Rehabilitation nach Hirnhautentzündung: Erfahrungen und Behandlungsansätze

Die Hirnhautentzündung, medizinisch als Meningitis bekannt, ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute, die durch Viren oder Bakterien verursacht werden kann. Die Erkrankung kann akut auftreten und rasch fortschreiten oder einen chronischen Verlauf nehmen. Unbehandelt kann eine bakterielle Meningitis tödlich sein, und auch nach überstandener Infektion können erhebliche gesundheitliche Einschränkungen zurückbleiben. Daher ist eine frühzeitige Diagnose und Behandlung entscheidend, gefolgt von einer umfassenden Rehabilitation, um die Lebensqualität der Betroffenen wiederherzustellen.

Erkennung und Symptome einer Hirnhautentzündung

Eine Hirnhautentzündung, die durch Bakterien ausgelöst wird, beginnt meist plötzlich. Der Zustand des Betroffenen kann sich innerhalb weniger Stunden verschlechtern. Bei einer Enzephalitis entwickeln sich die Beschwerden in der Regel langsamer über mehrere Tage. Die Krankheitszeichen sind bei Enzephalitis und Meningitis ähnlich:

  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit
  • Fieber
  • Steifer Nacken
  • Lichtempfindlichkeit
  • Psychische Veränderungen
  • Krampfanfälle
  • Seh- und Hörstörungen
  • Gelenk- und Muskelschmerzen

Bei Meningitis aufgrund einer Meningokokken-Infektion können kleine Blutungen in der Haut auftreten.

Akutbehandlung der Hirnhautentzündung

Die Akutbehandlung einer Hirnhautentzündung zielt darauf ab, die Infektion zu bekämpfen und lebensbedrohliche Komplikationen zu verhindern. Bei Verdacht auf Meningitis ist eine sofortige ärztliche Abklärung im Krankenhaus erforderlich. Eine bakterielle Meningitis muss umgehend mit Antibiotika behandelt werden, um das Risiko von Folgeschäden und Komplikationen zu minimieren. In der Akutphase der Behandlung sind die vorrangigen Ziele:

  • Sicherung wichtiger Körperfunktionen (Atmung, Herz-Kreislauf-System)
  • Intensivmedizinische Betreuung
  • Linderung von Schmerzen und akuten Beschwerden
  • Behandlung mit Medikamenten (Antibiotika bei bakterieller Infektion, sogenannte virostatische Medikamente bei Viren)

Bei einer Meningokokken-Meningitis sollten sich auch Personen, die mit dem Erkrankten in engem Kontakt waren, vorbeugend mit Antibiotika behandeln lassen.

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Frührehabilitation bei entzündlichen ZNS-Erkrankungen

Die Frührehabilitation beginnt bereits in der Akutphase der Erkrankung. In dieser Phase erfolgt eine umfassende interdisziplinäre Bewertung durch ein Team aus Ärzt:innen, Physiotherapeut:innen, Ergotherapeut:innen, Logopäd:innen und Neuropsycholog:innen. Bei Aufnahme in die Frührehabilitation sind viele der Patient:innen noch maschinell beatmet. Das erste Therapieziel besteht dann in der Entwöhnung vom Beatmungsgerät.

Trachealkanüle und Schluckstörungen

Eine Trachealkanüle ist ein Kunststoffschlauch, den Ärzt:innen durch einen Luftröhrenschnitt in die Luftröhre einführen. Er dient meist als Beatmungszugang bei langfristiger Beatmung. Auch nach einer erfolgreichen Entwöhnung vom Beatmungsgerät können die Ärzt:innen die einliegende Trachealkanüle nur in den seltensten Fällen sofort entfernen. Sie schützt vor Verschlucken (Aspiration) und senkt somit auch das Risiko für Lungenentzündungen. Schluckstörungen führen nicht selten durch Verschlucken zu schweren Lungenentzündungen. Um dieses Risiko zu senken, wird dieser Problematik ein hoher Stellenwert eingeräumt. Für die Diagnostik stehen radiologische und endoskopische Verfahren zur Bewertung (Evaluation) des Schluckakts zur Verfügung.

Individueller Rehabilitationsplan

Nach diesen ersten Schritten erstellt das behandelnde Team einen individuellen Rehabilitationsplan, der die spezifischen Bedürfnisse und Ziele der Patient:innen berücksichtigt. Der Rehabilitationsprozess erfordert regelmäßige Neubewertungen (Assessment) durch das interdisziplinär arbeitende Team.

Therapiebereiche

  • Physiotherapie: Die Physiotherapie konzentriert sich auf die Wiederherstellung der Mobilität. Dazu gehört es, Sekundärkomplikationen wie Versteifungen (Kontrakturen) oder Muskelschwäche vorzubeugen.
  • Ergotherapie: Die Ergotherapie zielt darauf ab, die Selbstständigkeit im Alltag zu fördern. Die Therapeut:innen unterstützen ihre Patient:innen bei der Ausführung täglicher Aktivitäten. Gemeinsam entwickeln sie Strategien, um die Umgebung an die Einschränkungen der Betroffenen anzupassen.
  • Logopädie: Bei Patient:innen mit Schluckstörungen oder/und Sprachdefiziten wenden die Therapeut:innen spezielle logopädische Therapien an.
  • Neuropsychologie: Kognitive Defizite, die durch eine entzündliche ZNS-Erkrankung entstanden sind, behandeln die Expert:innen durch gezielte neuropsychologische Übungen.
  • Psychologische Unterstützung: Die psychologische Unterstützung ist ein wichtiger Bestandteil der Frührehabilitation. Die Erkrankung selbst wie auch die Dauer der Rehabilitation können bei den Patient:innen zu Ängsten, Depressionen oder/und Verhaltensänderungen führen. Psycholog:innen und Sozialarbeiter:innen unterstützen sie dabei, mit den emotionalen Schwierigkeiten umzugehen.

Die Einbeziehung von Verwandten und Freund:innen in den Rehabilitationsprozess und gegebenenfalls deren Schulung sind von großer Bedeutung für den Behandlungserfolg. Die Frührehabilitation bei entzündlichen ZNS-Erkrankungen ist ein dynamischer Prozess - der Therapieplan wird fortlaufend an die Fortschritte der Patient:innen angepasst. Eine enge Zusammenarbeit im interdisziplinären Team und der Aufbau eines tiefen Vertrauensverhältnisses zwischen behandelndem Team, Patient:innen und deren Umfeld ist von großer Bedeutung.

Rehabilitation in der MEDICLIN Klinik Reichshof

In der MEDICLIN Klinik Reichshof werden Patienten mit entzündlichen Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie Enzephalitis und Meningitis oder mit Beschwerden, die infolge einer solchen Erkrankung aufgetreten sind, in der Fachklinik für Neurologie behandelt. Die Therapie erfolgt in einem medizinischen Heilverfahren oder in der neurologischen Rehabilitation der Phase C und Phase D.

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Diagnostik

Bei Verdacht auf eine Meningitis, Enzephalitis oder auf eine andere entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems werden die Patienten zunächst sorgfältig untersucht. Dazu ist die Klinik mit Diagnosegeräten auf dem neusten Stand ausgestattet. Wenn eine bakterielle Meningitis nicht ausgeschlossen ist, werden die Patienten vorbeugend mit Antibiotika behandelt, bis die Ursache der Beschwerden feststeht. Um eine sichere Diagnose zu stellen, werden unter anderem mit speziellen Methoden alle neurologischen Funktionen gemessen. Zwingend erforderlich ist eine sogenannte Lumbalpunktion, bei der ein Arzt mit einer Nadel Rückenmarksflüssigkeit entnimmt, die im Labor auf Krankheitserreger untersucht wird. Wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind, bespricht ein neurologischer Facharzt mit den Patienten die Ergebnisse und das weitere Vorgehen.

Therapie

Während der Behandlung wird der Patient von einem interdisziplinären Team betreut, zu dem Fachärzte, Pflegetherapeuten, Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Sprach- und Schlucktherapeuten, Psychologen und klinische Neuropsychologen (GNP), Physiotherapeuten, Sporttherapeuten, Masseure und medizinische Bademeister, Diätassistenten und Sozialarbeiter gehören.

Rehabilitationsziele

Insbesondere wenn Patienten zur Behandlung bei chronischen Beschwerden durch Enzephalitis und Meningitis in die Klinik kommen, richtet sich ihre Therapie nach einem ganzheitlichen medizinischen und psychosozialen Konzept. Das bedeutet, dass nicht nur die körperlichen Beschwerden behandelt werden. Ärzte, Therapeuten und Pflegemitarbeiter betrachten den Patienten als ganzen Menschen. Die Therapie berücksichtigt alles, was notwendig ist, damit der Patient sich trotz seiner Erkrankung wieder möglichst selbstständig in seinem familiären und beruflichen Alltag zurechtfinden kann. Wichtigstes Ziel der Reha ist es, die Lebensqualität zu verbessern.

Therapiebausteine

Die Rehabilitation bei entzündlichen Erkrankungen des zentralen Nervensystems umfasst:

  • Einstellung von geeigneten Medikamenten
  • Schulungen zur Einnahme und Handhabung der Medikamente
  • Therapien, die Beschwerden mildern und den Patienten dabei unterstützen, mit den Folgen der Erkrankung zurechtzukommen: v.a. Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Neuropsychologie
  • Schulungen zur Gesundheitsvorsorge
  • Psychologische Unterstützung, etwa bei der Krankheitsbewältigung (auch für Angehörige)

Ein in der Rehabilitation erfahrener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie plant und kontrolliert die Therapie. Wenn möglich werden Angehörige eng in die Behandlung einbezogen. Wenn gewünscht, nehmen wir diese mit auf. Vorteile dieses sogenannten Rooming in sind:

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  • Patienten fühlen sich in Begleitung ihrer Angehörigen sicherer.
  • Beim Rooming in lernen Angehörige, mit einer möglichen Behinderung umzugehen und arbeiten sich unter der Anleitung von Therapeuten und Pflegekräften in die Versorgung und Pflege ein.

Weitere Therapieangebote

  • Aktivierende und unterstützende Pflege: Pflegemitarbeiter unterstützen aktiv die Therapien. Angehörige können unter Anleitung in der Pflege mitarbeiten. So lernen sie, wie sie dem Patienten bei Bedarf zu Hause Hilfestellung geben können.
  • Physiotherapie: Physiotherapeuten fördern die Mobilität und Bewegungsfähigkeit. Die krankengymnastische Abteilung arbeitet u.a. nach dem Bobath-Konzept und auf neurophysiologischer Grundlage. Weitere Behandlungsmethoden sind PNF (Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation - Förderung des Zusammenspiels zwischen Rezeptoren, Nerven und Muskeln), Basale Stimulation (Aktivierung der Körper- und Sinneswahrnehmung), Brunkow (Methode zur Verbesserung der Haltung und Bewegungen) und e-Technik (Therapie zur Verbesserung von Bewegungsabläufen) sowie Manuelle Therapie.
  • Physikalische Therapie: Therapeuten behandeln gestörte Körperfunktionen gezielt mit physikalischen Mitteln zur Schmerzlinderung: Massagen, Manuelle Lymphdrainage, Elektrotherapie, Inhalation, Thermotherapie, Hydrotherapie und Balneotherapie.
  • Ergotherapie: Ergotherapeuten leiten den Patienten dabei an, Alltagsfunktionen zu üben, damit er eine größtmögliche Selbstständigkeit erreicht.
  • Logopädie: In der Logopädie versorgen Therapeuten den Patienten bei Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen sowie bei Lähmungen im Gesichtsbereich. Die Einschränkungen werden mit wissenschaftlich fundierten Maßnahmen und Techniken diagnostiziert und behandelt. Je nach Störungsbild findet die logopädische Therapie in Einzel- und/oder Gruppentherapien statt.
  • Sporttherapie: Sporttherapeuten unterstützen den Patienten dabei, gestörte körperliche, psychische und soziale Funktionen auszugleichen und zu verbessern. Spezielle Übungen verbessern beispielsweise Beweglichkeit und Koordination. Weitere Ziele sind eine allgemeine körperliche Kräftigung, etwa durch Herz-Kreislauftraining.
  • Neuropsychologie: Mit Diagnose- und Therapiekonzepten, die dem aktuellen wissenschaftlichen Stand angepasst sind, behandeln Neuropsychologen: Orientierungsstörungen, Aufmerksamkeitsdefizite, Gedächtnis- und Lernprobleme, Gesichtsfeldausfälle, Augenmotilitäts- und Blickmotorikstörungen, Störungen der Handlungsplanung, Demenz-Syndrome, Affektveränderung, fehlende oder gestörte Krankheitseinsicht, psychisch falsche Verarbeitung der Krankheitsfolgen. Darüber hinaus beraten die Mitarbeiter bei Bedarf die Angehörigen.

Persönliche Erfahrungen und Bewältigungsstrategien

Die Erfahrungen von Betroffenen zeigen, dass der Weg nach einer Hirnhautentzündung lang und herausfordernd sein kann. Neben den körperlichen Einschränkungen spielen auch psychische und soziale Aspekte eine wichtige Rolle. Es ist entscheidend, sich nicht aufzugeben, sondern aktiv an der Rehabilitation mitzuwirken und Unterstützung anzunehmen.

Der Weg zurück ins Leben

Eine Betroffene berichtet von ihrem schweren Krankheitsweg nach einer Autoimmunenzephalitis. Nach anfänglicher Fehldiagnose und einem langen Leidensweg erhielt sie schließlich die richtige Diagnose und Therapie. Trotzdem blieben Einschränkungen zurück, die sie jedoch mit Hilfe von Sport, insbesondere Triathlon, und der Unterstützung von Freunden und Familie bewältigt. Sie betont, wie wichtig es ist, sich nicht hängen zu lassen und die Hilfe anzunehmen, die man bekommen kann. Ihr Motto lautet: "Fight until the end!"

Mollaret-Meningitis: Ein chronischer Verlauf

Ein anderer Fall schildert die Erfahrungen mit einer chronischen Mollaret-Meningitis. Trotz wiederholter Episoden und bleibender Schäden im Gehirn gibt es Tage, an denen es der Person gut geht. Die Bewältigung der Sprechfehler, Vergesslichkeit und Bewegungseinschränkungen erfordert jedoch eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit der Erkrankung.

Rehabilitationseinrichtungen und Angebote

Neben den spezialisierten Kliniken wie der MEDICLIN Klinik Reichshof gibt es weitere Rehabilitationseinrichtungen, die auf die Behandlung von neurologischen Erkrankungen spezialisiert sind. Dazu gehören beispielsweise das Neurologische Rehabilitationszentrum Leipzig und das Neurologische Rehazentrum in Bennewitz. Diese Einrichtungen bieten ein umfassendes Spektrum an Therapien und unterstützen die Patienten dabei, ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität wiederzuerlangen.

Einblick in das Neurologische Rehazentrum Bennewitz

Ein Besuch von Berufsfachschülern im Neurologischen Rehazentrum in Bennewitz verdeutlicht die vielfältigen Angebote und Behandlungsmethoden. Die Schüler wurden von den verschiedenen Berufsgruppen (Pflege, Logopädie, Ergotherapie, etc.) in die Arbeitswelt der Reha eingeführt und lernten spezifische Tätigkeiten kennen. Besonders beeindruckt waren sie von der freundlichen und dynamischen Einrichtung des Gebäudes und der modernen Technik, die in der Therapie eingesetzt wird.

Cochlea-Implantate und Rehabilitation

Ein weiterer Aspekt der Rehabilitation nach Hirnhautentzündung kann die Versorgung mit Cochlea-Implantaten (CI) sein, insbesondere wenn die Erkrankung zu Hörschäden geführt hat. Die Nachsorge und Einstellung der Sprachprozessoren erfolgt in der Regel durch Audiologen in CI-Kliniken oder spezialisierten Hörgerätebetrieben. CI-Kliniken gibt es in Deutschland mittlerweile eine ganze Menge - Entscheidend ist hier, welche Klinik entsprechend viel Erfahrung mit den jeweiligen Ci-Herstellern bzw. deren Implantaten hat und wo sie ihre Schwerpunkte setzt. Nach einigen anfangs in kurzen Abständen stattfindenden Anpassungen werden die Abstände dazwischen grösser und werden dann meist nur noch ein- bis zweimal jährlich erfolgen.

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