Liebe Fehlfunktion Gehirn Definition: Eine umfassende Analyse

Die Liebe, ein Gefühl, das uns in den siebten Himmel heben oder in tiefste Verzweiflung stürzen kann, ist seit jeher Gegenstand philosophischer, künstlerischer und wissenschaftlicher Betrachtung. In den letzten Jahrzehnten haben sich Neurowissenschaftler und Anthropologen intensiv mit den Prozessen auseinandergesetzt, die im Körper und Gehirn von Verliebten ablaufen. Ihre Erkenntnisse zeigen, dass Liebe nicht nur ein Gefühl ist, sondern auch ein komplexer biologischer Mechanismus, der unser Verhalten und unsere Wahrnehmung auf tiefgreifende Weise beeinflusst.

Die Neurobiologie der Liebe: Ein chemisches Feuerwerk im Gehirn

Wenn wir verliebt sind, steht die Welt Kopf. Das Herz rast, das Zeitgefühl schwindet und die Gedanken kreisen nur noch um die eine Person. Dieses intensive Gefühl ist jedoch nicht nur romantische Verklärung, sondern hat auch eine neurobiologische Grundlage.

Dopamin, Oxytocin und Vasopressin: Die Hauptakteure im Liebesrausch

Im Gehirn von Verliebten werden verschiedene Neurotransmitter und Hormone vermehrt ausgeschüttet, darunter Dopamin, Oxytocin und Vasopressin. Dopamin, oft als "Glückshormon" bezeichnet, sorgt für ein gutes Gefühl und wird mit Belohnung, Euphorie und Suchterkrankungen in Verbindung gebracht. Studien haben gezeigt, dass Verliebte im Gehirn ähnlich auf die Bilder ihrer Liebsten reagieren wie Kokainsüchtige oder Alkoholkranke auf ein Bild ihrer Droge.

Oxytocin und Vasopressin gelten als Bindungshormone. Oxytocin mindert Angst und Stress, fördert Vertrauen und trägt zur innigen Nähe von Eltern und Kindern sowie zur Bindung von Paaren bei. Es wird verstärkt ausgeschüttet, wenn Mütter ihre Kinder stillen, wenn wir angenehme Berührungen oder einen Orgasmus erleben - oder in die Augen eines geliebten Menschen schauen. Vasopressin wird hauptsächlich bei Tieren untersucht, wo ein Zusammenhang mit der Bindungsfähigkeit bei Männchen vermutet wird.

Das Belohnungssystem und die verminderte Aktivität kritischer Areale

Beim Anblick eines geliebten Menschen ist das Belohnungssystem im Gehirn besonders aktiv. Hirnareale wie Hippocampus, Nucleus caudatus, Putamen und Nucleus accumbens spielen in diesem System eine wichtige Rolle. Gleichzeitig weisen Areale, die für Angst oder kritische Bewertungen zuständig sind, eine verminderte Aktivität auf. Dies könnte erklären, warum Verliebte oft überrascht sind von der Partnerwahl anderer und sich fragen, ob diese den Verstand verloren haben.

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Liebe als Sucht: Eine obsessive Form der Zuneigung

Die Ähnlichkeit der Gehirnaktivität von Verliebten und Süchtigen hat zu der These geführt, dass Liebe eine Sucht sein könnte. Tatsächlich durchleben Menschen, die verlassen werden, oft ähnliche Entzugssymptome wie Süchtige, darunter Schmerzen, Depressionen und den intensiven Wunsch, den geliebten Partner zurückzugewinnen.

Limerenz: Eine obsessive Form der Verliebtheit

Ein Begriff, der in diesem Zusammenhang oft verwendet wird, ist "Limerenz". Limerenz beschreibt einen intensiven emotionalen Zustand, der von dem Verlangen nach einer erwiderten Liebe und einer obsessiven Beschäftigung mit dem Objekt der Begierde gekennzeichnet ist. Dieser Zustand kann sich wie ein Rausch anfühlen, der euphorisiert, aber auch zermürbt.

Limerenz wird in drei Phasen unterteilt:

  • Idealisierungsphase: Die andere Person wird idealisiert und als etwas Besonderes wahrgenommen.
  • Unsicherheitsphase: Die Gedanken kreisen zwanghaft um die Person, und jede Begegnung wird überinterpretiert.
  • Desillusionierungsphase: Der Schleier beginnt sich zu lichten, und die emotionale Abhängigkeit lässt nach.

Limerenz kann problematisch werden, wenn sie die psychische Gesundheit und die Fähigkeit, bedeutungsvolle Beziehungen in der realen Welt zu führen, beeinträchtigt. In extremen Fällen kann sie zu Schlaflosigkeit, Angstzuständen, Depressionen oder sogar suizidalen Gedanken führen.

Evolutionäre Aspekte der Liebe: Ein Trick der Natur zur Arterhaltung

Aus evolutionspsychologischer Sicht ist Liebe ein Trick der Natur, um das Überleben der Spezies Mensch zu sichern. Da der menschliche Nachwuchs lange auf die elterliche Fürsorge angewiesen ist, fördert die Liebe die Paarbindung und die gemeinsame Aufzucht der Kinder.

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Partnerwahl: Unterschiede zwischen Mann und Frau

Bei der Partnerwahl gibt es teilweise Unterschiede zwischen Mann und Frau. Während beide Geschlechter nach verständnisvollen, vertrauenswürdigen und hilfsbereiten Partnern suchen, orientiert sich die weibliche Partnerwahl stärker am sozialen Status, während Männer eher an physischer Attraktivität und Jugendlichkeit interessiert sind. Dies führt auch zu unterschiedlichem Verhalten bezüglich der Eifersucht: Männer berichten über mehr Eifersucht bei der Konfrontation mit dominanten Rivalen, Frauen hingegen bei der Begegnung mit attraktiven Rivalinnen.

Die Rolle der Pheromone

Auch der Geruch spielt bei der Partnerwahl eine wichtige Rolle. Pheromone, chemische Botenstoffe, die unbewusst wahrgenommen werden, können Informationen über das Erbmaterial des Gegenübers liefern und so die Partnerwahl im Sinne der genetischen Vielfalt beeinflussen. Je stärker sich die Gene zweier Menschen unterscheiden, desto anziehender ist die Wirkung, da ein größerer Genpool die Chance auf vererbbare Defekte reduziert.

Die kulturelle Perspektive auf die Liebe: Vom Ideal der romantischen Liebe zu verschiedenen Liebesstilen

Die kulturelle Perspektive auf die Liebe untersucht Liebe in verschiedenen Kulturen, Bevölkerungsschichten und historischen Epochen. In westlichen Ländern entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Ideal der romantischen Liebe, das die romantische Zuneigung in den Mittelpunkt einer partnerschaftlichen Beziehung stellte.

Verschiedene Liebesstile

Neben der romantischen Liebe unterscheidet man nach John Alan Lee noch fünf weitere Liebesstile:

  • Spielerische Liebe: Unverbindliche Liebe, die auf sexueller Freiheit und der Verwirklichung sexueller Wünsche im Hier und Jetzt beruht.
  • Freundschaftliche Liebe: Liebe, die aus langer Bekanntschaft oder Freundschaft entsteht.
  • Besitzergreifende Liebe: Eine hoch emotionale, obsessive Liebesform, die von Eifersucht und der Angst, verlassen zu werden, geprägt ist.
  • Pragmatische Liebe: Eine nutzenorientierte, analytisch-rationale Liebe, bei der Vor- und Nachteile bewusst abgewogen werden.
  • Altruistische Liebe: Eine aufopfernde Liebe, die das Wohl der geliebten Person in den Vordergrund stellt.

Oftmals sind diese Liebesstile nicht trennscharf, und eine Liebe bildet ein Nebeneinander mehrerer Liebesstile ab.

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Die Schattenseiten der Liebe: Liebesentzug und Broken-Heart-Syndrom

Liebe kann nicht nur positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben, sondern auch negative. Liebesentzug kann zu einer körperlichen und hormonellen Krise führen und im schlimmsten Fall das Broken-Heart-Syndrom auslösen. Dabei handelt es sich um eine plötzlich auftretende Funktionsstörung der linken Herzkammer, die mit herzinfarktähnlichen Symptomen einhergeht.

Die Kunst des Liebens: Eine aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Liebesfähigkeit

Der Sozialpsychologe Erich Fromm kritisierte in seinem Werk "Die Kunst des Liebens" die marktwirtschaftliche Betrachtung der Liebe, die eine Beziehung als Tauschgeschäft betrachtet, das möglichst profitreich für die eigene Person sein soll. Er plädierte dafür, die Perspektive auf das Erlernen der eigenen Liebesfähigkeit zu verschieben, die er als Kunst beschrieb. Liebe setze Wissen und aktives Bemühen voraus und sei nicht nur ein schönes Gefühl, dem man sich einfach hingibt.

Liebe als Arbeit: Eine Investition in eine langfristige Beziehung

Eine glückliche Beziehung steht nicht von Anfang an fest und ist danach unzerstörbar. Liebe ist oft vor allem eins: Arbeit. Offenheit und Vertrauen, selbst in schwierigen Phasen, scheinen Beziehungen zu stärken. Es ist wichtig, aus dem Alltag auszubrechen, Routinen immer mal wieder über Bord zu werfen und gemeinsam Neues und Aufregendes zu erleben. Auch nach Jahrzehnten kann dies Paare weiter zusammenschweißen.

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