Der Welttag des Gehirns am 22. Juli 2024 ist ein guter Anlass, um über die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Parkinson beim Reisen nachzudenken. Morbus Parkinson sollte kein Grund sein, auf Reisen und Urlaube zu verzichten. Mit sorgfältiger Planung und Vorbereitung können Betroffene eine unbeschwerte und erholsame Auszeit genießen. Dieser Artikel gibt Ihnen umfassende Tipps und Ratschläge, wie Sie Ihre Reise optimal gestalten können.
Warum Reisen trotz Parkinson möglich und wichtig ist
Reisen bedeuten für viele Menschen einen großen Zugewinn an Lebensqualität. Eine Auszeit ermöglicht es, Zeit mit anderen zu verbringen, neue Eindrücke zu sammeln, abzuschalten und Kraft für den Alltag zu tanken. Parkinson-Patienten können diese Vorteile ebenfalls genießen. Ein Aufenthalt in angenehmer Atmosphäre und das gute Gefühl, medizinisch gut versorgt zu sein, können die Lebensqualität sogar deutlich erhöhen.
Die richtige Vorbereitung: Das A und O für eine gelungene Reise
Eine gute Planung ist die halbe Reise. Es ist ratsam, im Vorfeld alles zu notieren, was erledigt werden muss oder vor Ort benötigt wird, um trotz eventueller Parkinson-Beschwerden gut zurechtzukommen.
Ärztliche Beratung im Vorfeld
Sprechen Sie vor Ihrer Reise mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin. Im Urlaub können Klima, Essen, Tagesablauf und körperliche Aktivität anders sein als zu Hause. Dies kann Auswirkungen auf Ihre Parkinson-Symptome und die Wirkung Ihrer Medikamente haben. Besprechen Sie daher folgende Punkte:
- Worauf Sie unterwegs achten sollten
- Wie Sie mit Umstellungen umgehen können
- Wie viel Medikamentenvorrat Sie benötigen
- Wie Sie Ihre Arzneimittel transportieren und lagern
- Ob Sie eine Notfallmedikation benötigen
- Was Ihre Reiseapotheke beinhalten sollte
- Die internationalen Bezeichnungen Ihrer Medikamente (falls Sie ins Ausland reisen)
- Eine Zollbescheinigung für Ihre Medikamente und Hilfsmittel (je nach Reiseland)
Denken Sie auch daran, eine Liste mit den Kontaktdaten Ihrer behandelnden Ärzte einzustecken. Recherchieren Sie wichtige Kontakte am Urlaubsort, wie z.B. die Adresse und Öffnungszeiten einer Apotheke in der Nähe oder die Telefonnummer des ärztlichen Notfalldienstes.
Lesen Sie auch: Demenzfreundliche Urlaubsgestaltung: Hinweise für pflegende Angehörige
Reiseapotheke und Medikamente: Sicherheit geht vor
Die erste Empfehlung der Ärzte ist, die Reiseapotheke zu überprüfen. Parkinson-Patienten sollten etwa 50 Prozent mehr Medikamente und Zubehör mitnehmen. Besorgen Sie sich gegebenenfalls rechtzeitig ein Rezept. Es sollte selbstverständlich sein, dass Parkinson-Patienten alle wichtigen Adressen ihrer Ärzte, den internationalen Notfallausweis sowie eine mehrsprachige Bescheinigung für benötigte Medikamente mitführen. Dazu gibt es spezielle Vordrucke.
Versicherungsschutz: Auf Nummer sicher gehen
Klären Sie Ihren Versicherungsschutz ab, etwa bei Reiserücktritt oder Reiseabbruch, Krankheit im Ausland oder einem nötigen Rücktransport. "Morbus Parkinson kennt keinen Urlaub - auch nicht unterwegs", heißt es.
Wahl des Verkehrsmittels und Transport der Medikamente
Ob Auto, Flugzeug oder Bahn, Medikamente dürfen auf keinen Fall verloren gehen und sollten auch unterwegs gut erreichbar sein.
- Flugzeug: Medikamente gehören ins Handgepäck, damit sie jederzeit griffbereit sind.
- Auto: Achten Sie auf die richtige Lagerung der Medikamente. Bei hohen Temperaturen ist eine Kühlbox sinnvoll.
Anpassung der Medikamentendosis und medizinische Versorgung vor Ort
"Führen Sie Ihre Behandlung genauso zuverlässig weiter wie zu Hause", raten Experten. Da die Parkinson-Symptome auf Klimawechsel, Zeitverschiebung, ungewohnte körperliche Belastung oder veränderte Ernährung reagieren können, sollten Sie gegebenenfalls in der Lage sein, die Medikamentendosis anzupassen. Erkundigen Sie sich vor Ort, wo sich der nächste Arzt und die nächste Apotheke befinden.
Tipps für die Reise selbst
Zeitmanagement: Stress vermeiden
Planen Sie ausreichend Zeit ein, um Stresssituationen zu vermeiden. Reisen Sie am besten in Begleitung. Nehmen Sie sich nicht zu viel vor und vermeiden Sie Zeitdruck. Stress kann Ihre Parkinson-Symptome verstärken. Brechen Sie lieber rechtzeitig auf und nehmen Sie in Kauf, etwas zu früh anzukommen. Reisetage gehören zum Urlaub.
Lesen Sie auch: Unvergessliche Reisen trotz Demenz
Aktivitäten und Erholung
Verlangen Sie sich auch im Urlaub nicht zu viel ab. Es ist wichtig, die Tagesaktivitäten mit der Parkinson-Krankheit in Einklang zu halten und auf ausreichend Regenerationsphasen zu achten. Lassen Sie es langsam angehen.
Offener Umgang mit der Erkrankung
Machen Ihnen unterwegs Parkinson-Symptome zu schaffen, gehen Sie offen damit um. Erklären Sie, dass Sie Parkinson haben und das Zittern ein typisches Symptom der Erkrankung ist. Die meisten Menschen reagieren verständnisvoll.
Unterstützungsangebote nutzen
Wer sich beim Einchecken oder zum Ein- und Aussteigen Hilfe wünscht, kann bei der Buchung oder rechtzeitig vor Abreise Unterstützung anfragen. Oft wird ein Rollstuhlservice für Reisende mit eingeschränkter Mobilität angeboten. Niemand muss sich unwohl fühlen, solche Dienste zu nutzen.
Flexibilität bei Zeitverschiebungen
Wie sollen bei einer Zeitverschiebung während der An- und Rückreise und auch während des Aufenthalts die Medikamente eingenommen werden? Dies ist besonders bei Flugreisen wichtig, wenn es zu einer erheblichen Zeitverschiebung kommt. Ein Medikament-Wecker kann ein Hilfsmittel sein. Reisen Sie in ein Land mit Zeitverschiebung, sollten Sie Ihre Medikamenteneinnahme dort gleich beim ersten Zubettgehen auf die neue Zeit umstellen.
Reiseziele für Parkinson-Patienten
Deutschland: Vielfalt vor der Haustür
Für Parkinson-Patienten bieten sich besonders Reisen innerhalb Deutschlands an. Sie haben eine kürzere Anreise, möglicherweise sogar mit dem eigenen PKW, und damit mehr Unabhängigkeit. Es gibt keine Sprachbarrieren und Sie müssen sich weder an ein neues Klima, eine Zeitverschiebung oder an fremde Essgewohnheiten gewöhnen.
Lesen Sie auch: Parkinson-Medikamente: Was Sie beachten müssen
- Ostsee und Nordsee: Ideal für einen erholsamen Aufenthalt am Meer. Das Klima ist gemäßigt und die frische Luft tut gut. Sandstrände, Wälder und malerische Dörfer laden zu Walking-Ausflügen, Radtouren oder leichten Spaziergängen ein. Beim Laufen im und am Wasser und im Sand wird die Motorik besonders gefördert.
- Eifel: Das Mittelgebirge zwischen Aachen, Köln, Koblenz und Trier begeistert mit abwechslungsreichen Wanderstrecken. "Wandern ohne Gepäck" ist ein besonderes Angebot. Entlang des Eifelsteigs kann man sich je nach individueller körperlicher Leistungsfähigkeit Tagesetappen zusammenstellen lassen.
- Ostbayern: Die Kur- und Bäderorte Bad Füssing, Bad Birnbach und Bad Griesbach bieten Entspannung und Erholung. Nordic Walking und Radfahren sind hier besonders zu empfehlen, da sich die Region durch geringe Steigungen entlang von Flusstälern auszeichnet und die Strecken meist abseits vielbefahrener Straßen liegen.
Was Sie bei der Wahl des Reiseziels beachten sollten
- Klima: Vermeiden Sie in heißen Klimazonen eine „Überhitzung“ (Hyperthermie), da dies zur Verschlimmerung der Parkinson-Beschwerden führen kann. Achten Sie deshalb auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr auch im Reiseland. Beachten Sie, dass die Hitzetoleranz gering ist. Bei extremer Kälte erhöhen sich die Muskelspannung, Steifheit und das Zittern. Durch klimatische Einflüsse wie Hitze mit hoher Luftfeuchtigkeit kann der Blutdruck schneller/stärker fallen.
- Barrierefreiheit: Erkundigen Sie sich vor der Buchung, was Sie am Reiseziel und in der Unterkunft erwartet. Ist der Eingang einfach zu erreichen? Müssen Sie Treppen steigen? Können Sie zum Ausladen vorfahren oder müssen Sie Ihre Taschen eine weitere Strecke tragen? Gibt es im Bad Haltegriffe, liegen Toilette und Schlafzimmer auf einer Ebene?
Reisen mit Mobilitätseinschränkungen
Hans und Paula Harthoorn aus den Niederlanden lassen sich von geselligen Ausflügen oder Flugreisen mit ihren Kindern nicht abschrecken. Hans will so oft wie möglich laufen können, braucht aber auch einen richtigen Rollstuhl. Nach dreißig Jahren Parkinson kaufte er einen Rollz Motion: einen Rollstuhl und einen Rollator in einem. Manchmal geht er anderthalb Stunden hintereinander, mit einer kurzen Pause dazwischen. Allerdings geht immer jemand mit ihm, um ihm zu helfen, wenn sein Blutdruck sinkt und er sich für eine Weile hinsetzen muss. Der Rollz Motion passt ganz einfach in ihren Fünftürer. Unterwegs werden Hans und seine Frau regelmäßig auf den Rollz Motion angesprochen. Auch die fröhlichen Farben ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Dazu kommt noch, dass er leicht und einfach einzuklappen ist, im Handumdrehen! In die Rollatortasche passen nicht nur die Fußstützen, sondern auch ein faltbarer Regenschirm und eine Regenjacke. Der Rollz Motion fliegt auch mit in den Urlaub.
- Geben Sie bereits bei der Buchung einer Flugreise an, dass Ihr Rollator/Rollstuhl mit Ihnen reist und dass Sie Parkinson haben.
- Aufgrund einer DBS-Behandlung darf Hans z.B. „Auf so einem Golfwagen werden wir, während der Rollz Motion hinten mitfährt, durch den ganzen Flughafen Schiphol zum Gate gefahren, sodass wir ihn bis zum Eingang zum Gate nutzen können.
Weitere wichtige Aspekte
Fahrtüchtigkeit bei Parkinson
Die Beeinträchtigungen infolge von Parkinson können die Fahrtüchtigkeit einschränken und dazu führen, dass die Fahreignung nicht mehr gegeben ist. Autofahren darf deshalb nur, wer sicherstellen kann, dass er andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet. Ist eine Person mit Parkinson fahruntauglich und steuert dennoch ein Kraftfahrzeug, macht sie sich strafbar und muss für mögliche Schäden selbst aufkommen. Die "Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung" der Bundesanstalt für Straßenwesen geben Hinweise auf die Kraftfahreignung bei Parkinson. Ein Kraftfahrzeug zur führen, ist nur bei erfolgreicher Therapie oder in leichten Fällen der Erkrankung möglich. Die Fahreignung für Kraftfahrzeuge der Gruppe 2 (LKW, Bus, Taxi, Personenbeförderung) ist bei einer Parkinson-Krankheit in der Regel nicht mehr gegeben. Menschen mit Parkinson können auch kein Kfz mehr fahren, wenn sie aufgrund ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung andere Verkehrsteilnehmende gefährden könnten. Voraussetzung für die Fahrtauglichkeit bei Parkinson ist eine neurologische und ggf. psychologische Begutachtung, die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden muss. Ärzte sind verpflichtet, Betroffene über die Gefahren bei der Teilnahme am Straßenverkehr zu informieren.
Sportliche Aktivitäten
Treiben Sie, soweit es geht weiter Sport, denn durch sportliche Aktivitäten können Bewegungsabläufe geübt und die motorischen Fähigkeiten gefördert werden. Dabei sollten Sie jedoch auf Ihren Körper hören und ihn nicht durch falschen Ehrgeiz überbeanspruchen. Wichtig ist, dass es Ihnen Spaß macht. Verzichten Sie auf sturzgefährliche Sportarten wie Ski- oder Schlittschuhfahren, ebenso auf Disziplinen, die zu hohe Anforderungen an Schnellkraft und Reaktion stellen - wie zum Beispiel Tennis, Squash oder Ballsportarten wie Volley- oder Basketball.
Optimal für Menschen mit Haltungsproblemen ist Nordic Walking, da es die rhythmische Bewegung und die Aufrichtung fördert, die gerade bei Parkinson sehr wichtig sind. Außerdem ist die Technik schnell erlernbar, kann praktisch vor der Haustür ausgeübt werden und zusammen mit Anfängern und Fortgeschrittenen trainiert werden.
Umgang mit Begleiterscheinungen
- Verstopfung: Essen Sie vermehrt ballaststoffreiche Nahrung, z. B. Vollkornprodukte, Gemüse und Kartoffeln. Achten Sie auch darauf, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen - dadurch wird ebenfalls die Verdauung angekurbelt. Ihre Devise beim Essen sollte immer sein: Mehrere kleine Mahlzeiten sind besser als wenige große!
- Blasenprobleme: Leiden Sie unter erhöhtem Harndrang, wenden Sie sich an Ihren Arzt. Sie sollten auf keinen Fall weniger trinken, in der Hoffnung, dann seltener zur Toilette gehen zu müssen. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist für Ihre Körperfunktionen immens wichtig.
Checkliste für die Reisevorbereitung
- [ ] Ärztliche Beratung einholen
- [ ] Medikamentenplan erstellen und ausreichend Medikamente einpacken (inkl. Notfallration)
- [ ] Internationale Bezeichnungen der Medikamente notieren
- [ ] Rezeptkopien mitnehmen
- [ ] Schwerbehindertenausweis (ggf. mit englischer Übersetzung) mitnehmen
- [ ] Reiseapotheke zusammenstellen
- [ ] Versicherungsschutz überprüfen
- [ ] Kontaktdaten von Ärzten und Apotheken am Urlaubsort recherchieren
- [ ] Unterkunft barrierefrei wählen
- [ ] Transport der Medikamente planen
- [ ] Zeitpuffer einplanen
- [ ] Hilfsangebote (z.B. Rollstuhlservice am Flughafen) nutzen