Ständiges Weinen bei Demenz: Ursachen, Verständnis und Umgang

Im Zusammenhang mit Demenz treten häufig Verhaltensweisen auf, die für Angehörige und Betreuungskräfte, insbesondere im Rahmen der 24-Stunden-Pflege, sehr belastend sein können. Zu diesen Verhaltensweisen gehören unter anderem das Verlegen oder Verstecken von Gegenständen, zielloses Umherwandern, nächtliche Unruhe, lautes Schreien, Aggressionen, Teilnahmslosigkeit oder übermäßiges Anhängen an Bezugspersonen.

Ursachenforschung: Hintergründe verstehen

Naomi Feil und Tom Kitwood vertreten die Auffassung, dass nahezu jedes Verhalten eines Menschen mit Demenz aus seiner Biografie oder der aktuellen Lebenssituation heraus erklärbar ist. Oftmals liegen diesen Verhaltensweisen unbefriedigte Grundbedürfnisse oder unverarbeitete vergangene Ereignisse zugrunde. Negative Gefühle wie Wut und Trauer, die aus Belastungen, Herausforderungen, Erlebnissen in der Vergangenheit oder der aktuellen Lebenssituation entstanden sind und nicht ausgelebt werden konnten, können lange unterdrückt werden. Im Verlauf einer Demenz ist ein Verdrängen jedoch oft nicht mehr möglich, so dass diese Emotionen zum Vorschein kommen können. Um den Betroffenen wirklich zu verstehen, sind Empathie und Geduld unerlässlich.

Grundbedürfnisse erfüllen, Verhalten vorbeugen

Um herausforderndem Verhalten vorzubeugen, ist es wichtig, die Grundbedürfnisse des Betroffenen zu erkennen und zu erfüllen. Dazu gehören:

  • Sicherheit und Geborgenheit: Eine vertraute Umgebung, feste Tagesstrukturen und verlässliche Bezugspersonen geben Sicherheit und reduzieren Ängste.
  • Anerkennung und Wertschätzung: Dem Betroffenen das Gefühl geben, wichtig und wertvoll zu sein, unabhängig von seinen kognitiven Fähigkeiten.
  • Beschäftigung und Aktivität: Sinnvolle Beschäftigungen und Aktivitäten, die den Interessen und Fähigkeiten des Betroffenen entsprechen, verhindern Langeweile und fördern das Wohlbefinden.
  • Körperliches Wohlbefinden: Ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, Schmerzlinderung und die Behandlung von körperlichen Beschwerden tragen zum Wohlbefinden bei.
  • Soziale Kontakte: Kontakt zu anderen Menschen, auch wenn er nur kurz und einfach ist, beugt Isolation vor und gibt ein Gefühl der Zugehörigkeit.

Schreien als Kommunikationsmittel verstehen

Laute, herzzerreißende und plötzliche Schreie können für Angehörige und Betreuungskräfte erschreckend sein. Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz ist Schreien jedoch oft eine Begleiterscheinung. Es ist wichtig zu verstehen, dass Schreien für den Demenzerkrankten oft die einzige Möglichkeit ist, sich seinem Umfeld mitzuteilen. Wenn es Betroffenen nicht mehr möglich ist, sich verbal zu äußern, fallen sie oft in kindliche Verhaltensmuster zurück. Die Schreie sind dann Hilfeschreie nach Zuwendung und Umsorgung. Daher ist es wichtig, nicht aus Angst zurückzuschrecken, sondern dem Demenzkranken Nähe zu schenken. Körperliche Berührungen wie Streicheln, Liebkosungen und sanftes Zusprechen können beruhigend wirken. Eine Spezialschaukel oder Hängematte kann hier ebenfalls gute Dienste leisten, sofern vorhanden.

Aggressives Verhalten: Ursachen und Umgang

Bei etwa 50 Prozent aller Demenzerkrankungen treten aggressive Verhaltensweisen als Begleiterscheinung auf. Durch Veränderungen in bestimmten Gehirnregionen kann es zu einer Einschränkung der Impulskontrolle kommen. Stressfaktoren, die zu Aggressivität führen können, sind eine veränderte Wohnumgebung, störende Geräusche oder eine respektlose und gestresste Umgangsweise mit dem Betroffenen.

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Von außen betrachtet kann der Demenzkranke einen starken Persönlichkeitswandel durchleben und trotz ruhigem und ausgeglichenem Charakter durch die Demenz die innere Ruhe verlieren. Aggressionen können ein Hinweis auf eine Demenzerkrankung sein, sind aber kein zwingendes Indiz. Es kann auch eine Altersdepression vorliegen, die häufig nicht erkannt wird.

Demenzstadien und Aggression

Der Verlauf einer Demenz lässt sich grob in drei Stufen unterteilen:

  • Leichte Demenz: Einschränkungen im Alltag, wie das Vergessen von Gegenständen oder Orientierungsstörungen, treten auf.
  • Mittelschwere Demenz: Eine selbstständige Lebensführung ist nicht mehr möglich, und Aggressionen können als Begleiterscheinung hinzukommen.
  • Schwere Demenz: Es kommt häufig zum Verlust von Sprache und Beweglichkeit.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Erkrankung nicht immer nach diesen drei Stufen verläuft und bei einigen Betroffenen keine Aggressionen auftreten. Oft treffen die Aggressionen die Angehörigen, da sie die meiste Zeit mit dem Betroffenen verbringen. Als Angehöriger ist es wichtig, sich emotional von dem aggressiven Verhalten zu distanzieren, um die Situation deeskalieren zu können.

Konfliktsituationen vermeiden

Eine typische Konfliktsituation, die zu aggressivem Verhalten führen kann, ist das Gefühl, unnütz zu sein. Daher entwickeln viele Demenzkranke den Drang, das Haus zu verlassen, um zur Arbeit zu gehen. Auch wenn sie schon seit Jahren nicht mehr arbeiten, sind die alten Muster so stark im Gehirn verankert, dass sie Sicherheit und eine Aufgabe verleihen. In dieser Situation kommt es regelmäßig zu Konflikten, da Unverständnis für die Situation den Selbstwert des Betroffenen mindert. Daher sollte dem Konflikt vorgebeugt werden, indem ein strukturierter Tag mit ausreichend Aktivitäten geschaffen wird. Feste Tagesstrukturen und ausreichend Auslastung verhindern Langeweile und Aggressivität.

Weiteres Konfliktpotential besteht beim Thema Essen. Für viele ältere Menschen ist das Essen ein Highlight des Tages. Sollte das Essen nun nicht schmecken oder den Vorstellungen nicht entsprechen, kann es schnell zu Frustration kommen. In solchen Situationen ist es wichtig, verständnisvoll zu sein und auf den Geschmack des Demenzkranken einzugehen.

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Deeskalation in Konfliktsituationen

Wenn eine Konfliktsituation eintritt, ist es wichtig, tief durchzuatmen und nicht aus Reflex zu handeln, sondern die Situation in Ruhe zu analysieren. Eine ruhige Grundhaltung ist wichtig für alle weiteren Schritte zur Deeskalation. Sprechen Sie langsam, deutlich und ruhig. Bei aggressivem Verhalten wird der Inhalt der Aussage oft nicht wahrgenommen, aber eine tiefe Stimmlage kann beruhigend wirken.

Sollte sich die Situation nicht beruhigen, verlassen Sie die Situation. Verabschieden Sie sich höflich und sichern Sie zu, dass Sie gleich wiederkommen. Bei Demenz kann das Verlassen des Zimmers dazu führen, dass der Betroffene sich nicht mehr an den Streit erinnert.

Mentale Distanz und Wertschätzung

Demenz ist eine Erkrankung, und aggressives Verhalten ist ein Krankheitssymptom. Nehmen Sie das Verhalten nicht persönlich und versuchen Sie, mental Abstand zu gewinnen. Trennen Sie im Kopf die Erkrankung von der eigentlichen Person und verlieren Sie nicht den Bezug zum Betroffenen. Mit Wertschätzung und Körperkontakt kann die Situation beruhigt werden. Hier ist es wichtig, auf die Angemessenheit zu achten und nicht übergriffig zu handeln. Fassen Sie Betroffene nicht am Kopf an, da dies schnell als Eingriff in die Privatsphäre interpretiert werden kann.

Ursachenforschung und Bedürfniserkennung

Versuchen Sie, sich in die Situation des Demenzkranken hineinzuversetzen und die Ursachen für die Aggressionen oder das Schreien nachzuvollziehen. Ist der Senior gelangweilt? Hat er Schmerzen? Ist er hungrig oder durstig? Geht es ihm psychisch nicht gut? Durch das Vermeiden der Auslöser können Sie zukünftige Ausbrüche verhindern.

Nonverbale Kommunikation

Mit Fortschreiten der dementiellen Erkrankung rückt die nonverbale Kommunikation immer mehr in den Vordergrund. Achten Sie auf die Körpersprache der demenzerkrankten Person. Das Deuten auf einen Gegenstand kann darauf hinweisen, dass der Betroffene Angst davor hat oder frustriert ist, dass er diesen nicht greifen kann. Teilweise kann die Begegnung mit dem eigenen Spiegelbild verwirren, da viele Betroffene sich im Spiegelbild für eine dritte Person halten und Angst entwickeln.

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Ablenkung und Beschäftigung

Wenn es nicht hilft, die Person mit besänftigenden Worten zu beruhigen, ist Ablenkung mit anderen Aktivitäten hilfreich. Ob ein Spaziergang, einen Kaffee trinken, Musik hören, etwas vorlesen oder gemeinsam in den Garten gehen: jede Beschäftigung lenkt ab und lässt die Frustration schnell verfliegen.

Unterstützung suchen

Sprechen Sie über Ihre Belastung mit anderen Familienangehörigen, Beratungsstellen oder anderen Betroffenen. Sofern keine andere Option mehr bleibt und das Schreien und die Aggressionen nicht aufhören, können Sedativa und Antidepressiva verschrieben werden. Häufig verschriebene Medikamente bei Aggressionen sind Neuroleptika wie Risperidon und Haloperidol. Sie helfen auch gegen Wahnvorstellungen. Die Verschreibung sollte möglichst durch einen Facharzt erfolgen.

Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen

Wenn sowohl Sie als auch eine Betreuungskraft nicht in der Lage sind, mit den herausfordernden Verhaltensweisen des Demenzkranken umzugehen, ist die Unterbringung in einem Pflegeheim möglicherweise die beste Lösung. Dort kümmert sich geschultes Pflegepersonal Tag und Nacht um den Betroffenen und kann eine bessere Versorgung gewährleisten. Um den Demenzerkrankten von der Unterbringung im Pflegeheim zu überzeugen, muss die Dringlichkeit der Situationen ausreichend kommuniziert werden. Falls möglich, sollte die Entscheidung gemeinsam mit dem Demenzkranken getroffen werden. Wohlfühlen im zukünftigen Zuhause ist eine relevante Grundvoraussetzung, um der Verschlechterung der Krankheit vorzubeugen.

Eigene Bedürfnisse nicht vergessen

Nicht nur das psychische Wohl des Betroffenen ist wichtig, sondern auch Sie müssen vor Überlastung geschützt werden. Eine Unterbringung im Pflegeheim bedeutet nicht, dass Sie das Familienmitglied weniger gern haben oder wertschätzen.

Herausforderndes Verhalten neu definieren

Im fachlichen Kontext spricht man ungern von aggressivem, sondern eher von herausforderndem Verhalten. Man geht davon aus, dass jedes Verhalten des Menschen mit Demenz für ihn sinnvoll ist und er etwas damit erreichen will. Oftmals kanalisieren sich in sogenannten aggressiven Verhalten über Jahre angestaute Emotionen wie Wut, Enttäuschung und Trauer, die früher unterdrückt wurden, um gesellschaftlich nicht anzuecken.

Biografiearbeit als Schlüssel zum Verständnis

Oft lassen sich mögliche Zusammenhänge im familiären und partnerschaftlichen Umfeld erkennen, wenn man das Gespräch über biografische Aspekte der betroffenen Person mit Angehörigen sucht. Naomi Feil, die Begründerin der Validation, schreibt, dass der Mensch danach strebt, in Frieden zu sterben. Die letzten Jahre seines Lebens beschäftigt er sich mit der Aufarbeitung seines Lebens. Dazu gehört auch, dass ungelebte Emotionen und Gefühle an die Oberfläche kommen und jetzt durchlebt werden müssen. Dahinter steht oft nicht verarbeitetes Leid. Hier findet sich oftmals die Antwort nach dem Sinn des auf den Außenstehenden oft völlig unverständlichen Verhaltens.

Perspektivenwechsel und Entspannung

Dies beantwortet zwar nicht die Frage, wie man mit dem Verhalten umgeht, aber es gibt Angehörigen und betreuenden Personen unter Umständen eine neue Perspektive und lässt sie mehr Abstand von der Situation gewinnen. Vor allem die Erkenntnis, dass sich die Aggression nicht ursächlich gegen sie wendet, sondern der Mensch mit Demenz versucht, seine ungelösten Themen zu bearbeiten, kann Entspannung bringen. Entspannt sich das Gegenüber, kann sich auch der Mensch mit Demenz etwas entspannen. Dies erfordert jedoch viel Einfühlungsvermögen und Geduld von der betreuenden Person.

Fallbeispiel: Frau Maier

Das Ehepaar Maier wohnt im eigenen Haus, und beide sind um die 90 Jahre alt. Frau Maier ist seit Jahren an Demenz erkrankt und zeigt zunehmend problematische Verhaltensweisen. Alles, was ihr Mann sagt, lehnt sie ab, will sich nicht waschen, lehnt jede Hilfe ab, vergisst und verlegt vieles und gibt dann ihrem Mann oder den Kindern die Schuld. Die Kinder sagen: "Sie ist richtig böse geworden und war dabei früher nie so”. Wenn Gäste kommen, erzählt Frau Maier, dass sie alles selbst erledigt, obwohl sie weder sich noch den Haushalt versorgen kann. Wird sie mit der Realität konfrontiert, wird sie sehr zornig.

Beim Blick in die Biografie zeigt sich, dass sie jung geheiratet hat, ihren Traumberuf der Krankenschwester nicht erlernen konnte und dann aber die “perfekte” Hausfrau und Mutter war. Sie war diejenige, die im Hintergrund agiert hat und den Haushalt und die Kinder versorgt hat. Ihr Mann hat relevante Entscheidungen getroffen, konnte sich in der Arbeit verwirklichen, war das Familienoberhaupt und derjenige, der tonangebend und manchmal dominant war. Sie war die Frau an seiner Seite und hat sich selbstverständlich nach seinen Wünschen gerichtet. Sie hat sich nie (offen) beklagt. Ihre Bedürfnisse nach Anerkennung, Bestätigung, Erlernen und Ausüben eines Berufs etc. konnten nicht erfüllt werden. Zudem hat ihr Mann keine “Selbstverwirklichung” ihrerseits zugelassen.

Hier wäre die Hypothese, dass ihr unfreiwilliges jahrelanges Zurückstecken für die Familie eine tiefe Enttäuschung und Wut bei ihr hinterlassen hat. Sie konnte ihren eigenen Bedürfnissen nie Raum geben, und jetzt, wo die rationalen Anteile des Gehirns durch die Demenzerkrankung in den Hintergrund treten und diese Enttäuschung und Wut nicht mehr unterdrücken können, kommen diese ungeliebten negativen Emotionen zum Vorschein. Sie ist zornig und böse, und niemand um sie versteht warum. Herr Maier erkennt seine Frau nicht wieder.

Naheliegende Auslöser für aggressives Verhalten

Neben den oben erwähnten Aspekten gibt es auch noch naheliegendere Auslöser für sogenanntes aggressives Verhalten. Menschen mit Demenz sind sich gerade im Anfangsstadium ihrer Defizite bewusst. Die Konfrontation mit dem eigenen “Versagen” und “Verrücktwerden” kann extreme Angst und Unsicherheit erzeugen. Diese kann sich in “ungehalten sein” und bösen Worten zeigen. Hier kann es helfen, sich in die Lage des Betroffenen zu versetzen.

Oft wird sogenanntes aggressives Verhalten getriggert, indem Angehörige oder sonstige Betreuungspersonen an den rationalen Verstand und das Gedächtnis des Menschen mit Demenz appellieren. Formulierungen wie “Ich habe dir doch gesagt'' und “du weißt doch” können noch größere Wut auslösen, weil der Betroffene eben nichts mehr weiß. Das Kurzzeitgedächtnis ist durch die Demenzerkrankung zerstört. Fragen, die das Gedächtnis trainieren sollen, können in bestimmten Situationen eher kontraproduktiv sein.

Hier ist es enorm hilfreich, den Menschen mit Demenz nicht mit seinen Defiziten zu konfrontieren und ihn mit Tätigkeiten zu beschäftigen, die er gut kann und die zudem positive Emotionen hervorrufen. Dies kann durchaus z.B. für Frau Maier Hausarbeit sein. Sie kann mit Sicherheit mit etwas Anleitung die Wäsche aufhängen, aber sie kann die Waschmaschine nicht mehr bedienen. Das sollte stillschweigend jemand anderes tun.

Körperliche Ursachen berücksichtigen

Herausfordernde Verhaltensweisen können auch durch körperliche Ursachen getriggert oder verstärkt werden. Dazu gehören:

  • Schmerzen
  • Kribbelnde Beine (Restless-Legs-Syndrom)
  • Unerkannte Harnwegsinfekte, die eine akute Verwirrung mit sich bringen können
  • Neben- oder Wechselwirkungen von Medikamenten
  • Zu wenig Flüssigkeits- und/oder Nahrungsaufnahme

Chronische körperliche Erkrankungen, die im Alter häufig zusätzlich zu einer Demenz auftreten, beeinträchtigen die Frustrationstoleranz stark. Eingeschränkte Beweglichkeit und damit Abnahme der Selbstständigkeit sowie schlechtes Hören und Sehen können dazu führen, dass sich der Mensch zusätzlich ausgeschlossen und übergangen fühlt. Hier hilft es, dafür zu sorgen, dass Defizite dieser Art möglichst gut kompensiert bzw. berücksichtigt werden. Passende Brillen, funktionierende Hörgeräte und angepasste Gehhilfen sind hier wichtig.

Vaskuläre Demenz als mögliche Ursache

Es ist wichtig zu beachten, dass es verschiedene Formen von Demenz gibt, die unterschiedliche Ursachen und Symptome haben können. Eine davon ist die vaskuläre Demenz, die durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht wird.

Was ist vaskuläre Demenz?

Vaskuläre Demenz ist ein Überbegriff für alle Formen von Demenz, die aufgrund von Gefäßveränderungen im Gehirn entstehen. Sie ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Ursache für Demenz. Etwa zehn bis zwanzig Prozent aller Demenz-Patienten haben eine rein vaskuläre Form, weitere zwanzig Prozent leiden unter einer Mischform aus Alzheimer-Demenz und vaskulärer Demenz.

Ursachen und Risikofaktoren

Eine vaskuläre Demenz entsteht durch eine Minderdurchblutung im Gehirn (zerebrale Ischämie), die Nervenzellen absterben lässt. Verschiedene Mechanismen können eine solche Ischämie auslösen:

  • Multiinfarktdemenz: Sie entsteht, wenn gleichzeitig oder zeitlich versetzt mehrere Hirninfarkte (ischämische Schlaganfälle) auftreten und dabei eine kritische Masse an Nervengewebe absterben lassen.
  • Strategic infarct dementia: Die vaskuläre Demenz wird durch einen einzelnen, manchmal auch nur kleinen Infarkt an einer strategisch wichtigen Stelle (wie dem Thalamus) verursacht, der zu einer Unterbrechung von Leitungsbahnen führt.
  • Subkortikale vaskuläre Enzephalopathie (SVE): Die Durchblutungsstörung ist durch eine Verdickung der Wände von kleinen Blutgefäßen bedingt, die tiefer liegende Hirnbereiche mit Blut versorgen.
  • Haemorrhagic dementia: Die vaskuläre Demenz ist die Folge von kleineren oder größeren Hirnblutungen.

Verschiedene Faktoren begünstigen eine vaskuläre Demenz, darunter Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), erhöhter Cholesterinspiegel, Übergewicht, Bewegungsmangel und Rauchen.

Symptome

Anders als bei der Alzheimer-Demenz steht die nachlassende Gedächtnisleistung bei der vaskulären Demenz weniger im Vordergrund. Häufige Symptome sind:

  • Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörung
  • Verlangsamung von Denkprozessen
  • Vergesslichkeit
  • Erschwerte Umsetzung von Alltagsaufgaben
  • Antriebsstörung bis hin zu Teilnahmslosigkeit (Apathie)
  • Rasche geistige und körperliche Erschöpfung
  • Gangstörungen
  • Verlust der Kontrolle über die Blase (z. B. verstärkter Harndrang oder Inkontinenz)
  • Probleme beim Schlucken und Sprechen
  • Grundloses Lachen und Weinen
  • Schwindelgefühl
  • Lähmungen, Taubheitsgefühle und Sehstörungen (bei größeren Hirninfarkten)

Diagnose

Bei Verdacht auf eine vaskuläre Demenz wird der Arzt verschiedene Untersuchungen durchführen, um die Diagnose zu sichern und andere Ursachen auszuschließen. Dazu gehören:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte im Gespräch mit dem Patienten und Angehörigen.
  • Körperliche Untersuchung: Überprüfung des Herz-Kreislauf- und neurologischen Status.
  • Neuropsychologische Untersuchung: Durchführung von Tests zur Erfassung der Hirnleistungsstörung (z. B. Uhrentest, MMST, DemTect, MoCA).
  • Bildgebung: Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns, Ultraschalluntersuchung der hirnversorgenden Blutgefäße.
  • Labortests: Blutuntersuchung zur Erkennung von Risikofaktoren und Ausschluss anderer Demenz-Ursachen, ggf. Untersuchung der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor).
  • Gentests: Bei begründetem Verdacht auf genetisch bedingte Gefäßerkrankungen.

Therapie

Die vaskuläre Demenz lässt sich nicht ursächlich behandeln. Ziel der Therapie ist es, die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.

  • Medikamente: Gegen die vaskuläre Demenz selbst gibt es keine zugelassenen Medikamente. Im Einzelfall werden Medikamente gegen die psychiatrischen Symptome (z. B. Unruhe, Angst, Depression) gegeben. Manchmal sind Acetylcholinesterase-Hemmer und Memantin hilfreich, obwohl sie primär bei Alzheimer eingesetzt werden. Es gibt auch Hinweise, dass ein bestimmter Extrakt aus Ginkgo-Blättern (Ginkgo biloba EGb761) wirksam sein kann. Wichtig ist die Behandlung von relevanten Risikofaktoren für Gefäßschäden und vaskuläre Grunderkrankungen (z. B. Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte).
  • Nicht-medikamentöse Behandlung: Kognitives Training, Ergotherapie, Musik- und Tanztherapie können sinnvoll sein. Bei Gangunsicherheit sollten Betroffene Gehhilfen und ein regelmäßiges Gehtraining erhalten. Bei Problemen mit der Kontinenz ist unter anderem ein konsequentes Toilettentraining ratsam. Auch bei vaskulären Risikofaktoren und Grunderkrankungen sind nicht-medikamentöse Maßnahmen wichtig (z. B. Rauchstopp, Ernährungsumstellung).

Verlauf und Prognose

Der Verlauf der vaskulären Demenz ist sehr unterschiedlich und hängt von den zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen ab. Meist treten die Symptome plötzlich auf (vaskuläre Demenz nach Schlaganfall) und verschlechtern sich oft schubweise. Manche Formen schreiten aber auch langsam fort. Die Lebenserwartung der Patienten ist oft verkürzt.

Schreien und Weinen bei Demenz: Zusätzliche Aspekte

Schreien oder Weinen bei Demenz bedeuten in der Regel Angst, Schmerz oder Unbehagen. Es ist wichtig, die Ursache für dieses Verhalten zu identifizieren und entsprechend zu reagieren. Langeweile oder das Bedürfnis nach Geselligkeit, Ansprache oder Ablenkung können ebenfalls Gründe für Schreiattacken sein. Eine konkrete Beschäftigung tagsüber kann hier Abhilfe schaffen.

Menschen mit Demenz leiden oft unter Stimmungsschwankungen und Verhaltensänderungen. Ein Phänomen, das als "Sundowning" bekannt ist, beschreibt die zunehmende Verwirrtheit und Aggressivität von Demenzkranken in den Abendstunden. Auch Schlafstörungen, Halluzinationen und Wahnvorstellungen können zu Schreien oder Weinen führen.

Verhaltensempfehlungen bei Schreien und Weinen

  • Ruhe bewahren: Misstrauen und aggressives Verhalten nicht persönlich nehmen.
  • Ursache identifizieren: Nachforschen, ob Frustration, Angst, Langeweile oder körperliche Beschwerden vorliegen.
  • Zuhören und beobachten: Aufmerksam auf die Körpersprache achten, da der Wortschatz oft reduziert ist.
  • Ablenken: Aktivitäten anbieten, die Freude bereiten und von dem Problem ablenken (z. B. Musik hören, Spaziergänge, alte Fotos anschauen, einfache Aufgaben erledigen).
  • Bedürfnisse erfüllen: Sicherstellen, dass der Senior nicht Hunger, Durst oder Harndrang hat.

Kommunikation mit Demenzkranken

  • Langsam, deutlich und in kurzen Sätzen sprechen.
  • Vor jedem Gespräch Blickkontakt herstellen.
  • Berührungen taktvoll und vorsichtig einsetzen (z. B. Hand halten, Arm streicheln).
  • Negative Emotionen nicht bagatellisieren oder verneinen, sondern sich in die Lage des Seniors versetzen.

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