Borreliose-Hirnhautentzündung: Behandlungsleitlinien und aktuelle Empfehlungen

Die Borreliose, auch Lyme-Borreliose genannt, ist eine durch Bakterien der Gattung Borrelia verursachte Infektionskrankheit, die durch Zeckenstiche übertragen wird. Sie kann verschiedene Organe befallen, darunter Haut, Nervensystem, Gelenke und Herz. Die neurologische Manifestation der Lyme-Borreliose, die Neuroborreliose, kann sich als Hirnhautentzündung (Meningitis) äußern und erfordert eine spezifische Behandlung. Dieser Artikel fasst die aktuellen Behandlungsleitlinien und Empfehlungen für die Borreliose-Hirnhautentzündung zusammen, basierend auf der deutschen S3-Leitlinie Neuroborreliose und anderen relevanten Quellen.

Einführung

Die Lyme-Borreliose ist eine endemische Infektionskrankheit, die durch Borrelia burgdorferi sensu lato ausgelöst wird. Dieser Erreger wird durch Zecken übertragen. Eher unsichere epidemiologische Daten zeigen eine unterschiedliche jährliche Inzidenz der Lyme-Borreliose in Deutschland zwischen 25 und über 100 Fällen pro 100.000 Einwohner; es ist mit einer Zahl von 20.000 bis über 80.000 Erkrankungen pro Jahr in Deutschland zu rechnen. Bei etwa 5 bis 25% der gesunden Erwachsenen lassen sich hier Antikörper gegen Borrelia burgdorferi nachweisen. Die Rate infizierter Zecken schwankt regional stark und liegt zwischen 10 und mehr als 30%.

Die Neuroborreliose ist eine Entzündung der Nervenwurzeln, der Hirnhäute, des Gehirns oder der Hirnnerven durch Borrelien. Diese Bakterien können durch einen Zeckenstich übertragen werden; nicht immer finden sich Zeichen einer Hautinfektion an der Einstichstelle (Wanderröte = Erythema migrans chronicum). Im Gegensatz zur FSME existiert bei der Borreliose keine ausreichend wirksame Impfung gegen diesen Erreger.

Diagnostik der Neuroborreliose

Klinische Verdachtsdiagnose und Liquordiagnostik

Die Lyme-Borreliose ist primär eine klinische Verdachtsdiagnose, die durch die Ergebnisse der Labordiagnostik gestützt wird. Die klinische Verdachtsdiagnose einer Neuroborreliose (Hirnnervenausfälle, Meningitis/Meningoradikulitis, Enzephalomyelitis) lässt sich durch den Nachweis entzündlicher Liquorveränderungen in Verbindung mit einer borrelienspezifischen intrathekalen Antikörpersynthese bestätigen. Bei den meisten Patient*innen mit Neuroborreliose kann die klinische Verdachtsdiagnose durch den Nachweis einer borrelienspezifischen intrathekalen Antikörpersynthese in Verbindung mit entzündlichen Liquorveränderungen bestätigt werden.

Bei jeder Neuroborreliose sind entzündliche Liquorveränderungen (Pleozytose, Blut-Liquor-Schrankenstörung sowie intrathekale Immunglobulinsynthese) zu erwarten. Lediglich in einem ganz frühen Krankheitsstadium oder bei einer distalsymmetrischen Polyneuropathie im Rahmen einer ACA kann der Liquor unauffällig sein.

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Die intrathekale spezifische Antikörperproduktion wird durch die Bestimmung des borrelienspezifischen Liquor-/Serum-Antikörper-Index nachgewiesen. Die Liquoranalytik soll die zytologische, proteinchemische und serologische (AI-Berechnung [AI, Antikörper-Index]) umfassen. Die intrathekale spezifische Antikörperproduktion wird durch die Bestimmung des borrelienspezifischen Liquor-/Serum-Antikörper-Indexes (borrelienspezifischer AI) nachgewiesen.

Serologische Diagnostik

Abgesehen vom typischen Erythema migrans, das rein klinisch diagnostiziert wird, ist bei Verdacht auf Lyme-Borreliose der Nachweis borrelienspezifischer Antikörper im Serum, ggf. auch im Liquor, ein entscheidender Baustein für die Diagnosefindung. Da es den optimalen Einzeltest für den Antikörpernachweis nicht gibt, sollte bei der Serodiagnostik nach dem Prinzip der Stufendiagnostik verfahren werden:

  1. Stufe: ELISA oder vergleichbare Methoden.
  2. Falls der Test der 1. Stufe positiv oder grenzwertig ist: Test der 2. Stufe (Immunoblot).

Für die Diagnose einer Neuroborreliose ist der Nachweis intrathekal (im Nervenwasser) gebildeter Antikörper gegen Borrelien in Liquor/Serum-Paaren vom gleichen Tag erforderlich. Die Bestimmung des Liquor/Serum-Index ermöglicht den Nachweis der borrelienspezifischen intrathekalen Antikörperbildung (= positiver borrelienspezifischer Antikörperindex [AI]). Letzterer ist 6 bis 8 Wochen nach Erkrankungsbeginn bei der weitaus überwiegenden Anzahl der Patienten nachweisbar.

Die serologische Diagnostik soll nur bei ausreichendem klinischem Verdacht angefordert werden.

Direkter Erregernachweis

Der kulturelle oder molekularbiologische Direktnachweis sollte nur bei differenzialdiagnostisch uneindeutigen Fällen eingesetzt werden. In diagnostisch unklaren Fällen (zum Beispiel bei immunsupprimierten Patienten) kann eine Infektion durch den Erregernachweis aus Liquor bestätigt werden (17). Die Sensitivität des Erregernachweises aus Liquor mittels Kultur oder Polymerasekettenreaktion (PCR, „polymerase chain reaction“) bei der akuten Neuroborreliose beträgt allerdings nur 10-30 %

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Ungeeignete diagnostische Untersuchungsmethoden

Für die in Kasten 2 genannten Methoden liegen keine prospektiven kontrollierten Studien vor, die einen Nutzen für die Diagnostik der Neuroborreliose belegen würden. Somit sollen diese Methoden für die Diagnostik der Neuroborreliose nicht verwendet werden (↓↓) (17).

Therapie der Neuroborreliose

Antibiotische Behandlung

Generell wird allen Patienten mit borreliosetypischer neurologischer Symptomatik bei entzündlichen Liquorveränderungen und positiver Borrelienserologie eine Antibiotika-Behandlung empfohlen. Bei einer „möglichen“ Neuroborreliose (Liquorbefund nicht vorliegend oder unauffällig) kann nach einer gründlichen Differenzialdiagnostik und ausbleibendem Nachweis einer anderen Erkrankung eine Antibiotika-Behandlung erwogen werden.

Doxycyclin oral ist Mittel der Wahl, sodass auch bei Neuroborreliose keine i.v. Medikation und keine Kombinationsbehandlungen notwendig sind. Doxycyclin ist bei der frühen Neuroborreliose gegenüber Betalaktamantibiotika (Penicillin G, Ceftriaxon und Cefotaxim) im Hinblick auf die Rückbildung der neurologischen Symptomatik bei gleicher Verträglichkeit gleich gut wirksam. Antibiotika-Kombinationsbehandlungen werden nicht empfohlen, da dazu keine validen auswertbaren Studiendaten vorliegen.

Üblicherweise zur oralen Behandlung eingesetzte Antibiotika umfassen Doxycyclin oder Amoxicillin als Therapie der Wahl; Therapiealternativen sind Cefuroximaxetil oder Azithromycin. Zur intravenösen Therapie werden Ceftriaxon, Cefotaxim oder Penicillin G eingesetzt.

Therapiedauer

Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage, im Regelfall von der bislang empfohlenen Therapiedauer von 14 Tagen bei früher Neuroborreliose und 14-21 Tagen bei später Neuroborreliose abzuweichen. 14 days of therapy for early and 14-21 days for late neuroborreliosis was confirmed.

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Therapieerfolg

Der Therapieerfolg soll anhand der klinischen Symptomatik beurteilt werden (und nicht etwa durch wiederholte serologische Untersuchungen).

Persistierende Symptome

Vermeintlich oder tatsächlich persistierende unspezifische bzw. untypische Symptome nach Neuroborreliose können auf unterschiedlichen Phänomenen beruhen und sollten nicht antibiotisch behandelt werden. Vermeintlich oder tatsächlich persistierende unspezifische bzw. untypische Symptome nach Neuroborreliose beruhen zum erheblichen Teil auf Studienartefakten infolge unscharfer Falldefinitionen.

Eine längerfristige Antibiotikatherapie bei Patienten mit persistierenden Symptomen, die einer Lyme-Borreliose zugeschrieben wurden, bringt keine signifikante Verbesserung gegenüber Plazebo. Auch zehn Jahre später werden allerdings immer noch unspezifische Symptome wie Fatigue, muskuloskelettale Schmerzen und subjektive neurokognitive Einschränkungen allzu häufig der Borreliose zugeschrieben.

Antibiotikatherapie in besonderen Situationen

Zur Therapie der Borreliose in der Schwangerschaft gibt es keine kontrollierten Untersuchungen. Der Einsatz von Doxycyclin ist hier kontraindiziert, als Mittel der ersten Wahl gilt Amoxicillin in üblicher Dosierung. Bei Unverträglichkeit dagegen und dringender Indikation stehen als Alternativen oral Cefuroxim und parenteral Ceftriaxon zur Verfügung.

Differenzialdiagnosen

Die Differenzialdiagnostik des Erythema migrans und insbesondere der multiplen Erythemata migrantia ist vielgestaltig und erfordert Erfahrung. Auch wenn manche Patient*innen sich nicht an einen Zeckenstich erinnern können, sollte eine Lyme-Borreliose bei entsprechenden Symptomen als Differenzialdiagnose überlegt werden.

Andere Differenzialdiagnosen sind:

  • Andere Formen von Arthritis
  • Andere Ursachen einer Fazialisparese bzw. anderer Hirnnervenausfälle
  • Andere Ursachen einer Meningitis (vor allem bei Kindern)

Prävention

Die Vermeidung von Zeckenstichen ist die einzige Möglichkeit, eine Lyme-Borreliose sicher zu verhindern. Daher sollten zeckendurchseuchte Gebiete gemieden werden. Nach Zeckenstich ist es wichtig, die Zecke so schnell wie möglich zu entfernen. Hierzu wird die Zecke mit einer stabilen, spitzen Pinzette (Zeckenzange) möglichst flach über der Haut gefasst und langsam, ggf. mit Hinundherdrehen, herausgezogen. Nach Entfernung der Zecke sollte die Wunde desinfiziert werden; ein kleiner Rest in der Wunde entspricht meist dem Stechapparat und kann ohne Steigerung des Infektionsrisikos entfernt oder belassen werden.

Die Gefahr, Zecken zu akquirieren, besteht bei Freilandaufenthalten mit Kontakt zu bodennahen Pflanzen (Gras, Kraut, Strauchwerk). Kleidung, die möglichst viel Körperoberfläche bedeckt (z.B. Abwehrmittel (Repellents) für die Haut (z.B. Icaridin oder Diethyltoluamid [DEET]) wirken in gewissem Umfang auch gegen Zecken. Zur Wirksamkeit, Anwendung oder Wirkdauer sind die Herstellerangaben zu beachten. Schuhwerk oder Kleidung können auch behandelt werden oder vorbehandelte Kleidung und Ausrüs…

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