Parkinson: Geschichte und Entdeckung einer vielschichtigen Krankheit

Parkinson, im Volksmund auch als „Schüttellähmung“ bekannt, ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch das Absterben von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Diese Zellen produzieren den Botenstoff Dopamin, der für die Steuerung von Bewegungen unerlässlich ist. Der Dopaminmangel führt zu einer Unteraktivierung der Hirnrinde, die die Motorik steuert. Die Krankheit ist nach dem britischen Arzt James Parkinson benannt, der sie 1817 erstmals wissenschaftlich beschrieb.

Frühe Beobachtungen und James Parkinsons Beitrag

Obwohl James Parkinson die Krankheit erstmals im Jahr 1817 wissenschaftlich beschrieb, gab es bereits in der Antike Hinweise auf Parkinson-ähnliche Symptome. Autoren der Antike beschrieben einzelne Symptome recht detailliert, wenn auch noch unstrukturiert. Erste Beschreibungen von Menschen mit der Parkinson-Krankheit reichen bis ins alte Ägypten zurück. Die Krankheit wurde auch in der Bibel und den Büchern von Claudius Galenus beschrieben. Bis zum 17. Jahrhundert wurde in der Literatur kaum auf die Parkinson-Krankheit verwiesen. Auguste François Chomel, ein französischer Pathologe, John Hunter, ein schottischer Chirurg, Hieronymus David Gaubius, ein deutscher Arzt und Apotheker, und Franciscus Sylvius, ein niederländischer Chemiker, Physiologe und Anatom, beschrieben alle Parkinson-ähnliche Symptome während des 17. und 18. Jahrhunderts.

James Parkinson, ein Londoner Arzt und Apotheker, veröffentlichte 1817 sein Werk „An Essay on the Shaking Palsy“ (Eine Abhandlung über die Schüttellähmung). Darin beschrieb er erstmals die Symptome der später nach ihm benannten neurologischen Erkrankung. Er beobachtete sechs Patienten und erkannte, dass Tremor und Bewegungsstörungen zu ein und demselben neurologischen Krankheitsbild gehören. Er bezeichnete die Krankheit als „Schüttellähmung“ aufgrund des bei vielen Patienten auffälligen Ruhetremors. Parkinson besaß eine scharfe Beobachtungsgabe und beschrieb akkurat die wichtigsten Symptome der Erkrankung sowie deren langsames Fortschreiten. Er vermutete, dass eine Veränderung des Rückenmarks die Symptome der von ihm beschriebenen Krankheit auslöst.

Charcots Würdigung und die Namensgebung

Fünf Jahrzehnte, nachdem James Parkinson 1817 seine Studie „An Essay on the Shaking Palsy“ publiziert hatte, wies der berühmte Pariser Psychiater Jean-Martin Charcot in seinen Vorlesungen eindringlich auf die 66-seitige Arbeit hin. Charcot interessierte sich rund 40 Jahre nach Parkinsons Tod für dessen Erkenntnisse, nachdem 1860 die erste Obduktion eines Patienten mit Schüttellähmung durch den Wiener Internisten von Oppolzer durchgeführt wurde. Seitdem beschäftigte sich Charcot intensiv mit der vielgestaltigen Krankheit, mit der er als Chefarzt der Nervenklinik Salpêtrière oft konfrontiert war. In einer Vorlesung im Jahr 1876 schlug er den Namen „Morbus Parkinson“ vor, der heute weltweit üblich ist. Die Bezeichnung Schüttellähmung hielt er jedoch für unzutreffend.

Weitere Meilensteine in der Parkinson-Forschung

Nach der Entdeckung und Benennung der Krankheit folgte die erste medikamentöse Therapie in den 1860er Jahren. Da Parkinson zu jener Zeit als eine ‚nervöse Erkrankung‘ galt, wurden Belladonna-Präparate (Tollkirsche-Extrakte) verwendet, deren Wirkstoff Atropin den Botenstoff Acetylcholin hemmte, der bei Parkinson im Übermaß vorhanden ist. Die einschränkenden Bewegungsstörungen konnten jedoch durch diese Präparate nicht verbessert werden. Trotzdem blieben sie bis zur Einführung synthetischer Anticholinergika Mitte des 20. Jahrhunderts im Einsatz.

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Schließlich entdeckte 1919 der Neuropathologe Konstantin Tretiakoff die krankhaften Veränderungen der sogenannten Schwarzen Substanz (Substantia nigra) im Gehirn. Er beschrieb die Degeneration der Substantia Nigra und war der Erste, der die anatomische Struktur der Nigra mit der Parkinson-Krankheit in Verbindung brachte.

Anfang der 60er-Jahre konnten dann die Wissenschaftler Herbert Ehringer und Oleh Hornykiewicz als erste den verminderten Dopamingehalt im Hirnstamm bei verstorbenen Parkinson-Patienten nachweisen.

1912 veröffentlichte der deutsch-jüdische Arzt Fritz Jakob Heinrich Lewy seine histologischen Befunde des Morbus Parkinson, typische Gewebeveränderungen, die nach ihrem Entdecker als „Lewy-Körperchen“ bezeichnet wurden.

Der nächste große Sprung kam 1958, als der schwedische Pharmakologe Avid Carlsson erstmals die Bedeutung des Neurotransmitters Dopamin und die zentralnervösen Wirkungen von Levodopa im Tiermodell zeigen konnte. Er demonstrierte, dass Dopamin ein Neurotransmitter ist, der sich im Gehirn befindet und Signale von der einen zur anderen Nervenzelle überträgt. Carlsson entwickelte eine Methode, um die Menge an Dopamin im Gehirngewebe zu messen. Er entdeckte, dass der Dopamingehalt der Basalganglien - der Abschnitt des Gehirns, der die Bewegungen steuert - sehr hoch war. Er fand weiterhin heraus, dass bei Tieren, denen der Arzneistoff Reserpin verabreicht wurde, der Dopamingehalt in den Basalganglien abnahm und weniger Kontrollen über ihre Bewegungen hatten. Diese Auswirkungen waren vergleichbar mit Menschen, die an der Parkinson-Krankheit litten. Durch den gleichen Tieren Levodopa (L-DOPA), ein Vorläufer von Dopamin, zu verabreichen, konnte er die Auswirkungen wieder rückgängig machen. Für diese Forschung erhielt er im Jahr 2000 den Nobelpreis für Medizin.

Fast zeitgleich konnte der Wiener Pharmakologe Oleh Hornykiewicz in den Gehirnen von verstorbenen Parkinson Patienten einen Mangel an Dopamin nachweisen.

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Richtig Fahrt aufgenommen hat die orale Levodopa-Therapie mit den Arbeiten des griechisch-amerikanischen Neurologen George Constantin Cotzias, der seine erste Studie 1968 veröffentlichte. Nur zwei Jahre später hat das Schweizer Pharmaunternehmen Roche das erste dopaminerge Medikament, Larodopa, auf den Markt gebracht.

Sehr bekannt wurde dann die Arbeit des Neurologen Oliver Sacks, der in Brooklyn Patienten mit viral vermitteltem Parkinson-Syndrom behandelte und seine Erkenntnisse in dem Buch „Zeit des Erwachens“ niederschrieb, das später mit Robert de Niro erfolgreich verfilmt wurde.

Ursachenforschung und aktuelle Entwicklungen

Woher aber kommt die Parkinsonerkrankung und was löst sie aus? Darüber entbrannte ein Streit unter Forschern, während die einen genetische Ursachen sahen, betonten andere Umwelteinflüsse, etwa Belastungen durch Umweltgifte oder Drogen.

Durch Zufall wurde dann eine chemische Substanz, MPTP, identifiziert, die Dopamin im Gehirn zerstören kann. Im Kalifornien der frühen 1980er Jahre rief der intravenöse Konsum von Pethidin, das mit MPTP (1-Methyl-4-phenyl-1,2,5,6-tetrahydropyridin) verunreinigt war, bei jungen Drogenabhängigen nach kurzer Zeit parkinsonähnliche Symptome hervor, die erfolgreich mit L-Dopa (siehe unten) behandelt werden konnten. Die Wirkung des MPTP besteht darin, dass dieses im Gehirn in das aktiv toxische Molekül MPP+ (1-Methyl-4-phenylpyridinium) umgewandelt wird. Dieses ist ähnlich aufgebaut wie ein Dopaminmolekül, sodass es über das Dopamin-Transportsystem in die dopaminproduzierenden Nervenzellen eindringen kann. Mit zunehmender Anreicherung des MPP+ in den Zellen entfaltet es zunehmend seine toxische Wirkung, indem es dort wichtige Stoffwechselprozesse unterdrückt.

So wurde u.a. die Tiefe Hirnstimulation entwickelt, um die „Bremse“ im Gehirn zu lösen und die Akinese zu behandeln.

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Ein weiterer Meilenstein waren die Arbeiten des Genetikers Mihael Polymeropoulos, der 1997 erstmals erbliche Gendefekte des Parkinson beschreiben konnte. Bei den Betroffenen kommt es zu einer krankhaft erhöhten Ansammlung von Alpha-Synuclein und die Forschung geht heute davon aus, dass dieses Protein entscheidend an der Entstehung von Parkinson beteiligt ist. Hier setzen daher viele experimentelle und klinische Arbeiten für eine kausale Therapie an.

Unterstützt wird dies durch die Forschungen des Frankfurter Neuroanatomen Heiko Braak, der 2003 eine neue Stadieneinteilung des Parkinson beschreibt. Seine Hypothese, dass die Parkinson-Krankheit im Darm beginnen könnte, wird lange nicht ernstgenommen. Neuere experimentelle Daten zeigen jedoch ebenfalls in diese Richtung und werden weiterverfolgt, u.a. mit chirurgischen Unterbrechungen des Vagusnervs, der vom Darm zum Gehirn führt.

Viele Forschungen zielen darauf ab, die bisherige symptomatische Behandlung um kausale Therapien zu ergänzen, und so die Entstehung oder Verschlechterung des Parkinson zu verhindern. Parallel laufen auch viele Forschungsstränge auf genetischer Ebene, u.a. gefördert durch Sergey Brin, einem der Google-Gründer, der selbst diese Disposition für Parkinson mitbringt. Zudem hat sich die pharmakologische Forschung durch digitale Wirkstoffdatenbanken und Simulationen verändert und beschleunigt. Weitere Hoffnungen ruhen auf modernen Immuntherapien, um etwa Antikörper gegen Alpha-Synuclein zu bilden.

Symptome und Diagnose

Die Erkrankung beginnt schleichend und schreitet danach zeitlebens fort, die Symptome werden im Verlauf stärker und daher auch besser erkennbar. Das Idiopathische Parkinson-Syndrom beginnt typischerweise einseitig (und bleibt im Verlauf einseitig stärker); als Frühzeichen gilt beispielsweise das reduzierte und später fehlende Mitschwingen eines Armes beim Laufen. Nicht selten treten Schulterschmerzen und einseitige Muskelverspannungen auf, die den Patienten zuerst zum Orthopäden führen.

Die Forschung in den vergangenen zehn Jahren und die Identifizierung der vererbten Formen haben gezeigt, dass es sich beim Morbus Parkinson (MP) nicht um eine einheitliche Erkrankung handelt, sondern um eine heterogene Gruppe von Erkrankungen mit einem Spektrum klinischer und pathologischer Ausprägungen (PARK1 bis PARK13). Monogene Formen des Morbus Parkinson sind für etwa fünf bis zehn Prozent aller Patienten mit Morbus Parkinson verantwortlich. Unter diesen sind Punktmutationen des alpha-Synuclein-Gens (SNCA-Gen, PARK1) von besonderem Interesse, da alpha-Synuclein (SNCA) die Hauptkomponente der Lewy-Körper bei familiärem und sporadischem Morbus Parkinson darstellt.

Als externe Auslöser von Parkinson werden bestimmte Giftstoffe, sogenannte Neurotoxine, die die Substantia nigra schädigen, erwogen. Diese wurden in der Regel entweder im Rahmen der Berufstätigkeit oder als Umweltgifte von den Betroffenen aufgenommen.

Das Parkinson-Syndrom ist definiert durch das Vorliegen von Bradykinese oder Akinese und eines der drei anderen Leitsymptome (Rigor, Tremor, posturale Instabilität).

Neben diesen Kardinalsymptomen kommt es im Krankheitsverlauf in individuell unterschiedlichem Ausmaß zu weiteren Symptomen:

  • Eine Minderung des Geruchssinns (Hyposmie) ist häufig und kann der Parkinsonkrankheit oft bereits als initiales Symptom vorausgehen.
  • Eine niedergedrückte Stimmung kann als Frühsymptom der Diagnose um Jahre vorausgehen.
  • REM-Schlafstörungen werden oft berichtet und können anderen Parkinson-Symptomen vorausgehen.

In den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) wird als Basisdiagnostik zunächst eine komplette klinisch-neurologische Untersuchung empfohlen. Außerdem sollte mindestens ein bildgebendes Verfahren im Rahmen der Diagnose eingesetzt werden. Dafür kommen in erster Linie die Kernspintomografie (MRT) des Gehirns, die Craniale Computertomographie (CCT) oder szintigrafische Verfahren in Frage.

Therapie und Lebensqualität

Parkinson ist derzeit noch nicht heilbar, aber über viele Jahre hinweg sehr gut behandelbar. Wichtig ist es für Parkinson-Patient:innen, ihre Erkenntnisse aus der Komplexbehandlung auch zu Hause weiter zu verfolgen. „Betroffene können in der Regel selbst vieles tun, um ihren Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass körperliche und auch geistige Aktivitäten sehr förderlich dafür sind“, erklärt Dr.

Jürgen Bonnes, ein Parkinson-Patient, berichtet, welchen Stellenwert die Zeit eingenommen hat. Höhen und Tiefen mit der Erkrankung gab es allemal. „Ich bin gezwungen, mich immer wieder auf neue Situationen einzustellen. Es fällt mir beispielsweise sehr schwer, mich länger als 90 Minuten zu konzentrieren. Und seitdem ich bemerkt habe, dass auch meine Reaktionsfähigkeit eingeschränkt ist, setze ich mich selten ans Steuer. Solche Schritte für sich selbst festzulegen, das ist nicht einfach“, sagt er. Trotz seiner Einschränkungen erfährt Jürgen Bonnes große Unterstützung und Verständnis durch seine Frau, seine Familie und Freunde.

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