Myasthenia Gravis (MG) ist eine seltene, chronische Autoimmunerkrankung, die durch eine gestörte Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln gekennzeichnet ist. Der Name "Myasthenia Gravis" stammt aus dem Griechischen und Lateinischen und bedeutet "schwere Muskelschwäche". Typischerweise verursacht MG eine Schwäche der Skelettmuskulatur, die sich bei körperlicher Aktivität verstärkt und durch Ruhe gelindert wird. Obwohl sie als selten gilt, betrifft die Erkrankung weltweit Tausende von Menschen, wobei Frauen tendenziell häufiger betroffen sind als Männer. Die Mehrheit der Menschen erkrankt im Laufe ihres Lebens an Myasthenie. Menschen jeden Alters können an Myasthenia gravis erkranken. In den meisten Fällen entsteht die Krankheit jedoch erst bei Menschen ab dem 50. Lebensjahr.
Was ist Myasthenia Gravis?
Myasthenie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der die Reizübertragung vom Nerv zum Muskel gestört ist. Diese äußert sich in einer belastungsabhängigen Ermüdbarkeit der Muskeln.
Ursachen von Myasthenia Gravis
Bei der Myasthenia Gravis handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass der Körper fälschlicherweise Antikörper gegen eigenes Gewebe produziert. Im Falle von Myasthenia Gravis richten sich diese Autoantikörper gegen Acetylcholin-Rezeptoren in Synapsen zwischen motorischen Nerven und Muskeln. Dadurch wird die Übertragung von Bewegungsbefehlen aus dem Gehirn nicht richtig auf den Muskel übertragen und es kommt zu Bewegungsstörungen. Die Ursache dieser Autoimmunerkrankung ist bis heute noch unbekannt.
Bei Menschen mit Myasthenia gravis ist das körpereigene Abwehrsystem fehlgesteuert und bildet Antikörper, die sich am häufigsten gegen die Acetylcholin-Rezeptoren richten. Dadurch werden diese Rezeptoren verstärkt abgebaut, der Nervenimpuls kann nicht mehr weitergeleitet werden und die Muskeln erschlaffen. Ohne Behandlung kann es infolge der Erkrankung zum Muskelschwund kommen. Bei manchen Betroffenen entstehen Antikörper gegen andere Strukturen, etwa den Eiweißstoff Muskelspezifische Kinase (MuSK), das Transmembranprotein Lrp4 oder den Stoff Agrin, was zum gleichen Effekt führt: Die Signalübertragung auf den Muskel ist gestört.
Der genaue Grund, warum das Immunsystem beginnt, diese Antikörper zu produzieren, ist noch nicht vollständig geklärt. Forschende vermuten, dass Infektionen, etwa mit Viren oder Bakterien, die körpereigene Abwehr fehlleiten, sodass sich eine Myasthenie entwickelt. Ein Zusammenhang besteht oft mit dem Thymus, einer Drüse, die eine wichtige Rolle im Immunsystem spielt. Bei vielen Patienten ist der Thymus entweder vergrößert oder es finden sich Tumoren (Thymome), die die Produktion der fehlgeleiteten Antikörper anregen.
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Myasthenia gravis ist in der Regel nicht erblich bedingt.
Symptome von Myasthenia Gravis
Das Hauptsymptom der Myasthenia gravis ist eine Muskelerschlaffung oder -schwäche, die sich typischerweise im Laufe des Tages oder nach Anstrengung verschlimmert. Die Symptome sind bei den Betroffenen unterschiedlich ausgeprägt und nicht immer gleich stark. Meist nimmt die Muskelschwäche bei Anstrengung zu, etwa wenn Betroffene eine Bewegung häufiger wiederholen. Viele Betroffene sind durch Fatigue, also ein permanentes Erschöpfungsgefühl, eingeschränkt. Muskelschmerzen oder Störung der Sensibilität bestehen jedoch nicht.
Die Myasthenia Gravis betrifft nahezu alle Muskeln des Körpers. Das Hauptsymptom ist daher die unnatürliche Ermüdbarkeit der Muskulatur. Diese äußert sich wie folgt:
- Augen: hängende Augenlider, Doppelbilder, unnormale Stellung der Augäpfel
- Gesicht: erschwertes Kauen, schlaffe Gesichtszüge, Schluckbeschwerden
- Skelettmuskeln: Muskelschwäche, Kopfhalteschwäche
Zu den betroffenen Muskelgruppen gehören häufig:
- Augenmuskeln (okulare Myasthenia): Dies führt zu hängenden Augenlidern (Ptosis) und Doppelbildern (Diplopie). Sind nur die Augen von der Myasthenia gravis betroffen, sprechen Fachleute von einer okulären Myasthenie. Dies ist selten der Fall.
- Gesichtsmuskeln: Patienten können Schwierigkeiten haben zu sprechen (Dysarthrie), zu kauen oder zu schlucken (Dysphagie).
- Arme und Beine: Muskelschwäche in den Extremitäten kann zu Problemen bei alltäglichen Aktivitäten führen, wie Gehen, Treppensteigen oder das Halten von Gegenständen.
- Atemmuskulatur: In schweren Fällen kann es zu einer Schwäche der Atemmuskulatur kommen, was eine lebensbedrohliche Situation darstellen kann (myasthene Krise). In manchen Fällen müssen Patienten und Patientinnen mit Myasthenia gravis intensivmedizinisch behandelt werden, wenn durch die Ermüdung der Atemmuskeln ein Atemstillstand droht.
Breitet sich die Myasthenia gravis auf Muskeln im gesamten Körper aus, sprechen Mediziner und Medizinerinnen von einer generalisierten Myasthenie. Sie schränkt die Beweglichkeit und die Lebensqualität der Betroffenen stark ein und ist in manchen Fällen lebensbedrohlich: Wenn die Krankheit die Muskeln der Atemwege beeinträchtigt, besteht die Gefahr, dass der Patient oder die Patientin erstickt. Bestimmte Medikamente, Begleiterkrankungen, Schwangerschaft oder Operationen können bei einer stark geschwächten Atem- und Schluckmuskulatur zu einer raschen Verschlechterung der Symptome führen. Man spricht dann von einer myasthenen Krise. Das ist ein dringender Notfall, der intensivmedizinisch behandelt werden muss.
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Die Symptome können von Person zu Person sehr unterschiedlich sein und hängen von der Schwere und Ausbreitung der Erkrankung ab.
Formen und Krankheitsverlauf
Es gibt verschiedene Formen von Myasthenia gravis:
- Generalisierte Myasthenia gravis: Betroffene haben Schwäche in mehreren Muskelgruppen, einschließlich Gesicht, Hals, Armen, Beinen und Atemmuskeln.
- Okulare Myasthenia gravis: Diese Form betrifft hauptsächlich die Augenmuskeln, was zu Ptosis und Diplopie führt. Manchmal bleibt die Erkrankung auf die Augenmuskeln beschränkt.
- Neonatale Myasthenia gravis: Neugeborene von Müttern mit MG können durch die Übertragung der Antikörper von der Mutter vorübergehend an MG erkranken.
- Kongenitale Myasthenia: Diese seltene Form der MG ist nicht autoimmunbedingt, sondern genetisch und tritt bereits bei Säuglingen auf.
Grundsätzlich ist die Lebenserwartung bei Myasthenie jedoch nicht eingeschränkt. Bei dieser Erkrankung ist die Einnahme der Medikamente ein Leben lang notwendig. In den meisten Fällen kommt es unter Therapie zu einem gesunden Zustand, auch Remission genannt. Der Verlauf ist allerdings individuell und kann nicht pauschal vorausgesagt werden. Eine Einschränkung der Lebenserwartung ist bei den meisten Patienten nicht zu erwarten.
Der Krankheitsverlauf kann stark variieren. Manche Patienten erleben eine schleichende Verschlechterung über Monate oder Jahre, während andere Patienten akute Verschlechterungen erfahren. Eine gefährliche Komplikation ist die myasthene Krise, bei der die Schwäche der Atemmuskulatur so stark wird, dass eine künstliche Beatmung erforderlich ist. Vor allem bei Schluckstörungen oder einer Atemnot sollten Betroffene rasch handeln.
Diagnose von Myasthenia Gravis
Bei der Myasthenia gravis besteht der erste Diagnoseschritt in der Evaluation der Symptome. Der Verdacht auf Myasthenia gravis besteht, wenn schnell wechselnde Bewegungen eine rasche Ermüdung auslösen. Bei Anzeichen einer Myasthenia gravis stellen Arzt oder Ärztin anhand von standardisierten Tests fest, ob und wie weit die Muskulatur ermüdet ist. Eine Laboruntersuchung des Blutes gehört auch zur Diagnose. Bei vielen Betroffenen hat der Körper Antikörper gebildet, die sich gegen die Acetylcholin-Rezeptoren oder andere für die Signalübertragung wichtige Bestandteile der Endplatte richten. Die Blutwerte zeigen an, ob diese Antikörper vorhanden sind.
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Der Verdacht wird durch einen Medikamententest bestätigt. Hierbei kommen Cholinesterase-Inhibitoren zum Einsatz. Sie werden bei bewiesener Myasthenia Gravis auch zur Therapie verschrieben. Verbessern sich die Symptome schnell nach Gabe des Medikaments, ist von einer Myasthenia Gravis auszugehen.
Teil der Diagnose ist auch eine neurophysiologische Untersuchung. Die Behandelnden messen dabei die elektrische Aktivität in den Muskeln und Nerven. Eine Elektromyographie (EMG) ist ein weiteres Diagnosemittel und erfasst die elektrische Aktivität eines Muskels und deckt so die für die Erkrankung typische Veränderung auf: die Aktivität im entsprechenden Muskel nimmt bei anhaltender Muskelbelastung ab und durch einen Cholinesterase-Inhibitor nimmt der Ausschlag wieder zu.
Außerdem machen sie häufig eine Computertomografie (CT) des Brustkorbs, da in einigen Fällen bei Menschen mit Myasthenie eine Vergrößerung des Thymus vorliegt. Der Thymus ist ein kleines Organ, das im Brustkorb hinter dem Brustbein liegt. Er ist ein wichtiger Teil des Immunsystems.
Medizinische Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Myasthenia gravis zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, das Immunsystem zu modulieren und die Übertragung der Nervenimpulse auf die Muskeln zu verbessern. Durch eine gut eingestellte Therapie lässt sich Myasthenia gravis in sehr vielen Fällen gut unter Kontrolle bringen. Ein großer Teil der Patienten und Patientinnen verspüren dann wenig oder sogar gar keine Symptome mehr.
Zu den gängigen Therapieansätzen gehören:
- Acetylcholinesterase-Hemmer: Diese Medikamente, wie Pyridostigmin, hemmen das Enzym Acetylcholinesterase, das Acetylcholin abbaut. Dadurch bleibt der Botenstoff länger im synaptischen Spalt aktiv, was die Muskelkontraktion unterstützt. Die Basistherapie jeder Myasthenia Gravis Form besteht in der Gabe von Cholinesterase-Inhibitoren. Dieser Wirkstoff hemmt ein Enzym, das sich in der Synapse befindet und freiwerdendes Acetylcholin wieder abbaut und so das Signal, das übertragen wurde, beendet. Wird dieses abbauende Enzym nun gehemmt, verbleibt das Acetylcholin länger in der Synapse und auch dessen Konzentration erhöht sich. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Acetylcholinrezeptoren besetzt werden und die Muskelschwäche wird vermindert.
- Immunsuppressiva: Medikamente wie Prednison, Azathioprin oder Mycophenolatmofetil unterdrücken die Aktivität des Immunsystems und verringern die Produktion der Antikörper. Zeigen Cholinesterase-Inhibitoren nur unzureichende Wirkung, können auch Medikamente der Gruppe Immunsuppressiva gegeben werden oder mit Cholinesterase-Inhibitoren kombiniert werden. In vielen Fällen kommen zusätzlich Arzneimittel aus der Gruppe der Kortikosteroide oder Immunmodulatoren zum Einsatz. Sie beeinflussen das Immunsystem so, dass es weniger Antikörper bildet. Intensive Forschung findet weiterhin zu Arzneimitteln statt, die die Autoimmunreaktion abschwächen und so die Signalübertragung von den Nerven auf die Muskeln verbessern.
- Plasmapherese und intravenöse Immunglobuline (IVIG): Diese Therapien kommen vor allem bei akuten Verschlechterungen zum Einsatz. Im Falle einer myasthenen Krise, bei der ein Atemstillstand droht, ist eine Notfalltherapie notwendig: Betroffene bekommen über eine Infusion sogenannte Immunglobuline, also spezielle Immunzellen aus dem Spenderblut gesunder Menschen. In einigen Fällen kann eine sogenannte Plasmapherese Teil der Behandlung sein. Bei der Plasmapherese wird das Blut gereinigt, um die Antikörper zu entfernen, während IVIG eine modulierende Wirkung auf das Immunsystem hat.
- Thymektomie: Die chirurgische Entfernung des Thymus kann bei vielen Patienten zu einer Verbesserung oder sogar einer vollständigen Remission führen. Bei einigen Patienten oder Patientinnen ist der Thymus gutartig vergrößert, was scheinbar im Zusammenhang mit der Entstehung von Myasthenia gravis steht. In diesen Fällen wird der Thymus entfernt, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.
- Ergänzend können zielgerichtete Therapien begonnen oder intravenöse Immunglobuline (IVIGs) verabreicht werden.
Was Patienten selbst tun können
Patienten mit Myasthenia gravis können selbst einiges zum Behandlungserfolg beitragen. Ziel ist immer die weitestgehende Symptomfreiheit. Wichtig ist dabei, dass sie sich über die Krankheit und die Behandlungsmöglichkeiten gut informieren und sich einen Spezialisten suchen, beispielsweise in einem integrierten Myasthenie-Zentrum, der Erfahrung in der Therapie dieser seltenen Erkrankung hat. Zusätzlich sollten sie einen guten niedergelassenen Neurologen und einen zuverlässigen Hausarzt haben.
Abgesehen davon sollten Menschen mit Myasthenia gravis versuchen, ihre Erkrankung auch psychisch zu bewältigen. Da kann neben professioneller psychologischer Hilfe auch beispielsweise eine Selbsthilfegruppe helfen. Die Therapietreue ist natürlich wichtig, aber bei Myasthenia gravis meist kein großes Problem. Wenn die Behandlung gut wirkt, wenden sie die meisten Patienten auch regelmäßig an. Ein Problem sind hier viel häufiger die nötigen Laboruntersuchungen bei Arzneimitteln, die das Immunsystem unterdrücken, den Immunsuppressiva. Hier müssen bei Behandlungsbeginn und bei jeder Dosisänderung häufige Blutentnahmen durchgeführt werden, um mögliche Nebenwirkungen zu entdecken. Eine Leberfunktionsstörung oder Veränderungen der weißen Blutkörperchen merken die Patienten selbst erst dann, wenn es wirklich gefährlich wird.
Patienten sollten ihren Krankheitsverlauf zuhause dokumentieren, beispielsweise indem sie den MG-ADL-Fragebogen ausfüllen. Auch die Lebensqualität ist ein wichtiges Maß, etwa in Bezug auf eine Depression oder eine chronische Erschöpfbarkeit, die sogenannte Fatigue. Die Patienten können aber auch eigene Kriterien bestimmen, zum Beispiel, wie lange sie es schaffen, spazieren zu gehen. Je besser ein Patient seinen Krankheitsverlauf schildern kann, umso besser ist die Grundlage für die Therapieentscheidung. Der sogenannte Myasthenia Gravis Activities of Daily Living-Fragebogen, kurz MG-ADL, ist wissenschaftlich anerkannt und ermöglicht es, einen langfristigen Überblick über den Krankheitsverlauf zu erhalten.
Spätestens, wenn man unter einer chronischen Erkrankung leidet, ist es wichtig, einen zuverlässigen Hausarzt zu haben, der einen kennt und sich idealerweise auch mit der Erkrankung befasst hat. Mit ihm gemeinsam sollten Menschen mit Myasthenia gravis mögliche andere Ursachen ihrer Beschwerden ausschließen, beispielsweise eine Schilddrüsen-Funktionsstörung oder einen Eisenmangel bei andauernder Müdigkeit. Es wird zudem geraten, die allgemein empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen wirklich planmäßig in Anspruch zu nehmen. Bei Anwendung von Immunsuppressiva ist zudem ein konsequenter UV-Schutz wichtig.
Wenn die Myasthenia gravis zu Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz führt, kann zudem ein Gespräch mit dem Betriebsarzt sinnvoll sein. Für manche Betroffene ist beispielsweise der Wechsel von einer normalen Computer-Maus auf eine Rollmaus eine große Hilfe. Bei Kopfhalteschwäche kann eine Kopfstütze helfen und bei Doppelbildern Prismenbrillen. Im Gegensatz zu früher wird Patienten heute außerdem geraten, aktiv zu bleiben.
Sportliche Betätigung
Grundsätzlich gilt für Myastheniker, dass eine regelmäßige, moderate sportliche Betätigung förderlich ist. Eine gute Mischung aus Muskelaufbau und Kardiotraining ist auf jeden Fall sinnvoll. Menschen mit Myasthenia gravis sollten dabei nicht bis an die Belastungsgrenze trainieren, sondern etwas davor aufhören. Sollte es ein Patient einmal übertreiben, passiert zum Glück nichts Schlimmes, aber er kann beim nächsten Mal besser einschätzen, wie weit er gehen kann.
Myasthenie-Patientinnen mit milder und stabiler Erkrankung können allgemeine Empfehlungen zu Bewegung befolgen. Ein Training von Kraft und Ausdauer kann durchgeführt werden. Grundsätzlich sind die meisten Sportarten auch für Myasthenie-Patientinnen möglich.
Die Rolle der Physiotherapie bei Myasthenia Gravis
In der Physiotherapie liegt der Fokus darauf, die Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des menschlichen Körpers wiederherzustellen, zu verbessern oder zu erhalten. Gemeinsam mit Ihnen erfassen Physiotherapeut*innen Ihre aktuelle Situation. Dabei werden Ihre individuellen Lebensbereiche mit Ihren Schwierigkeiten und Ressourcen betrachtet. Physiotherapeutische Untersuchungen, u. a. Funktions- und Krafttests, werden durchgeführt.
Die Physiotherapie spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Myasthenia gravis, insbesondere in der langfristigen Betreuung und Rehabilitation. Sie dient dazu, die Muskelkraft zu verbessern, die Beweglichkeit zu erhalten und alltägliche Funktionsfähigkeiten zu stärken, ohne die Muskeln übermäßig zu belasten. Physiotherapeutische Ansätze bei MG müssen sorgfältig abgestimmt werden, da zu intensive körperliche Aktivitäten die Symptome verschlimmern können. Manchen hilft es auch, sich eine Physiotherapie verschreiben zu lassen.
Ziele der Physiotherapie
- Verbesserung der Muskelkraft: Durch gezielte Übungen wird die allgemeine Muskelkraft erhalten oder verbessert, ohne eine Überanstrengung zu riskieren. Es wird darauf geachtet, dass die Patienten lernen, ihre Grenzen zu erkennen und Pausen einzulegen, wenn es notwendig ist.
- Förderung der Atemmuskulatur: Atemübungen und Atemtherapien sind von großer Bedeutung, insbesondere bei Patienten, die eine Beeinträchtigung der Atemmuskulatur zeigen. Atemtechniken wie die diaphragmale Atmung oder die Nutzung von Atemtrainingsgeräten können helfen, die Atemfunktion zu unterstützen. Bei Exazerbation/myasthener Krise steht die Atemtherapie im Vordergrund.
- Verbesserung der Ausdauer: Mit leichten, aerobischen Übungen, wie z.B. Spazierengehen oder Schwimmen, kann die allgemeine Ausdauer verbessert werden. Hierbei ist eine moderate Intensität entscheidend, um Überanstrengung zu vermeiden.
- Erhalt der Gelenkbeweglichkeit und Bewegungskoordination: Passive und aktive Dehnungsübungen sowie Koordinationstraining sind wichtig, um die Beweglichkeit der Gelenke zu fördern und die Koordination der Bewegungen zu verbessern.
Methoden in der Physiotherapie
- Individuelle Übungsprogramme: Da die Symptomatik von Patient zu Patient unterschiedlich ist, wird ein maßgeschneidertes Programm erstellt. Dabei werden die aktuellen Muskeldefizite und die allgemeine Fitness des Patienten berücksichtigt.
- Elektrische Muskelstimulation (EMS): Bei stark geschwächten Muskeln kann die elektrische Muskelstimulation zum Einsatz kommen. Diese soll die Muskulatur aktivieren und zu stärken, ohne die Gelenke und Muskeln übermäßig zu belasten.
- Hydrotherapie: Wasserbasierte Übungen, wie sie in der Hydrotherapie verwendet werden, bieten eine gelenkschonende Möglichkeit, die Muskelkraft und Ausdauer zu verbessern, da das Wasser den Körper unterstützt und gleichzeitig sanften Widerstand bietet.
- Posturales Training: Da viele Patienten mit MG unter Haltungsstörungen aufgrund der Muskelschwäche leiden, wird ein spezielles posturales Training durchgeführt, um die Körperhaltung zu verbessern und Fehlbelastungen zu vermeiden.
- Manuelle Lymphdrainage (MLD): Bei dem Patientenbeispiel war es so, dass er noch mit Rollator einigermaßen in der Wohnung mobil ist und bekommt 1 mal pro Woche KG und 45 min MLD.
Die Rolle des Physiotherapeuten
Der Physiotherapeut arbeitet eng mit dem Patienten zusammen, um eine Balance zwischen körperlicher Aktivität und Ruhephasen zu finden. Eine genaue Überwachung der Fortschritte ist entscheidend, um das Therapieprogramm kontinuierlich anzupassen und die Belastung optimal zu steuern. Der Patient wird auch im Umgang mit den alltäglichen Herausforderungen geschult, z. B. wie man Tätigkeiten wie Treppensteigen, Gehen oder das Heben von Gegenständen energiesparend durchführt.
Sport und Myasthenia Gravis
Patienten mit generalisierter MG im Osserman II Stadium zeigten unter medikamentöser Einstellung vergleichbare neuromuskuläre Ermüdungserscheinungen und Lungenvolumina bei einer reduzierten Ausdauerleistungsfähigkeit gegenüber einer gesunden Kontrollgruppe. Ein Ausdauertraining bis 4 mmol/L Laktatkonzentration und ein Kraftausdauertraining 60 % Intensitätsbereich kann als Trainingsempfehlung dienen. Weiterführende Interventionsstudien über den Benefit dieser Belastungsvorgaben sind noch durchzuführen.
Myasthenia gravis Patienten im Osserman II Stadium haben eine reduzierte Ausdauerleistungsfähigkeit ohne Muskelfunktionsdefiziten. Die vorliegende Patientengruppe toleriert Ausdauerbelastungen bis zu einer Laktatkonzentration von 4mmol/L und Kraftausdauerbelastungen von 60 % der maximalen Kontraktionen. Weiterführende Trainingsstudien über die Trainierbarkeit und die Wirksamkeit der vorliegenden Belastungsempfehlungen für MG Patienten sind noch durchzuführen.
Rehabilitation bei Myasthenia Gravis
Die Rehabilitation stellt einen wichtigen Baustein in der Förderung der Lebensqualität und beruflichen Leistungsfähigkeit dar. Therapieziele sind die Verbesserung und das Erhalten der Selbständigkeit, die Selbstversorgung und Teilhaben am sozialen Leben. Durch Physiotherapie wird ein langsamer und kontinuierlicher Aufbau der Muskelkraft und der Ausdauer angestrebt. Außerdem sollen Bewegungsabläufen in Hinsicht auf Koordination und Dosierung von Kraft verbessert werden. Ein weiterer Therapiepfeiler ist das sensomotorische Training mit Schwerpunkt auf Koordination und Feinmotorik. Der Patient soll wieder dazu hingeführt werden, alltägliche Aufgaben selbstständig zu erledigen: Ankleiden, Waschen, Autofahren, Schreiben usw.
Die Logopädie ist eine weitere Abteilung in der Rehabilitation zur Behandlung von Myasthenia gravis. Betroffene mit Schluck- oder Sprechstörungen werden dort behandelt. Sie sollen lernen, wie sie Muskeln in Hals und Kehlkopf dazu nutzen können, ökonomisch zu sprechen und schlucken.
Spezialisten für Myasthenia Gravis
Die Myasthenia Gravis wird durch Fachärzte der Neurologie behandelt. In Kliniken für Neurologie werden Patienten von ihrer Diagnose über die Therapie bis hin zur Rehabilitation betreut.
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