Kinderneurologie: Behandlungsschwerpunkte und umfassende Versorgung

Die Kinderneurologie, auch Neuropädiatrie genannt, ist ein spezialisiertes Feld der Medizin, das sich mit Erkrankungen und Entwicklungsstörungen des Nervensystems bei Kindern und Jugendlichen befasst. Im Gegensatz zum Nervensystem Erwachsener befindet sich das kindliche Nervensystem in einem dynamischen Reifungsprozess, was eine besondere Expertise in Diagnose und Therapie erfordert.

Umfassendes Spektrum der Kinderneurologie

Die Kinderneurologie betreut das gesamte Spektrum der Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks, der peripheren Nerven und der Muskulatur auf universitärem Niveau. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf seltenen und komplexen chronischen Erkrankungen. Die Betreuung umfasst eine spezialisierte, individuelle Versorgung inklusive neuer Therapieansätze sowie eine umfassende, multidisziplinäre Begleitung.

Die Neuropädiatrie befasst sich mit Krankheiten des Gehirns, des Rückenmarks, der peripheren Nerven und der Muskulatur sowie mit angeborenen Störungen des Stoffwechsels und Auffälligkeiten in der Entwicklung des Kindes. Die Behandlung erfolgt ambulant und stationär bei Patienten bis zum 18. Lebensjahr.

Behandlungsschwerpunkte im Überblick

Die Behandlungsschwerpunkte in der Kinderneurologie umfassen ein breites Spektrum an Erkrankungen und Störungen:

  • Epilepsie und Anfallsleiden: Sämtliche Epilepsieformen und nicht-epileptische Anfälle werden diagnostiziert und behandelt. Spezialisierte Epilepsie-Ambulanzen sind oft von der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie e.V. zertifiziert. Medikamentöse und nicht-medikamentöse Epilepsiebehandlungen werden angeboten, inklusive ketogener Diät und modifizierter Atkins-Diät.

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  • Angeborene und erworbene Muskel- und Nervenkrankheiten: Hierzu zählen beispielsweise die spinale Muskelatrophie und Muskeldystrophien. Viele Einrichtungen sind als Neuromuskuläres Zentrum der DGM (Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke) anerkannt. Die Behandlung mit Nusinersen intrathekal (SPINRAZA) bei spinaler Muskelatrophie wird angeboten.

  • Entzündliche Erkrankungen des Nervensystems: Dazu gehören beispielsweise Multiple Sklerose und seltene Autoimmun-Enzephalitiden.

  • Entwicklungsstörungen: Diese können den motorischen, sprachlichen und kognitiven Bereich betreffen. Alle Formen der Entwicklungsdiagnostik und neuropsychologische Untersuchungen sind im Rahmen der Sprechstunde möglich.

  • Zerebralparesen: Zerebralparesen, beispielsweise nach Hirnschädigungen, werden umfassend betreut.

  • Kopfschmerzen: Die Behandlung von Kopfschmerzen umfasst Migräne, Spannungskopfschmerzen und Clusterkopfschmerz. In Zusammenarbeit mit spezialisierten Schmerzzentren werden Kopfschmerzsprechstunden angeboten.

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  • Missbildungen des Gehirns und des Rückenmarks: Hierzu zählen beispielsweise Spina bifida und Hydrocephalus.

  • Degenerative Erkrankungen: Abbauende Erkrankungen des Nervensystems werden diagnostiziert und behandelt.

  • Stoffwechselerkrankungen: Stoffwechselerkrankungen wie Mukopolysaccharidosen fallen ebenfalls in den Bereich der Kinderneurologie.

  • Neurokutane Erkrankungen: Beispiele hierfür sind Neurofibromatose und Tuberöse Sklerose. In spezialisierten Neurofibromatose-Ambulanzen werden Kinder und Jugendliche mit den verschiedenen Formen der Neurofibromatosen betreut.

  • Gefäßbedingte Erkrankungen des Gehirns: Schlaganfälle im Kindesalter werden behandelt.

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  • Syndromale Erkrankungen: Syndromale Erkrankungen, die mit neurologischen Entwicklungsstörungen einhergehen, werden diagnostiziert und behandelt.

Diagnostische Verfahren

Für eine umfassende Diagnostik stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung:

  • Elektroenzephalographie (EEG): Wach- und Schlaf-Elektroenzephalogramm (EEG), Schlafentzugs-EEG, 24h-Langzeit-EEG, jeweils mit simultaner Video-Aufzeichnung. Die Ableitung einer Gehirnstrommessung (Elektroenzephalographie) ist, besonders bei kleinen Kindern, eine spezielle Herausforderung.
  • Multipler Schlaflatenztest
  • Neurophysiologische Untersuchungen: Evozierte Potentiale (VEP, SSEP, MEP), NLG und EMG in Zusammenarbeit mit der Klinik für Neurologie.
  • Bildgebende Verfahren: Hochmodernes 3-Tesla-Kinder-Magnetresonanztomographie, Sonographie in Zusammenarbeit mit der Kinderradiologie.
  • Genetische Diagnostik

Therapieansätze

Die Therapieansätze in der Kinderneurologie sind vielfältig und werden individuell auf den Patienten abgestimmt:

  • Medikamentöse Therapien: Medikamentöse Behandlung von Epilepsie und anderen neurologischen Erkrankungen.
  • Nicht-medikamentöse Therapien: Ketogene Diät und modifizierte Atkins-Diät bei Epilepsie.
  • Botulinumtoxin-Behandlung:
  • Baclofen-Pumpentherapie und Vagus-Nerv-Stimulator-Therapie: In Zusammenarbeit mit der Neurochirurgie.
  • Behandlung mit Nusinersen intrathekal (SPINRAZA) bei spinaler Muskelatrophie.
  • Physiotherapie:
  • Ergotherapie:
  • Logopädie:
  • Psychologische Betreuung:

Spezialisierte Zentren und Ambulanzen

Viele Kinderkliniken bieten spezialisierte Zentren und Ambulanzen für bestimmte Erkrankungen an:

  • Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ): Das SPZ widmet sich besonders der ambulanten interdisziplinären Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Störungen der körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung. Das Sozialpädiatrische Zentrum verbindet die medizinische mit der psychosozialen Versorgung für Kinder und Jugendliche. Um der Komplexität der verschiedenen Entwicklungsstufen von Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden, bieten wir mit einem Team aus Ärztinnen und Ärzten, Psychologinnen, Physiotherapeut:Innen, Sozialpädagog:Innen eine umfassende, interdisziplinäre Diagnostik. Zusätzlich kann auf ein enges Netzwerk verschiedener Abteilungen der Uniklinik zurückgegriffen werden. Die Kooperation mit den niedergelassenen Kinderärztinnen und -ärzten, Kindergärten, Schulen und anderen pädagogischen, psychologischen und therapeutischen Einrichtungen wird als unverzichtbar angesehen.
  • Epilepsie-Ambulanz: Zertifiziert durch die Deutsche Gesellschaft für Epileptologie e.V.
  • Neuromuskuläres Zentrum: Anerkannt durch die DGM (Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke).
  • Neurofibromatose-Ambulanz: Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Neurofibromatosen. Aufgrund der Komplexität des Krankheitsbildes findet die Versorgung der Patientinnen und Patienten im Rahmen des ZNF (Zentrum für Neurofibromatosen) am Zentrum für seltene Erkrankungen (ZSE) statt.
  • Kopfschmerzsprechstunde: In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Kinderschmerzzentrum.
  • Sprechstunde für Schädelfehlbildungen: Beratung bei Fehlbildungen und Asymmetrien des kindlichen Hirn- und Gesichtsschädels, sowie zu möglichen konservativen und operativen Behandlungen. Bei lagerungsbedingten Schädelfehlbildungen kann ggf.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Ein wesentlicher Bestandteil der kinderneurologischen Versorgung ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen:

  • Kinderradiologie: Für bildgebende Verfahren.
  • Neurochirurgie: Für operative Eingriffe, beispielsweise bei Baclofen-Pumpentherapie und Vagus-Nerv-Stimulator-Therapie.
  • Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie: Bei Schädelfehlbildungen.
  • Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ): Für die umfassende Betreuung von Kindern mit Entwicklungsstörungen.
  • Bayerisches Kinderschmerzzentrum: Für die Behandlung von Kopfschmerzen.
  • Niedergelassene Kinderärzte, Kindergärten, Schulen und andere pädagogische, psychologische und therapeutische Einrichtungen: Für eine umfassende Versorgung der Kinder und Jugendlichen.

Besonderheiten in der Kinderneurologie

  • Entwicklungsaspekte: Das Nervensystem von Kindern und Jugendlichen befindet sich in einem ständigen Reifungsprozess. Daher müssen bei der Diagnose und Therapie die altersabhängigen Entwicklungsstadien berücksichtigt werden.
  • Ganzheitliche Betreuung: Die Kinderneurologie legt großen Wert auf eine ganzheitliche Betreuung der Patienten und ihrer Familien. Dies umfasst nicht nur die medizinische Behandlung, sondern auch die psychosoziale Unterstützung.
  • Früherkennung und Behandlung: Ziel ist die Früherkennung und Behandlung von (drohenden) Entwicklungsstörungen, um die Entwicklung und Lebensqualität der Kinder bestmöglich zu fördern.

Ablauf der Behandlung

Die Betreuung in der Kinderneurologie kann ambulant, stationär oder "tagesstationär" stattfinden, je nach Umfang der Behandlung. Es wird darauf geachtet, Untersuchungen zusammenzufassen, um den Aufenthalt für Kind und Familie so kurz wie möglich zu gestalten.

Wichtige Hinweise für Patienten und Familien

  • Terminvereinbarung: Für eine Erstvorstellung in spezialisierten Ambulanzen, wie beispielsweise der Neurofibromatose-Ambulanz, ist oft die Zusendung eines Fragebogens erforderlich.
  • Befunde: Die Auswertung von Untersuchungen kann Zeit in Anspruch nehmen. Termine für Befund- und Diagnose-Gespräche werden daher erst dann vergeben, wenn alle Fragen geklärt sind und die Ergebnisse vorliegen.
  • Rezepte: Folge-Rezepte sollten rechtzeitig angefordert werden.

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