Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die weltweit etwa 2,8 Millionen Menschen betrifft. Die Erkrankung manifestiert sich durch vielfältige Symptome wie Sehstörungen, Taubheitsgefühle, Koordinationsprobleme und Kraftlosigkeit. Dieser Artikel beleuchtet die spezifischen Herausforderungen und Lösungsansätze im Zusammenhang mit MS innerhalb der türkischen Bevölkerung, insbesondere in Deutschland und der Türkei selbst.
MS und CMD: Ein möglicher Zusammenhang
Obwohl Multiple Sklerose (MS) und craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) auf den ersten Blick unterschiedliche Erkrankungen sind, gibt es potenzielle Zusammenhänge, die für Betroffene relevant sein können. MS ist eine neurologische Erkrankung, die das zentrale Nervensystem beeinträchtigt, während CMD Störungen im Kiefergelenk und den umliegenden Strukturen umfasst.
Bei MS greift das Immunsystem die Myelinscheiden der Nerven an, was zu Kommunikationsstörungen zwischen Gehirn und Körper führt. CMD verursacht Schmerzen, Verspannungen und Funktionsstörungen im Kieferbereich. Neurologische Komponenten der MS können zu Fehlsteuerungen der Gesichtsmuskulatur führen, während chronischer Stress sowohl MS als auch CMD verschlimmern kann.
Die Symptome beider Erkrankungen können sich ähneln oder gegenseitig verstärken. Daher ist es wichtig, dass Betroffene genau hinsehen und interdisziplinär vorgehen, um eine mögliche Verbindung zu identifizieren. Neurologen, Zahnärzte und Kieferorthopäden sollten zusammenarbeiten, um einen individuellen Therapieplan zu erstellen, der beispielsweise Physiotherapie, Zahnschienen oder Medikamente umfassen kann. Kieferentspannung und eine entzündungshemmende Ernährung können ebenfalls hilfreich sein.
Die türkische Bevölkerung in Deutschland: Eine alternde Generation
In den 1960er Jahren kamen Hunderttausende Männer und Frauen aus der Türkei nach Deutschland. Viele von ihnen sind heute im Rentenalter und oft von Gebrechlichkeit und chronischen Krankheiten betroffen. Eine Studie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ergab, dass in Deutschland zwischen 3,8 und 4,3 Millionen Muslime leben, von denen 2,5 bis 2,7 Millionen türkische Wurzeln haben. Etwa 100.000 von ihnen sind im Rentenalter, und diese Zahl wächst.
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Im Vergleich zu deutschen Ruheständlern haben Migranten oft ein geringeres Einkommen und leiden häufiger an chronischen Krankheiten, was auf die körperlich anstrengende Arbeit in Fabriken und auf Baustellen zurückzuführen ist. Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede können den Zugang zu Gesundheitsdiensten erschweren.
Interkulturelle Pflegedienste als Brücke
Interkulturelle Pflegedienste wie Can in Stuttgart spielen eine wichtige Rolle bei der Versorgung türkischstämmiger Senioren. Diese Dienste berücksichtigen kulturelle, sprachliche und religiöse Besonderheiten der Patienten. Mitarbeiter sprechen Türkisch oder Arabisch, kennen die Kultur und sind mit traditionellen Lebensweisen vertraut. Dies ermöglicht eine würdevolle und respektvolle Pflege, die auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten eingeht.
Ein wichtiger Aspekt ist die Berücksichtigung religiöser Bedürfnisse. So können muslimische Pflegekräfte rituelle Waschungen vornehmen oder aus dem Koran vorlesen. Dies trägt zum Wohlbefinden der Patienten bei und stärkt ihr Vertrauen in die Pflegekräfte.
Herausforderungen und Lösungsansätze
- Sprachbarrieren: Mangelnde Deutschkenntnisse erschweren den Zugang zu Gesundheitsinformationen und -diensten. Interkulturelle Pflegedienste bieten hier eine wichtige Unterstützung, indem sie mehrsprachige Mitarbeiter einsetzen und bei Arztbesuchen übersetzen.
- Kulturelle Unterschiede: Kulturelle Unterschiede können zu Missverständnissen und Vorurteilen im Gesundheitswesen führen. Schulungen für Pflegekräfte und Ärzte über die türkische Kultur und Traditionen können dazu beitragen, diese Unterschiede zu überbrücken.
- Soziale Isolation: Viele ältere Migranten fühlen sich isoliert und haben wenig soziale Kontakte. Interkulturelle Pflegedienste können durch Hausbesuche und gemeinsame Aktivitäten dazu beitragen, die soziale Isolation zu verringern.
Multiple Sklerose in der Türkei: Einblicke in die Versorgung
Dr. Meral Seferoğlu, eine Neurologin aus der Türkei, die sich auf die Behandlung von Multipler Sklerose spezialisiert hat, gibt Einblicke in die MS-Versorgung in der Türkei. Sie berichtet über ihren beruflichen Werdegang, den Aufbau einer eigenen MS-Klinik in Bursa, die strukturelle Versorgung in der Türkei sowie über kulturelle Besonderheiten und Missverständnisse, die den Umgang mit MS beeinflussen können.
Prävalenz und Bewusstsein
In der Türkei leben etwa 85 Millionen Menschen. Eine Studie ergab, dass 201.061 Patienten den spezifischen ICD-Code für MS (G35) hatten und 82.225 Patienten diesen Code mindestens dreimal aufwiesen. Die Prävalenz von MS in der Türkei wurde mit 96,4 pro 100.000 berechnet, das Verhältnis von Frauen zu Männern beträgt 2:1.
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Das Bewusstsein für MS variiert in der Türkei. In städtischen Gebieten und unter gebildeteren Bevölkerungsgruppen ist das Bewusstsein aufgrund des Zugangs zu Informationen besser. In ländlichen oder weniger entwickelten Regionen kann das Bewusstsein geringer sein. Regelmäßige Aufklärungsprogramme und Veranstaltungen zum Welt-MS-Tag tragen dazu bei, das Bewusstsein zu erhöhen.
Gesundheitsversorgung und Behandlungsmöglichkeiten
Die Türkei verfügt über ein umfassendes Krankenversicherungssystem, das den Patienten einen guten Zugang zu Krankenhäusern und Ärzten ermöglicht. Berichte für Medikamente für MS-Patienten werden in tertiären Krankenhäusern ausgestellt.
In der Türkei sind fast alle für MS verwendeten Behandlungen verfügbar. Krankheitsmodifizierende Therapien werden schrittweise gemäß den Gesundheitsvorschriften verabreicht. Das Gesundheitssystem übernimmt die Kosten für die Behandlungen. Junge Männer, die vor dem 20. Lebensjahr mit MS diagnostiziert wurden, sind vom obligatorischen Militärdienst befreit. MS-Patienten haben die Möglichkeit, jährlich 90 Tage physikalische Therapie- und Rehabilitationsdienste in Anspruch zu nehmen. Kommunale Dienste bieten MS-Patientenverbänden auch das Recht, soziale Einrichtungen zu nutzen.
Kulturelle Aspekte und Stigmatisierung
MS ist in der Türkei oft von kulturellen Stigmata und Missverständnissen umgeben. Viele Menschen haben begrenztes Wissen über MS, was zu Missverständnissen über ihre Natur führt. Es gibt eine starke Wahrnehmung, dass MS zwangsläufig zu schwerer Behinderung führt. Aufgrund kultureller Überzeugungen könnten einige Personen alternative oder traditionelle Behandlungen den konventionellen medizinischen Therapien vorziehen.
Familien spielen in der türkischen Kultur eine zentrale Rolle. Gesundheitsdienstleister binden Familienmitglieder aktiv in die Betreuung und Entscheidungsfindung ein.
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Patientenorganisationen und soziale Netzwerke
Patientenorganisationen, Selbsthilfegruppen und soziale Netzwerke spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von Menschen mit MS in der Türkei. Diese Gruppen bieten emotionale Unterstützung, Information, Aufklärung und die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch. Sie organisieren Veranstaltungen, Seminare und Aktivitäten, die Menschen mit MS helfen, ihre Lebensqualität zu verbessern und sich weniger isoliert zu fühlen.
Aktuelle Forschung und Therapieansätze
Die Forschung im Bereich Multiple Sklerose schreitet stetig voran. Eine neue Substudien-Analyse der MAGNIFY-MS zeigt bei Patienten mit schubförmiger Multipler Sklerose (RMS) unter MAVENCLAD® (Cladribin-Tabletten) ein spezifisches Immunzell-Repopulationsmuster, das einen positiven Einfluss auf die Infektabwehr und Bildung protektiver Antikörpern nach Impfung haben könnte.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Patienten unter Mavenclad-Therapie nicht nur von ihrer Wirkung auf Schubrate und Krankheitsverlauf profitieren, sondern gleichzeitig auch eine adäquate Immunantwort auf Impfstoffe ausbilden können. Eine Anwendungsbeobachtung zeigte, dass Patienten unter MAVENCLAD-Therapie COVID-19-Antikörper nach Vakzination mit dem mRNA-Impfstoff von BioNTech/Pfizer ausbilden können.
MAVENCLAD® ist eine orale Kurzzeittherapie, die selektiv und periodisch auf Lymphozyten abzielt, die maßgeblich am Krankheitsgeschehen der schubförmigen MS (RMS) beteiligt sein sollen.
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