Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark: Ursachen und Diagnose

Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark können vielfältige Ursachen haben und zu unterschiedlichen neurologischen Erkrankungen führen. Die korrekte Diagnose und Behandlung dieser Entzündungsherde ist entscheidend für die Prognose der Patienten.

Multiple Sklerose (MS) und Entzündungsherde

Bei der Multiplen Sklerose (MS) kommt es durch Entzündungen im Zentralnervensystem zur Bildung von Narben, den sogenannten Plaques. Lange Zeit ging man davon aus, dass diese Veränderungen auf die weiße Gehirnsubstanz beschränkt sind. Moderne Magnetresonanztomographie (MRT)-Techniken mit hoher Feldstärke haben jedoch gezeigt, dass die Läsionen auch in der grauen Hirnsubstanz und im Rückenmark auftreten können. Besonders schwer zu entdecken sind die juxtakortikalen Plaques an der Grenze zwischen weißer und grauer Substanz.

Bedeutung der MRT bei MS

Die Magnetresonanztomographie (MRT) spielt eine entscheidende Rolle bei der Diagnose und dem Therapiemonitoring von MS. Sie ermöglicht den Nachweis der räumlichen und zeitlichen Dissemination der Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark. Nach der Revision der McDonald-Kriterien im Jahr 2010 kann der Nachweis einer zeitlichen Dissemination mittels MRT sogar mit einem einmaligen Scan gelingen.

Die MRT ist auch wichtig, um MS-Läsionen von anderen Ursachen, wie beispielsweise Ischämien, zu unterscheiden. Ischämische Läsionen treten in der Regel nur in der weißen Substanz und nicht im Rückenmark auf. Bei unklaren Befunden kann ein Blick auf das Rückenmark mittels T2- und Protonendichtegewichteten MRT-Aufnahmen helfen, die richtige Diagnose zu stellen.

Darüber hinaus ist die MRT für das Therapiemonitoring von entscheidender Bedeutung, insbesondere bei neuen Therapien wie Natalizumab. Mit der MRT lassen sich PML-Läsionen von fokalen MS-Läsionen unterscheiden, so dass eine etwaige PML so früh wie möglich diagnostiziert werden kann.

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Weitere Ursachen für Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark

Neben MS gibt es eine Reihe weiterer Ursachen für Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark. Diese können erregerbedingt durch Bakterien, Pilze, Protozoen und Viren oder nicht erregerbedingt/autoimmun (wie Multiple Sklerose, Vaskulitis) auftreten.

Erregerbedingte Entzündungen

Häufige Krankheitsbilder durch erregerbedingte Infektionen des Gehirns sind die Neuroborreliose und die Gürtelrose. Im Zusammenhang mit immunsuppressiven und immunmodulatorischen Therapien treten Infektionen des ZNS häufig bei immungeschwächten Patienten auf, wie die progressive multifokale Leukenzephalopahtie (PML) bei der Multiplen Sklerose.

Eine der häufigsten sporadischen Enzephalitiden Westeuropas ist die Herpes-Simplex-Virus-Enzephalitis (HSVE). Die Symptome einer HSVE sind Kopfschmerzen, Fieber, quantitative und/oder qualitative Bewusstseinsstörungen. Schon bei dem Verdacht auf eine HSVE muss die antivirale Therapie mit Aciclovir rasch eingeleitet werden. Unbehandelt verläuft sie meist tödlich.

Die häufigsten Fälle einer ambulant erworbenen bakteriellen Meningitis sind Streptokokken (Streptococcus pneumoniae), Listerien (Listeria monocytogenes) und Meningokokken (Neisseria meningitidis). Leitsymptome sind Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen und Meningismus (Nackensteifigkeit). Meningismus kann bei sehr jungen und sehr alten Menschen fehlen.

Autoimmunerkrankungen

Autoimmunologische Prozesse, bei denen der Körper nicht in der Lage ist, bestimmte Strukturen als körpereigene zu erkennen, können am Nervensystem Entzündungen hervorrufen. Das Immunsystem produziert in diesen Fällen Antikörper gegen Gewebestrukturen des eigenen Körpers, zum Beispiel gegen bestimmte Teile des Nervensystems.

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Ein weiteres Beispiel einer entzündlichen ZNS-Erkrankung ist die Myelitis, eine Entzündung des Rückenmarks. Das Rückenmark kann entweder diffus über den gesamten Querschnitt (Querschnittsmyelitis - Myelitis transversa) oder herdförmig betroffen (disseminierte Myelitis) sein. Die Symptome reichen über Muskelschwäche, Lähmungen, spastische Lähmungen, Gefühlsstörungen, Schmerzen, Depressionen und Erschöpfung bis hin zu Fehlfunktionen von Enddarm und Harnblase.

Das Guillian-Barré-Syndrom (GBS) ist eine akut oder subakut verlaufende, häufig postinfektiös auftretende Polyradikuloneuritis, die innerhalb von Tagen bis Wochen das Erkrankungsmaximum erreicht. Es kommt zu einer multifokalen Demyelinisierung und/oder axonalen Schädigung der peripheren Nerven und der Rückenmarkwurzeln.

Enzephalitis

Bei einer Enzephalitis handelt es sich um eine Entzündung im Bereich des zentralen Nervensystems, bei der mehr oder weniger große Anteile des Gehirngewebes von der Entzündung betroffen sind. Prinzipiell ist das Gehirn durch die Blut-Hirn-Schranke vor dem Eindringen krank machender Erreger geschützt. Eine Enzephalitis wird in den meisten Fällen von Viren ausgelöst, aber auch Bakterien oder Pilze können dafür verantwortlich sein. Personen mit einem geschwächten Immunsystem sind tendenziell anfälliger für eine Infektion mit Bakterien, Pilzen und auch Viren.

Eine autoimmune Enzephalitis wird durch eine fehlerhafte Antwort des Immunsystems ausgelöst. Das bedeutet, dass die körpereigene Abwehr beginnt, Antikörper gegen Anteile der eigenen Nervenzellen zu bilden. Diese Art der Enzephalitis kann sich ganz unterschiedlich präsentieren, am häufigsten aber mit Wesensänderungen und epileptischen Anfällen.

Je nach Ursache der Enzephalitis unterscheidet man zwischen verschiedenen Typen der Gehirnentzündung:

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  • Primäre Enzephalitis: Die Viren dringen direkt in das Gehirn oder das Rückenmark ein.
  • Sekundäre Enzephalitis: Dieser Enzephalitis-Typ tritt ca. zwei bis drei Wochen nach einer Impfung oder Infektion mit einem Virus auf und ist eine Komplikation der körpereigenen Abwehr.

Die Beschwerden bei einer Enzephalitis hängen von den Ursachen und dem Schweregrad der Erkrankung, von der betroffenen Gehirnregion sowie von der allgemeinen gesundheitlichen Verfassung ab. Folgende Beschwerden können auftreten: Kopfschmerz, Fieber, grippeähnliche Symptome und Abgeschlagenheit, Verwirrtheit, epileptische Anfälle, Bewusstseinsstörungen, neurologische Symptome wie Lähmungen oder Sprachstörungen, Denkstörungen, Veränderungen des Verhaltens und Halluzinationen.

Myelitis

Myelitis ist der medizinische Fachbegriff für eine Entzündung des Rückenmarks. Sie kann einmalig (monophasisch) auftreten oder wiederkehren, zum Beispiel im Rahmen der chronischen Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose. Oft tritt eine Rückenmarksentzündung ganz plötzlich (akut) bis subakut auf, also innerhalb von einigen Stunden oder Tagen bis wenigen Wochen. Gelegentlich entwickelt sie sich langsamer und schleichend (chronisch).

Rückenmarksentzündungen (Myelitiden) lassen sich entweder nach ihrem Verteilungsmuster oder nach ihrer Lokalisation einteilen:

  • Nach dem Verteilungsmuster: transverse Myelitis (Querschnittsmyelitis) oder disseminierte Myelitis
  • Nach der Lokalisation: Leukomyelitis, Poliomyelitis oder Querschnittsmyelitis

Bei vielen Patienten lässt sich keine Ursache für die Entzündung finden (idiopathische Myelitis). In anderen Fällen können Infektionen, Impfungen, Autoimmunerkrankungen, Vergiftungen oder eine Strahlentherapie ursächlich sein.

Diagnose von Entzündungsherden im Gehirn und Rückenmark

Bei der Untersuchung entzündlicher Veränderungen des Gehirns und des Rückenmarks kommt der Magnetresonanztomografie eine sehr bedeutende Rolle zu. Die Verwendung von Kontrastmittel erlaubt die Unterscheidung zwischen akuten Entzündungsherden versus alten, postentzündlichen Narben.

Neben der MRT spielen auch die Anamnese, die klinisch-neurologische Untersuchung und die Liquordiagnostik eine wichtige Rolle bei der Diagnose. Bei der Liquordiagnostik wird eine Probe des Nervenwassers (Liquor) aus dem Rückenmarkskanal entnommen und im Labor analysiert.

Behandlung von Entzündungsherden im Gehirn und Rückenmark

Die Behandlung von Entzündungsherden im Gehirn und Rückenmark richtet sich nach der Ursache. Bei erregerbedingten Entzündungen werden Antibiotika, Virostatika oder Antimykotika eingesetzt. Bei Autoimmunerkrankungen kommen Glukokortikoide ("Kortison") und andere Immunsuppressiva zum Einsatz. In schweren Fällen kann auch eine Plasmapherese (Blutwäsche) erforderlich sein.

Zusätzlich zur medikamentösen Therapie spielen physiotherapeutische und ergotherapeutische Maßnahmen eine wichtige Rolle, um dieFunktionsfähigkeit der Patienten zu verbessern undFolgeschäden zu minimieren.

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