Schlaganfall bei Kindern: Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Ein Schlaganfall ist eine ernsthafte Erkrankung, die nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder treffen kann. Obwohl Schlaganfälle bei Kindern seltener vorkommen als bei Erwachsenen, ist es wichtig, die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten zu kennen, um im Notfall schnell handeln zu können. In Deutschland erleiden jährlich etwa 300 bis 500 Kinder einen Schlaganfall.

Ursachen von Schlaganfällen bei Kindern

Die Ursachen für Schlaganfälle bei Kindern sind vielfältig und unterscheiden sich oft von denen bei Erwachsenen. Während bei Erwachsenen häufig Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck oder Arteriosklerose eine Rolle spielen, sind bei Kindern meist andere Faktoren verantwortlich.

Häufige Ursachen sind:

  • Herzerkrankungen: Angeborene oder erworbene Herzerkrankungen können die Bildung von Blutgerinnseln im Herzen begünstigen, die dann ins Gehirn gelangen und dort einen Schlaganfall verursachen können. Dazu gehören beispielsweise Herzfehler oder Herzrhythmusstörungen. Auch Rechts-Links-Verbindungen im Herzen (z.B. persistierendes Foramen ovale, PFO) können die Gefahr eines Schlaganfalles durch eine paradoxe Embolie erhöhen.
  • Gefäßerkrankungen: Arteriopathien, also Erkrankungen der Blutgefäße, sind die häufigste Ursache für Schlaganfälle im Kindes- und Jugendalter. Dazu gehört die transiente zerebrale Arteriopathie (TCA), die mit Gefäßwandschäden in den großen Gehirnarterien einhergeht und zu Minderdurchblutungen führen kann. Auch Gefäßfehlbildungen wie Aneurysmen oder Blutschwämmchen können Schlaganfälle verursachen.
  • Blutgerinnungsstörungen: Angeborene oder erworbene Gerinnungsstörungen können die Bildung von Blutgerinnseln begünstigen und so zu einem Schlaganfall führen. Dazu gehören beispielsweise der Antithrombinmangel oder Mutationen der Blutgerinnungsfaktoren II oder V (Leiden).
  • Infektionen und Entzündungen: Infektionen des Gehirns oder der Hirnhäute sowie entzündliche Erkrankungen der Blutgefäße (Vaskulitis) können Schlaganfälle verursachen. Auch Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem die Gehirngefäße angreift, können zu Gefäßentzündungen und Durchblutungsstörungen führen.
  • Stoffwechselerkrankungen: Manche angeborene Stoffwechselerkrankungen führen zu Ablagerungen von Stoffwechselprodukten an den Innenwänden von Blutgefäßen oder zu einer gestörten Funktion der Blutgefäße, die eine Gerinnselbildung fördert.
  • Genetische Faktoren: Eine genetische Veranlagung kann das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen. Mutationen in Genen, die die Blutgerinnung oder die Zusammensetzung des Bindegewebes regulieren, können zu einer erhöhten Gerinnungsneigung oder zu brüchigen Gefäßwänden führen.
  • Weitere Ursachen: Seltenere Ursachen für Schlaganfälle bei Kindern sind Tumore, Schädel-Hirn-Verletzungen oder Medikamente, die das Schlaganfallrisiko erhöhen. Bei Neugeborenen kann eine komplizierte Geburt, wie z.B. eine Zangengeburt, oder Frühgeburtlichkeit die Entstehung eines Schlaganfalls begünstigen.

Symptome eines Schlaganfalls bei Kindern

Die Symptome eines Schlaganfalls bei Kindern können vielfältig sein und hängen von der betroffenen Hirnregion und dem Ausmaß der Schädigung ab. Es ist wichtig, die Symptome frühzeitig zu erkennen, um schnellstmöglich medizinische Hilfe in Anspruch nehmen zu können.

Typische Symptome sind:

  • Plötzliche Schwäche oder Lähmung: Eine plötzliche Schwäche oder Lähmung einer Körperseite (Halbseitenlähmung) ist ein häufiges Symptom. Das Kind kann beispielsweise einen Arm oder ein Bein nicht mehr richtig bewegen oder nachziehen.
  • Sprachstörungen: Sprachstörungen wie verwaschene Sprache, Schwierigkeiten beim Sprechen oder Verstehen von Sprache können auftreten.
  • Sehstörungen: Plötzliche Sehstörungen wie Doppeltsehen, verschwommenes Sehen oder der Verlust des Sehvermögens auf einem Auge können auf einen Schlaganfall hindeuten.
  • Gleichgewichtsstörungen und Schwindel: Plötzlicher Schwindel, Gleichgewichtsstörungen oder Gangunsicherheit können auftreten.
  • Kopfschmerzen: Starke, plötzliche Kopfschmerzen, die sich wie ein Stich oder Schlag auf den Kopf anfühlen, können ein Symptom sein, insbesondere bei Blutungen im Gehirn.
  • Krampfanfälle: Krampfanfälle können als Folge eines Schlaganfalls auftreten.
  • Bewusstseinsstörungen: In schweren Fällen kann es zu Bewusstseinsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit kommen.
  • Verhaltensänderungen: Wesensveränderungen oder plötzliche Verwirrtheit können ebenfalls Anzeichen eines Schlaganfalls sein.

Besonderheiten bei Neugeborenen und Säuglingen:

Bei Neugeborenen und Säuglingen können die Symptome eines Schlaganfalls unspezifischer sein. Mögliche Anzeichen sind:

  • Einseitige Benutzung der Hände (z.B. Greifen immer nur mit einer Hand)
  • Eingeschränkte Bewegungen einer Körperseite
  • Krampfanfälle
  • Übermäßige Schläfrigkeit oder Reizbarkeit

Wichtig: Nicht alle Symptome treten bei jedem Kind auf, und die Symptome können je nach betroffener Hirnregion variieren. Bei Verdacht auf einen Schlaganfall sollte man jedoch keine Zeit verlieren und sofort den Notruf 112 wählen.

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Diagnose eines Schlaganfalls bei Kindern

Die Diagnose eines Schlaganfalls bei Kindern erfordert eine schnelle und umfassende Untersuchung. In der Akutklinik werden in der Regel folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Neurologische Untersuchung: Der Arzt untersucht die neurologischen Funktionen des Kindes, wie z.B. die Motorik, Sensorik, Sprache und das Bewusstsein.
  • Bildgebende Verfahren: Eine Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns ist notwendig, um die Diagnose zu bestätigen und die Ursache des Schlaganfalls zu erkennen. Mit diesen Verfahren können Durchblutungsstörungen, Blutungen oder andere Veränderungen im Gehirn sichtbar gemacht werden.
  • Weitere Untersuchungen: Je nach Verdacht werden weitere Untersuchungen durchgeführt, um die Ursache des Schlaganfalls zu finden. Dazu gehören beispielsweise Blutuntersuchungen zur Abklärung von Gerinnungsstörungen, Herzerkrankungen oder Infektionen, sowie Ultraschalluntersuchungen der Blutgefäße.

Behandlung von Schlaganfällen bei Kindern

Die Behandlung eines Schlaganfalls bei Kindern zielt darauf ab, die Durchblutung des Gehirns wiederherzustellen, weitere Schäden zu verhindern und die Folgen des Schlaganfalls zu minimieren. Die Behandlungsmöglichkeiten hängen von der Ursache und dem Schweregrad des Schlaganfalls ab.

Akuttherapie:

  • Thrombolyse: Bei einem Schlaganfall, der durch ein Blutgerinnsel verursacht wurde, kann eine Thrombolyse (medikamentöse Auflösung des Blutgerinnsels) versucht werden, um die Durchblutung des Gehirns wiederherzustellen. Allerdings gibt es bisher keine Studien zur Lysetherapie bei Kindern, und der Einsatz erfolgt auf der Grundlage von Erfahrungen, Expertenmeinungen und Fallberichten.
  • Thrombektomie: In einigen Fällen kann das Blutgerinnsel auch mechanisch entfernt werden (Thrombektomie). Auch hier gibt es bisher keine Studien bei Kindern, und der Einsatz erfolgt auf der Grundlage von Erfahrungen.
  • Blutverdünnung: Um die Bildung weiterer Blutgerinnsel zu verhindern, werden häufig Blutverdünnungsmedikamente eingesetzt, wie z.B. Aspirin oder andere Hemmer der Blutplättchen. Bei neonatalen Schlaganfällen wird oft nur eine kürzere oder keine Blutverdünnung durchgeführt.
  • Weitere Maßnahmen: Weitere Maßnahmen in der Akuttherapie sind die Stabilisierung der Vitalfunktionen, die Behandlung von Komplikationen wie Krampfanfällen oder Hirndruck und die Überwachung des Kindes auf einer Stroke Unit (spezielle Schlaganfall-Abteilung).

Rehabilitation:

Nach der Akuttherapie ist eine umfassende Rehabilitation wichtig, um die Folgen des Schlaganfalls zu minimieren und die bestmöglicheFunktionsfähigkeit des Kindes wiederherzustellen. Die Rehabilitation erfolgt in der Regel in spezialisierten Reha-Kliniken und umfasst verschiedene Therapiebereiche:

  • Physiotherapie: Die Physiotherapie hilft dem Kind, seine motorischen Fähigkeiten wiederzuerlangen und Lähmungen zu überwinden.
  • Ergotherapie: Die Ergotherapie unterstützt das Kind dabei,Alltagsaktivitäten selbstständig auszuführen und seineHandlungsfähigkeit zu verbessern.
  • Logopädie: Die Logopädie behandelt Sprachstörungen, Schluckbeschwerden und andere Kommunikationsprobleme.
  • Neuropsychologie: Die Neuropsychologie unterstützt das Kind bei der Bewältigung kognitiver Beeinträchtigungen wie Konzentrationsstörungen, Gedächtnisproblemen oder Aufmerksamkeitsdefiziten.
  • Sozialpädagogische Betreuung: Die sozialpädagogische Betreuung unterstützt das Kind und seine Familie bei der Bewältigung der psychischen und sozialen Folgen des Schlaganfalls.

Die Rehabilitation sollte individuell auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt sein und kann mehrere Monate oder Jahre dauern.

Langzeitfolgen und Prognose

Die Langzeitfolgen eines Schlaganfalls bei Kindern können vielfältig sein und hängen vom Ausmaß der Hirnschädigung und der Effektivität der Rehabilitation ab. Mögliche Langzeitfolgen sind:

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  • Motorische Beeinträchtigungen: Lähmungen,Koordinationsstörungen oderGangunsicherheiten können zurückbleiben.
  • Sprachstörungen: Sprachstörungen können auch nach der Rehabilitationpersistieren.
  • Kognitive Beeinträchtigungen: Konzentrationsstörungen,Gedächtnisprobleme oderAufmerksamkeitsdefizite können auftreten.
  • Epilepsie: Ein Schlaganfall kann das Risiko für die Entwicklung einer Epilepsie erhöhen.
  • Psychosoziale Beeinträchtigungen: Kinder mit einem Schlaganfall können unterAngstzuständen, Depressionen oderVerhaltensproblemen leiden.

Die Prognose nach einem Schlaganfall bei Kindern ist unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Ursache des Schlaganfalls, dem Ausmaß der Hirnschädigung, dem Alter des Kindes und der Qualität der Rehabilitation. Grundsätzlich haben Kinder jedoch eine bessere Prognose als Erwachsene, da ihr Gehirn noch plastisch ist und sich besser anpassen kann. Viele Kinder können nach einem Schlaganfall ein normales Leben führen, auch wenn Einschränkungen zurückbleiben können.

Prävention von Schlaganfällen bei Kindern

Da die Ursachen für Schlaganfälle bei Kindern vielfältig sind, gibt es keine allgemeingültige Präventionsstrategie. Allerdings können bestimmte Maßnahmen das Risiko eines Schlaganfalls verringern:

  • Gesunde Lebensweise: Eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und der Verzicht auf Nikotin können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und damit auch für Schlaganfälle verringern.
  • Kontrolle von Risikofaktoren: Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen sollten frühzeitig erkannt und behandelt werden.
  • Impfungen: Impfungen können vor Infektionen schützen, die zu Entzündungen der Blutgefäße und damit zu Schlaganfällen führen können.
  • Vermeidung von Verletzungen: Kopfverletzungen sollten vermieden werden, da sie zu Gefäßschäden und Schlaganfällen führen können.
  • Früherkennung von Herzerkrankungen: Angeborene Herzerkrankungen sollten frühzeitig erkannt und behandelt werden, um das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln zu verringern.

Unterstützung für Familien mit schlaganfallbetroffenen Kindern

Ein Schlaganfall bei einem Kind ist eine traumatische Erfahrung für die ganze Familie. Es ist wichtig, dass die Familie in dieser schwierigen Zeit Unterstützung erhält. Es gibt verschiedeneAngebote für Familien mit schlaganfallbetroffenen Kindern:

  • Selbsthilfegruppen: Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit, sich mit anderen betroffenen Familien auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen.
  • Beratungsstellen: Beratungsstellen informieren über die Erkrankung, die Behandlungsmöglichkeiten und dieRehabilitationsangebote.
  • Stiftungen: Stiftungen fördern die Forschung im Bereich kindlicher Schlaganfälle und unterstützen betroffene Familien.
  • Familien-Workshops: Mehrtägige Familien-Workshops bieten Familien mit schlaganfallbetroffenen Kindern und deren Geschwisterkindern die Möglichkeit, sich auszutauschen, voneinander zu lernen und sich für den Alltag zu Hause zu stärken.

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