Die systemische Sklerose (SSc), auch Sklerodermie genannt, ist eine seltene und derzeit unheilbare rheumatische Autoimmunerkrankung. Sie gehört zu den Kollagenosen und ist durch eine generalisierte Mikroangiopathie, die Produktion von Autoantikörpern und eine Dysfunktion der Fibroblasten gekennzeichnet, was zu einer erhöhten Produktion und Ablagerung extrazellulärer Matrix führt. Charakteristisch sind Vaskulopathie und Fibrose, die neben der Haut auch innere Organe betreffen können. Die systemische Sklerose weist unter den rheumatologischen Erkrankungen die höchste Mortalität auf. Zu den Haupttodesursachen zählt die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH). Bei vielen Patienten kommt es im Verlauf der Erkrankung zu einer Lungenbeteiligung in Form von Lungenfibrose oder pulmonal arterieller Hypertonie (PAH). Die PAH ist, ebenso wie die Grunderkrankung SSc, nicht heilbar und oft mit einer schlechten Prognose verbunden.
Was ist systemische Sklerose?
Die systemische Sklerose (SSc) ist eine Autoimmunerkrankung, die zu einer Verhärtung des Bindegewebes führt. Sie gehört zu den sogenannten Kollagenosen und kann zu verschiedenen Begleiterkrankungen führen. Der Begriff Sklerodermie kommt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt „harte Haut“. Die systemische Sklerose ist eine den ganzen Körper betreffende Erkrankung.
Die systemische Sklerose ist heute zwar leider noch nicht heilbar, aber inzwischen stehen gute Behandlungsoptionen zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf verlangsamen und teilweise sogar stoppen können. In den Anfangsjahren können die Beschwerden auch nach einem Krankheitsschub wieder zurückgehen.
Formen der systemischen Sklerose
Die beiden wichtigsten Unterformen der systemischen Sklerose sind die limitierte systemische Sklerose (lSSc) und die diffuse systemische Sklerose (dSSc). Sie unterscheiden sich vor allem durch die Hauptsymptomatik.
- Limitierte systemische Sklerose (lSSc): Bei dieser Form beschränkt sich die Hautsklerose auf die Extremitäten distal der Ellbogen und Knie, sowie auf das Gesicht und den Hals. Oft können Anti-Zentromer-Antikörper nachgewiesen werden. Zur limitierten Form gehört auch das CREST-Syndrom.
- Diffuse systemische Sklerose (dSSc): Breitet sich die Sklerose über den ganzen Körper aus, ist von einer diffusen systemischen Sklerose die Rede. Sie schreitet in der Regel schneller voran als die limitierte systemische Sklerose und führt innerhalb von kurzer Zeit zu Verletzungen der Haut, sogenannten Hautläsionen. Von einer Verhärtung des Gewebes (Fibrose) sind sehr häufig auch die inneren Organe betroffen. So tritt zum Beispiel bei mehr als 50 % der Patient:innen eine Lungenfibrose auf.
- Lokalisierte systemische Sklerose: Lokalisierte Formen der systemischen Sklerose sind auf die Haut und das angrenzende Gewebe beschränkt - in einigen Fällen auch auf den Muskel. Innere Organe sind im Gegensatz zur systemischen Sklerose nicht betroffen. In den meisten Fällen beginnt die lokalisierte systemische Sklerose bereits im Kindesalter und bleibt lange unerkannt. Oft verbessert sich die lokalisierte systemische Sklerose oder verschwindet sogar mit der Zeit - allerdings kann sie kosmetische Hautschäden hinterlassen, die jedoch nach einiger Zeit wieder weich werden und nicht mehr auffallen.
- Sine Sklerodermie: Bei der „sine Sklerodermie“ (lat. sine = ohne) sind zwar die inneren Organe von der systemischen Sklerose betroffen, die typischen äußeren Merkmale fehlen aber.
- Sharp-Syndrom: Das Sharp-Syndrom wird auch als Mischkollagenose (Mixed Connective Tissue Disease, MCTD) oder als Überlappungssyndrom (Overlap-Syndrom) bezeichnet. Dabei können Symptome verschiedener entzündlicher Bindegewebserkrankungen, wie beispielsweise Lupus erythematodes, systemische Sklerose, Polymyositis und rheumatoider Arthritis, gleichzeitig auftreten.
Ursachen der systemischen Sklerose
Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt. Das Immunsystem arbeitet fehlerhaft und stimuliert die Fibroblasten, Zellen, die Bindegewebsfasern bilden. Zusätzlich wird das Endothel, die Innenschicht der Gefäße, geschädigt. Es wird vermutet, dass eine Kombination aus genetischer Veranlagung, entzündlichen Reaktionen oder Umweltfaktoren zu einer systemischen Sklerose führen kann.
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Die systemische Sklerose ist eine sogenannte Autoimmunerkrankung. Ausgelöst wird sie vermutlich von einer Fehlreaktion des Immunsystems. Körpereigene Zellen des Bindegewebes werden vom Immunsystem als fremd oder fehlerhaft erkannt. Die Folge: Das Immunsystem wird aktiv, und es kommt zu Entzündungsreaktionen. Dabei vermehren sich die Bindegewebszellen (Fibroblasten) übermäßig bis hin zu einer krankhaften Bindegewebszellenanhäufung (Fibrose) mit einer hohen Produktion an Kollagen.
Die Kollagenanhäufung führt zur Sklerose (Verhärtung) der Haut und zur Verengung von Blutgefäßen, was wiederum die Fibrosierung begünstigt. Patient:innen mit systemischer Sklerose sollten wegen der Gefäßverengung durch die Erkrankung sofort mit dem Rauchen aufhören, da auch das Rauchen zu Gefäßverengungen führen kann.
Erhöhte Endothelin-KonzentrationEndothelin ist ein Stoff mit stark gefäßverengender Wirkung, der in der Innenauskleidung der Blutgefäße (Endothel) gebildet wird. Endothelin spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Gefäßschäden: Es verursacht Gefäßverengungen und trägt außerdem zur Entstehung von Fibrosen und Entzündungen bei. Es wird vermutet, dass Störungen im Immunsystem oder der Gefäßregulation zu einer systemischen Sklerose führen können.
Symptome der systemischen Sklerose
Die Symptome der Sklerodermie können sich stark unterscheiden: Während bei einigen Patient*innen fast alle Organe betroffen sind, weisen andere nur an einzelnen Organen Symptome auf. Dadurch kommt es zu sehr unterschiedlichen Krankheitsverläufen.
Die verschiedenen Formen der systemischen Sklerose führen zu unterschiedlichen Beschwerden. Bei allen Formen der systemischen Sklerose können sich im Verlauf - häufig parallel zur Hautsklerosierung - Folge- und Begleiterkrankungen, wie Muskelentzündungen, Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, Lungenfibrose oder Lungenhochdruck, entwickeln.
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Wegweisend sind die Symptome an der Haut, oft verbunden mit der Raynaud-Symptomatik. Im Labor lässt sich häufig eine Erhöhung der Blutsenkung und des CRP nachweisen. Fast alle Betroffenen weisen erhöhte Kernantikörper (ANA) auf. Typisch ist der Nachweis von speziellen Antikörpern, den Anti-Scl-70 (Anti-Topoisomerase-I-) oder den Anti-Zentromer-Antikörpern, der aber nicht bei allen Betroffenen gelingt. Laborwerte weisen auch auf Organbeteiligung hin, zum Beispiel veränderte Nierenwerte oder Muskelenzyme. Röntgenuntersuchungen können auf Knochenveränderungen an den Fingerspitzen und Verkalkungen im Bindegewebe hinweisen. Eine Lungenbeteiligung ist am besten durch CT nachweisbar.
Warnzeichen
Das gemeinsame Auftreten der folgenden drei Symptome gilt als Warnzeichen für das Vorliegen einer systemischen Sklerose:
- Raynaud-Syndrom
- Geschwollene und gerötete Finger („Puffy Fingers“)
- Erhöhung der antinukleären Antikörper (erhöhter ANA-Titer)
Haut
Das Hauptsymptom der systemischen Sklerose ist das Verdicken und Verhärten der Haut. Hiervon sind nahezu alle Patient*innen betroffen, das Ausmaß kann unterschiedlich sein.
- Verdicken und Verhärten der Haut im Gesicht mit krankheitstypischen Veränderungen des Aussehens: sog. „Tabaksbeutelmund“ und eine spitz aussehende Nase.
- Geschwollene und gerötete Finger („Puffy Fingers“), vor allem im frühen Krankheitsverlauf.
- Sklerodaktylie: Straff gespannte, harte und verdickte Haut an den Fingern, die meist blass und haarlos sind.
- Kalzinosen (Kalziumablagerung innerhalb der Haut)
- Kontrakturen (Bewegungs- und Funktionseinschränkung von Gelenken)
- Hyper- und Hypopigmentierung (Pigmentstörung der Haut)
- Juckreiz (Pruritus)
Gefäßsystem
- Raynaud-Syndrom: Bei der sog. „Weißfingerkrankheit“ verkrampfen sich die Gefäße in Fingerkuppen und Fingern, manchmal auch in Zehen, Nase oder Ohren aufgrund von Kälte oder Stress. Die Haut wird zunächst blass, verfärbt sich dann blau und mit Wiedereinsetzen der Durchblutung rot, was sehr schmerzhaft sein kann. Das Raynaud-Syndrom kann das erste Symptom der Sklerodermie sein. Viele Menschen haben allerdings ein Raynaud-Syndrom, ohne jemals an Sklerodermie zu erkranken.
- Digitale Ulzerationen: Als Folge der Durchblutungsstörung entstehen schmerzhafte und schwer heilbare Wunden, die nur unter Narbenbildung abheilen („Pitting Scars“). Auch sie können ein erster Hinweis auf eine Sklerodermie sein.
- Akrale Ischämien (Durchblutungsstörung in Fingern oder Zehen)
- Veränderungen der kleinen Gefäße am Nagelfalz
- Sichtbar erweiterte Gefäße (Teleangiektasien)
Magen-Darm-Trakt
Beschwerden im Magen-Darm-Trakt treten bei 90 % der Sklerodermie-Patient*innen auf. Sie können sich ebenso wie das Raynaud-Syndrom bereits in einer frühen Phase der Erkrankung zeigen:
- verkürztes Zungenbändchen (Skleroglosson)
- erweiterte Gefäße innerhalb der Mundhöhle (enorale Teleangieektasien)
- Sodbrennen, Schluckstörung (Dysphagie)
- Übelkeit, Blähungen, Völlegefühl, Durchfall (Diarrhö)
- Gelbsucht (Ikterus)
- Inkontinenz
Muskeln und Gelenke
Viele von Sklerodermie Betroffene leiden unter Muskel- und Gelenkschmerzen (Myalgien, Arthralgien). Auch eine Morgensteifigkeit kann auftreten.
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Lunge
- Atemnot ausgelöst durch die Entwicklung einer interstitiellen Lungenerkrankung oder Atemmuskelschwäche. Patient*innen mit einer diffusen SSc sind hiervon häufiger betroffen.
- Husten als Folge einer Aspirationspneumonitis bei Reflux (Lungenentzündung, die durch zurückgeflossenen Mageninhalt hervorgerufen wird)
Herz
Das Herz kann selbst betroffen sein oder infolge einer pulmonal-arteriellen Hypertonie (erhöhter Blutdruck im Lungenkreislauf) geschädigt werden. Atemnot, Ödeme (Flüssigkeitseinlagerungen) in den Armen oder Beinen und Herzrhythmusstörungen können auftreten.
Niere
Renale Krise (schwere, lebensbedrohende Nierenerkrankung), die sich durch Nierenversagen, Bluthochdruck (Hypertonie) und eine spezielle Form der Blutarmut, die sog. mikroangiopathische hämolytische Anämie, auszeichnet. Aufgrund der verbesserten Therapie treten renale Krisen heutzutage weniger häufig auf.
Nervensystem
- Zeichen einer Nervenschädigung, z. B. der Arm- und Beinnerven mit Gefühlsstörungen (Polyneuropathie)
- Restless-Legs-Syndrom (v. a. nachts starke Unruhe und quälender Bewegungsdrang in den Beinen)
Exokrine Drüsen
Exokrine Drüsen, geben ihre Sekrete nach außen oder in Körperhöhlen ab. Ist die Abgabe reduziert, kann es zu Gefühlen von Trockenheit, Brennen oder Juckreiz kommen (Sicca-Symptom). Betroffen können bei Menschen mit systemischer Sklerose die Augen, der Mund und bei Frauen die Vagina sein.
Psychosozial
- Depression
- Angststörung
- Schlafstörung
Allgemeine Beschwerden
- Gewichtsverlust
- Leistungsminderung
- Erschöpfungssyndrom (Fatigue)
Lungenfibrose bei systemischer Sklerose
Neben der Haut ist die Lunge das zweithäufigst betroffene Organ. Die häufigsten Lungenkrankheiten bei SSc sind eine Lungenfibrose (Vermehrung von Bindegewebe in der Lunge), ein pulmonal arterieller Hochdruck (Der Blutdruck im Lungenkreislauf steigt und kann eine Schädigung des Herzens zur Folge haben), Atemnot und Husten.
Die Lungenfibrose ist bei Patient:innen mit systemischer Sklerose keine Seltenheit - 21 Prozent von ihnen mit einer limitiert kutanen systemischen Sklerose und 56 Prozent mit einer diffusen systemischen Sklerose sind davon betroffen. Bei der Lungenfibrose kommt es zu einer vermehrten Bindegewebsablagerung in den sonst sehr feinen Wänden der Lungenbläschen. Außerdem lagert sich Bindegewebe um die Lungenbläschen und um die kleinen Luftwege herum ab und führt so zu Kurzatmigkeit und Atemnot.
Pulmonale Hypertonie
Bei einer pulmonalen Hypertonie (PH) steigt der Blutdruck in den Lungengefäßen. Die Lunge kann das Blut immer schlechter mit Sauerstoff anreichern. Das Herz muss mehr leisten und gegen den Widerstand der Lungengefäße anpumpen. Mit der Zeit verändern sich die Lungengefäße dauerhaft. Die Wände werden härter und dicker, der Innenraum der Gefäße kleiner. Das Herz muss nun gegen die verengten Gefäße pumpen. Mit der Zeit verändern sich die Lungengefäße dauerhaft. Die Wände werden härter und dicker, der Innenraum der Gefäße kleiner.
Eine pulmonale Hypertonie (PH) tritt im Verlauf bei über 20 % der Patienten mit systemischer Sklerose auf. Bei etwa 8 % der an der limitierten Form der SSc Erkrankten wird die für SSc spezifische pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) diagnostiziert. Von den Patienten mit diffuser SSc entwickeln etwa 12 % eine PAH. Sie ist gekennzeichnet durch vaskuläres Remodeling, das zu fibrotischer Verdickung und fortschreitender Verengung der Gefäße führt (Vaskulopathie). Es resultieren die Erhöhung des pulmonal vaskulären Widerstandes und gegebenenfalls der Verschluss kleiner Gefäße.
Bei Patienten mit systemischer Sklerose, die typische PH-Beschwerden zeigen, insbesondere unerklärte Belastungsdyspnoe, Müdigkeit und Synkopen, sollte das mögliche Bestehen einer pulmonal arteriellen Hypertonie frühzeitig bedacht werden.
Diagnose der systemischen Sklerose und Lungenfibrose
Nach der körperlichen Untersuchung werden verschiedene Blutwerte und die Eiweißkonzentration im Urin untersucht. Bei einigen Patient*innen können weitere Untersuchungen notwendig sein, z. B. ein EKG bei Verdacht auf Herzrhythmusstörungen, eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs, um Hinweise auf eine Lungenerkrankung oder Zeichen einer Lungenstauung erkennen zu können. Betrifft die Sklerodermie die Niere, wird eine Langzeit-Blutdruckmessung durchgeführt.
Bei Rheumatolog*innen werden weitere Untersuchungen durchgeführt, mit denen die beteiligten Organe und das Ausmaß der Erkrankung beurteilt werden können.
Zur Bestätigung der PAH-Diagnose und zur Ermittlung des hämodynamischen Schweregrades ist eine Untersuchung mit Rechtsherzkatheter erforderlich. Die Untersuchungen sollen nicht nur nachweisen, dass die hämodynamischen Kriterien erfüllt sind, sondern auch die Ätiologie und den klinischen und hämodynamischen Schweregrad der Erkrankung charakterisieren. Die Interpretation dieser Untersuchungen erfordert unter anderem Erfahrung in den Bereichen Kardiologie, Bildgebung und Pneumologie und soll in einem Expertenzentrum erfolgen.
Die Echokardiografie ist von zentraler Bedeutung, da sie häufig eine erste Abschätzung des systolischen pulmonal arteriellen Druckes (PAPsys) sowie eine Beurteilung des rechten Herzens erlaubt. Bei einem abgeschätzten PAPsys ab 35 mmHg sollten bei Vorliegen des Risikofaktors systemische Sklerose eine weitere Abklärung in Kooperation mit einem PH-Expertenzentrum erfolgen.
Die Diagnose der pulmonalen Hypertonie (PH) und PAH bedürfen der invasiven Feststellung des erhöhten pulmonalen arteriellen Mitteldruckes (mPAP) mittels Rechtsherzkatheter. Darüber hinaus hat der mPAP keinen prognostischen Wert. Eine Rechtsherzkatheteruntersuchung soll neben der initialen Diagnostik auch im Verlauf unter Therapie immer dann durchgeführt werden, wenn daraus therapeutische Konsequenzen zu erwarten sind.
Therapie der systemischen Sklerose und Lungenfibrose
Die Therapie der SSc richtet sich in erster Linie nach den betroffenen Organen. Eine Therapie der gesamten Erkrankung gibt es leider noch nicht. In hochaktiven frühen Fällen können Medikamente, die das Immunsystem modulieren beziehungsweise supprimieren (zum Beispiel Methotrexat MTX), versucht werden.
Die Behandlung der Sklerodermie verfolgt drei Ziele:
- Das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.
- Die Beschwerden lindern.
- Die Lebensqualität erhalten.
Es gibt kein spezielles Medikament gegen Skerodermie, das den Verlauf und die Schwere der Erkrankung zuverlässig beeinflussen kann. Die Therapie besteht aus einer Kombination aus nichtmedikamentösen (Physio-, Ergotherapie, manuelle Lymphdrainage, manuelle Therapie) und medikamentösen Maßnahmen. Bei schwerer diffuser SSc kann eine autologe Stammzelltransplantation in Erwägung gezogen werden. Die Bausteine der Behandlung werden auf die individuellen Symptome und die Schwere der Erkrankung ausgerichtet. Oft erfolgt dies in Zusammenarbeit mit einem Zentrum des Netzwerks systemische Sklerose.
Medikamentöse Therapie
Für die medikamentöse Therapie der PAH bei Bindegewebserkrankungen sind spezifische pulmonale Vasodilatanzien verschiedener Wirkstoffklassen zugelassen. Sie werden eingesetzt, um den Widerstand in den Lungengefäßen zu senken und die Nachlast des rechten Ventrikels zu reduzieren, um dadurch eine Rechtsherzinsuffizienz zu vermeiden oder zu verbessern.
- PDE-5-Hemmer (PDE-5i): Sie sind selektive Inhibitoren eines Typs der Phosphodiesterase (Typ 5), die spezifisch das zyklische Guanosinmonophosphat (cGMP) enzymatisch degradieren. PDE-5 kommt neben dem Corpus cavernosum auch in den Muskelzellen der Lungengefäße vor. Zu den PDE-5i zählen Sildenafil und Tadalafil.
- Lösliche Guanylatzyklase (sGC)-Stimulatoren: Die sGC ist ein Schlüsselenzym in der Signalkaskade des Stickstoffmonoxyds (NO). Ein für die Therapie der PAH zugelassener Stimulator der sGC ist Riociguat; es wird oral verabreicht und ist für die WHO-FC II und III zugelassen.
- Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA): Das Neurohormon Endothelin-1 kann eine Vasokonstriktion bewirken, indem es im Endothel und in der glatten Muskulatur der Lungengefäße an Endothelin-Rezeptoren der Typen A und B bindet. Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA) können diese Wirkung durch ein Besetzen der Rezeptoren verhindern.
- Prostazykline und Prostazyklin-Rezeptor-Agonisten: Epoprostenol ist ein Prostacyclin mit großem vasodilatatorischen Effekt nach Bindung an den Prostacyclin-Rezeptor. Es ist, wie seine synthetischen Analoga Iloprost und Treprostinil, zur Behandlung der PAH zugelassen, hat jedoch eine sehr kurze Halbwertszeit. Der Wirkstoff Selexipag bewirkt als Agonist der Prostacyclin-Rezeptoren ebenfalls Vasodilatation.
Therapieempfehlungen
- Patienten mit niedrigem bzw. intermediärem Risiko sollten sobald als möglich innerhalb von drei Monaten nach PAH-Diagnose mit einer oralen dualen Kombinationstherapie aus ERA plus PDE-5i oder einem sGC-Stimulator behandelt werden. Die Monotherapie wird für diese Patienten nicht weiter als adäquat angesehen.
- Die europäischen Leitlinien empfehlen als Initialtherapie bei PAH-Patienten mit hohem Risiko eine initiale Dreifachkombinationstherapie aus ERA, PDE-5i und einem intravenösen Prostacyclin-Analogon (Epoprostenol oder Treprostinil).
Einsatz von Nintedanib
Nintedanib ist ein intrazellulärer Hemmstoff von Tyrosinkinasen. Der Wirkstoff hemmt mehrere Signalwege in Fibroblasten, die für den narbigen Umbau der Lunge verantwortlich sind. Nintedanib wurde als Hemmstoff des Fibroblasten- Wachstumsfaktor-Rezeptors FGFR, des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor- Rezeptors VEGFR und des Plättchen- Wachstumsfaktors PDGFR entwickelt. Da diese Rezeptoren auch wichtig für die Fibroseentwicklung sind, kamen Forscher auf die Idee, es gegen idiopathische Lungenfibrose einzusetzen.
In den zwei einschlägigen Phase-III-Studien bremste Nintedanib das Fortschreiten der idiopathischen Lungenfibrose, erkennbar daran, dass die forcierte Vitalkapazität (FVC) langsamer abnahm. Inzwischen ist Nintedanib in der Europäischen Union und in der Schweiz zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose zugelassen. Die empfohlene Dosis beträgt zweimal täglich 150 mg im Abstand von etwa 12 Stunden.
In einer randomisiert Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie testete das Forscherteam den neuen Behandlungsansatz. Ziel war es, den Verlust der Lungenfunktion zu bremsen. 576 Patientinnen und Patienten aus 32 Ländern erhielten dabei über 52 Wochen hinweg zweimal täglich Nintedanib oder ein Placebo. Nintedanib wird bereits zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose eingesetzt und hat in präklinischen Modellen der systemischen Sklerose eine antifibrotische und entzündungshemmende Wirkung gezeigt.
Nach Analyse der Studiendaten zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen der Placebo- und der Nintedanib-Gruppe: Während sich die Lungenfunktion bei der Placebo-Gruppe kontinuierlich verschlechterte, ging sie in der Nintedanib-Gruppe weniger stark zurück. Dies weist auf eine deutliche Verlangsamung des Krankheitsverlaufs hin, so die Autoren. Die Studie zeige, dass Nintedanib tatsächlich einen positiven Effekt auf die Lungenfunktion und den Verlauf der Krankheit hat, betonen die Forschenden.
Weitere Therapieansätze
- Allgemein: Hautpflege, sorgsame Behandlungen von Hautverletzungen, Nikotinabstinenz, CO² -Bäder, regelmäßige Bewegungstherapie, auch Ergotherapie, Lymphdrainage und leichte Massagen.
- Augen und Schleimhäute: regelmäßig mit entsprechenden Präparaten befeuchten
- Raynaud-Syndrom und Gefäßentzündungen: Blutgefäß erweiternde Substanzen
- Interstitielle Lungenerkrankung: Immunsuppressive Behandlung, antifibrotische Therapie. In Einzelfällen kann eine Lungentransplantation notwendig werden.
- Herzbeteiligung: Für die Behandlung einer Herzschwäche oder von Herzrhythmusstörungen stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung.
- Magen-Darm-Erkrankungen: Nahrungsmittelunverträglichkeiten werden durch das Einhalten einer entsprechenden Diät behandelt. Allgemeine Maßnahmen zur Vermeidung von Reflux werden empfohlen. Sodbrennen kann mit Tabletten behandelt werden (Protonenpumpenhemmern, PPI).
Bedeutung der Risikostratifizierung
Das Konzept der Risikostratifikation als Grundlage für das therapeutische Vorgehen und die prognostische Einschätzung ging 2015 erstmals in die Leitlinien der ESC/ERS ein. Als Therapieziel gilt das Erreichen des Status „geringes Risiko“ und eine Funktionsklasse I oder II nach WHO oder NYHA. Die Abschätzung des Risikos wird regelmäßig wiederholt. Dazu werden Parameter in Intervallen von drei bis zwölf Monaten neu bestimmt, je nach Bedarf des Patienten, stattgehabtem Therapiewechsel oder Eintreten einer klinischen Verschlechterung.
Die Einschätzung des Risikos während der Follow-up-Untersuchungen soll, wenn möglich, auf den nicht invasiven Funktionsparametern WHO-FC und 6MWT sowie den Markern der Rechtsherzbelastung BNP oder NT-proBNP basieren.
Leben mit systemischer Sklerose
Um die Krankheit möglichst gut unter Kontrolle zu behalten, sollten Sie die Therapieempfehlungen Ihrer Ärzt*innen umsetzen und Kontrolluntersuchungen regelmäßig wahrnehmen. Zudem ist eine gute Krankheitsverarbeitung wichtig. Unterstützung dabei finden Sie in Selbsthilfegruppen, in denen Sie sich mit anderen Betroffenen austauschen können. Auch eine psychotherapeutische Begleitung kann sinnvoll sein.
Viele Patientinnen finden Unterstützung in Selbsthilfegruppen, die bei der Verarbeitung der Diagnose und dem Leben mit der Erkrankung helfen können. Auch eine psychotherapeutische Beratung und/oder Behandlung ist für einige Patientinnen hilfreich. Zur Behandlung von einer Depression können Antidepressiva eingesetzt werden. Die Raynaud-Symptomatik kann durch Hypnose und autogenes Training gelindert werden.
Komplikationen und Folgeerkrankungen
Je nachdem, welche Organe betroffen sind, kann es zu schweren Komplikationen kommen. Dazu gehört das Rechtsherzversagen bei pulmonaler Hypertonie, das als häufigste Todesursache gilt. In Folge einer renalen Krise werden 2/3 der Patient*innen dialysepflichtig. Der Reflux kann die Schleimhaut der Speiseröhre schädigen (Barrett-Ösophagus), die Magen-Darm-Beteiligung kann eine Mangelernährung hervorrufen. Die systemische Sklerose erhöht auch das Risiko für weitere Erkrankungen wie die koronare Herzkrankheit (KHK) und die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Das Risiko für einen Schlaganfall und Krebs ist doppelt erhöht, das Risiko für eine Osteoporose dreifach.
Folgeerkrankungen durch die systemische Sklerose können die Lebenserwartung reduzieren. Etwa 60 % der Patient*innen versterben an den direkten Folgen der Sklerodermie. Dabei gelten die pulmonal-arterielle Hypertonie und die Lungenfibrose (Lungenversteifung) als häufigste Todesursachen. Anschließend folgen Magen-Darm- oder Herz-Beteiligung, renale Krise und Multiorganversagen. Krebserkrankungen, Infektionen und Suizid sind für 25 % der Todesfälle verantwortlich. Der Rest bleibt ungeklärt.
Wichtige Allgemeinmaßnahmen
- Regelmäßige Kontrollen beim behandelnden Arzt
- Ausgewogene Ernährung
- Regelmäßige Bewegung
- Vermeidung von Stress
- Verzicht auf Nikotin und Alkohol
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