Das Elektroenzephalogramm (EEG) ist eine nicht-invasive neurologische Untersuchungsmethode, die die elektrische Aktivität des Gehirns misst. Es ist ein wertvolles Instrument zur Diagnose und Überwachung verschiedener neurologischer Erkrankungen und Zustände. Die EEG-Untersuchung wird von Neurologen und medizinisch-technischen Assistenten durchgeführt. Moderne Labore sind mit Geräten und Verfahren ausgestattet.
Was ist ein EEG?
Das Elektroenzephalogramm (EEG) ist eine Methode zur Ableitung und Aufzeichnung der Hirnströme. Es misst die elektrische Aktivität des Gehirns über Elektroden, die auf der Kopfhaut platziert werden. Ähnlich wie beim Elektrokardiogramm (EKG), das die elektrische Aktivität des Herzens aufzeichnet, erfasst das EEG die Spannungsschwankungen, die von den Nervenzellen im Gehirn erzeugt werden. Diese Schwankungen werden verstärkt und als Hirnstromwellen aufgezeichnet.
Vorbereitung auf ein EEG
Vor der Untersuchung werden die Elektroden mit Kontaktgel bestrichen. Eine Rasur ist nicht erforderlich. Die Haare sollten aber gewaschen sein und ohne Rückstände von Produkten wie Festiger, Gel oder Haarspray. Es ist wichtig, dass die Haare am Vortag der Untersuchung gewaschen wurden und am Tag der Untersuchung kein Haarspray oder Haargel verwendet wird. Das Haarwaschen vermindert den Hautwiderstand und ermöglicht daher eine bessere EEG-Ableitung.
Wie wird ein EEG durchgeführt?
Für ein Routine-EEG werden bis zu 21 Elektroden benötigt, die meist in einer Art Haube eingearbeitet sind, um das Anbringen zu erleichtern. Die Elektroden werden nach einem standardisierten Schema auf der Kopfhaut des Patienten befestigt und über Kabel mit einem EEG-Gerät verbunden.
Während der Messung sollte der Patient entspannt und ruhig sein und die Augen geschlossen halten. Der Arzt gibt Anweisungen, wie z.B. die Augen zu öffnen oder Rechenaufgaben zu lösen, um Änderungen der Hirnaktivität hervorzurufen, die im EEG aufgezeichnet werden. Die Untersuchung wird in entspannter, möglichst ruhiger Haltung im Liegen oder Sitzen durchgeführt. Eine medizinische Fachkraft gibt Anweisungen, z.B. die Augen zu öffnen oder heftig ein- und auszuatmen. Manchmal werden auch Reize wie flackerndes Licht eingesetzt, um die Hirnaktivität anzuregen.
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Dauer eines EEGs
Ein Routine-EEG dauert in der Regel 20 bis 30 Minuten. Bei speziellen Fragestellungen kann die Messdauer variieren.
Arten von EEG-Untersuchungen
Es gibt verschiedene Arten von EEG-Untersuchungen, die je nach Fragestellung eingesetzt werden:
- Routine-EEG: Dies ist die häufigste Form des EEGs und dient der allgemeinen Beurteilung der Hirnaktivität.
- Schlaf-EEG: Wird im Schlaf durchgeführt, um Auffälligkeiten zu erkennen, die im Wachzustand nicht sichtbar sind.
- Langzeit-EEG: Misst die Hirnaktivität über einen längeren Zeitraum (24-48 Stunden), um seltene Ereignisse wie epileptische Anfälle zu erfassen.
- Provokations-EEG: Hierbei werden bestimmte Reize (Hyperventilation, Photostimulation, Schlafentzug) eingesetzt, um epileptische Anfälle zu provozieren.
Schlaf-EEG
Ein Schlaf-EEG wird meist in einem speziellen Schlaflabor stationär durchgeführt. Wie beim Routine-EEG setzt der Arzt dem Patienten eine Elektrodenhaube auf. Der Patient geht dann wie gewohnt zu Bett, so wie er es auch zuhause macht. Medikamente und Alkohol darf er keine einnehmen. Über die gesamte Schlafdauer wird die Hirnaktivität gemessen und aufgezeichnet. Häufig erfasst der Arzt dabei auch die Augenbewegungen, die Muskelaktivität und die Herzfrequenz des Schlafenden.
Langzeit-EEG
Beim Langzeit-EEG wird die Hirnaktivität über 24 oder 48 Stunden gemessen. Dazu erhält der Patient einen tragbaren Rekorder, der am Körper befestigt wird. Während der Langzeitaufzeichnung protokolliert der Patient alle Vorkommnisse, damit der Arzt sie mit Veränderungen der Hirnaktivität in Zusammenhang bringen kann. Neben den Standardableitungen können auch Langzeituntersuchungen mit einem tragbaren Gerät durchgeführt werden.
Provokations-EEG
Hierbei wird ein epileptischer Anfall provoziert. Dazu setzt der Neurologe drei verschiedene Methoden ein: Hyperventilation (Mehratmung), Photostimulation und Schlafentzug. Für die Hyperventilation bittet der Arzt den Patienten, für drei bis fünf Minuten möglichst tief ein- und auszuatmen. Bei der Photostimulation wird der Patient hellen Lichtblitzen ausgesetzt. Sowohl während der Hyperventilation als auch der Photostimulation leitet der Arzt direkt ein EEG ab. Beim Schlafentzug soll der Patient während einer gesamten Nacht wach bleiben. Hierzu wird er meist stationär aufgenommen. Koffeinhaltige Getränke darf er keine zu sich nehmen, um wach zu bleiben. Das EEG wird dann am nächsten Tag abgeleitet.
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Gerade epileptische Veränderungen im EEG sind oft nicht in einem normalen EEG nachzuweisen. In solchen Fällen muss ein Belastungstest durchgeführt werden. So können im EEG Anfallsmerkmale durch Schlafentzug provoziert werden, die dann in einem sogenannten Schlafentzugs-EEG nachweisbar sind. Für die Durchführung eines Schlafentzugs-EEGs müssen Sie einen ganzen Tag und eine ganze Nacht hindurch (24 Stunden) wach bleiben. Am besten gelingt dies, wenn Sie sich mit etwas beschäftigen, das Konzentration erfordert, z.B. Basteln, Bügeln, Putzen etc. Alkohol, Tee, Kaffee und Zigarettenrauchen sollte für diesen Zeitraum unterbleiben. Am nächsten Morgen wird dann in der Praxis während des Einschlafens und des Aufwachens über ca. 20-30 Minuten ein EEG durchgeführt.
Anwendungsbereiche des EEGs
Das EEG wird zur Abklärung verschiedener neurologischer Erkrankungen eingesetzt, darunter:
- Epilepsie: Das EEG ist ein wichtiges Instrument zur Diagnose und Klassifizierung von Epilepsie. Es kann epilepsietypische Hirnstromkurven (Spikewellen) aufzeichnen, die auf eine erhöhte Anfallsbereitschaft hinweisen.
- Bewusstseinsstörungen: Das EEG kann helfen, die Ursache von Bewusstseinsstörungen wie Koma oder Verwirrtheit zu erkennen.
- Schlafstörungen: Das EEG ist ein wichtiger Bestandteil der Polysomnographie (Schlaflaboruntersuchung) und hilft bei der Diagnose von Schlafstörungen wie Insomnie, Narkolepsie und Schlafapnoe.
- Hirntod: Das EEG kann zur Feststellung des Hirntods eingesetzt werden, da bei einem Hirntoten keine elektrische Aktivität im Gehirn mehr vorhanden ist.
- Entzündungen des Gehirns: Das EEG kann bei der Diagnose von Gehirnentzündungen (Enzephalitis) helfen, indem es charakteristische Veränderungen der Hirnaktivität zeigt.
- Gedächtnisstörungen: Das EEG wird vorwiegend zur Abklärung von Gedächtnis- und Bewusstseinsstörungen verwandt.
Früher spielte das EEG auch bei der Diagnose von Schlaganfällen oder Hirntumoren eine wichtige Rolle.
EEG: Auswertung und Befundung
Der Neurologe beurteilt das EEG nach Form, Frequenz und Amplitude der aufgezeichneten Hirnwellen. Ein allgemein verlangsamter Grundrhythmus bei erwachsenen, wachen Patienten tritt zum Beispiel bei Vergiftungen, Koma oder Gehirnentzündung auf. Ein sogenannter Herdbefund, also eine örtlich begrenzte Veränderung der Hirnaktivität, spricht hingegen für Tumore oder Hirnschäden durch Verletzungen (Schädel-Hirn-Trauma). Herdbefunde werden oft zusätzlich mittels Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) abgeklärt. Die Diagnostik einer Epilepsie ist schwieriger, da das EEG zwischen den Anfällen häufig unauffällig ist und die epilepsietypischen Hirnstromkurven erst bei einem Anfall auftreten.
Je nachdem, welche Kurve oder welches Muster verändert, d.h. in welcher Gehirnregion die elektrische Aktivität gestört ist, läßt dies einen Rückschluß zu, ob z.B. ein Verschluß von Blutgefäßen vorliegt oder ein Tumor, eine Veränderung des Hirndrucks oder eine Entzündung und anderes mehr.
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Physiologische Wellen im EEG
Je nach Wachheitsgrad unterscheidet man verschiedene Muster (Graphoelemente) im Elektroenzephalogramm, die keinen Krankheitswert haben:
- Alpha-Wellen (acht bis zwölf Hertz): wacher, entspannter Erwachsener mit geschlossenen Augen
- Beta-Wellen (13 bis 30 Hertz): wacher Erwachsener mit geöffneten Augen und bei geistiger Tätigkeit
- Theta-Wellen (vier bis sieben Hertz): starke Müdigkeit, beim Einschlafen
- Delta-Wellen (0,5 bis drei Hertz): Tiefschlaf
Öffnet der Patient die Augen oder konzentriert sich auf eine Aufgabe, findet ein Wechsel vom Alpha-EEG zum Beta-EEG statt. Dies wird als Berger-Effekt oder auch Arousal-Reaktion bezeichnet. Neugeborene und Kinder zeigen statt des genannten Musters langsame und eher unregelmäßige Wellen.
Abweichungen von normalen Mustern
Wenn ein EEG zur Diagnose eingesetzt wird, wird darauf geachtet, wie häufig die Wellen auftreten (Frequenz) und wie hoch sie sind (Amplitude). Abweichungen von typischen Wellenmustern können auf eine Erkrankung oder Störung hinweisen. Zum Beispiel fallen epileptische Krampfanfälle durch besonders hohe und steile Wellen (sogenannte Spikewellen) auf.
Risiken und Nebenwirkungen
Ein Routine-EEG ist mit kaum Risiken verbunden und vollkommen schmerzfrei. Zu Unregelmäßigkeiten kann es dennoch kommen, wenn die Elektroden sich etwa durch starkes Schwitzen von der Kopfhaut lösen, was die Auswertung verzerren würde. Auch Muskelzuckungen der Augen können das EEG verfälschen. Beim Provokations-EEG wird ein epileptischer Anfall ausgelöst, was für den Patienten unangenehm ist.
Kosten eines EEGs
Das EEG (Elektroenzephalografie) ist eine kostengünstige Routineuntersuchung. Die Kosten für ein EEG liegen zwischen 50 und 100 Euro.
Weitere neurophysiologische Untersuchungen
Neben dem EEG gibt es weitere neurophysiologische Untersuchungsmethoden, die zur Diagnostik neurologischer Erkrankungen eingesetzt werden:
- Elektroneurographie (ENG): Misst die Nervenleitgeschwindigkeit und wird zur Diagnostik von Nervenschäden eingesetzt.Die Aktivität von Muskeln wird durch elektrische Impulse der Nerven gesteuert und ist ebenfalls elektrisch meßbar. Die Meßergebnisse werden "Potentiale" genannt und zeigen sich in der Aufzeichnung des Meßgeräts durch einen steilen Anstieg der Meßkurve. Sie ermöglichen die Unterscheidung zwischen frischen und chronischen Nervenschädigungen bzw. lassen eine Muskelkrankheit erkennen: Wichtig ist diese Untersuchung z.B. bei schmerzhaften Muskelenzündungen bzw. Die Elektroneurographie mißt die Nervenleitgeschwindigkeit. Eine Nadelelektrode wird in einen Muskel gestochen oder ggf. auch Oberflächenelektroden auf den entsprechenden Muskel aufgesetzt, dessen Innervation überprüft werden soll. Der Nerv, der diesen Muskel versorgt, wird an zwei Stellen elektrisch stimuliert und die Zeitdauer gemessen, nach der der Muskel reagiert. Diese Zeit charakterisiert die Nervenleitge- schwindigket. Eine Störung der Nervenleitgeschwindigkeit tritt z.B. auf als Folge eines eingeklemmten Nerven (z.B. bei einem überlasteten Handgelenk) bei einer Polyneuropathie, die sich z.B.
- Elektromyographie (EMG): Misst die elektrische Aktivität der Muskeln und wird zur Diagnostik von Muskelerkrankungen eingesetzt.Mit diesem Verfahren werden mittels einer speziellen dünnen in den Muskel eingestochenen Myographienadel normale und krankhaft veränderte Muskelaktionspotentiale registriert und ausgewertet. Damit können Hinweise für Muskelerkrankungen (Myopathien) und periphere Nervenerkrankungen (Neuropathien) verschiedener Ursache gefunden werden.
- Evozierte Potentiale (EP): Messen die elektrische Aktivität des Gehirns als Reaktion auf bestimmte Reize (z.B. visuelle, akustische oder sensible Reize).Hierbei handelt es sich um eine Methode, bei der mittels verschiedener Reize elektrische Potentiale entlang von Nervenbahnen, im Rückenmark und im Gehirn ausgelöst („evoziert“) werden. Mittels SEP und MEP kann zwischen peripheren (Nerven) und zentralen (Rückenmark und Gehirn) Störungen der Reizleitung unterschieden werden. Mit einer speziellen transcraniellen Magnetstimulation können vor einer Operation am Gehirn kritische Areale identifiziert und 3-dimensional auf die Bildgebung projiziert werden.
- Neurographie: Verfahren zur Messung der sensiblen und motorischen Nervenleitung. Es wird beispielsweise eingesetzt zur Diagnostik und Einordnung von Polyneuropathien, zur Feststellung von Engpass-Syndromen (z.B. Karpaltunnelsyndrom) oder Nervenschäden nach Unfällen. Hierbei handelt es sich um spezielle neurographische Methoden. Mittels Serienstimulation wird die Reizüberleitung vom Nerven auf den Muskel untersucht.
- Ganganalyse: Für die Untersuchung und Objektivierung von Gangstörungen steht ein Gangteppich mit eingebauten Sensoren zur Verfügung. Dadurch können Gangparameter wie Schrittlänge, -breite, Geschwindigkeit, Ausfallschritte u.a.
- Okulographie: Augenbewegungen und deren Störungen können mit Hilfe einer speziellen Untersuchungsbrille mit integrierten Infrarotkameras aufgezeichnet und dann digital analysiert werden. Das Verfahren kommt in der erweiterten Diagnostik von Schwindel, Kleinhirn- und Hirnstammerkrankungen zur Anwendung.
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