Impfschaden Corona: Neurologische Symptome – Ein Überblick über Forschung und Versorgung

Die Coronapandemie und die daraus resultierenden Impfkampagnen haben das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen gestellt. Neben den bekannten Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung, dem sogenannten Long-COVID (LC), gibt es Berichte über Patientinnen und Patienten, die nach einer Coronaimpfung ähnliche Symptome entwickeln, ohne vorher an COVID-19 erkrankt gewesen zu sein. Diese Impfkomplikation wird unter anderem als Post-Vac-Syndrom (PVS) bezeichnet.

Was ist das Post-Vac-Syndrom?

Das Post-Vac-Syndrom (PVS) ist eine Komplikation, die nach einer Corona-Impfung auftreten kann und Symptome verursacht, die denen von Long-COVID ähneln. Einige Autoren unterscheiden zwischen einem Akuten- und einem Post-Akuten-COVID-19-Vakzinationssyndrom (ACVS/PACVS). Typischerweise erreichen die Beschwerden einige Wochen nach der Impfung ihren Höhepunkt und können jahrelang anhalten.

Die Symptome des PVS sind vielfältig, wobei Fatigue, kardiovaskuläre und neurologische Symptome häufig im Vordergrund stehen. Körperliche oder geistige Anstrengung kann die Beschwerden verstärken, ein Phänomen, das als Post-Exertional-Malaise bekannt ist. Phasenweise können auch Gelenk-, Glieder- und Kopfschmerzen auftreten. Die Diagnose wird dadurch erschwert, dass viele weitere unspezifische Symptome auftreten können, was eine umfassende Differenzialdiagnostik erforderlich macht.

Eine chronische Fatigue, die oft beim PVS auftritt, unterscheidet sich von der Müdigkeit nach banalen Infekten und kann in Kombination mit anderen genannten Beschwerden als Leitsymptom dienen. In Anlehnung an die LC-Definition der Weltgesundheitsorganisation kann in der klinischen Praxis von einem PVS ausgegangen werden, wenn innerhalb von drei Monaten nach einer COVID-19-Impfung Beschwerden auftreten, die mindestens zwei Monate andauern und nicht anders erklärt werden können.

Häufigkeit des Post-Vac-Syndroms

Studien zur Inzidenz des PVS liegen noch nicht vor. Eine Kurzanalyse des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), die Diagnosen wie „Long-COVID“ oder „Chronic-Fatigue-Syndrom“ (CFS) unter den gemeldeten Impfkomplikationen suchte, wird von einigen als ungeeignet angesehen, um die tatsächlichen Fallzahlen zu ermitteln. Dies liegt daran, dass weder LC noch CFS zu Beginn der Impfkampagne unter den Meldenden bekannt waren. Eine Analyse der gemeldeten Symptome könnte möglicherweise das wahre Ausmaß von PVS nach COVID-19-Impfungen besser abschätzen.

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Das deutsche Spontanmeldesystem ist für solche Analysen jedoch wenig geeignet, da die Anzahl der geimpften Personen je Region nicht bekannt ist. Auffällig ist, dass in der Nebenwirkungsdatenbank der European Medicines Agency (EMA) europaweit 424.177 Fälle von Fatigue nach Impfung verzeichnet sind, wobei bei mehr als zwei Dritteln keine vollständige Erholung dokumentiert ist. Daneben gibt es auch 339.903 Fälle von Muskelschmerzen. Die öffentlichen Daten erlauben jedoch keine Analyse von Dauer oder Symptomclustern, weshalb tiefergehende Studien erforderlich sind. Allein in der Marburger Post-Vac-Ambulanz standen 2023 über 7.000 PVS-Patienten auf der Warteliste, und ähnliche hohe Zahlen dürften auch an anderen Zentren vorliegen.

Mögliche Ursachen des Post-Vac-Syndroms

Postvakzinationssyndrome und Autoimmunerkrankungen (AIE) sind als Impfkomplikationen seit langem bekannt. Angesichts der nahezu identischen Antigensequenz des Spike-Proteins bei Impfung und Infektion erscheint ein gemeinsamer Pathomechanismus von LC und PVS plausibel. Es wird diskutiert, ob die Spikes in Zellen persistieren, selbst pathogen wirken oder eine veranlagte AIE auslösen könnten.

International werden mehrere Theorien zur Pathogenese von PVS bzw. LC diskutiert und erforscht:

  • Entzündung des Gefäßendothels (Endotheliitis)
  • Störungen ACE-abhängiger vaskulärer und metabolischer Regelkreise
  • Persistenz von Spike-Proteinen in Geweben bzw.

Eine Schweizer Studie konnte kürzlich nachweisen, dass bei Patienten mit LC eine Veränderung des Komplementsystems vorliegt.

Eine neuere Studie von Forschenden von Helmholtz Munich und der LMU hat einen Mechanismus identifiziert, der möglicherweise die neurologischen Symptome von Long COVID erklärt. Die Studie zeigt, dass das SARS-CoV-2-Spike-Protein in den schützenden Schichten des Gehirns, den Hirnhäuten, und im Knochenmark des Schädels bis zu vier Jahre nach der Infektion verbleibt. Diese dauerhafte Präsenz des Spike-Proteins könnte bei den Betroffenen chronische Entzündungen auslösen und das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen erhöhen. Das Team entdeckte zudem, dass mRNA-COVID-19-Impfstoffe die Anreicherung des Spike-Proteins im Gehirn deutlich reduzieren können.

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Freiburger Forscherinnen haben wichtige Fortschritte im Verständnis der immunologischen Veränderungen im Gehirn von COVID-19-Genesenen gemacht. Im Gehirn von Personen, die eine SARS-CoV-2-Infektion überstanden haben, fanden sie Anzeichen einer anhaltenden Aktivierung des angeborenen Immunsystems. Diese Erkenntnisse könnten entscheidend für die Entwicklung neuer Therapien für Patientinnen mit langfristigen neurologischen Symptomen nach COVID-19 sein.

Neurologische Symptome bei Corona-Infektion und Post-Vac-Syndrom

Das Coronavirus Sars-CoV-2 kann auch neurologische Erkrankungen auslösen. Viele Covid-19-Patient*innen entwickeln neurologische Beschwerden, die unter dem Begriff "Neuro-Covid" zusammengefasst werden. Anhaltende Erschöpfung, Schmerzen, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisprobleme und Schlafstörungen können die Folge sein. In extremen Fällen kommt es sogar zu demenzähnlichen Symptomen oder Psychosen.

Zu den häufigen neurologischen Symptomen von Corona-Patienten zählen:

  • Riechstörungen
  • Kopfschmerzen
  • Muskelschmerzen
  • In schweren Fällen auch schwere Muskelentzündungen
  • Bewusstseinsstörungen und Delir
  • Schlaganfälle
  • Entzündungen Gehirn und Rückenmark
  • Guillain-Barré-Syndrom (GBS)

Eine Studie der Charité - Universitätsmedizin Berlin liefert Belege dafür, dass die neurologischen Symptome nicht Folge einer SARS-CoV-2-Infektion des Gehirns sind, sondern eine Art Nebenwirkung der starken Immunreaktion, mit der der Körper sich gegen das Virus wehrt. Die Nervenzellen reagieren dabei nur vorübergehend auf die Entzündung.

Therapieansätze

Zu den Therapieansätzen, die teilweise denen von LC entsprechen, existieren derzeit nur kleinere Studien oder Expertenmeinungen. Heilversuche werden hierzulande nach ausgiebiger Diagnostik unter anderem an der Marburger Post-Vax-Ambulanz, den Post-Vac- bzw. LC-Ambulanzen der Unikliniken in Augsburg, Hannover, Göttingen, Erlangen und weiteren Hochschulen unternommen. Sie erfolgen teilweise im Rahmen von Studien.

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Zum Einsatz kommen international derzeit unter anderem Statine und AT1-Antagonisten (Uni Marburg), Triple-Antikoagulation (Uni Stellenbosch, Südafrika) oder extrakorporale Blutwäscheverfahren. In den USA sind zudem Maraviroc, Ivermectin, Nattokinase und andere Substanzen verbreitet, die auch hierzulande in einigen Praxen eingesetzt werden. Die meisten Therapien werden durch ein personalisiertes Energiemanagement (sogenanntes Pacing) und Diäten ergänzt. Für keinen der Therapieansätze liegen jedoch Daten aus größeren, placebokontrollierten Studien vor.

Aufgrund des hohen Leidensdrucks gibt es eine rege Diskussion unter Betroffenen und Angehörigen in sozialen Medien, wobei teilweise auch fragwürdige Methoden propagiert werden. Behandler sollten daher gezielt nach Nahrungsergänzungen und eigenen Therapieversuchen fragen, um Wechsel- und Nebenwirkungen zu überblicken.

Versorgungslage in Deutschland

Seit Kurzem regelt eine neue Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses die Versorgung von LC-, CFS- und PVS-Patienten, unter anderem mit einer Behandlungskoordination und einem Behandlungsplan. Betroffene sollen sich dazu mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt auf dessen koordinierende Funktion verständigen. Solange diese Strukturen jedoch noch im Aufbau sind, ist eine effiziente Versorgung selten und die Patienten mit der Koordination meist auf sich alleine gestellt.

PVS-Patienten sind meist körperlich, kognitiv und sozial erheblich eingeschränkt, viele dauerhaft berufsunfähig. Wegen der Unkenntnis über das Krankheitsbild werden weiterhin viele Patienten von ihren Behandlern psychiatrisiert und damit zusätzlich belastet. Betroffene haben einen finanziellen Versorgungsanspruch nach dem am 1. Januar 2024 eingeführten Sozialgesetzbuch XIV. Derzeit werden Versorgungsanträge jedoch von den Landesversorgungsämtern in der Regel abgelehnt, weil sich deren Gutachter noch immer auf eine unzureichende Stellungnahme des PEI stützen.

Wichtig ist für viele Betroffene die Selbsthilfe. Bundesweit existieren zahlreiche Gruppen, deren Bundesverband CoVeRSE e. V. ehrenamtlich Hilfestellung und Interessenvertretung in der Politik bietet. Der Verein legt großen Wert auf wissenschaftliche Evidenz und pflegt ein Netzwerk zu Forschern, Kliniken und anderen Vereinen. Mittelfristige Ziele sind unter anderem die Förderung neuer Forschungsvorhaben sowie eine Verbesserung der Versorgungssituation für Betroffene, insbesondere durch qualifizierte Ambulanzen.

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