die zweithäufigste Demenzform. Betroffene weisen aus abnorm phosphorylierten Proteinen bestehende Einschlüsse im neuronalen Zytoplasma auf - die sogenannten Lewy-Körperchen. Warum diese Aggregate entstehen, ist nach wie vor unklar. In einigen Familien besteht eine genetische Prädisposition. Die Mutationen betreffen die gleichen Gene, die auch zur Parkinson-Krankheit führen.
- Frontotemporale Demenz (FTD): Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist mit etwa 3-9 Prozent aller Demenzfälle deutlich seltener als die Alzheimer- und Lewy-Körper-Demenz. Bei jüngeren Demenzpatienten liegt der Anteil höher. Ein Drittel der FTD-Patienten weist eine ursächliche Genmutation auf. Die häufigsten drei Mutationen betreffen C9orf72 (chromosome 9 open reading frame72), GRN (Progranulin) und MAPT (microtubili associated protein tau).
Vaskuläre Ursachen
Vaskuläre Demenzen (VaD) sind ebenfalls mit neurodegenerativen Veränderungen und einem Verlust neuronaler Netzwerke assoziiert. Ätiologisch liegt jedoch eine vaskuläre Hirnschädigung zugrunde. Dazu gehören insbesondere:
- Multiple Infarkte (Multi-Infarkt-Demenz)
- Strategische Infarkte (strategic infarct dementia)
- Marklagerläsionen und Lakunen (subcortical ischemic VaD)
- Hirnblutungen (hemorrhagic dementia)
Seltenere Ursachen einer VaD sind globale Hypoperfusion, Subarachnoidalblutungen, Sinusvenenthrombosen, Vaskulitiden und genetische Erkrankungen.
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Sekundäre Ursachen
Zahlreiche Erkrankungen können zu kognitiven Störungen und demenzieller Symptomatik führen, zum Beispiel:
- Endokrinopathien (Hypothyreose, Hyperthyreose, Hypoparathyreoidismus, Hyperparathyreoidismus)
- Vitaminmangelkrankheiten (Vitamin-B12-Mangel, Folsäuremangel, Vitamin-B1-Mangel, Vitamin-B6-Mangel)
- Metabolische Enzephalopathien (chronische Lebererkrankungen, chronische Nierenerkrankungen)
- Intoxikationen (Industriegifte, Medikamente, Alkoholabhängigkeit)
- Elektrolytstörungen (Hyponatriämie, Hypernatriämie)
- Hämatologisch bedingte Störungen (Polyzythämie, Hyperlipidämie, multiples Myelom, Anämie)
- Chronische Infektionskrankheiten (bakteriell, viral)
- Spätformen der Leukodystrophien
Sehr selten ist eine demenzielle Symptomatik auf raumfordernde Prozesse wie Tumore, Hämatome oder Hydrozephalus zurückzuführen. Nach Entfernung der auslösenden Ursache können sich die Beschwerden zurückbilden.
Risikofaktoren
Epidemiologische Studien haben etliche Faktoren ermittelt, die das Risiko einer Demenzerkrankung erhöhen. Wichtigster Risikofaktor ist ein hohes Lebensalter. Da Frauen statistisch älter werden als Männer, sind sie auch häufiger von Demenz betroffen.
Pathogenese
Alle Demenzformen gehen mit einem Verlust bzw. Abbau von Nervenzellen und neuronalen Verbindungen einher und sind mit einem Untergang von Hirngewebe assoziiert. Den unterschiedlichen Demenzformen liegen unterschiedliche pathogenetische Prozesse zugrunde.
Pathogenese der Alzheimer-Demenz
Bei der Alzheimer-Krankheit blockieren Beta-Amyloid- und Tauproteine den neuronalen Informationsaustausch und führen zum Absterben der Nervenzellen. Beta-Amyloid-Proteine sammeln sich als toxische Oligomere an, verklumpen und setzen sich als unauflösliche Plaques zwischen den Nervenzellen fest. Zweitens bündeln sich pathogene Knäuel von Neurofibrillen, deren Hauptbestandteil Tau-Proteine sind. Sowohl Beta-Amyloid als auch Tau-Proteine stören zunehmend die neuronale Kommunikation, was langfristig zu einem Verlust der Nervenzellen und einer sukzessiven Abnahme der Hirnsubstanz führt. Bei Alzheimer-Patienten gehen vor allem Acetylcholin-produzierende Nervenzellen zugrunde.
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Pathogenese der Lewy-Körper-Demenz
Bei der Lewy-Körper-Demenz bilden sich aus bislang unbekannter Ursache sogenannte Lewy-Körperchen, die hauptsächlich aus dem Eiweiß alpha-Synuclein bestehen. Die interneuronale Signalweitergabe wird gestört, Nervenzellverbindungen gehen verloren - mit dem Ergebnis zerebraler Ausfallerscheinungen. Gleichzeitig besteht ein Dopamindefizit, weshalb die Demenz auch zu den atypischen Parkinson-Syndromen gezählt wird.
Pathogenese der Frontotemporalen Demenz
Bei der Frontotemporalen Demenz dominiert eine präsenil beginnende neuronale Dysfunktion und der Verlust von neuronalen Verbindungen im Frontal- und Temporalbereich. Der Gewebsuntergang geht auf eine intrazytoplasmatische, mitunter auch intranukleäre Protein-Akkumulation in Neuronen und Gliazellen zurück.
Diagnose
Die Diagnostik von Demenzerkrankungen dient dazu, die syndromale und ätiologische Zuordnung der Demenz zu erreichen. Sie soll die Identifikation von nichtdegenerativen bzw. nichtvaskulären Ursachen eines Demenzsyndroms ermöglichen, um hier ggf. spezielle Therapien einzuleiten. Den Beginn der Diagnostik bilden Eigen- und wegen der kognitiven Beeinträchtigung des Erkrankten die Fremdanamnese.
Körperliche und neurologische Untersuchung
Die körperliche internistische und neurologische Untersuchung ist in der Diagnostik einer Demenz von sehr großer Bedeutung. Internistisch soll dabei besonders auf kardiovaskuläre, metabolische und endokrinologische Erkrankungen geachtet werden. Neurologisch sind der Hirnnerven- und Reflexstatus von Bedeutung, um Hinweise auf Bewegungsstörungen, Muskeltonus, eine Inkontinenz oder eine Halbseitensymptomatik, die als primäre Ursache einer Demenz gelten, zu identifizieren.
Erfassung von Alltagfunktionen
Da für die Diagnose eines demenziellen Syndroms eine Einschränkung der alltagspraktischen Fertigkeiten vorliegen muss, müssen diese immer miterfasst werden. Sie umfassen Tätigkeiten wie Waschen, Ankleiden, Essen, persönlichen Hygiene und die Kontrolle der Körperausscheidungen einschließlich der Toilettenbenutzung. Zur Erfassung von Alltagfunktionen haben sich ADL-Skalen (Aktivitäten des täglichen Lebens - „activities of daily living“, ADL) durchgesetzt.
Psychopathologischer Befund
Der psychopathologische Befund ist unter besonderer Berücksichtigung von Gedächtnis, Orientierung, Affektivität, psychotischen und Abhängigkeitssymptomen sowie Antriebsstörungen zu erheben. Er gibt Hinweise auf die wichtigsten Differenzialdiagnosen wie Depressionen, Delir, schizophrenes Residuum oder Suchterkrankungen. Insbesondere wichtig ist die differenzialdiagnostische Abtrennung zur Depression, da das Erkrankungsrisiko für eine Demenz mit der Zahl der vorangegangenen depressiven Episoden steigt, depressive Symptome Begleitsymptome bei beginnender Demenz sein können, und eine Depression die Ursache von kognitiven Störungen sein kann.
Neuropsychologische Tests
Neuropsychologische Kurztests sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Demenzdiagnostik. Als Instrumente zur orientierenden Einschätzung von kognitiven Störungen können der Mini-Mental-Status-Test (MMST), der DemTect, der Test zur Früherkennung von Demenzen mit Depressionsabgrenzung und der Uhrentest benutzt werden. Hat sich durch einen Kurztest der Verdacht auf ein demenzielles Syndrom ergeben, sollten sich ausführlichere neuropsychologische Untersuchungen anschließen. Den Standard in der neuropsychologischen Diagnostik stellt die CERAD plus-Batterie dar.
Bildgebende Verfahren
Die bildgebende Untersuchung des Gehirns im Rahmen der Diagnostik von Demenzerkrankungen sollte einmal im Krankheitsverlauf erfolgen. Hiermit können sowohl behandelbare Ursachen einer Demenz erkannt werden als auch eine ätiologische Differenzierung primärer Demenzerkrankungen erfolgen. Eine Computertomographie des Kopfes (cCT) ist meist ausreichend, jedoch bietet die Magnetrsonanztomographie eine Untersuchung ohne Belastung durch Röntgenstrahlen und sollte entsprechend den Leitlinien der DGN bei jüngeren Patienten bevorzugt werden. Funktionelle Messungen des Glukosemetabolismus (PET) und der zerebralen Perfusion (SPECT) mit nuklearmedizinischen Verfahren können in der Differenzialdiagnostik angewandt werden.
Laboruntersuchungen
Im Rahmen der Basisdiagnostik werden folgende Laboruntersuchungen empfohlen: Blutbild, Elektrolyte (Na, K, Ca), Nüchternblutzucker, TSH, Blutsenkung oder CRP, GOT, γ-GT, Kreatinin, Harnstoff, Vitamin B12. Im Rahmen der Erstdiagnostik einer Demenz sollte die Liquordiagnostik zum Ausschluss einer entzündlichen Gehirnerkrankung durchgeführt werden.
Genetische Faktoren
Der wichtigste genetische Faktor für die Alzheimer-Krankheit mit spätem Beginn ist das Apo-E-Epsilon-4-Allel, das ungefähr die Hälfte der Demenzkranken trägt. Die vor dem 60. Lebensjahr beginnende familiäre Alzheimer- Demenz (FAD), die durch verschiedene Einzelgenmutationen bedingt ist, macht 0,5 % aller Alzheimer-Demenzen aus.
Differenzialdiagnosen
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen eines Demenzsyndroms sind: Depression, Intoxikationen und Abhängigkeitssyndrome, Chronische Infektionskrankheiten.
Therapie
Demenzerkrankungen sind in der überwiegenden Zahl der Fälle leider nicht heilbar, es stehen aber therapeutische Ansätze zur Verfügung, mit denen wir den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen können. Eine zielgerichtete Diagnostik lässt in der Regel Aussagen über die Ursache zu und bildet die Grundlage für unser therapeutisches Vorgehen. Möglichkeiten zur Diagnostik und Therapie halten wir im ambulanten, tagesklinischen und stationären Bereich unserer Klinik vor. Das Ziel der therapeutischen Maßnahmen ist eine psychische und körperliche Stabilisierung unserer Patienten, bei progredienten (fortschreitenden) Verlaufsformen eine Verlangsamung des Krankheitsprozesses mit einem möglichst langen Erhalt der Selbstständigkeit. Zur Verlaufsbeurteilung und Sicherheit für unsere Patienten erfolgt eine ständige Therapieprozesskontrolle, unter anderem durch regelmäßige fachärztliche Visiten, Teambesprechungen sowie psychometrische Verlaufs- und Effektkontrollen. Der Übergang aus der stationären sowie teilstationären Behandlung in die Ambulanz oder gegebenenfalls in neue Wohnformen sowie die Integration in zukünftige Hilfen ist von großer Bedeutung, um „Abbrüche“ zu vermeiden und unsere Patienten nicht zu verunsichern.
Medikamentöse Therapie
Zur Therapie der leichten bis mittelschweren Alzheimer-Demenz (AD) sind Acetylcholinesterasehemmer (AChE-Hemmer) zugelassen. Die Wirkung und Nebenwirkung dieser Mittel sind dosisabhängig und es soll die höchste gut verträgliche Dosis angestrebt werden. Nebenwirkungen sind: Bradykardien und Synkope, Erbrechen, Übelkeit, Schwindel, Appetitlosigkeit, Diarrhoe und Kopfschmerzen. Zur Behandlung der moderaten bis schweren Alzheimer-Demenz (MMST: 0-20 Punkte) ist in Deutschland der nichtkompetitive NMDA-Antagonist Memantin zugelassen. Bei leichtgradiger Alzheimer-Demenz ist eine Wirksamkeit von Memantin auf die Alltagsfunktion nicht belegt.
Der Verlust der Orientierung
Einem an Demenz Erkrankten wird das nicht gelingen. Er wird unter Umständen in der eigenen Wohnung, im eigenen Haus, in dem er schon seit Jahrzehnten lebt, die Toilette nicht mehr finden. Dasselbe kann beim Verlust der räumlichen Orientierung dann natürlich auch bei anderen Räumen, wie Küche, Schlafzimmer etc. passieren.
Verlust der zeitlichen Orientierung
Ein Mensch mit Demenz ist hier nicht mehr orientiert. Beim Verlust der zeitlichen Orientierung kann sich der Betroffene fünf Minuten eben nicht mehr vorstellen, diese Zeitspanne ist für ihn nicht mehr greifbar. Ein Betroffener sieht im Winter aus dem Fenster, bemerkt, dass die Sonne scheint und beschließt, spazieren zu gehen. Er tut dies dann in T-Shirt, kurzen Hosen und Sandalen bei Minus 10 Grad. Ihm fehlt die Orientierung in der Zeit, in diesem Fall in der Jahreszeit. Ein dementiell Erkrankter spürt sehr wohl Kälte und Schmerz etc. - ebenso wie wir Gesunde. Es fehlt lediglich die Fähigkeit zur Abstraktion, zum verknüpften Denken und Handeln. Also die Fähigkeit, zu erkennen, was ich tun muss, damit dieses komische Gefühl, dieser Schmerz, das Zittern aufhört. Der Betroffene weiß nicht, dass er sich etwas überziehen oder nach drinnen gehen muss. Ein Demenzkranker verliert auch den Bezug zu den Wochentagen und Monaten.
Verlust der situativen Orientierung
Ein Mensch mit Demenz, der die Orientierung in der Situation verloren hat, wird dieses Verhalten in eben dieser Situation nicht zuordnen können und auch nicht verstehen. Ein Betroffener sieht jemanden sich gegenübersitzen, der mit einem „schmalen kleinen Stöckchen komische Zickzack-Bewegungen auf einer weißen Fläche macht“. Er kann nicht zuordnen, dass diese Person etwas schreibt, nicht einordnen, was diese Situation, diese Handlung zu bedeuten hat. Beim Verlust der situativen Orientierung kann er nicht verstehen, was da um ihn herum passiert.
Verlust der Orientierung zur eigenen Person
Ein alter Herr, an Demenz erkrankt, der zu Hause von seiner Frau versorgt wird, geht morgens nackt ins Bad, um sich zu waschen und ….. da ist doch tatsächlich ein anderer nackter Mann im Bad. Seine Schlussfolgerung ist, dass seine Frau fremdgeht. Also geht er zu ihr in die Küche und schlägt sie. Was war passiert? Er hat sich selbst im Spiegel nicht mehr erkannt! Das ist übrigens auch immer wieder der Grund dafür, dass an Demenz erkrankte Menschen plötzlich inkontinent werden. Sie gehen zur Toilette, dort hängt in den meisten Fällen ein Spiegel an der Wand, sie schauen in den Spiegel, sehen eine fremde Person und denken, die Toilette ist besetzt. Sie verlassen den Raum, gehen möglicherweise zu einer weiteren Toilette in der Wohnung und auch die ist „besetzt“. Und irgendwann geht das dann im wahrsten Sinne des Wortes „in die Hose“.
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